| Titel: | Ueber einige Eigenschaften des Zinks bei verschiedenen Temperaturen; von Carl Begemann in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XXVIII., S. 100 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber einige Eigenschaften des Zinks bei
                           								verschiedenen Temperaturen; von Carl
                              									Begemann in Hannover.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins.
                              										1856, S. 227.
                        Begemann, über einige Eigenschaften des Zinks bei verschiedenen
                           								Temperaturen.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Jahren hatte ich den Auftrag, aus verschiedenen Abfällen in der
                              									Werkstätte eines Zahnarztes die werthvollen Metalle zu scheiden.
                           Nachdem nach gewöhnlicher Methode Silber und Platin abgeschieden waren, wurde das
                              									Gold durch Eisenvitriol gefällt, das erhaltene Pulver von einem Goldarbeiter
                              									zusammengeschmolzen. Der Klumpen zeigte sich aber so spröde, daß er nicht bearbeitet
                              									werden konnte. Er wurde nochmals aufgelöst und abgeschieden. Nach dem Schmelzen
                              									zeigte er aber wieder dieselbe Sprödigkeit.
                           Ich konnte damals den Grund nicht einsehen, da sich das Gold als rein erwies, und
                              									nach meiner Entfernung von dem Orte habe ich den Gegenstand nicht weiter
                              									verfolgt.
                           In den Annalen der Chemie und Pharmacie, Band XCV S. 294 findet sich eine Abhandlung
                              									von Dr. Bolley über
                              									Moleculareigenschaften des Zinks, welche eine Erklärung jener Erscheinung zu
                              									enthalten scheint, und wovon ich den bezüglichen Inhalt hier mittheile.
                           
                              „Es ist sehr bekannt, daß die Ductiliät des Zinks je nach der Temperatur,
                                 										in welcher die Verarbeitung desselben vorgenommen wird, verschieden ist. Die
                                 										Fähigkeit, sich biegen und ausstrecken zu lassen, hat es nur zwischen 100 und
                                 										150º C.; unter und über dieser Temperatur ist es spröde. Das Zink steht
                                 										jedoch hinsichtlich dieser Eigenschaftsänderung nicht so vereinzelt da, als man
                                 										gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Es ist z.B. sowohl beim Blei als beim Zinn,
                                 										namentlich aber bei einigen Legirungen der Fall, daß sie in Temperaturen nicht
                                 										sehr weit unter ihrem Schmelzpunkt spröde werden, und in diesem Zustande
                                 										– namentlich das Blei – krystallinisches Gefüge zeigen. Dagegen
                                 										findet sich meines Wissens keine Analogie für das Ductilwerden eines spröden
                                 										Metalls, in einer der Kochhitze des Wassers naheliegenden Temperatur. Man muß
                                 										indessen in Betreff der Dehnbarkeit des Zinks verschiedene Erscheinungen wohl
                                 										auseinander halten, und die Temperatur, in der es verarbeitet wird, keineswegs
                                 										als einzigen Grund des Ductilwerdens oder der Sprödigkeit ansehen. Die Beachtung
                                 										einer anderen Ursache ist sowohl für die Kenntniß der Moleculareigenschaften, als
                                 										für die Praxis von Wichtigkeit. Mentzel,Karsten's Archiv für Min., Geol. und
                                       												Hüttenkunde Bd. I. ein Zinkhüttenbeamter, spricht sich über diesen Punkt wie folgt aus:
                                 											„Hoch erhitztes Zink, das rasch abgekühlt wird, ist immer spröde.
                                    											Darum hat sich das Verfahren, das Zink in möglichst großen Kesseln zum
                                    											Schmelzen zu bringen und in die schmelzende Masse vor ihrem Ausgießen (in
                                    											erwärmte Formen) einige Stücke starren Zinks zu werfen und damit gut
                                    											umzurühren, ganz vortrefflich bewährt.“ Das auf diese Weise
                                 										umgeschmolzene Zink ist weich und dehnbar, so daß es sich zur Blechfabrication
                                 										vollkommen eignet, ohne nochmaliger Schmelzung unterworfen werden zu
                                 										müssen.“
                              
                           
                              „Ich habe einen Tiegel mit Stücken von Wieslocher Zink gefüllt, ihn in
                                 										Kohlenfeuer gebracht und sobald ein Theil des Metalls geschmolzen war, umgerührt
                                 										und die flüssige Masse auf eine Steinplatte ausgegossen, den Rest aber weiter
                                 										erhitzt, bis der Tiegel rothglühend war, und dann ebenfalls ausgegossen. Die
                                 										beiden Proben ließ ich durch ein Paar kleine Laminirwalzen hindurchgehen, und es
                                 										zeigte sich die erstere zwar nicht ganz ohne Sprünge, immerhin aber bearbeitbar,
                                 										die zweite zerriß nach allen Richtungen.“
                              
                           
                              „Es ist kein Zweifel, daß nicht nur verschiedene Temperatur bei der
                                 										Verarbeitung, sondern wesentlich auch die Temperatur, die das Metall geschmolzen
                                 										vor dem Ausgießen hatte, auf seine Dehnbarkeit Einfluß übe. Das Gold und das
                                 										Zinn finden sich in allen Handbüchern der Chemie schlechtweg als dehnbare
                                 										Metalle angegeben. Jeder Goldarbeiter kann aber darüber berichten, daß
                                 										umgeschmolzenes Arbeitsgold durch Umstände bei der Schmelzung, die nicht genug
                                 										gekannt sind, oft so spröde wird, daß es nicht geschmiedet werden kann. In einer
                                 										der größten Stanniolfabriken, die existiren mag, den Batavia Tin mills in London, vernahm ich, daß man dort das ostindische
                                 										Zinn (nach Mulder's Analysen als das reinste zu
                                 										betrachten, und wohlfeiler als das englische) nicht brauchen könne, weil es zu
                                 										spröde sey. Mir scheint es gar nicht unwahrscheinlich, daß solche
                                 										Verschiedenheiten ebenfalls abgeleitet werden müssen aus den Verschiedenheiten
                                 										der Temperaturen, bis zu welchen man beim Schmelzen oder Gewinnen die Metalle
                                 										erhitzt hatte.“
                              
                           Eigene Erscheinungen zeigt das Zink mitunter in seinem Verhalten gegen verdünnte
                              									Säuren. – Es wurde schon häufig die Erfahrung gemacht, daß sich reines Zink
                              									schwieriger in verdünnter Schwefelsäure löst, als das käufliche, mit andern Metallen
                              									verunreinigte. Entscheidende Versuche über diese Erscheinung hat Delarive
                              									Biblioth. univers. t. XLIII p. 391. angestellt. Er stellte fest, daß Eisen, Blei, Kupfer oder Zinn, im
                              									Verhältniß von 1/10 des Gewichts des Zinks demselben beim Schmelzen zugesetzt, eine
                              									wesentlich leichter lösliche Legirung hervorbringen; daß der Unterschied in der
                              									Löslichkeit des käuflichen und reinen Zinks nicht etwa auf Verschiedenheiten der
                              									Dichtigkeit zurückführbar sey, sondern daß namentlich eine geringe Beimengung von
                              									Eisen die Ursache der stärkeren Angreifbarkeit des Zinks sey.
                           Aber auch bei ganz reinem Zink zeigen sich Verschiedenheiten.
                           „Barbot
                                 										Journ. de chimie médicale, t. XVII
                                       													p. 655, und L. Gmelin's Handbuch der Chemie. fand, daß es wesentlich auch auf die Aggregation ankommt. Ein Zink,
                                 										welches sich schwierig löst, liefert gar kein Gas mehr, wenn man es geschmolzen
                                 										in Wasser granulirt; wird dieß aber wieder geschmolzen und in Tafeln gegossen,
                                 										so gibt es viel Gas.“ Wir finden bei dieser Beobachtung, wie bei
                              									einigen oben angeführten, das wichtigste Moment unbeachtet gelassen, nämlich die von dem schmelzenden Metall erreichte Hitze. Die
                              									nachfolgenden Versuche geben über diese Verhältnisse den entscheidendsten
                              									Aufschluß.
                           Es wurde reines Zink gerade bis zur Schmelzhitze gebracht und ein Theil davon (a) in dünnem Strahl in kaltes Wasser, ein anderer (b) auf eine erwärmte Platte gegossen. Von demselben Zink
                              									wurde eine andere Menge bis nahe der Rothglühhige gebracht, und (c) ein Theil auch in kaltes Wasser, ein anderer (d) auf eine warme Platte gegossen. Von jeder der vier
                              									Proben wurde 1 Grm. abgewogen und in einem Glase reichlich mit etwa 15fach
                              									verdünnter Schwefelsäure übergossen. Der Augenschein hatte im Voraus schon bei
                              									vielfach wiederholten Versuchen hinreichend belehrt, daß die Proben a und b weit weniger als c und d angegriffen wurden,
                              									und doch war a diejenige, die in den dünnsten Stückchen
                              									vorlag, also das günstigste Oberflächen-Verhältniß der auflösenden Säure bot.
                              									Nach zwei Stunden wurde die Säure abgegossen; die gut abgewaschenen Zinkreste
                              									wogen
                           
                              
                                 a =
                                 0,870 Grm.
                                 
                              
                                 b =
                                 0,575   „
                                 
                              
                                 c =
                                 0,145   „
                                 
                              
                           und von d waren nur kleine, kaum
                              									wägbare schwarze Flimmer übrig geblieben.
                           
                           Ein Gramm der Probe a wurde unter einem graduirten
                              									Cylinder unter Schwefelsäure von der erwähnten Stärke gebracht, und daneben unter
                              									ganz gleichen Verhältnissen eine Probe von c. Während
                              									die letztere in den ersten 30 Minuten etwa 200 Kubik-Centim. Wasserstoffgas
                              									geliefert und nach 2 1/2 Stunden völlig gelöst war, hatte die Probe a nach zwei Stunden etwas über 50 Kubik-Centim.
                              									und nach etwa drei Stunden ungefähr 200 Kubik-Centim. geliefert, und die
                              									vollständige Lösung war erst in sieben Stunden erfolgt.
                           Diese Verhältnisse der Löslichkeit fallen so weit auseinander, daß mit ihrer
                              									Ermittelung auch der größere Einfluß der Temperatur der geschmolzenen Zinkmasse wie
                              									jener der Erstarrungsdauer dargethan ist.
                           Man sieht aus dem Obigen, daß das bei möglichst niedriger Temperatur umgeschmolzene
                              									Zink dasjenige ist, welches 1) körnigen Bruch, 2) wahrscheinlich höheres specif.
                              									Gewicht, 3) die größere Dehnbarkeit, 4) die geringere Löslichkeit in verdünnter
                              									Schwefelsäure hat; während das aus höherer Erhitzung in den starren Zustand
                              									übergeführte 1) krystallinischblätterigen Bruch, 2) wahrscheinlich geringeres
                              									specif. Gewicht, 3) die größere Sprödigkeit, 4) die viel größere Löslichkeit in
                              									verdünnten Säuren zeigt.