| Titel: | Verfahren, die durch Destillation der Harze erhaltenen Producte in verkäufliche Oele umzuwandeln; von Professor G. F. Melsens in Brüssel. | 
| Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LXIX., S. 297 | 
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                        LXIX.
                        Verfahren, die durch Destillation der Harze
                           								erhaltenen Producte in verkäufliche Oele umzuwandeln; von Professor G. F. Melsens in
                           								Brüssel.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, Februar 1856, S.
                              									104.
                        Melsens' Verfahren, die durch Destillation der Harze erhaltenen
                           								Producte in verkäufliche Oele umzuwandeln.
                        
                     
                        
                           Diese Verfahrungsarten bezwecken:
                           1) Das stinkende, gefärbte und an der Luft sich verändernde ätherische Harzöl in ein
                              									weißes ätherisches Oel umzuwandeln, welches sich an freier Luft nicht mehr verändert
                              									oder färbt, und statt eines stinkenden oder brenzlichen Geruchs im Gegentheil einen
                              									aromatischen und angenehmen hat. Solche ätherische Oele, welche ich in zur Hälfte
                              									gefüllten Flaschen aufbewahrte, haben seit zwei Jahren ihren Geruch und ihre Farbe
                              									nicht geändert.
                           2) Die fetten (fixen), flüssigen oder klebrigen Harzöle in ätherisches Oel
                              									umzuwandeln, und zwar mit möglichster Vermeidung ihrer Zersetzung in Gase, wie sie
                              									bei der Harzgasbereitung statt findet.
                           
                           3) Die Gewinnung eines flüssigen (fixen) Oels, welches die Farbe der fetten
                              									Pflanzenöle besitzt, nämlich bernsteingelb ist. Solches nach meinem Verfahren
                              									bereitetes Oel hat seit zwei Jahren ebenfalls keine merkliche Veränderung
                              									erlitten.
                           1. Reinigung des rohen ätherischen Oeles. – Um das
                              									stinkende und gefärbte ätherische Del, welches sich in Berührung mit der Luft nach
                              									und nach in ein weißes flüchtiges Oel verwandelt, in ein an der Luft
                              									unveränderliches und angenehm riechendes Oel umzuwandeln, dienen folgende
                              									Verfahrungsarten: Das rohe Harzöl, welches ein Gemisch von flüssigem (fixem) Oel,
                              									eigentlichem ätherischen Oel und Fetten ist, wird mit einer Auflösung von ätzendem
                              									oder kohlensaurem Natron geschüttelt und gewaschen, um ihm die sauren Substanzen zu
                              									entziehen. Das Alkali muß in Ueberschuß angewendet werden; in der Ruhe begibt sich
                              									das neutralisirte ätherische Oel bald auf die Oberfläche der Flüssigkeit und wird
                              									dann decantirt. Hierauf kommt es in ein Gefäß von Eisen oder Kupfer, in welches man
                              									einen Strom Wasserdampf von 100° C. oder höherer Temperatur leitet. Der mit
                              									ätherischem Oel geschwängerte Dampf gelangt in ein gewöhnliches Schlangenrohr, wo
                              									sich die Dämpfe verdichten; die Producte begeben sich hernach in ein Gefäß, welches
                              									mit einer Florentiner Vorlage versehen ist. – Man kann dieses erste
                              									ätherische Oel in mehrere Producte trennen, indem die flüchtigsten zuerst mit dem
                              									Wasser überdestilliren, die weniger flüchtigen aber zuletzt.
                           Man mag nun das Product im Ganzen oder fractionirt gesammelt haben, so wird das
                              									ätherische Oel mit beiläufig zehn Procent seines Volums Salpetersäure von 36°
                              									Baumé in einem Gefäße von Steinzeug versetzt und das Gemisch wiederholt
                              									geschlagen, um eine ganz homogene Masse zu erhalten. Man läßt die Einwirkung
                              									fortdauern, bis das ursprünglich weiße oder gelbliche Oel sich grünlichbraun gefärbt
                              									hat; in diesem Zustand decantirt man es, um es in oben angegebener Weise zu
                              									destilliren, und zwar, zur Vorsicht, mit einem Ueberschuß von Kalkmilch
                              									versetzt.
                           Die bei einer ersten Operation verwendete Salpetersäure, deren Dichtigkeit sich auf
                              									26 bis 30° Baumé verminderte, läßt sich ein zweites Mal benutzen, wenn
                              									man sie mit einer kleinen Menge concentrirter Schwefelsäure mischt.Hr. Melsens hat auch andere oxydirende Körper
                                    											versucht, z.B. Chromsäure, Mangansuperoxyd, Bleisuperoxyd, aber weder ein so
                                    											schönes noch so wohlfeiles Product erhalten wie mittelst Salpetersäure Auch
                                    											eine Chlor
                                    											entwickelnde Mischung von Salzsäure und Braunstein gab kein vortheilhafteres
                                    											Resultat. Ebensowenig gaben ein solches die desoxydirenden Körper, wie
                                    											schweflige Säure, schwefelwasserstoffsaures Ammoniak etc.
                              								
                           
                           Noch bessere Producte als die Salpetersäure liefert ein Gemisch von gleichen Theilen
                              									concentrirter Schwefelsäure und Braunstein, welches man im Verhältniß von 10 Procent
                              									anwendet. Man setzt dasselbe nach und nach in größeren oder kleineren Portionen dem
                              									kalten ätherischen Oel zu, womit man es durch Umrühren gut vermischt; letzteres
                              									erhitzt sich und kann sogar ins Sieden kommen. Nach dem Erkalten wird das ätherische
                              									Oel decantirt, mit Kalkmilch gemischt, und in oben angegebener Weise mit Wasserdampf
                              									destillirt.
                           Wenn man bei der Fabrication ein rohes ätherisches Oel bekommt, welches nur wenig
                              									flüssiges (fixes) Oel enthält, so kann man dasselbe direct mit den angegebenen
                              									Körpern behandeln, ohne es vorher mit Wasserdampf zu destilliren.
                           2. Gewinnungsart des rohen ätherischen Oels. – Die
                              									durch Destillation von Harz gewonnenen Oele werden entweder für sich allein, oder
                              									nachdem man in denselben zuvor Harz (oder auch Destillationsrückstände) aufgelöst
                              									hat, in folgender Weise behandelt:
                           Man läßt die Harzöle in eine zum Rothglühen erhitzte Retorte mittelst einer
                              									gekrümmten Röhre tropfenweise fallen. Das Innere dieser Retorte enthält (anstatt
                              									Kohks oder Eisen wie bei der Harzgasbereitung) Kupferdrehspäne, oder auch Bimsstein
                              									dessen Poren mit zertheiltem metallischem Kupfer ausgefüllt sind. Diese Retorte
                              									steht mit dem Kühlapparat in Verbindung, welcher zur Destillation des Harzes
                              									gebräuchlich ist.
                           Den kupferhaltigen Bimsstein kann man auf folgende Weise erhalten: man glüht den mit
                              									einer Auflösung von salpetersaurem oder schwefelsaurem Kupferoxyd getränkten und
                              									dann getrockneten Bimsstein so lange, bis das Kupfersalz in schwarzes Kupferoxyd
                              									umgewandelt ist. Dieses Gemenge von Bimsstein und Kupferoxyd bringt man dann in eine
                              									Retorte, durch die man reines oder gekohltes Wasserstoffgas leitet, welches bei der
                              									angehenden Rothglühhitze das Oxyd zu metallischem Kupfer reducirt.
                           Auf den so präparirten Bimsstein wird, nachdem er zum Weißglühen erhitzt worden ist,
                              									der Strahl von (reinem oder auf angegebene Weise gemischtem) Harzöl geleitet. Die
                              									aus der Retorte abziehenden Producte enthalten dann sehr viel ätherisches Oel.
                           
                           Das gewonnene Rohproduct wird auf oben angegebene Weise mit Wasserdampf
                              									behandelt.
                           Fixe Producte. – Das mit Alkalien gewaschene rohe
                              									ätherische Oel gibt rectificirtes ätherisches Oel, im Apparat bleibt aber ein fast
                              									ganz geruchloses Oel zurück; erhitzt man dieses Oel an freier Luft über 100°
                              									E. und leitet dabei einen Strom Wasserdampf hindurch, so liefert es ein mehr oder
                              									weniger flüssiges Oel, welches vollkommen neutral und geruchlos ist, und direct in
                              									den Handel gebracht werden kann. Dasselbe erlangt jedoch neue und schätzbare
                              									Eigenschaften, wenn man es über freiem Feuer in den gewöhnlichen Apparaten
                              									umdestillirt und dann folgendermaßen behandelt: man neutralisirt das destillirte
                              									Product mit Alkalien, wie oben angegeben wurde; hernach bringt man es in den
                              									Destillirapparat und entzieht ihm das ätherische Oel, welches während der
                              									Destillation gebildet wurde, über freiem Feuer, mittelst eines Stroms Wasserdampf.
                              									Gießt man nun dieses Oel von der Flüssigkeit ab, auf welcher es schwimmt, so ist es
                              									vollkommen klar, es trübt sich aber bald und wird schillernd, daher es in diesem
                              									Zustand nicht verkäuflich wäre.
                           Um es verkäuflich zu machen, kann man es durch trockenen Sand filtriren, oder durch
                              									trockne Sägespäne, welche mit Kreide oder mit gebranntem Gyps gemengt sind, wodurch
                              									ihm das Wasser entzogen und ein klares Oel erhalten wird. Ich ziehe es jedoch vor,
                              									dieses Oel in eisernen Gefäßen, an freier Luft auf eine Temperatur von wenigstens
                              									150° C. zu bringen, wodurch es nicht nur vom Wasser befreit, sondern ihm auch
                              									die riechenden Bestandtheile entzogen werden und das Filtriren unnöthig wird.
                           Um das Beschicken und Entleeren der Apparate zu vermeiden, versteht man die zur
                              									Destillation der Harze gebräuchlichen Retorten mit einer S förmigen Röhre, in welche man das umzudestillirende Oel als Strahl
                              									laufen läßt.
                           Wenn man Oele von der vorzüglichsten Qualität erhalten will, so benutzt man, um die
                              									Säuren zu sättigen, eine ätzende Natronlauge von 36° Baumé, von
                              									welcher man bis 10 Proc. vom Volum des Oels zusetzt; man schlägt das Oel mit dieser
                              									Lauge bei einer Temperatur von 100° C. und darüber; nach einiger Zeit setzt
                              									man Wasser zu, welches sich des Natrons und der von diesem dem Oel entzogenen
                              									Producte bemächtigt. Das Natron entzieht in diesem Falle dem Oel Substanzen, welche
                              									den stinkenden Geruch der Buttersäure haben, gemischt mit Gerüchen, welche dem
                              									Kreosot und gewissen brenzlichen Producten ähneln. Durch diese Behandlung verliert
                              									das Oel nicht nur den Geruch, sondern auch die Eigenschaft an seinen Rändern die
                              									Regenbogenfarben zu zeigen, welche seinen Handelswerth sehr verringert. Es versteht
                              									sich, daß das vom Wasser getrennte Oel filtrirt oder auf oben angegebene Weise
                              									geläutert werden muß.
                           4. Behandlung des Oels, welches durch directe Destillation des
                                 										Harzes erhalten wurde. – Was bezüglich des aus dem rohen Harzöl
                              									abgeschiedenen flüssigen (fixen) Oels gesagt wurde, ist auch auf das durch directe
                              									Destillation des Harzes selbst gewonnene flüssige Oel anwendbar; man kann es nämlich
                              									durch Behandlung mit alkalischen Laugen, und nachherige Einwirkung des Wasserdampfs
                              									in den oben angegebenen Apparaten reinigen; es ist dann geruchlos und
                              									verkäuflich.
                           In vielen Fällen kann man die flüchtigen Producte welche sich mit dem Wasserdampf
                              									entwickeln, dadurch sammeln, daß man letztern in einem Schlangenrohr condensirt; im
                              									Allgemeinen muß man aber die Operation auf die Art beendigen, daß man die letzten
                              									Dämpfe aus den offenen Gefäßen in die freie Luft entweichen läßt. Um ein Product von
                              									besserer Qualität zu bekommen, destillirt man das auf oben angegebene Weise
                              									erhaltene Oel nochmals über freiem Feuer mittelst der gewöhnlichen Apparate und
                              									Verfahrungsweisen; dann reinigt man es nochmals nach der zuerst angewandten Methode,
                              									nämlich durch Waschen mit Alkalien, Behandlung mit Wasserdampf und Läuterung.
                           Schließlich theile ich noch eine Behandlung des Harzöls mit, welche auf denselben
                              									Grundsätzen beruht: das Oel wird in der Wärme mit einer ätzenden Natronlauge von
                              									36° Baumé behandelt, von welcher man wenigstens 5 Procent des
                              									Oelvolums anwendet. Man schüttelt wiederholt, setzt dann 25 bis 50 Procent Wasser zu
                              									und läßt kochen, wobei man das verdampfende Wasser durch frisches ersetzt. Nachdem
                              									das Kochen einige Stunden fortgesetzt worden ist, decantirt man die auf dem Wasser
                              									schwimmende Oelschicht und läutert das Oel auf oben angegebene Weise.