| Titel: | Ueber Ballistik; von L. Georg Treviranus. | 
| Autor: | Ludwig Georg Treviranus [GND] | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. I., S. 2 | 
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                        I.
                        Ueber Ballistik; von L. Georg Treviranus.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Treviranus, über Ballistik.
                        
                     
                        
                           Unter Ballistik versteht man gewöhnlich die Wissenschaft, nach mechanischen und
                              physikalischen Grundsätzen genau die Form der krummen Linie zu bestimmen, welche ein
                              aus einem über die Horizontale erhöhten Geschütz abgeschossenes Projectil in der
                              Luft beschreibt, und man nennt die Aufgabe eine solche Kugelbahn zu bestimmen, sehr
                              passend das ballistische Problem, indem diese Aufgabe selbst bis zum heutigen Tage
                              noch nicht genügend gelöst ist. Doch sind hier zwei Fälle zu unterscheiden. Einmal
                              abstrahirt man von dem Widerstand der Luft, betrachtet die Sache so, als wenn sich
                              das Geschoß in einem leeren Raum bewegte und nennt die für diesen Fall entwickelte
                              Theorie die parabolische. Diese so schöne Theorie läßt in der That schon seit langer
                              Zeit wohl nichts mehr zu wünschen übrig, indem sie von allen competenten
                              Mathematikern als vollkommen richtig, also keiner weitern Verbesserung mehr fähig
                              anerkannt worden ist. Aber mit Berücksichtigung des Widerstandes der Luft ist dieses
                              durchaus nicht mehr der Fall. Die hierauf bezügliche Theorie nennt man zum
                              Unterschied von jener, die Theorie des Widerstandes, und wenn sich auch nicht
                              verkennen läßt, daß auch auf deren Vervollkommnung von den dazu Befähigten nicht
                              minder viel Zeit und Scharfsinn verwendet worden ist, so war doch, so viel man weiß,
                              noch keiner so glücklich, den beabsichtigten Zweck zu erreichen, und die praktische
                              Artillerie hat bis jetzt nur einen sehr spärlichen Nutzen aus den Resultaten der
                              gelehrten Untersuchungen ziehen können. Nahe dasselbe dürfte auch, wie mir scheint,
                              der Fall in Bezug auf die Versuche seyn, welche mittelst des sogenannten
                              ballistischen Pendels in England, Frankreich und Amerika angestellt wurden. In dem
                              Aufsatz „über die Gesetze des Widerstandes der Luft
                                    gegen Projectile
                                    von großer Geschwindigkeit“
                              Polytechn. Journal Bd. CXLI S.
                                       275. hält der Verfasser, Hr. Didion, die zu Metz
                              mittelst des ballistischen Pendels angestellten Versuche unter allen für die
                              verläßlichsten. Dem soll hier zwar keineswegs widersprochen werden; aber was lernt
                              man unter anderm (in den für die praktische Artillerie besonders wichtigen Fällen,
                              aus der Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses und dem Höhenwinkel des Geschützes
                              entweder die Kernschußweite auf der Horizontale im Niveau mit der Kugelsohle, oder
                              die Wurfweite aufs Bett zu bestimmen) aus dem Aufsatz? Ich selbst habe mindestens
                              keine Regel daraus entnehmen können, welche auf die genannten Fälle anwendbar wäre,
                              und ein Freund von mir, welcher als ein guter Mathematiker betrachtet wird, hat sich
                              auch vergebens darum bemüht. Dagegen mag richtig seyn, was man übrigens auch schon
                              früher vermuthete, daß der Widerstand der Luft, eine geringe Geschwindigkeit des
                              Geschosses als Norm angenommen, nicht nach Newton's Satz
                              nach den Quadraten derselben, sondern mit vergrößerter Geschwindigkeit in einer
                              höheren Progression zunimmt. In welchem speciellen Betrag dieses der Fall ist, soll
                              eine Formel lehren, welche Didion dafür gibt. Aber was
                              sich Nutzbares daraus wird machen lassen, scheint auch die Zukunft erst lehren zu
                              müssen.
                           Was ich mir nun erlauben werde über Ballistik in praktischer Beziehung mitzutheilen,
                              macht, wie ich im voraus bemerke, auf wissenschaftliche Begründung aus den
                              Grundsätzen der Mechanik, bezüglich der bewegenden Kraft, wohl einige, aber aus
                              denen der Physik, bezüglich des Luftwiderstandes, vorläufig keine Ansprüche, sondern
                              das Ganze beruht zur Zeit noch auf einer Hypothese, welche sich aber, wie weiterhin
                              gezeigt werden wird, den wirklichen Versuchen so gut anschmiegt, daß ich hoffe man
                              wird zu der Ueberzeugung gelangen: die wahre Theorie des Widerstandes muß,
                              mindestens sehr nahe, in dem von mir aufgefundenen Ausdruck enthalten seyn; so daß
                              Mathematiker vom Fach wahrscheinlich nur noch die Aufgabe haben werden, den näheren
                              Zusammenhang der Sache herauszufinden.
                           Die Gründe daß ich, der bis vor sechs Jahren, etwa 30 Jahre lang, Mechaniker,
                              hauptsächlich für den Bau der größeren, durch die Kraft des Dampfes und des Wassers
                              bewegten Maschinen war, nebenbei auch die Ballistik zu meinem Studium machte, liegen
                              einestheils in dem Umstand, daß ich in jüngeren Jahren Veranlassung dazu fand,
                              anderntheils daß sie mich als ein Zweig der Mechanik, eben wegen des Dunkels worin
                              sie gehüllt ist, ansprach, endlich darin, daß mir seitdem, etwa so wie Anderen eine Liebhaberei fürs
                              Scheibenschießen, die für die Ballistik geblieben ist, obgleich, was ich in dieser
                              Beziehung auf eigene Hand unternahm, stets nur im kleinen Maßstab geschah, während
                              ich Versuchen Anderer im Großen beizuwohnen nur selten Gelegenheit hatte, so daß ich
                              mich auch nicht rühmen kann ein praktischer Artillerist zu seyn, worauf es aber hier
                              auch gar nicht ankommt, indem ich nicht etwa meine eigenen, sondern die Versuche
                              Anderer, mir nur dem Namen nach bekannter Personen, als Norm für meine Berechnungen
                              annehmen werde.
                           Bei der Ansicht solcher Versuche, wie sie in den Schieß- und Wurftabellen der
                              Handbücher über das Artilleriewesen mitgetheilt sind, schwebte mir oft die Idee vor:
                              daß es möglich seyn möchte, durch eine oder die andere Modification der
                              trigonometrischen Linien des Zirkels einen Ausdruck oder eine Formel zu finden,
                              welche der Forderung, aus dem Elevationswinkel die Schuß- und Wurfweiten,
                              wenn auch nur bis zu einem gewissen Grad, mit den wirklichen Versuchen
                              übereinstimmend darzustellen, ein Genüge leistet. Indessen die Tabellen welche mir
                              bis dahin zur Hand waren, gaben alle nur die Distanzen für gewisse Höhen der
                              Aufsätze aufs Visir der Geschütze, und ohne ganz speciell mit deren Dimensionen
                              bekannt zu seyn, erschien es mir zu unsicher, die Höhenwinkel daraus zu
                              berechnen.
                           Dieß war so bis zum Jahre 1848, wo ich mit dem Werke bekannt wurde: „Versuch eines Handbuches für die königl. bayerische
                                    Artillerie, mit 12 Steindrucktafeln
                                 , bearbeitet von Joseph Hütz und Joseph Schmölzel (München, Druck und Verlag von Georg Franz 1847), welches ganz meinem Wunsche entsprach, da es
                              nicht nur die Höhe der Aufsätze, sondern auch die dazu correspondirenden Winkel der
                              Elevation in Graden und Minuten angibt. Ich wählte daraus die Schieß- und
                              Wurftafel für die leichte lange 7pfünder Haubitze mit Granaten bei 20 und 40 Loth
                              Ladung (S. 488) zum Vergleich mit meiner beabsichtigten Berechnung der Distanzen,
                              fand aber damals Schwierigkeiten eine Formel zu finden, nach welcher sich bloß aus
                              dem Elevationswinkel und der Erhöhung der Haubitze über dem Bett die in der Tafel
                              angegebenen Wurfweiten aufs Bett berechnen ließen, obgleich ich gegenwärtig die
                              Möglichkeit einsehe, mindestens umgekehrt aus genannter Wurfweite etc. den
                              Elevationswinkel zu berechnen.
                           Zur Aushülfe wurden also alle in dem Handbuche angegebenen Entfernungen als aus zwei
                              Größen bestehende Wurfweiten betrachtet, wovon die eine gleich der Kernschußweite
                              auf der Horizontalen im Niveau mit der Kugelsohle des Rohrs, und die andere, in
                              Bezug auf die Kugelbahn, eine Ordinate in der Länge gleich der Entfernung des letzten Berührungspunktes der
                              Granate mit der Horizontalen und dem Aufschlag aufs Bett sey.
                           Die parabolische Theorie lehrt, daß wenn c = der
                              Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses, m = dem
                              Höhenwinkel des Geschützes über der Horizontalen und 2 g
                              = der Endgeschwindigkeit eines fallenden Körpers am Ende der ersten Secunde ist,
                              dann die Schußweite auf der Horizontalen wird:
                           b = (c² × sin 2 m)/2 g
                              
                           Wird nun bei dem gleichen Geschütz und gleichbleibender Pulverladung c² als unveränderlich angenommen, so läßt sich,
                              da 2 g es ebenfalls ist, die Formel auch ausdrücken
                              durch:
                           b = ϐ × sin 2 m,
                           wo also ϐ eine Constante,
                              entstanden aus c² : 2g, ist.
                           Die Formel, welche ich aus den Versuchen ableitete, lautet:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 4
                              
                           und man sieht, sie ist, bis auf die Wurzel n aus sin 2 m, mit derjenigen der parabolischen Theorie
                              übereinstimmend.
                           Nur ist zu bemerken, daß, soweit meine Wissenschaft bis jetzt in der Sache reicht,
                              n nur aus zwei wirklichen Schießversuchen gefunden
                              werden kann; denn erstens muß b bekannt seyn bei m = etwa 1 1/2 bis 2 Graden, und zweitens bekannt seyn
                              bei, wo nicht dem höchsten, doch einem diesem nahe kommenden Winkel m, welcher bei dem Geschütze (Haubitze oder Kanone
                              dürfte gleich seyn, aber kein Bombenmörser) noch zulässig ist; jedoch wahrscheinlich
                              nicht über 18–20°. (2).
                           Je größer die Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses, desto größer fällt auch n aus, ohne jedoch anscheinend 2 erreichen zu können,
                              während es umgekehrt = 1 wird, wenn man den Widerstand der Luft = 0 setzen kann,
                              weßhalb mindestens zu vermuthen ist, daß wenn man die Sache einmal klarer als jetzt
                              durchschaut haben wird, n sich auch aus der
                              Anfangsgeschwindigkeit c, oder vielmehr aus dem
                              Widerstandscoefficienten des Geschosses, wird ableiten lassen, wobei dann die dafür
                              von Didion aufgestellte FormelSeine Formel für den Widerstand lautet: W =
                                    (0,027 (1 + 0,0023 v) v² × Q, worin v die Geschwindigkeit des Geschosses bezeichnet,
                                    und der Meter, das Kilogramm sowie die Secunde als Einheiten angenommen
                                    sind, der Widerstandscoefficient R = W/(Q × v). Ob dieß wohl richtig ist? Mir scheint, das
                                    absolute Gewicht des Geschosses und dessen mechanisches Moment muß bei R mit in Anschlag kommen. Der Verf. vielleicht gute Dienste leisten könnte, und auch die bis jetzt mittelst des
                              ballistischen Pendels angestellten Versuche nicht mehr als nutzlos erscheinen
                              würden.
                           Wird also, um zuvörderst den Exponenten von n zu finden,
                              der kleinere der beiden Winkel mit m' und die dazu
                              gehörige Schußweite mit b', der größere der Winkel mit
                              m'' und die Schußweite mit b'' bezeichnet, so verhält sich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 5
                              
                           Das Ganze zur nten Potenz
                              erhoben:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 5
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 5
                              
                           Nachdem jetzt der Exponent der Wurzel n bekannt ist,
                              braucht bloß noch der Betrag der Constanten vor dem Wurzelzeichen ermittelt zu
                              werden, um sowohl auf die als Grundzahlen angenommenen Schußweiten b' und b'' wieder zu kommen,
                              als auch alle dazwischenliegenden aus dem jedesmaligen Elevationswinkel berechnen zu
                              können; so ist mindestens meine Annahme. Die Gleichung für die Schußweite ist, wie
                              schon bekannt,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 5
                              
                           und daraus findet sich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 5
                              
                           Hat man jetzt n genau genug ermittelt, so ist es
                              einerlei, ob die Constante ϐ aus b' und m' oder aus b'' und m'' berechnet wird:
                              man bekommt in beiden Fällen einen gleichen Werth für ϐ, sonst nimmt man, nach Gutbefinden, das eine oder das andere der
                              beiden ϐ, oder auch das Mittel aus beiden.
                           Ist die Schußweite auf der Horizontalen gegeben und die Frage nach dem Winkel m, so findet sich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 5
                              
                           woraus sich mittelst der
                              logarithmisch-trigonometrischen Tabellen der Winkel von 2m und, durch Halbirung, der einfache Winkel m leichtWeil m sich hier auf die Horizontale bezieht;
                                    aber m fürs Bett richtig zu finden, ist, wie
                                    bereits angedeutet, viel schwieriger. Der Verf. finden läßt.
                           
                           Es handelt sich jetzt in Bezug auf die Wurftafeln von Hütz
                              und Schmölzel noch darum, einen Werth für die Länge der
                              schon erwähnten Ordinaten zu bekommen, um nach dessen Abzug von den Wurfweiten, die
                              Schußweiten auf der Horizontalen darstellen zu können. Dabei ist nun vor acht
                              Jahren, wie schon angedeutet, minder wissenschaftlich verfahren worden, als, wie ich
                              jetzt einsehe, es wohl hätte der Fall seyn können. Aber die beiden Tabellen, welche
                              ich liefern werde, gegenwärtig nach der neuen Ansicht der Sache nochmals zu
                              berechnen, geht aus mehreren Gründen nicht an. Man muß sich also schon mit Dem
                              begnügen was ich damals berechnete, und hoffentlich wird dieß auch meiner
                              Beweisführung: die Schußweiten richten sich nach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 6
                              
                           nicht nur keinen wesentlichen Eintrag thun, sondern vorzüglich
                              Praktiker im Artilleriewesen mögen nebenbei daraus entnehmen, wie man diese
                              Ordinaten mindestens der Wahrheit nahe kommend berechnen kann.
                           Um also in Bezug auf die Ordinate mich ganz verständlich zu machen, bedeutet in Fig. 10
                              CHB das Bett oder die waagerechte Sohle des
                              Erdreichs, über welches das Geschütz D in der Höhe BD = UK
                              aufgestellt ist. Die Kugel im Rohr wird dabei concentrisch mit der Schildzapfenmitte
                              angenommen, und wenn dieses in der Wirklichkeit auch nicht der Fall ist, so kann
                              doch daraus kein wahrnehmbarer Fehler entspringen. So genommen, nenne ich die
                              Waagerechte im Niveau mit der unteren Kante der Kugel im Rohr, die Kugelsohle oder die Horizontale, in der Figur mit KD bezeichnet, welche hier auch zugleich die
                              Schußweite, von der Schildzapfenmitte gerechnet, sowie CB die Wurfweite ist.
                           Zur Ermittelung der Länge der Ordinate CH, welche
                              y genannt wird, handelt es sich jetzt zunächst
                              darum, durch Versuche zu bestimmen, in welcher Entfernung hinter der Schießscheibe
                              HL die Kugel das Bett berührt, wenn die
                              Elevation des Geschützes so ist, daß es bei der festgesetzten Pulverladung auf der
                              Horizontalen den Kernschuß KD gibt. Der dazu
                              gehörige Höhenwinkel m scheint mir am einfachsten in der
                              Art gefunden werden zu können, daß man nach der beiläufigen Anfangsgeschwindigkeit
                              des Geschosses und der Höhe der Horizontalen über dem Bett die Distanz KD so wählt, daß, bei genau waagerechter Lage der
                              Seele des Rohrs, das Geschoß noch die Scheibe etwa in den Punkt p trifft, wo sich dann aus der Tiefe von p unter K und der Distanz
                              KD der aus der Schwerkraft des Geschosses
                              resultirende Depressionswinkel KDp leicht
                              berechnen läßt.
                           Macht man nun bei den folgenden Schüssen den Elevationswinkel m dem eben gefundenen Depressionswinkel gleich, so muß, wenigstens theoretisch genommen, der
                              Kernschuß erfolgen und man kann dann auch aus der Entfernung des Aufschlags c der Kugel von H und aus
                              der Höhe HK den Depressionswinkel, welchen die gerade
                              Linie dKc mit CH macht und
                              den ich m₁ nenne, berechnen. Dieser Winkel m₁ wird jederzeit größer als m befunden werden; die DifferenzDistanzm₁ – m wird β genannt, wobei, wie in der
                              parabolischen Theorie, der Winkel a'Kb' dem Winkel aDb = m, gleich gesetzt
                              wird; indem um soviel als a'Kb' in der Wirklichkeit
                              größer als m, dka' = β kleiner ausfällt und so die Sache sich ausgleicht.
                           Der Winkel β ist jetzt als eine Konstante zu
                              betrachten, nach welcher man, zu m hinzugefügt, wie
                              meine Annahme ist, CH = γ zu berechnen hat. Man schließt zu dem Ende, daß wenn HK = h genannt wird, sich verhält:
                           
                              
                                 tang
                                       m₁ : sin t = h : y
                                 tang m₁ : sin = h : y
                                 
                              
                           weßhalb für den Radius = 1
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 6
                              
                           Die vollständige Formel für die Wurfweite wird demnach:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 7
                              
                           Um diese Formel auf wirkliche Fälle in Anwendung bringen zu können, muß jedoch nicht
                              nur der Winkel β bekannt seyn, sondern man muß
                              auch n und δ kennen,
                              welche zu finden die Gleichungen I bis V lehren, nämlich aus zwei Schußweiten b' und b'' auf der
                              Horizontalen und den dazu gehörigen Winkeln m' und m''. Die Schießscheibe welche ich zur Ermittelung von
                              β als die passendste betrachte, ist indessen
                              für b' und b'' nicht mehr
                              anwendbar, sondern ich würde, um auch in diesem Falle leicht zum Ziel zu gelangen,
                              das Geschütz so tief in dem Bett versenken bis die Kugelsohle im Niveau mit der
                              Ebene des Bettes zu liegen käme, dieses also gewissermaßen die Stelle der
                              Horizontalen verträte.
                           Ich wende mich jetzt in Bezug auf das Handbuch von Hütz
                              und Schmölzel zuerst zur Berechnung der Schuß- und
                              Wurfweiten der 7pfünder Granate bei 20 Loth Ladung der Haubitze (S. 488), und
                              bemerke zuvörderst, daß es mir nicht gelingen wollte eine ganz bestimmte Angabe zu
                              finden: wie sich die Kugelsohle des Geschützes in den Versuchen, worauf sich die
                              Tabelle bezieht, über dem Bette befand. Diese Höhe ist von mir = 4 Fuß, oder weil
                              sich die Schuß- und Wurfweiten auf Schritte von 2,4' beziehen, = 4 : 2,4 = 1
                              2/3 = 1,667 Schritt angenommen worden, und ich hoffe, daß darin nicht viel gefehlt
                              seyn wird. Der Winkel β wurde nach mehreren Berechnungen, welche ich
                              deßhalb anstellte, = 0° 27' gesetzt, dann nach 1,667 : tang (m + β
                              = m₁) die Werthe für γ gefunden, welche von den Wurfweiten D
                              abgezogen, die Schußweiten b gaben.
                           Für m' = 1° 42' fand sich b' = 357,1; für m'' = 15° 38' ist b'' = 1894,0 Schritte, und diese Daten als Grundlage zur
                              Berechnung von n angenommen, ergab sich als
                              Verhältnißzahl von b' : b''=
                              357,1 : 1894 = 1 : 5,304 = 1 : z.
                              
                           Die Winkel verdoppelt und nach der Formel III gerechnet, ist:
                           
                              
                                 
                                              log sin
                                    31° 16'
                                 =
                                 0,715186 – 1
                                 
                                 
                              
                                 
                                           –
                                    log sin   3° 24'
                                 =
                                 0,773101 – 2
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 die Differenz der log
                                 =
                                 0,942085
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––
                                 = n = 1,300
                                 
                              
                                 und
                                 getheilt durch log
                                    5,304
                                 =
                                 0,724590
                                 
                                 
                              
                           Es wird also nach Formel IV die Schußweite für jeden der Winkel m
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 8
                              
                           Damit sich nun einestheils die Division des log sin 2 m durch 1,3 verrichten läßt, und anderntheils die
                              Constante ϐ eine passende Größe bekommt, nehme
                              ich den Radius für den sin 2 m = 1000, also die Kennziffer = 3 an.
                           Für m' = 1° 42', 2 m'
                              = 3° 24' und b' = 357,1 Schritt wird nach Formel
                              V für ϐ
                              
                           
                              
                                 3 + log sin
                                    3° 24' = 17,773101
                                 
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––
                                 =   1,363924
                                 
                              
                                    getheilt durch n
                                    =      1,3
                                 
                                 
                              
                                 welches abgezogen von log 357,1
                                 =   2,552790
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 ergibt die log
                                    Differenz
                                 =   1,188866
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 und gibt die dazu gehörige Zahl ϐ
                                 = 15,448.
                                 
                              
                           Wird die Berechnung nach dem Winkel m'' = 15° 38'
                              und b'' = 1894 gemacht, so ist
                           
                              
                                 3 + log sin
                                    31° 16' =
                                    2,715186–––––––––––––––––––––––––––getheilt
                                    durch      n =     1,3
                                 = 2,088605
                                 
                              
                                 welches abgezogen von log 1894
                                 = 3,277380
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 gibt den log
                                    von ϐ
                                 = 1,188775
                                 
                              
                                 und die dazu gehörige Zahl ϐ
                                 =     15,445
                                 
                              
                           also sehr nahe dieselbe Zahl wie oben. Es ist jedoch in der
                              Tabelle und der Berechnung der Werthe für b als
                              Constante 15,45 angenommen worden. Für 20 Loth Ladung der Haubitze ist demnach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 8
                              
                           nebstdem nach Formel VII, und dem darauf folgenden Text, γ =1,667 : tang (m + 0° 27') für den Radius = 1. Daß in der jetzt folgenden Tab. Nr.
                              1 γ dem b vorangeht,
                              hat seinen Grund, wie schon angedeutet wurde, in dem Gang meiner Untersuchung; in
                              anderen Fällen möchte es passender seyn, γ auf
                              b folgen zu lassen.
                           Betrachtet man jetzt die Tabelle Nr. 1 und vergleicht die berechneten Wurfweiten oder
                              Distanzen D₁ mit dem durch die Versuche
                              gefundenen D, so finden sich zwischen m = 0° 4' und m =
                              16° 46' nicht weniger als 12 Punkte, wo die Differenz im + oder – und
                              im Maximum nur 1/400 von D beträgt.
                           Bei m =1° 42', gehörend zu einer der Grundzahlen,
                              sollte freilich D₁ genau = 400 statt 401 seyn,
                              welches indessen nur andeutet, der Winkel β hätte
                              in Bezug auf m = 1° 42' etwas größer als
                              0° 27' angenommen werden sollen, wogegen er auf m
                              = 0° 59' und 15° 38' genau paßt, sich auch in der Mitte der Reihe bei
                              m = 8° 15' D₁ nur um 1/600 zu hoch, dagegen gleich darauf bei m = 9° 9' um 1/433 zu niedrig stellt, also
                              zwischen diesen beiden Winkeln, zwischen D und D₁, fast gar keine
                              Differenz sich finden würde. Kurz, die Annahmen: bei 20 Loth Ladung, der Haubitze
                              richtete sich b nach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 9
                              
                           und γ nach h : tang m₁ paßt innerhalb der angegebenen Gränze
                              vom Anfang bis zum Ende der Reihe. Daß bei m = 0°
                              4' D₁ sich um 1/20 größer als D findet, kann wohl nur seinen Grund in dem Umstand
                              haben, daß in dem Elevationswinkel Bruchtheile von Minuten mit aufzunehmen, den
                              Tabellen des Handbuches nach zu urtheilen, nicht üblich ist, und so genommen
                              0° 4' am besten zu der Distanz von 200 Schritte correspondirt.
                           Dasselbe gilt auch von Tab. Nr. 2, für 40 Loth Ladung der Haubitze, wo bei m = 0° 3' D₁
                              sogar um 1/42 größer als D ist. Aber bei m = 0° 29' vermindert sich das + schon bis auf
                              1/50; bei 0° 53' auf 1/88 und bei m = 1°
                              19' verwandelt es sich in – 1/85, so daß zwischen 0° 53' und 1°
                              19' die Differenz zwischen D und D₁ = 0 angenommen werden muß, wie sie
                              sich auch für 1° 49' und 15° 36' correspondirend zu den Grundzahlen
                              findet. Auch bei 6° 37', nahe der Mitte der Reihe, findet sich, nachdem ein +
                              = 1/175 vorausgegangen, ein – = 1/500 in der Berechnung, so daß auch in
                              diesem Fall eine wiewohl höhere Wurzel, als in Tab. Nr. 1, nämlich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 9
                              
                           auf b und für γ der Winkel β
                                 = 0° 15 1/3' paßt.
                           In der ersten Reihe Tab. Nr. 1 sind freilich über 15° 36' hinaus die
                              Differenzen D – D₁, bedeutend größer als zwischen 0° 4' und 15° 38' und
                              die Berechnung gibt D₁ für m = 16° 51' und 18° 10' zu klein; in der 2ten Reihe Tab. Nr. 2 findet
                              sich indessen über 15° 36' hinaus das Gegentheil, so daß sich die Sache
                              einigermaßen ausgleicht, mindestens sich anscheinend vorläufig nicht ergibt, daß die
                              Formeln auf höhere Elevationswinkel als etwa 15 bis 16° nicht mehr anwendbar
                              seyen.
                           Wegen der Ungewißheit, in welcher ich mich, wie erwähnt, in Bezug auf die Höhe der
                              Kugelsohle befand, die der Tab. S. 488 des Handbuchs, namentlich den Wurfweiten zu
                              Grunde liegt, habe ich noch zu bemerken, daß wenn sie auch verschieden von den von
                              mir angenommenen 4 Fuß seyn sollte, dieß doch in meinen Berechnungen keinen andern
                              Unterschied machen würde, als daß, wenn ich z.B. h
                              größer als 4' angenommen hätte, die Ordinaten γ
                              länger und dagegen D –yD₁ = b kürzer ausgefallen seyn würde, deßgleichen
                              der Exponent der Wurzel n und die Constante ϐ sich etwas verändert hätten; so auch umgekehrt
                              bei h kleiner als 4 Fuß. Dieß gilt von beiden Tabellen.
                              In der 2ten bezieht sich wie in der 1sten der Radius des sin 2 m aus schon angegebenen Gründen wieder
                              auf 1000 und in der Berechnung der Werthe für b wurde
                              statt der beschwerlichen Division von log sin 2 m durch 1,571 gerechnet log
                                 sin 2 m × 7/11, weil 11/7 auch = 1,571
                              ist. Weiter finde ich auch über Tab. Nr. 2 nichts zu bemerken, und ich wende mich
                              jetzt zu einem für das Geschützwesen sehr wichtigen Gegenstand.
                           Man wird nämlich bemerkt haben, daß ich mich bis jetzt insbesondere nur bemühte in
                              den beiden Tabellen aus den erfahrungsmäßigen Elevationswinkeln die dazu gehörigen
                              Wurfweiten darzustellen. Dieß ist, wie wohl zugegeben werden wird, zwar gelungen,
                              indessen umgekehrt aus den gegebenen Wurfweiten D, bei
                              bekannter Erhöhung der Horizontale über dem Bett, die dazugehörigen Elevationswinkel
                              zu berechnen, dazu findet sich bei mir noch keine Formel, jedoch in den
                              „Vorlesungen über Mathematik“ von Georg Freiherrn v. Vega, Bd. III S. 110 eine auf die parabolische Theorie
                              bezügliche, für den Fall entwickelt, wenn der Wurf von einem höheren nach einem
                              tiefer gelegenen Punkt erfolgt; sie lautet:
                           
                              
                                 sin (2
                                    m + u) = (b × cos
                                       u)/a – sin u
                                 (sin 2 m + u) = (b × cos u)/a
                                 
                              
                           in welcher, wie bei mir, b die
                              Horizontale und a die größtmögliche Schußweite für m = 45°, ferner mit Bezug auf Fig. 10
                              u den Depressionswinkel DCB bedeutet. Aber in der Anwendung auf meine Berechnungen ist cos u das Hinderniß, weil sich, wie es scheint, nicht
                              leicht wird angeben lassen wie cos u modificirt werden
                              muß, um in Einklang mit meinen übrigen Formeln zu kommen und in Bezug auf m ein richtiges Resultat zu geben. Ein Werth für a ließe sich aus
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 10
                              
                           
                           wohl berechnen. Die Schwierigkeit der Modification der obigen
                              Formel fand ich auch schon vor acht Jahren, hielt es dann nicht für passend die
                              Sache weiter zu verfolgen, und überlasse es jetzt Anderen sich daran zu
                              versuchen.
                           Dagegen habe ich gegenwärtig eine Berechnungsart für m
                              aus D entdeckt, wo cos u und
                              der Werth von a gar nicht vorkommt, und welche, wenn sie
                              auch nicht als ganz theoretisch richtig anerkannt wird, doch, wie sich bei einem
                              halben Dutzend Berechnungen fand, nach Tab. Nr. 1 und 2 geurtheilt, die
                              Elevationswinkel in für die Wurfdistanzen stets bis auf einige Minuten genau gab,
                              und diese Berechnungen erlaube ich mir zur vorläufig möglichen Vervollständigung der
                              Sache noch anzuführen.
                           Wenn also D die Wurfdistanz festgesetzt und die Höhe h der Horizontalen über dem Bett bekannt ist, dann läßt
                              sich zuvörderst aus h : D
                              für den Radius = 1 die tang des Depressionswinkels u berechnen und daraus u
                              selber finden. Wird jetzt D = b als Schußweite auf der
                              Horizontalen angenommen, so hat es auch keine Schwierigkeit, für den Radius = 1000
                              nach der Formel
                           sin 2 m = (b : ϐ)n
                           den einfachen zu obigem b
                              gehörigen Winkel m + u = m*
                              zu finden, so daß man anscheinend u nur von m* abzuziehen braucht, um den Elevationswinkel für D zu bekommen. Indessen aus Gründen welche mir bis jetzt
                              nicht klar genug sind um sie hier angeben zu können, genügt der Abzug des einfachen
                              u von m* nicht, sondern
                              m* – un
                              gibt das richtigere m.
                              
                           Es folgen hier einige Berechnungen des Winkels m aus D.
                              
                           Nach Tab. Nr. 1
                           ist für m = 0° 59', D = 300; h =
                              1,667,   n = 1,3
                                     ––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                             
                                 log 1,667  = 0,21194
                                           –
                              log 300     =
                              2,47712
                                         ––––––––––––––––––––––––––––––––
                                                   log
                                 tang u   =  0,73482 – 3
                                           
                              der Winkel u  
                              =      0° 18,6'
                                log  
                              300  = 2,47712
                           –   log 15,45 =
                              1,18893
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                           log
                                 sin 2 m* = 1,28819 × 1,3  
                              =  1,67465 – 3
                                   
                              der Winkel m* = 2°
                              42,6'    : 2  
                              =    1°21,3'
                           abgezogen der Winkel 0° 18,6' × 1,3  
                              =    0°24,2'
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                   statt obiger
                              0° 59' ergibt sich m  
                              =    0°57,1'
                           also zu wenig 0°1,9'.
                           
                           Nach Tab. Nr. 1.
                           Für m = 8° 15' und D = 1200 findet sich
                                                           der
                              Winkel der tang
                                 u       = 0°  
                              4,7'
                           Winkel sin m* = (1200 : 15,45)1,3/(2 × 1000)  = 8°
                              19,7'
                                                 abgezogen
                              u × n = 0°
                              4,7' × 1,3   = 0°   6,1'
                                                                       ––––––––––––––––––––––––––
                                                 bleibt
                              statt 8° 15' der Winkel m  =
                              8° 13,6'
                                   und die Berechnung
                              gibt – 0° 1,4'.
                           ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                                               Für
                              m = 15° 38' und D  =  1900
                                                                 ist
                              Winkel der tang u  =  
                              0°3'
                           der Winkel sin m* = (1900 : 14,45)1,3/(2 ×
                              1000)  =  15°42,1'
                                                         
                              abgezogen u × n =
                              0° 3' ×
                              1,3  =    0°  3,9'
                                                                                           ––––––––––––––––––––––
                           
                                                        bleibt
                              statt 15° 38' der Winkel m  =  15°38,2'
                                                     und
                              die Berechnung gibt + 0° 0,2'.
                           Nach Tab. Nr. 2
                           ist für m =
                              1°49',  D =
                              700,  h =
                              1,667  und  n =
                              1,571
                           ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                       log
                              1,667  =  0,21194
                                   
                              – log    700  =  2,84510
                                                   
                              ––––––––––––––––––––––––––––––––
                                           
                                 log tang u  =  0,36684 – 3
                             der Winkel  u =    0°8'
                               log  700    =  2,84510
                           –  log
                              46,73  =  1,66960
                                                   ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                                                       log
                                 sin 2 m* = 1,17550 × 1,571 = 1,84721
                              – 3
                                                                         
                              Der Winkel m* = 4°2,0' : 2
                              =    2°  1,0'
                                                             abgezogen
                              der Winkel 0° 8' × 1,571
                              =    0°12,6'
                                                                                           –––––––––––––––––––––––––––––
                                                                                       
                              bleibt statt 1°49' m
                                 =    1°48,4'
                                                                                       also  zu  wenig um 0° 0,6'.
                           ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                           Für m = 6° 37' und D = 1500 findet sich
                                                             der
                              Winkel der   tang
                                 u    = 0°   3,7'
                           Winkel sin m* = (1500 : 46,73)1,571/(2 × 1000) = 6° 44,0'
                                         
                              abgezogen   u × n = 0° 3,7' ×
                              1,571     = 0°   5,8'
                                                             
                              –––––––––––––––––––––––––––––––
                                               
                              bleibt statt 6° 37' der Winkel m     = 6°
                              38,2'
                                                 
                              und die Berechnung gibt dießmal  + 0°   1,2'.
                           ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                                               Für
                              m = 15° 36' und D
                                 = 2500
                                                                     
                              ist der Winkel u            =  
                              0°   2,3'
                           der Winkel sin m* = (2500 : 46,73)1,571/(2 × 1000) = 15° 39,9'
                                                   abgezogen
                              u × n   =  0° 2,3' × 1,571
                              =   0°   3,6'
                                                     
                              bleibt statt 15° 36' der Winkel   m
                              = 15° 36,3'
                                       und
                              die Berechnung gibt  +  0° 0,3'.
                           
                           Man sieht, die Art wie in diesen Beispielen aus h und D der Elevationswinkel m für
                              den Wurf der Granate aufs Bett berechnet wurde, paßt auf die wirklichen m gar nicht übel, und sie muß also mindestens als der
                              Wahrheit nahe kommend betrachtet werden, obgleich darin einiges problematisch ist;
                              denn wie man z.B. in der parabolischen Theorie rechnet, sollte m nicht = (2 m* : 2)
                              – un, sondern = (2 m* – u) : 2 seyn, was sich indessen in
                              den Berechnungen nicht bewährt hat.
                           Ob nun meine Berechnungsart für m hinreichend genau ist,
                              um darnach, für den praktischen Gebrauch der Artillerie, die Wurftabellen für
                              Granaten anfertigen zu können, müssen genauere und weitere Untersuchungen lehren, wo
                              nicht, so dürften doch die nach (2 m* : 2) – un für D gefundenen
                              m genau genug seyn um daraus, wie in den beiden
                              Tabellen, mit Berücksichtigung des Depressionswinkels m
                              + β = m₁ die
                              Ordinaten γ nach h :
                              tang m₁ für den Radius 1 zu berechnen und
                              zuletzt aus D – γ, der Schußweite d auf der Horizontalen, wie in den obigen Berechnungen,
                              nur ohne Abzug von un,
                           (b : ϐ)n/(2 × 1000) = m;
                           und finden keine Fehlschlüsse statt, so sollte das eben
                              gefundene m dem aus m*
                              – un gefundenen gleich seyn; man bekommt
                              mindestens zwei Werthe für m, zum Vergleich und zur
                              Auswahl.
                           Wenn der Formel für die Ordinate γ auch eine
                              wissenschaftliche Begründung fehlt, so hat sie doch die Erfahrung für sich, indem
                              sie mindestens bei Versuchen im Kleinen, wo die Kugel durch eine stets gleiche
                              mechanische Kraft getrieben wurde, und obgleich das Verhältniß der Höhe von h zu D viel größer war als
                              es in der Regel beim wirklichen Geschütz ist, sich stets bewährt hat, wie auch in
                              den Tabellen.
                           Im Anfang dieser Abhandlung stellte ich die Vermuthung auf, daß sich im Laufe der
                              Zeit ein gewisses Verhältniß zwischen der Wurzel aus sin
                              2 m und dem Widerstandscoefficienten des Geschosses
                              möchte ermitteln lassen; indessen der Coefficient setzt voraus: daß man, außer dem
                              Durchmesser und dem absoluten Gewichte des Geschosses auch dessen
                              Anfangsgeschwindigkeit kennt, weßhalb es mir zur ferneren Erweiterung der Ballistik
                              zweckmäßig erscheint noch den Weg anzugeben, auf welchem sich mittelst meiner
                              modificirten Formel und einer Formel der parabolischen Theorie die
                              Anfangsgeschwindigkeit mindestens annähernd richtig finden läßt.
                           1) Wird also in Tab. Nr. 1 die auf Schritte berechnete Formel für b auf Fuß 2,4 gebracht, so wird sie
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 13
                              
                           
                           nimmt man ferner den Elevationswinkel m
                                 = 0° 3' an, so ergibt sich auf der Horizontalen die Schußweite
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           d. i. beiläufig nur so groß als man bei den Versuchen mittelst
                              des ballistischen Pendels auch genöthigt ist von diesen mit dem Geschütz sich zu
                              entfernen, und berechnet man zuletzt zu der Schußweite von 56,52 Fuß und m  = 0° 3' nach der parabolischen
                              Theorie die Anfangsgeschwindigkeit c, so findet
                              sich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           aber in der Wirklichkeit, nämlich mit Rücksicht auf den
                              Widerstand der Luft, jedenfalls noch etwas größer, indem wegen der Abnahme des
                              Widerstandes während des Fluges, die Geschwindigkeit von 1002' nur eine mittlere
                              genannt werden kann.
                           2) Wird in Tab. Nr. 2 die Formel für b ebenfalls auf Fuße
                              gebracht, so ergibt sich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           und den Elevationswinkel m wie
                              oben = 0° 3' angenommen, bekommt man als Schußweite
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           zuletzt die Anfangsgeschwindigkeit
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           dieß wäre bei 20 und 40 Loth Ladung im Verhältniß = 1002 :
                              1688 = 1 : 1,68 mehr.
                           3) Aber fraglich ist, wenn von dem Verhältniß des Exponenten von n zum Widerstandscoefficienten von c die Rede ist: ob man c für
                              gleiche Elevationswinkel oder für gleiche Schußweiten berechnen soll? denn,
                              berechnet man nach der ersten, auf Tab. Nr. 1 bezüglichen Formel das zu m = 0° 11,5' gehörige b nach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           so findet sich b = 160 Fuß, also
                              nur um eine Kleinigkeit größer als 159,87' in der vorigen Berechnung, aber in diesem
                              Fall wird
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 14
                              
                           woraus folgt, daß bei der gleichen Pulverladung von 20 Loth,
                              durch Vergrößerung der Schußweite von 56,52 auf 160 Fuß, die mittlere
                              Geschwindigkeit der
                              Granate umgekehrt von 1002 auf 861 Fuß per Secunde
                              abgenommen hätte. Dieß erscheint zwar auch mir als sehr viel; aber ich sehe dagegen
                              auch nicht ein, was sich Erhebliches gegen die Berechnungen könnte einwenden lassen,
                              es müßte denn seyn daß sich darthun ließe: die Schußweiten richten sich bei so
                              flachen Winkeln als bei den letzten drei Beispielen in Rechnung kamen, nicht mehr
                              wie bei den höheren Winkeln und im Durchschnitt genommen nach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 15
                              
                           sondern nach einem anderen Gesetze, etwa nach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 15
                              
                           oder auch nach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 15
                              
                           oder von 2 m, was mir auch nicht
                              unmöglich erscheint, jedoch erst durch wirkliche, auf die flachen Winkel bezügliche
                              Versuche, festgestellt werden müßte.
                           So lange als man übrigens über den Punkt nicht ganz im Klaren ist, wie sich aus der
                              Schußweite die Anfangsgeschwindigkeit in allen Fällen, nämlich für jedes Geschoß,
                              verläßlich ableiten läßt, wird sich auch nicht wohl ermitteln lassen: ob und welches
                              Verhältniß zwischen dem Exponenten von n und dem
                              Widerstandscoefficienten bestehen mag; indem dieser doch wohl auf keine andere als
                              die wirkliche Anfangsgeschwindigkeit sich beziehen kann. Hat man aber genanntes
                              Verhältniß einmal festgestellt, dann glaube ich dürfte sich in wissenschaftlicher
                              Beziehung manches Nützliche daraus folgern lassen und man in praktischer Beziehung
                              dadurch in den Stand gesetzt seyn, etwa bei einem neu projectirten Geschütze dessen
                              Schußweite im voraus mindestens annähernd richtig bestimmen zu können.
                           Auf Vollkugeln haben sich meine Untersuchungen freilich nicht so speciell erstreckt,
                              daß ich hier Mittheilungen darüber machen könnte, indessen hoffe ich doch, daß auch
                              bei diesen entweder
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 15
                              
                           oder die Wurzel aus der einen oder der anderen der oben
                              benannten trigonometrischen Linien anwendbar seyn dürfte, nur, wie ich schon anfangs
                              bemerkte, nicht auf das Werfen der Bomben und über Winkel von 45°, weil man
                              z.B. für m = 15° und m = 75°, wie nach der parabolischen Theorie, in beiden Fällen eine
                              gleiche Wurfweite bekommen würde und doch nach Maßgabe als das Geschoß länger in der
                              Luft verweilt, es mehr von seiner anfänglichen Geschwindigkeit verlieren muß,
                              folglich die Wurfweite bei 75° nie so groß als bei 15° ausfallen kann,
                              wie auch die Erfahrung lehrt.
                           
                           Tabelle Nr. 1, enthaltend eine Berechnung der Wurfweiten
                              der 7pfünder Granate bei 20 Loth Ladung der Haubitze, zum
                              Vergleich mit den wirklichen Wurfweiten nach dem Handbuche von Hütz und Schmölzel S. 488.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 16
                              Winkel der Elevation = m;
                                 Wurfweite, wirkliche = D; Winkel β; Wurfweite unter der Horizontalen;
                                 Schußweite auf der Horizontalen; Wurf- u. Schußweite aufs Bett; Die
                                 Berechnung gibt gegen D + oder –
                              
                           
                           Tabelle Nr. 2, enthaltend eine
                              Berechnung der Wurfweite der 7pfünder Granate bei 40 Loth
                              Ladung der Haubitze, zum Vergleich mit der wirklichen Wurfweite, nach dem Handbuch
                              von Hütz und Schmölzel S.
                              488.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 143, S. 17
                              Winkel der Elevation = m;
                                 Wurfweiten, wirkliche = D; Winkel β; Wurfweite unter der Horizontalen;
                                 Schußweite auf der Horizontalen; Wurf- und Schußweite aufs Bett; Die
                                 Berechnung gibt gegen D + oder –
                              
                           
                        
                     
                  
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