| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. , S. 447 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueberschwemmungen im südlichen Frankreich.
                           Durch ein vom 19. Juli d. J. aus Plombières datirtes Schreiben des Kaisers
                              									Napoleon wird der Minister der öffentlichen Arbeiten angewiesen, alsbald Vorschläge
                              									darüber zu machen: auf welche Weise die Wiederkehr solcher Ueberschwemmungen, wie
                              									dieselben die unteren Flußthäler der Loire, Saone, Gironde und Rhone in diesem
                              									Sommer in so schrecklicher Weise heimgesucht haben, zu verhindern sey.
                           Das Schreiben geht in die Erörterung dieser wichtigen Frage gründlicher ein und
                              									stellt folgende Punkte hin als leitende Grundsätze für die in der fraglichen
                              									Angelegenheit zu machenden umfänglichen Studien:
                           Zum Schutze der an jenen Flüssen liegenden Städte und Ortschaften sind Dämme
                              									anzulegen, jedoch nur als secundäre Schutzmaßregeln anzusehen, da sie die fraglichen
                              									Orte zwar nothdürftig schützen, die Wiederkehr der
                                 										Ueberschwemmungen aber nicht verhindern können, worauf ganz besonders und
                              									systematisch hinzuwirken ist. Das Deichsystem wird übrigens als ein den Staat
                              									ruinirendes Palliativmittel und deßhalb als unzulässig, aber auch der enormen Kosten
                              									(für die Rhone allein über 100 Millionen!) wegen als unausführbar bezeichnet.
                           Als vernünftig, praktisch, leicht ausführbar und bereits bewährt wird das System des Zurückhaltens der Inundations-Gewässer in den
                                 										oberen Flußgebieten bezeichnet. Die Zuflüsse der großen Ströme sollen da,
                              									wo sie das Hochland verlassen, in engen Thälern, wo es leicht sich thun läßt, durch
                              									Dämme aufgestaut und dadurch Wasserbecken gebildet werden, welche bei plötzlichen
                              									Zuflüssen große Wassermassen ausnehmen und dieselben nur nach und nach entströmen
                              									lassen, wie es ohne Schaden für das unterliegende Land geschehen kann. Es ward in
                              									dieser Beziehung auf die Wirkung der Seen verwiesen, durch welche Flüsse gehen
                              									(Bodensee, Genfer-See etc.), wie auch auf die an der Loire bereits
                              									bestehenden Dämme zu Pinay, 12 Kilometer oberhalb Roanne (im Jr. 1711 für 170,000
                              									Fr. erbaut) und zu La Roche (kostet 40,000 Fr.), welche 1846 wie jetzt wieder Roanne
                              									vor gänzlicher Verheerung geschützt haben. (Nach Boulangé, Ober-Ingenieur der Straßen und Brücken des
                              									Loire-Departements, soll die Ausdehnung dieses Systemes auf die Hauptflüsse
                              									der Loire durch 5 große Dämme und 24 Wehre nur 400,000 Fr. kosten.)
                           Die Dämme haben zugleich den Nutzen, daß sie Schlamm, zur Düngung der Felder
                              									verwendbar, wie auch Sand und Schotter auffangen, welche sonst die unterliegenden
                              									Gegenden verwüsten und die Flußbetten in schädlicher Weise anfüllen würden.
                           Wo die Dämme der Cultur der Thäler schaden, sind die Grundeigenthümer zu
                              									entschädigen. Das System derselben ist wo möglich auf die äußersten und alle
                              									Zuflüsse in Anwendung zu bringen.
                           Für die Loire wird zur Flußcorrection das System der inclinanten Weidendämme (so
                              									wenig in Frankreich wie in England bisher gekannt oder doch häufiger angewandt)
                              									empfohlen, theils um den Strom zu vertiefen, theils um nutzbares Land zu
                              									gewinnen.
                           Weiter wird das Project des Senkens des Wasserspiegels des Genfer-Sees durch
                              									Austiefung der oberen Rhone zur Prüfung empfohlen.
                           Endlich noch wird zur Erzielung einheitlicher und schneller Direktion angeordnet, daß
                              									die Behandlung der großen Flüsse einer Person anvertraut
                              									werden soll. Ebenso wird gewünscht, daß die in der Behandlung
                                 										der Wasserstraßen erfahrenen Ingenieurs an demselben Platze vorrücken
                                 										können, damit die von denselben erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen dem
                              									Staate zu Nutze kommen und nicht durch Versetzung an andere Posten oder Orte ganz
                              									oder theilweise verloren werden.
                           Durch solche Behandlung der Sache, welche nach der großen Ueberschwemmung von 1846
                              									leider unterblieb, hofft der Kaiser Resultate zu erzielen, welche die Wiederkehr solcher Calamitäten wo
                              									nicht verhindern, so doch verringern. B. (Zeitschrift des hannoverschen
                              									Architekten- und Ingenieurvereins. 1856, Bd. II S. 390.)
                           
                        
                           Messung der Geschwindigkeit eines Eisenbahnzuges mittelst
                              									Elektromagnetismus; von W. C. M'Rea.
                           Die Räder eines Wagens machen eine gewisse Anzahl von Umdrehungen, indem sie über
                              									einen bestimmten Straßenraum gehen; angenommen z.B. ein Wagenrad habe acht Fuß im
                              									Umfang, so wird es sich 660 Mal umdrehen indem es die Entfernung einer englischen
                              									Meile durchläuft. Wäre nun der Wagen so construirt, daß der Kasten immer in gleicher
                              									Entfernung von der Achse bliebe, was die ihm durch die Federn ertheilte Bewegung
                              									verhindert, so wäre es nicht schwierig, das Rad bei jedem Umgang so auf einen Hebel
                              									wirken zu lassen, daß dieser innerhalb des Wagens ein Rad in Drehung versetzt,
                              									welches so viele Zähne hat als das Wagenrad beim Durchlaufen einer englischen Meile
                              									Umgänge macht. Würde man in diesem Falle eine Reihe von Rädern wie bei einem Uhrwerk
                              									anwenden, so könnte das Indicatorrad auch eine Bruchzahl von Zähnen enthalten im
                              									Verhältniß zur Anzahl der Umgänge, welche das Wagenrad beim Durchlaufen einer
                              									gegebenen Entfernung macht.
                           Die Schwierigkeit, welche die unstäte Bewegung des Wagenkastens in Folge der Federn
                              									veranlaßt, läßt sich überwinden durch Anwendung eines Magnets, einer Batterie und
                              									eines galvanischen Stroms; letzterer muß bei jedem Umgang des Wagenrades
                              									unterbrochen werden. Hierbei wäre der Zweck des magnetischen Apparates, den
                              									Geschwindigkeits-Indicator um die Entfernung eines Zahnes zu bewegen.
                           Ein derartiger Apparat läßt sich so construiren, daß er für die Benutzung nicht
                              									aufgezogen zu werden braucht.
                           Die geeignetste Batterie für einen solchen Apparat ist die Sandbatterie; man muß dieselbe mit ganz reinem Sand herstellen (wie ihn
                              									die Glasfabrikanten anwenden); als Behälter desselben dient ein Porzellankasten, wie
                              									sie bei Grove's Batterie angewendet werden; die
                              									Kupfer- und Zinkplatten werden beiläufig einen Zoll von einander entfernt
                              									angebracht und der Sand wird dicht um dieselben herum eingedrückt. Das Zink muß
                              									amalgamirt und das Kupfer mit Smirgelpapier abgerieben werden, ehe man es in den
                              									Kasten stellt; der Sand wird dann gut mit Schwefelsäure befeuchtet, welche in dem
                              									für Batteriezwecke gebräuchlichen Verhältniß verdünnt ist. Einen stärkern Strom
                              									erhält man durch Anwendung von mehr Säure. Eine solche Batterie bleibt einige Wochen
                              									wirksam, wenn man jeden Tag ein wenig Säure zusetzt, in dem Verhältniß als die
                              									Stärke der zuerst hineingebrachten sich verminderte. Ein Eisenbahnzug kann eine
                              									Reihe solcher Tröge mitführen, wobei alle Schwierigkeiten vermieden werden, welche
                              									andere Batterien veranlassen würden. (Journal of the Franklin
                                 										Institute, Oktober 1856, S. 217.)
                           
                        
                           Ueber Absorption der Elektricität durch befeuchtete
                              									Oberflächen.
                           Marianini hat die Beobachtung gemacht, daß Körper, die
                              									man mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten befeuchtet, dadurch in hohem Grade
                              									befähigt werden, die Elektricität eines elektrisirten Nichtleiters, den man damit in
                              									Berührung bringt, aufzunehmen. Bringt man z.B. einen Wassertropfen auf den Knopf
                              									eines Elektroskops und berührt die benetzte Stelle mit einem elektrisirten
                              									Glasstabe, so divergiren die Goldblättchen und bleiben auch nach Entfernung des
                              									Stabs mit Elektricität beladen, während, wenn die Berührung an einer trockenen
                              									Stelle stattgefunden hatte, die Goldblättchen nach Entfernung des Stabes wieder
                              									zusammenfallen. (Aus Cimenfo, durch Liebig's und Kopp's Jahresber.
                              									über die Fortschritte der Chemie, Physik, Mineralogie u. Geologie für 1855, S.
                              									218.)
                           
                        
                           
                           Unterscheidung der ächt und der unächt versilberten
                              									Waaren.
                           Der österreichische Zolltarif setzt für die ächt versilberten Waaren einen höheren
                              									Einfuhrzoll fest, als für die unächt versilberten, und es gehören zu jenen Waaren
                              									alle diejenigen, die auch nur eine ganz dünne Schichte ächten Silbers haben. Zur
                              									leichteren Unterscheidung der ächt und der unächt versilberten Waaren für jene
                              									Fälle, wo die Ueberzeugung vorliegt daß Quecksilber an der Oberfläche der Waare
                              									nicht vorhanden ist, wurde den Zollämtern folgendes Verfahren an die Hand gegeben:
                              									Man bringt mittelst eines Glasstabes einen Tropfen einer frisch bereiteten
                              									Schwefelleberauflösung auf die Oberfläche des zu prüfenden Gegenstandes, welcher
                              									Tropfen nach einer halben Minute durch Abspülen mit Wasser oder durch Eintauchen des
                              									Gegenstandes ins Wasser entfernt wird. Ist der Gegenstand von Silber oder ist er
                              									noch so oberflächlich versilbert, so wird augenblicklich ein dunkler, schwärzlicher
                              									Fleck sichtbar. Besteht dagegen die zu untersuchende Oberfläche aus einem anderen
                              									silberähnlichen Metalle, wie Zinn, Nickel, Packfong etc. (mit Ausschluß des
                              									Quecksilbers, Zinn-Amalgams etc.), so tritt nicht die geringste Reaction ein.
                              									In zweifelhaften Fällen, zu deren Entscheidung dieses Verfahren nicht hinreicht, hat
                              									jedoch das Zollamt bei dem Hauptmünzprobiramt in Wien eine genaue technische Prüfung
                              									zu veranlassen. (Austria, Bd. III. S. 573.)
                           
                        
                           Anwendung des Wasserglases zum Schlichten des
                              									Baumwollengarns.
                           John Leigh in Manchester ließ sich am 7 April 1856 die
                              									Anwendung des Wasserglases zu diesem Zweck für England patentiren. Nach seiner
                              									Vorschrift soll man das von einer chemischen Fabrik bezogene feste Kali- oder
                              									Natron-Wasserglas in einem kupfernen oder reinen eisernen Kessel mittelst
                              									kochenden Wassers auflösen und die erhaltene Lösung mit so viel Chlornatron
                              									(Javellischer Lauge) versetzen, als erforderlich ist um die braune Farbe (das
                              									Sulfurid) zu zerstören und die Flüssigkeit farblos zu machen; während des Zusetzens
                              									des Chlornatrons muß sie rasch umgerührt werden. Hierauf gießt man Schwefelsäure,
                              									welche mit acht Theilen Wasser verdünnt ist, vorsichtig und langsam in solcher Menge
                              									in die Wasserglaslösung, daß alles in derselben etwa enthaltene freie Alkali
                              									neutralisirt wird, wobei man sie rasch umrührt, bis sich Flocken von Kieselerde
                              									abzuscheiden beginnen und in der Mischung schwimmen; dieser Säurezusatz ist bei
                              									einer sehr unbedeutenden Menge freien Alkalis nicht nothwendig.
                           Die so vorbereitete Lösung von Kali- oder Natron-Wasserglas gießt man
                              									in reine Kessel von Kupfer oder Eisen und concentrirt sie durch rasches Einkochen
                              									auf die erforderliche Stärke (für welche jedoch der Patentträger keinen Anhaltspunkt
                              									gibt); nach dem Erkalten wird sie in gläsernen Flaschen zur Verwendung aufbewahrt.
                              									Wenn es nöthig ist, sie für das Schlichten einer Garnsorte mit (destillirtem) Wasser
                              									zu verdünnen, so kann dieß in dem kupfernen oder eisernen Schlichttrog geschehen.
                              									Wie beim Schlichten mit Mehlkleister, kann man zugleich eine Quantität Talg oder
                              									Seife in diesen Trog geben. (London Journal of arts,
                              									December 1856, S. 348.)
                           
                        
                           Die gemischten Gespinnste und Gewebe
                           erweckten auf der Pariser Ausstellung große Ueberraschung. Die
                              									Verbindung mehrerer verschiedenartiger Spinnstoffe zu einem einfach gedrehten Faden
                              									ist erst das Werk der neuesten Zeit und datirt in den Manufacturstädten Frankreichs
                              									kaum ein Decennium zurück. Seitdem sind darin außerordentliche Fortschritte, sowohl
                              									in den Combinationen der Spinnstoffe für die Erreichung eines bestimmten Effectes im
                              									Gewebe oder in der Farbe, als auch bei der Verspinnung selbst gemacht worden, und noch steht dieser
                              									Zweig in schnell vorgehender Entwickelung. England mag wohl für diese Spinnerei
                              									durch Vermischung des harten Kammgarnes, Alpakas und Mohairs, sowie des Mohairs und
                              									Alpakas mit Seide den Impuls gegeben haben; Frankreich aber scheint bestimmt, das
                              									Princip eigentlich auszubeuten und einen großartigen Zweig in der
                              									Kleiderstoff-Fabrication damit zu begründen. Man verspinnt jetzt bis zu vier
                              									verschiedenen Stoffen mit einander, nämlich Kammwolle, sowohl weiche als englische
                              									harte, Baumwolle, Seide oder Schappe oder bourre de
                                 									soie, Mohair und Alpaka, und gibt die Mischungen davon in verschiedenartigen
                              									Verhältnissen; ebenso zwirnt man solche gemischte Fäden. Wie weit man in diesen
                              									Combinationen noch vom letzten Ende entfernt ist, bewies ein ausgestelltes neues
                              									Product, das gezwirnt war, und unter dem Namen Coton
                                 										lustre, eine billige Nachahmung des Seidenfadens bezweckte. Diese Art der
                              									Kammgarnspinnerei verdient von den Fabrikanten die höchste Beachtung. Hier liegt der
                              									Zweck klar ausgesprochen, einen theueren Stoff durch billigere zu ersetzen, die bei
                              									gleicher Güte den gleichen Effect im Gewebe hervorbringen. Das Feld, das sich hier
                              									aufthut, ist ein unendlich weites für den Spinner wie für den Fabrikanten. An den
                              									Fortschritten, welche namentlich Frankreich jetzt in den gemischten Gespinnsten zu
                              									machen beginnt, hat Deutschland bisher noch nicht Theil genommen, der Begehr nach
                              									reinem Kammgarn ist ein so starker, daß es bis jetzt, ungeachtet der bedeutenden
                              									Einfuhr von Frankreich und England, nur mit Befriedigung dieses Bedarfes zu thun
                              									hat. Die eigentliche Bedeutung der gemischten Gewebe ist noch der Zukunft
                              									vorbehalten, denn sie sind theils, wenn auch auf ein ziemlich ausgedehntes Feld sich
                              									erstreckend, doch nicht viel mehr als in ihren Anfängen vor uns aufgetreten, theils
                              									können wir sogar bloß die Keime der Entwicklung bis jetzt überblicken. Die ungeheure
                              									Ausdehnung aber, die dieser Industriezweig in dem verhältnißmäßig sehr kurzen
                              									Zeitraum der letzten zehn Jahre gewonnen hat, läßt uns zu dem Schlusse kommen, daß
                              									analog den Erscheinungen in andern Zweigen, eine große Aenderung in den
                              									Verbrauchsverhältnissen und ein großartiger Begehr nach gemischten Stoffen in keine
                              									ferne Zeit gerückt seyn werde.
                           Die einfache Beobachtung des praktischen Lebens genügt zur Bestätigung dieser
                              									Behauptung. In den bemittelteren Classen der Bevölkerung haben die Kleiderstoffe aus
                              									Kammgarn und gemischtem Spinnmaterial den Verbrauch von Baumwollwaaren vielfach
                              									verdrängt und auch der Verwendung von Seidenstoffen eine Gränze gesetzt, die sich in
                              									der Zukunft noch mehr einengen dürfte. Der gleiche Proceß beginnt bereits in den
                              									Bedürfnissen der weniger bemittelten Volksclassen sich sehr bemerkbar zu machen. Es
                              									ist eine beachtenswerthe Thatsache, die alle Aufmerksamkeit verdient, daß selbst in
                              									England die Druckereien, die bis vor Kurzem nur der Baumwolle gewidmet waren, sich
                              									bereits auch mit dem Wolldruck befassen. Namentlich ist es die
                              									Baumwollwaaren-Manufactur, welche mit einem großen Theile ihrer jetzigen
                              									Artikel den Markt wird räumen müssen, wie sie es jetzt schon in einzelnen Zweigen
                              									gethan hat.
                           Der Fabricationsgewinn bei den gemischten Stoffen ist gegenwärtig noch ein
                              									außergewöhnlich hoher. Besprechungen mit mehreren speciellen Sachverständigen haben
                              									zu dem Resultate geführt, daß die Preise, welche die Fabrikanten des Districtes von
                              									Roubaix, namentlich für ihre neuen und feinern Stoffe, von den Consumenten bewilligt
                              									erhalten, im Verhältniß zu den Herstellungskosten so hoch erscheinen, daß sie bei
                              									weitern Fortschritten in der Fabrication und bei der zunehmenden Concurrenz sogar
                              									bis unter die Hälfte ihres jetzigen Standes herabgemindert werden können und immer
                              									noch einen anständigen Unternehmergewinn abwerfen. Auch mehrere Fabrikanten aus
                              									Roubaix machten das Zugeständniß, daß die Möglichkeit einer bedeutenden
                              									Preisminderung nicht ernstlich bestritten werden könne. Es wiederholt sich hier die
                              									allgemeine Erscheinung in der Sphäre der Industrie, daß derjenige, welcher zuerst
                              									einen eigenthümlichen Genre ergreift und sich mit aller Macht darauf wirft, auch den
                              									reichsten Gewinn davon erntet, und daß später, wenn sich eine größere Concurrenz
                              									solcher Artikel bemächtigt, die Aufnahme derselben in andern Staaten zu einem
                              									weniger lucrativen Unternehmen wird, ja oft nur einen siechen Industriezweig zur
                              									Erscheinung bringt.
                           Die Verbindung verschiedener Materialien in einem und demselben Stoffe, namentlich
                              									wenn die Vermischung schon im Garne stattfindet, sichert, wenn sie zum Gegenstande
                              									des besondern Studiums gemacht wird und in richtig bemessenen Verhältnissen stattfindet, ganz
                              									eigenthümliche überraschende und ungekannte Effecte, theils in dem Lustre der
                              									Stoffe, theils im Reflex der Farben. Hierdurch aber greifen die gemischten Stoffe in
                              									andere Zweige der Gewebe ein, und gestatten daher die Geschmacksrichtung dieser auf
                              									sich herüberzuziehen und alle diejenigen Dessins zu benutzen, die bald in diesem,
                              									bald in jenem Stoffe von hervorragender Wirkung auf Auge und Gefühl sind. Es sind
                              									die angeführten Momente weiter auch die Basis dafür, daß der Industriezweig eben so
                              									sehr dem höchsten Luxus wie den Anforderungen an eine gewöhnliche Gebrauchswaare
                              									dienen kann, und die Preise der Producte kaum irgendwo anders einer ähnlichen
                              									Abstufung fähig sind. Dieß läßt in weiterer Folge eine ungewöhnliche, ausgedehnte
                              									Concurrenz unter den Fabrikanten selbst zu, die für die Consumenten und den Absatz
                              									im höchsten Grade vortheilhaft, für den Industriellen aber, der Mannichfaltigkeit
                              									der Artikel wegen, unter denen seine Thätigkeit, sein Talent und seine Neigung sich
                              									auswählen und vorzugsweise befassen kann, nie nachtheilig zu werden vermag.
                           Alle Momente weisen uns darauf hin, uns mit aller Macht auf das große Gebiet der
                              									gesammten Kammgarn-Industrie zu werfen, so wie es Frankreich, im Vorgefühle
                              									dessen, was seiner Baumwollwaaren-Industrie bevorsteht, bereits begonnen
                              									hat.
                           Die Mittel, Frankreich nachzufolgen, bestehen vornehmlich in einer größeren Ausdehnung, zum Theil auch in der Vervollkommnung der Kammgarnspinnerei,
                              									namentlich in deren Einrichtung auf die gemischten
                                 										Gespinnste, in einem sorgsamen Studium der Natur der
                                 										einzelnen Spinnmateriale und des Effectes ihrer
                              										Combinirung im Gewebe, in
                              									der Verbesserung der Weberei, der möglichst ausgedehnten
                              										Einführung von Poowerlooms
                              									und der Vorrichtung des mechanischen Schützenwechsels,
                              									endlich in einer möglichst vollständigen Trennung der
                                 										Färberei und Appretur von den übrigen
                              									Fabricationsmanipulationen. (Oesterr. amtl. Ber. über die Pariser Ausstellung 3.
                              									Heft, S. 21. 24. 86. 117. 119. 124.)
                           
                        
                           Byssus,
                           die seidenartige Faser, womit einige Mollusken, namentlich die
                              									Steck- oder Seidenmuschel (Pinna nobilis) ihre
                              									Muscheln an den Klippen im Meere befestigen, wird in Sicilien und Calabrien zu
                              									Verfertigung dauerhafter Gewebe, Handschuhe und Strümpfe verwendet, und dient in
                              									neuester Zeit in Frankreich zur Mischung mit Schafwolle, Seide, Alpaka etc. für die
                              									Fabrication von Modestoffen. Es ist dasselbe Material, welches Aegypten und Indien
                              									unter den Namen Xylon und Gossypium den alten Römern und Griechen zur Verarbeitung für die
                              									sogenannten Sindones oder Sidones lieferte. Lange Zeit hat man den Byssus für feinen
                              									Flachs, und die daraus gewebten Zeuge für Leinwand gehalten. Erst die neuere Zeit
                              									verschaffte den richtigen Aufschluß. Bei einem Stück leichten blauen Tuches auf der
                              									Pariser Ausstellung war der Byssus mit Schafwolle gemischt versponnen, und die auf
                              									der Oberfläche des Gewebes zahlreich herausstehenden Spitzen dieser goldbraunen
                              									seidenartigen Faser verliehen dem Tuche bei seitwärts auffallendem Lichte einen
                              									eigenthümlichen Glanz, gleich als ob Goldstaub darüber gestreut wäre. Es war der
                              									Versuch der Verwendung dieses Stoffes für Tuch interessant, wenn auch nicht ganz
                              									neu. Das beschränkte Vorkommen des Byssus steht übrigens einer größern Ausdehnung
                              									des Verbrauchs entgegen. (Ebendort S. 37 u. 39.)
                           
                        
                           Das Spinnen des wollenen Schußgarnes auf Spulen
                           ist in den Kammgarnspinnereien Frankreichs fast allgemein
                              									eingeführt, auch in England schon sehr verbreitet; es sind damit mehrere wesentliche
                              									Vortheile verbunden. Zunächst wird durch Vermeidung des Aufhaspelns auf die Weise
                              									und des Umhaspelns der
                              									Garnbündel auf die Spule das Garn in der natürlichen Beschaffenheit gelassen und
                              									verwebt, wie es von der Spinnmaschine kommt. Der Faden bleibt daher lockerer, weil
                              									er nicht durch Auf- und Abwickeln überflüssig angestrengt wird, bewirkt eine
                              									vollkommenere Deckung des Gewebes, und trägt mithin wesentlich dazu bei, daß der
                              									Stoff eine angenehme Weichheit und Geschmeidigkeit erhält. Das Ueberhaspeln auf die
                              									Spulen bereitet ferner dem Fabrikanten außer dem Aufwande an Arbeitslohn einen
                              									Materialverlust, der von Sachverständigen auf 5 bis 6 Procent berechnet wird. Dieser
                              									Abgang aber, da er aus den feinen Spitzen des Wollhaares besteht, die aus dem Faden
                              									hervorragen, bedingt wiederum Nachtheile bei der Appretur. Es sind nämlich diese
                              									Spitzen besonders geeignet, dem Gewebe in der Appretur einen eigenthümlichen,
                              									schönen Glanz zu verschaffen. Das Endergebniß ist mithin, daß man mit auf Bobinen
                              									gesponnenen Schußgarnen eine weit bessere, gefälligere und billigere Waare erzeugen
                              									kann, als mit geweiften Garnen, oder, was dasselbe ist, daß man bei Anwendung
                              									ersterer mit einem qualitativ und quantitativ geringeren Material eine bessere Waare
                              									erzielt, als bei Verwebung letzterer. Diese wichtige Aenderung in der Aufwickelung
                              									des Garns verdient darum die größte Beachtung. (Oester. amtl. Ber. über die Pariser
                              									Ausstellung 3. Heft, S. 18.)
                           
                        
                           Ueber die Bereitung des Leinölfirnisses mittelst borsauren
                              									Manganoxyduls.
                           Zur Bereitung des Leinöl-Firnisses leistet nach einer Mittheilung im
                              									bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt, 1856 S. 315, ein Zusatz von freiem
                              									Manganoxyd oder Manganoxydhydrat dasselbe, wie das borsaure Salz. Man braucht nur
                              									das Oel mit etwa 1/8 Proc. Manganoxyd oder Oxydhydrat ganz kurze Zeit (etwa 1/4
                              									Stunde) zu erwärmen. Die Erwärmung braucht dabei lange nicht den Siedepunkt zu
                              									erreichen, doch läßt sich der Temperaturgrad im allgemeinen nicht bestimmt angeben,
                              									da junges Oel einen weit höheren Siedepunkt hat als altes. Die siccative
                              									Beschaffenheit nimmt jedoch mit der Stärke der Erhitzung zu. Da indessen das Oel
                              									zugleich um so dunkler und dicker wird, je stärker es erhitzt wurde, so thut man im
                              									allgemeinen am besten, das Oel vom Feuer zu entfernen, sobald es sich aushellt und
                              									anfängt ganz schwach zu rauchen Anstriche davon werden nun in 24 Stunden fest. Um
                              									das Firnißöl von sehr blasser Farbe zu erhalten, muß man noch schwächer erhitzen.
                              									Freilich wird dadurch auch das Trocknen um mehrere Stunden verzögert, allein die
                              									Farbe des Oels ist dann kaum bemerkbar bräunlich geworden, während es sich im
                              									ersteren Falle immer kastanienbraun färbt.
                           Ein in der Farbe gar nicht verändertes, weingelbes Oel wurde erhalten durch Versetzen
                              									eines vierjährigen Leinöls, welches schon roh in drei Tagen trocknete, mit 1 Proc.
                              									Kalkhydrat ohne alles Erwärmen. Nach zweitägigem öfterem Umschütteln war ein
                              									Anstrich davon in 24 Stunden vollkommen fest. Dießjähriges Oel wurde jedoch selbst
                              									durch Kochen mit Kalk nicht siccativ.
                           Das Oel löst von der kleinen Menge Manganoxyd höchst wenig auf und der abgelagerte
                              									Satz läßt sich wiederholt zur Firnißbereitung benützen.
                           Mischt man präparirtes Oel mit seinem gleichen Gewichte rohen Oels, so erfordert es
                              									fast die doppelte Zeit zum Trocknen, mit der zweifachen Menge noch 20 Stunden länger
                              									und bei dreifachem Zusatz noch weitere 12 Stunden, doch nimmt die zum Festwerden des
                              									Anstriches erforderliche Zeit bei längerem Stehen der Mischung allmählich etwas
                              									ab.