| Titel: | Untersuchungen über die Natur des Krapp-Farbstoffs; von Hrn. Eduard Schwartz. | 
| Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XXXV., S. 135 | 
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                        XXXV.
                        Untersuchungen über die Natur des
                           								Krapp-Farbstoffs; von Hrn. Eduard Schwartz.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 										Mulhouse, 1856, Nr. 135.
                        Schwartz, Untersuchungen über die Natur des
                           								Krapp-Farbstoffs.
                        
                     
                        
                           Bei meinen Untersuchungen über die Natur des Krapp-Farbstoffs beabsichtigte
                              									ich: 1) das rothe Pigment dieser Wurzel im Zustande größter Reinheit darzustellen;
                              									2) das braune Harz zu isoliren, mit welchem das rothe Pigment im Krapp und dessen
                              									Extracten verbunden ist.
                           Um die erste dieser zwei Fragen zu lösen, schien mir die Sublimation, bei einer
                              									mäßigen Temperatur, den meisten Erfolg zu versprechen; denn nach den Versuchen des
                              									Hrn. Daniel Köchlin-Schuch
                              									Polytechn. Journal, 1828, Bd. XXVII S. 218. hat das sublimirte Product nicht immer ein gleiches Färbevermögen, wenn es
                              									bei einer hohen Temperatur entsteht und insbesondere wenn man für diese Operation
                              									unreine Extracte verwendet. Die von mir benutzten Extracte enthielten wenigstens 35
                              									Mal, und höchstens 60 Mal so viel Farbstoff als die Wurzel. Beiderlei Extracte
                              									lieferten mir ein sublimirtes Product, dessen Färbevermögen ich auf das 95fache von
                              									demjenigen des Krapps schätzte.
                           Das Verfahren, welches mir stets identische Resultate lieferte, ist folgendes: Ich
                              									verbreitete eine dünne Schicht zerriebenen Extracts auf Filtrirpapier und legte das
                              									Ganze auf eine dünne Eisenblechplatte; da letztere mit einem Griff versehen war, so
                              									konnte ich sie einer Pfanne mit glühenden Kohlen beliebig nähern oder von derselben
                              									entfernen. Das Papier diente mir als Wärmeregulator, weil es während der Operation
                              									unversehrt bleiben mußte.
                           Die Masse kam bald in Fluß und trennte sich dann in zwei sehr verschiedene Theile;
                              									der eine durchdrang das Papier in Form einer braunen Substanz, und gleichzeitig
                              									bedeckte der andere das Papier als ein Flaum röthlichgelber Nadeln, welchen ich nach
                              									dem Erkalten leicht wegnehmen konnte.
                           Die Wärme muß so regulirt werden, daß aus dem schmelzenden Extract nur ein schwacher
                              									weißer Dampf entweicht, nicht ein röthlicher; denn im letztern Falle würde das
                              									sublimirte Product allmählich verschwinden.
                           
                           Die nach diesem Verfahren erhaltenen Krystalle sind von dem braunen Harz gänzlich
                              									gereinigt; denn wenn man sie zerreibt und nochmals auf dieselbe Weise sublimirt, so
                              									hinterlassen sie keine gefärbte Spur mehr im Papier. Diese Krystalle sind in heißem
                              									Wasser schwach löslich, aber leicht löslich in Alkohol, Aether, caustischen
                              									Alkalien, den Oelen und der concentrirten Schwefelsäure; sie verhalten sich also zu
                              									diesen Agentien ganz wie die Harze.
                           Nach den Resultaten welche dieses sublimirte Product beim Färben liefert, kann man es
                              									als den rothen Farbstoff des Krapps im Zustand seiner größten Reinheit betrachten.
                              									Dieß bestätigt überdieß sein constantes Färbevermögen.
                           Da sich jedoch diese Substanz im Wasser sehr schwierig zertheilt, so muß man sie zu
                              									Färbeversuchen vorher in sehr wenig kochendem Alkohol auflösen und diese Auflösung
                              									mit der gehörigen Menge Wasser verdünnen. Man erhält auf diese Weise ein milchichtes
                              									Bad, welches schnell allen seinen Farbstoff an die Beizen abgibt.
                           Das im Papier verbleibende braune Harz hält eine beträchtliche Menge rothen
                              									Farbstoffs zurück; aber die Farben welche es beim Färben erzeugt, sind trüber und
                              									gelblicher als diejenigen welche das Krapp-Extract liefert, wovon es
                              									herrührt.
                           Ich gehe nun auf das Verfahren über, welches ich angewandt habe, um das braune Harz
                              									gänzlich von dem rothen Farbstoff zu trennen, mit welchem es in dem alkoholischen
                              									Krapp-Extract verbunden ist. Dieses Verfahren beruht auf der Eigenschaft des
                              									rothen Farbstoffs, in kochendem Wasser welches mit ein wenig Alaun versetzt ist,
                              									löslicher zu seyn als das braune Harz.
                           Ich ließ eine halbe Stunde lang 10 Gramme alkoholisches Krapp-Extract in 1
                              									Hektoliter kalkfreien Wassers kochen; am andern Tage decantirte ich sorgfältig das
                              									gefärbte Wasser, an dessen Boden leichte Flocken von rosenrother Farbe
                              									schwammen.
                           Der Hauptrückstand schien mir nicht merklich vermindert zu seyn. Ich goß auf
                              									denselben ein zweites Hektoliter Wasser und behandelte ihn wie das erste Mal. Auf
                              									diese Weise fuhr ich fort, bis keine rosenrothe Färbung der Flüssigkeit mehr zu
                              									bemerken war, was fünfzehn der erstern ähnliche Operationen erheischte.
                           Da der braune Rückstand, welchen ich nach dieser Behandlung sammelte, das Ammoniak
                              									nicht mehr violett färbte, so folgerte ich daß ihm der rothe Farbstoff vollständig
                              									entzogen wurde. Um diesen Rückstand von jeder Spur eines Kalkgehalts zu reinigen,
                              									löste ich ihn in der Kälte in concentrirter Schwefelsäure auf; diese Auflösung goß
                              									ich in eine große Menge
                              									Wasser und den nun entstandenen flockigen Niederschlag wusch ich mit Wasser aus, bis
                              									dieses ganz neutral ablief. Auf diese Weise erhielt ich eine braune harzige
                              									Substanz, welche ich nicht ganz trocknete, damit sie sich leichter in Wasser löste,
                              									welches sie schmutzig gelb färbt. Ich fand, daß diese Substanz löslich ist in
                              									Alkohol, Aether, den caustischen Alkalien, den Oelen und der concentrirten
                              									Schwefelsäure; sie ist also ein Harz. Wenn man sie in der Wärme mit reiner Salzsäure
                              									behandelt, so bekommt sie eine grünliche Farbe, ähnlich derjenigen welche der mit
                              									derselben Säure behandelte Krapp annimmt. Zur Ermittelung ihres Färbevermögens löste
                              									ich sie in einer kleinen Menge kochenden Alkohols auf und nachdem ich die Auflösung
                              									mit einer hinreichenden Menge Wasser vermischt hatte, färbte ich darin einen mit
                              									verschiedenen Beizen bedruckten Baumwollenzeug. Ich erhielt jedoch nur trübe und
                              									gelbliche Farben, über deren mögliche Rolle beim Krappfärben ich mich zur Zeit nicht
                              									aussprechen kann.
                           Ich habe noch eines Umstandes zu erwähnen, aus welchem sich eine für die praktische
                              									Färberei interessante Folgerung ergibt. Das alkoholische Krapp-Extract kann
                              									durch Auswaschen mit alaunhaltigem kochendem Wasser so weit erschöpft werden, daß es
                              									beim Färben fast nichts mehr abgibt, obgleich es mit einer kleinen Menge Wasser
                              									gehörig zerrieben wurde. Um ihm aber sein Färbevermögen wieder zu ertheilen, braucht
                              									man es nur mit kochendem Alkohol zu behandeln, dessen Auflösungsvermögen die
                              									Trennung der zwei harzigen Bestandtheile zu begünstigen scheint. Die Verwandtschaft
                              									des rothen Farbstoffs zum braunen Harze verhindert bekanntlich auch, daß ersteres
                              									sich vollständig sublimirt. Es ist daher kaum zu bezweifeln, daß die Verwandtschaft
                              									welche die zwei Harze verbindet, zur unvollständigen Benutzung des Farbstoffs beim
                              									Krappfärben beiträgt.
                           Im Wesentlichen geht aus meinen Versuchen hervor:
                           1) daß man den rothen Farbstoff des Krapps im reinsten Zustande erhält, wenn man ein
                              									alkoholisches Krapp-Extract, welches wenigstens das 35fache Färbevermögen der
                              									Wurzel hat, auf Papier sublimirt;
                           2) daß von einem alkoholischen Krapp-Extract das braune Harz dadurch
                              									abgeschieden werden kann, daß man es sehr oft mit kochendem Wasser behandelt, worin
                              									etwas Alaun aufgelöst ist;
                           3) daß das braune Harz, mit welchem der Farbstoff im Krapp verbunden ist, einen Theil
                              									des letztern nach dem Krappfärben zurückhält und dadurch zum Verlust beiträgt.
                           
                        
                           
                           Bericht des Ausschusses für Chemie über vorstehende
                                 										Abhandlung.
                           Das Verfahren des Hrn. Eduard Schwartz zur Darstellung des
                              									sublimirten Alizarins ist nicht neu, aber bequem, leicht und schnell ausführbar.
                           Seine Methode, das braune Harz frei vom rothen Farbstoff zu erhalten, haben wir in
                              									folgender Weise wiederholt: wir ließen 10 Grm. Krapp-Extract (welches
                              									mittelst Holzgeist nach der Methode von Gerber und Ed.
                              										Dollfus
                              									Polytechn. Journal Bd. CXXXI S.
                                       											398. dargestellt war) in einem Kessel mit alaunhaltigem destillirtem Wasser
                              									kochen, welches 2 Grm. Alaun im Liter enthielt; anstatt aber nach dem Erkalten zu
                              									decantiren, gossen wir die noch siedende Flüssigkeit von dem Product ab, welches am
                              									Boden des Kessels zurückblieb; nach zehn solchen Behandlungen hatten wir dasselbe
                              									Resultat erreicht wie Hr. Schwartz; wir verwendeten also
                              									10 Hektoliter anstatt 15. Diesen schnelleren Erfolg schreiben wir zwei Ursachen zu:
                              									1) der Anwendung destillirten Wassers anstatt des vom Verfasser benutzten Wassers
                              									der Doller, welches stets ein wenig Kalk enthält; 2) dem Decantiren der Flüssigkeit
                              									in siedendheißem Zustande, wobei sich der Farbstoff nicht theilweise niederschlägt.
                              									Nach diesen Operationen verblieben uns 37,62 Grm. braunes Harz; es hatten sich
                              									folglich 6,38 Grm. im alaunhaltigen Wasser aufgelöst. Diese 6,38 Grm. würden nach
                              									der Berechnung 40 Mal so stark als der Krapp färben, sie repräsentiren folglich
                              									nicht den reinen rothen Farbstoff, welcher 80 Mal so stark färbt: es hat sich daher
                              									Harz aufgelöst. Fragliche Verfahrungsweise gestattet somit keine quantitative
                              									Trennung des Harzes und des Farbstoffs. – Die leichte Trennung des Harzes und
                              									des Farbstoffs nach dieser Methode macht den Schluß des Hrn. Schwartz, daß das Harz zum Farbstoffverlust beim Krappfärben beiträgt,
                              									zweifelhaft, und um über diesen Punkt ins Reine zu kommen, sind daher neue Versuche
                              									nothwendig.
                           Es fragt sich noch, ob die von Hrn. Schwartz beobachteten
                              									Thatsachen unfern Kenntnissen über die Bestandtheile der Krappwurzel etwas Neues
                              									hinzufügen? In dieser Hinsicht müssen wir auf die Untersuchungen des Hrn. Schunck
                              									Polytechn. Journal Bd. CX S. 40. zurückgehen.
                           Letzterer hat zwei Harze isolirt; das eine, welches er Alphaharz nennt, hat die
                              									Formel C¹⁴H⁶O⁴; das andere oder Betaharz hat die Formel
                              									C¹⁴H⁵O⁵. Er erhält diese Harze mit beigemengtem
                              									Alizarin, indem er ein
                              									eigenthümliches, von ihm Rubian genanntes, Product mit Salzsäure behandelt. Dieses
                              									Rubian selbst erhält er, indem er den Krapp mit heißem Wasser auszieht; das
                              									wässerige Extract wird mit Knochenkohle geschüttelt und diese dann mit Alkohol
                              									behandelt; die alkoholische Lösung hinterläßt nach dem Abdampfen das Rubian.
                           Die so erhaltenen Harze geben beim Erhitzen noch einen Sublimat von Alizarin.
                           Man ersieht hieraus, daß die Resultate des Hrn. Ed. Schwartz von denjenigen des Hrn. Schunck
                              									bedeutend abweichen. Jener erhält, indem er das mittelst Holzgeist dargestellte
                              									Krapp-Extract mit alaunhaltigem Wasser behandelt, ein Harz welches gar nicht
                              									mehr färbt. Da zur Abscheidung dieses Harzes ein verschiedener Gang befolgt wurde,
                              									so fragt es sich, ob die Producte dieselben sind, was durch die Elementaranalyse des
                              									von Hrn. Schwartz erhaltenen Products zu entscheiden
                              									wäre.