| Titel: | Ueber Bierfabrication mit Malzsurrogaten, insbesondere mit Zusatz von Colonial-Syrup oder Fruchtzucker. | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XIV., S. 62 | 
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                        XIV.
                        Ueber Bierfabrication mit Malzsurrogaten,
                           insbesondere mit Zusatz von Colonial-Syrup oder Fruchtzucker.
                        Im Auszug aus dem Kunst- und Gewerbeblatt für
                                 Bayern, 1856, S. 579.
                        Ueber Bierfabrication mit Malzsurrogaten.
                        
                     
                        
                           Die Möglichkeit, Zucker oder Syrup, oder beide zugleich zum theilweisen Ersatze des
                              Malzes – als des naturwüchsigen Bierbraumaterials – verwenden zu
                              können, hat in den letzteren Jahren das biertrinkende Publicum in Bayern, wo man
                              stets an gutes, nach altherkömmlicher Weise gebrautes Gerstenmalz-Bier
                              gewohnt ist, in nicht geringe Unruhe versetzt; und wenn Bier, welches leichter
                              Veränderungen unterworfen ist, als die Laien sich davon wollen überzeugen lassen,
                              dem Geschmacke nicht entsprochen hat, war auch das Urtheil „es sey ein
                                 Syrup- oder Zuckerbier“ leichthin gefällt. Wir wollen damit
                              nicht behaupten als beruhten alle derartigen Urtheile auf Einbildungen; sondern
                              halten es wohl für gedenkbar, daß Syrup- oder Zuckerbiere wirklich da oder
                              dort gebraut worden sind, gewiß aber nicht so häufig, als die öffentliche Meinung
                              aussprach, und ob ein Bräuer, welcher einen Versuch in dieser Beziehung einmal
                              ausgeführt, denselben auch wiederholt hat, wollen wir als zweifelhaft dahin gestellt
                              seyn lassen.
                           Die bayerische Staatsregierung nahm zwar an dieser Beunruhigung des Publicums keinen
                              Antheil, sah sich aber durch die mögliche Minderung der Malzaufschlagsgefälle in
                              einer Gefahr drohenden Lage, und war sohin, wenn gleich mit dem Publicum
                              divergirend, dennoch auch beunruhiget.
                           In Mitte dieser consumtiven und finanziellen Beklemmungen faßte der
                              Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereines für Bayern
                              den Beschluß, dem königl. Staatsministerium des Handels und der öffentlichen
                              Arbeiten unterm 16. Januar vorigen Jahres die Bitte ehrerbietigst zu unterbreiten,
                              „es wollen an der landwirthschaftlichen Centralschule zu Weyhenstephan
                                 Versuchsgebräude mit theilweisen Syrupzusätzen veranstaltet werden, um dadurch
                                 Biere zu erhalten, in welchen der verdächtige Zusatz gewiß vorhanden ist,
                                 um dieselben mit reinem Malzbiere vergleichen zu können.“
                              
                           Die genannte höchste Stelle war, wie immer bei ähnlichen Zwecken, so willfährig, daß
                              schon am 24. Januar vorigen Jahres an die Direction der landwirthschaftlichen
                              Centralschule in Weyhenstephan bei Freising der Auftrag erging:
                           
                              „1) Es sollen vier Biere gebraut werden; davon das eine aus gutem
                                 Gerstenmalze und die drei übrigen aus Malz und Syrup in einem Verhältnisse, daß
                                 auf einen bayerischen Metzen Malz drei Pfund, dann sechs Pfund und endlich neun
                                 Pfund Colonialsyrup treffen.
                              
                           
                              2) Der Syrup soll jedesmal in dem Hopfenkessel, also beim Hopfensieden der
                                 Maische beigegeben werden.
                              
                           
                              3) Die Ausführung und Behandlung ist so einzurichten, daß die Würze von jedem der
                                 vier Biere vor der Gährung einen Gehalt von 12 Procent nachweiset; und
                              
                           
                              4) ist das ganze Verfahren genau zu beschreiben und alle Erscheinungen,
                                 namentlich bei der Gährung, anzugeben, sowie am Schlusse eine Calculation
                                 beizufügen, woraus der Preis der einzelnen Biere genau bestimmt
                                 wird.“
                              
                           Auf Anregung der königl. Regierung von Oberbayern wurde noch ein fünftes Bier aus
                              Gersten-Darrmalz und sogenanntem Fruchtzucker (Stärkezucker) gebraut.
                           Die Brau-Versuche wurden am 7., 8., 9., 12. und 15. Februar v. J. in der
                              Versuchsbrauerei der landwirthschaftlichen Centralschule zu Weyhenstephan abgeführt.
                              Die Materialien, welche dazu verwendet wurden, waren gutes Darrmalz von der Brauerei des genannten Staatsgutes, von welchem der
                              bayerische Schäffel 202 Pfund wog und im Preise zu 17 fl. per Schäffel stand, – Colonial-Syrup, welcher von der Material-Handlung Oberlindober in Freising zu 24 fl. per bayer. Centner gekauft, – Fruchtzucker, welcher von H. P. Dreßel in
                              Mannheim zu 18 fl. per Zollcentner bezogen wurde und in
                              gewöhnlicher Zuckerhutform in den Handel kommt, und Hopfen
                                 „Auer Landhopfen“
                                  von vorzüglicher Qualität zu 50 fl. per bayer.
                              Centner, welcher wie das Malz aus der Brauerei beigeschafft wurde. Von diesen
                              Materialien wurden verwendet:
                           
                              
                                   I. zu dem Malzbier
                                   4 Metzen Gerstendarrmalz.
                                 
                              
                                 
                                   1 Pfund Auer-Hopfen.
                                 
                              
                                  II. zu den Syrupbieren
                                   3 1/2 Metzen Gerstendarrmalz.
                                 
                              
                                 
                                 10 1/2 Pfund Colonial-Syrup.
                                 
                              
                                 
                                   1 Pfund Auerhopfen.
                                 
                              
                                 III. zu den Syrupbieren
                                   3 Metzen Gerstendarrmalz.
                                 
                              
                                 
                                 18 Pfund Colonial-Syrup.
                                 
                              
                                 
                                   1 Pfund Auer-Hopfen.
                                 
                              
                                 IV. detto
                                       detto
                                   3 Metzen Gerstendarrmalz.
                                 
                              
                                 
                                 27 Pfund Colonial-Syrup.
                                 
                              
                                 
                                   1 Pfund Auer-Hopfen.
                                 
                              
                                  V. zu dem Zuckerbier
                                   3 Metzen Gerstendarrmalz.
                                 
                              
                                 
                                   8 Pfund 23 Loth Fruchtzucker.
                                 
                              
                                 
                                   1 Pfund Hopfen.
                                 
                              
                           Das Brauverfahren, welches dabei beobachtet wurde, war die altbayerische
                              Decoctions-Methode.Wir verweisen hinsichtlich derselben auf folgendes Werk: Die Bierbrauerei mit besonderer Berücksichtigung
                                    der Dickmaischbrauerei, dargestellt von Philipp
                                       Heiß, ehemaligem Braumeister in München. 1853. A. d. Red. Die Gährung dauerte 6 bis 8 Tage und es wurden aus je einem Gebräude nach
                              Abzug aller Geläger im Durchschnitte 4 Eimer 26 Maaß Bier erzeugt.
                           Beim Brauprocesse zeigte sich die Würze von dem Biere Nro. II hell und klar, etwas
                              dunkelgefärbt, ließ beim Kochen keinen Syrupgeruch
                              wahrnehmen und hatte auf der Kühle einen etwas stark dunklen Spiegel, gab aber weniger Kühlgeläger als reines Malzbier.
                           Die Würze von dem Biere Nro. III hatte weniger Glanz,
                              einen kaum merkbaren Geruch nach Syrup und wieder weniger
                                 Kühlgeläger als die vorhergehende.
                           Die Würze von dem Biere Nro. IV war ungewöhnlich dunkelbraun, roch etwas nach Syrup
                              und hinterließ auf der Kühle ganz wenig Geläger.
                           Die Würze von dem Biere Nro. V verhielt sich ganz gleich mit der von Nro. I; nur gab
                              sie eine geringere Menge Kühlgeläger.
                           Bei der Gährung attenuirten die Biere II, III, IV von 12 Proc. auf 3 1/2 Proc. nach
                              dem Kaiser'schen Procenten-Aräometer, während die
                              Biere Nro. I und V von 12 Proc. auf 4 Proc. attenuirten. Im Verlaufe der Gährung
                              entwickelten die Syrupbiere einen widrigen Geruch, und die Hefen, die sie
                              absonderten, waren in dem Maße weicher und unreiner, als mehr Syrup zugesetzt war. Ihre
                              Dauerhaftigkeit erwies sich in demselben Verhältnisse geringer. Die
                              Syrup-Malzbiere auf dem Faße wie in den Flaschen hielten sich nicht 4 Wochen.
                              Rücksichtlich des Preises war eine vortheilhafte Differenz nicht erkennbar, und
                              könnte erst bei massenhafter Verwendung von Syrup und Fruchtzucker bemerkbar werden,
                              als dann die Kosten
                              des Arbeitspersonals, Dörrholzes, Malzbrechens und Fuhrlohnes ausfallen; denn 1
                              Metzen Malz kann, was die Zuckermenge seines Inhaltes anbelangt, bei der
                              Bierfabrikation durch 31 Pfund Syrup oder 22 Pfund Kartoffelzucker ersetzt
                              werden.
                           Nachdem diese Biere gehörig abgelagert und an den
                              Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins gebracht
                              waren, wurden damit von Ende April bis Anfangs Juli mehrere Versuche veranstaltet,
                              welche folgende Ergebnisse brachten.
                           Die Syrupbiere Nro. II, III, IV waren an Farbe, Geruch und
                                 Geschmack auffallend verschieden von den anderen. Sie waren bräunlichroth
                              und zwar um so intensiver, je größer der Syrupzusatz war; der Geschmack bitter und
                              brenzlich, und der Geruch ebenfalls brenzlich. Einem Bierkenner würden diese Biere
                              kaum entgehen, ohne gegründeten Verdacht zu erregen. Im specifischen Gewichte ergab
                              sich kein beträchtlicher Unterschied. Es zeigten bei einer Temperatur von 12°
                              R. die Biere Nro. I, II, III ein specifisches Gewicht = 1012 und die Biere Nro. IV
                              und V = 1013.
                           Bei der hallymetrischen Untersuchung waren die Syrupbiere
                              im eingekochten Zustande beim zweiten Versuche leicht erkennbar durch die sehr dunkle Farbe wie durch den
                                 krautartigen Geruch, den sie von sich gaben, und welcher durchaus keinen
                              Hopfengeruch wahrnehmen ließ, d.h. denselben vollkommen verdeckte, während reine
                              Malzbiere unter denselben Umständen unverkennbar Hopfengeruch entwickelten. Im
                              Gehalte waren sie nicht verschieden: der Gesammtgehalt betrug durchschnittlich 13
                              Proc. und davon waren 4 1/2–4 2/3 Proc. Alkohol und 4 1/2–4 1/4 Proc.
                              Extract.
                           Es wurden auch größere Quantitäten dieser Biere destillirt und abgedampft. Die
                              Destillate haben zu der Ueberzeugung geführt, daß zwischen dem Branntweine aus einem
                              reinen Malzbiere und aus einem Biere, welches mit theilweisem Syrup- oder
                              Stärkezuckerzusatz bereitet worden ist, ein Unterschied im Geruche und Geschmacke in
                              der Art besteht, daß der Branntwein aus reinem Malzbier den Bierfusel stärker
                              erkennen läßt und dieser Fusel mit dem Syrupzusatz sich vermindert und mit dem
                              Stärkezuckerzusatz beinahe ganz verschwindet. Beim Abdampfen verbreiteten die
                              Syrupbiere durchaus nicht jenen angenehmen honigartigen Geruch, den ächte Malzbiere
                              beim Kochen von sich geben, sondern dagegen einen widerwärtigen krautartigen Geruch,
                              wie er beim Verdampfen mancher ausgepreßter Pflanzensäfte vorkommt. Mit diesem
                              auffallenden Geruche zeigt sich auch noch ein schmutzigbrauner Schaum beim Abdampfen
                              der Syrup-Malzbiere im Unterschiede von den reinen Malzbieren.
                           
                           Die zur Extract-Consistenz abgedampften Biere wurden weiters zur Bestimmung
                              des Phosphorsäuregehaltes im Wasserbade eingedampft und
                              hierauf in einem Luftbade bei einer Temperatur von 120–130° C. so
                              lange unter öfterem Umrühren mit einem Glasstabe eingetrocknet, als noch eine
                              Gewichtsabnahme bemerkt wurde.
                           Das trockne Extract wurde zur Bestimmung der Asche in einer Muffel eingeäschert.
                           Die Bestimmung der Phosphorsäure geschah, indem die Asche mit verdünnter Salzsäure
                              ausgezogen, längere Zeit erwärmt und das Ungelöste abfiltrirt wurde. Das Filtrat
                              wurde hierauf in zwei gleiche Theile getheilt, jeder Theil mit Essigsäure und
                              essigsaurem Natron versetzt, und die Phosphorsäure mittelst einer titrirten
                              Eisenchloridlösung bestimmt, von welcher 1 Kubikcentimeter 10 Milligrammen
                              Phosphorsäure entspricht.
                           Die auf diese Weise angestellten Versuche gaben nachfolgende Resultate:
                           
                              
                                 
                                       
                                    Procentgehalt des bei 120 bis 130°
                                    C.    getrockneten
                                    Extractes       an Asche.
                                 Darin gefundene Menge   
                                      Phosphorsäure.
                                     Procentgehalt
                                    der         
                                    Asche an  Phosphorsäure.
                                 
                              
                                   I.
                                             4,10
                                             0,670
                                               16,3
                                 
                              
                                  II.
                                             6,5
                                             0,430
                                                 6,6
                                 
                              
                                 III.
                                             9,52
                                             0,382
                                                 4,01
                                 
                              
                                 IV.
                                           12,0
                                             0,734
                                                 6,1
                                 
                              
                                  V.
                                             4,07
                                             0,775
                                               19,0
                                 
                              
                           Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, daß der Aschengehalt der mit Syrup versetzten
                              Bierextracte Nro. II, III und IV proportional dem Zusatz von diesem Surrogate
                              steigt, daß sich hingegen das Extract des mit Zusatz von Stärkezucker bereiteten
                              Bieres in dieser Hinsicht eben so verhält, wie das aus reinem Malz bereitete. Die
                              absolute Menge Phosphorsäure, welche in gleichen Quantitäten Extract aus diesen fünf
                              Biersorten enthalten ist, gibt keinen Maßstab für die Beurtheilung, ob das Bier mit
                              reinem Malze oder theilweise mit Zusatz von den bezeichneten Surrogaten gebraut
                              worden ist. Dieselbe steigt und fällt nicht regelmäßig mit der Menge des verwendeten
                              Malzes, welches doch als die wesentlichste, ja fast ausschließliche Quelle der
                              Phosphorsäure im Biere angesehen werden muß. Da die Asche der Hefe fast lediglich
                              aus phosphorsauren Salzen besteht, so kann man annehmen, daß es von dem Verlaufe der Gährung und der
                              Hefenbildung abhängen wird, wie viel Phosphorsäure im Biere zurückbleibt, was somit
                              bei ein- und demselben Gebräude sehr verschieden seyn kann.
                           Unverkennbare Unterschiede aber ergeben sich zwischen den drei mit Syrupzusatz
                              bereiteten Bieren und den zwei übrigen, wenn man auf den Gehalt an Phosphorsäure in
                              100 Theilen Asche sieht (gleichviel, von wieviel Bier diese Asche stammt).
                           Während die Asche der Syrupbiere nur 6,1 bis 6,6 Procent Phosphorsäure enthält,
                              finden sich in der Asche von reinem Malzbiere und in der Asche von mit
                              Stärkezuckerzusatz bereitetem Biere 16,3 bis 19 Procente.
                           Einen charakteristischen Unterschied zwischen den Aschen der Biere II, III und IV
                              einerseits und der Biere I und V anderseits finden wir auch in der Gegenwart von kohlensauren Salzen bei den ersteren, und in der
                              Abwesenheit derselben bei den letzteren, was sich beim Uebergießen der Aschen mit
                              Salzsäure leicht zu erkennen gibt.
                           Im Rückblicke auf die gewonnenen Resultate ergibt sich, daß ein Syrupzusatz bei der
                              Fabrication des Gerstenmalzbieres sich immerhin erkennen lasse
                           1) bei der Fabrication durch
                              Verminderung der Kühlgeläger, der Trebern und des Teiges in dem Maaße, als Syrup
                              angewendet worden ist, ferner durch weiche unzusammenhängende unreine Hefen, durch
                              eine auffallend starke Vergährung der Biere und damit verbundene geringe
                              Haltbarkeit;
                           2) bei dem Fabricate durch
                              auffallende, ins Rothe sich ziehende Farbe, widrigen brenzlichen Geruch und
                              bitterlichen Geschmack, durch den braunen schmutzigen Schaum beim Einkochen und den
                              krautartigen Geruch, welche Kennzeichen noch deutlicher hervortreten, wenn diese
                              eingekochten Biere mit Salz versetzt werden, wie dieses beim zweiten Versuche der
                              hallymetrischen Bierprobe geschieht; – dann, und zwar mit Vorzug durch den
                              Aschengehalt, der proportional der Syrupmenge ist, und durch die kohlensauren Salze
                              in ihrer Asche, so daß die Asche der mit Syrup versetzten Biere beim Uebergießen mit
                              Salzsäure stets brauset, was bei den reinen Malzbieren nicht der Fall ist. Ebenso
                              auffallend ist der Phosphorsäuregehalt in 100 Theilen der Asche, nämlich bei den
                              Syrupbieren um zwei Drittheile geringer, als bei den Malzbieren.
                           Was die Haltbarkeit des Bieres mit Zusatz von Fruchtzucker
                              betrifft, so ist dieselbe insbesondere bezüglich des Sommerbieres in so lange zu
                              bezweifeln, bis hinreichende Erfahrungen hierüber Sicheres festgestellt haben. Kein Zweifel ist jedoch,
                              daß die Biere mit Colonialzuckersyrup nur für kurze Zeit haltbar sind.
                           Zwischen reinem Malzbiere und dem mit einem Stärkezuckerzusatz gebrauten haben sich
                              außer vermindertem Kühlgeläger, Trebern und Teig, charakteristische Unterschiede
                              nicht finden lassen.
                           Diese sind aber bedeutend genug, um dem benannten Zusatze auf die Spur zu kommen,
                              sowie auch vorhersagen zu können, daß Zuckerzusätze vom technischen Standpunkte aus
                              nur innerhalb enger Gränzen möglich sind, weil mit denselben die Hefenbildung sich
                              vermindert und die Hefe für den Bierbraubetrieb ein nothwendiges Material ist.
                           Was nun die Gefährdung des Malzaufschlaggefälles durch die
                              erwähnten Surrogate anbelangt, so ergaben die Calculationen, wenigstens für die nächste Zukunft, beruhigende Resultate,
                              indem rücksichtlich geringerer Fabricationskosten durch
                              Ersparungen an Arbeitspersonal, Dörrholz, Malzbrechlohn und Fuhrlohn, eine Aenderung
                              des Grundpreises des Bieres (in Bayern) im Sinne des Regulatives vom Jahre 1811
                              nicht zu besorgen ist. Schon bei etwas niedrigeren Gersten- resp. Malzpreisen
                              als im verflossenen Sudjahre, z.B. 12–15 fl. per
                              Schäffel, würde selbst bei massenhafter Anwendung von
                                 Colonialsyrup – und angenommen, daß diese Surrogirung nicht sogleich
                              durch den auffallenden Unterschied solcher Biere reinen Malzbieren gegenüber erkannt
                              werden könnte, der Bräuer bedeutende Einbuße haben. Die Anwendung geringer Quantitäten von Colonialsyrup zur
                              Malzsurrogirung würde aber selbst bei noch höheren Gersten- resp. Malzpreisen
                              keinen Gewinn abwerfen, abgesehen von der hiedurch herbeigeführten Verschlechterung
                              des Fabricates und Gefährdung der Haltbarkeit desselben. Bei Anwendung von Fruchtzucker – angenommen, es würde zweifellos
                              haltbares und wohlschmeckendes Bier hiemit erzeugt werden können – würde für
                              den Bräuer die Einbuße noch größer seyn. Dabei kommt noch in Betracht, daß sich in
                              der Regel die Kartoffelpreise stets nach jenen des Getreides richten und somit der
                              Preis des Fruchtzuckers auf immer den Schwankungen des Getreidepreises, resp. der
                              Kartoffelpreise unterworfen bleiben wird, wodurch der Preis des Fruchtzuckers
                              gegenüber dem des Malzes stets in einem Verhältniß sich erhält, welches die
                              Anwendung des Fruchtzuckers wesentlich erschwert. Auch wird die bedeutende Zunahme
                              der Fabrication des Spiritus und Essigs den Preis der Kartoffel kaum mehr so tief
                              sinken lassen, daß der hieraus bereitete Fruchtzucker so billig zu stehen kommt, um
                              selben auch nur mit geringem Vortheil als Malzsurrogat anwenden zu können.
                           
                           Würde jedoch eine solche Gefährdung des Malzaufschlaggefälles wahrscheinlich und
                              möglich seyn, so wären die gegen Malzdefraudation in Bayern festgesetzten Strafen
                              hinlänglich, solche zu verhüten.
                           
                        
                           Nachtrag.
                           So belehrend auch vorstehende Abhandlung namentlich über die Mengen der Phosphorsäure
                              und über die Gegenwart von kohlensauren Salzen in den Aschen der mit Syrup
                              bereiteten Biere ist, so dürften hiermit doch die Arbeiten in diesem Betreff nicht
                              als geschlossen zu betrachten seyn. Daß das mit großem Syrupzusatz bereitete Bier
                              bitter und brenzlich schmecken soll, erregte bei mehreren Bräuern einen Zweifel.
                              Nach der in Stuttgart erschienenen kleinen Schrift, welche die Anwendung des Syrups
                              hauptsächlich verbreitete, sollen 24 Simri Malz durch 64 Pfd. Syrup ergänzt werden,
                              was auf einen bayerischen Metzen Malz nahezu 3 3/4 bayer. Pfund Syrup beträgt, und
                              es dürfte wohl auch ein solcher Brauversuch neben dem oben sub III angeführten gemacht werden, bei welchem 1 Metzen Malz durch 18
                              Pfund Syrup, also durch die fast fünffache Menge, ergänzt wurde. Auch dürfte sehr
                              große Rücksicht auf die Qualität des Syrups selbst genommen werden, denn es finden
                              hierin nicht nur bezüglich seiner Dichtigkeit, sondern auch sonst noch große
                              Unterschiede statt, namentlich kommt es darauf an, ob er frei von Runkelrübensyrup
                              ist. Denn wenn auch die Rüben von magerem Boden keine salpetersauren Salze enthalten
                              und Dubrunfaut keine solche in dem Rübensaft gefunden
                              hat, so gab doch schon Braconnot deren Vorkommen in den
                              Rüben an, und neuerdings hat Krocker (Journal für
                              praktische Chemie Bd. LII S. 259) sie in der Rübenmelasse nachgewiesen. Zu Versuchen
                              in diesem Betreff wurde hier in einem Laden gekaufter Colonialsyrup, sowie aus einer
                              Rübenzuckerfabrik schon vor vielen Jahren erhaltener Rübensyrup (Melasse) mit
                              Schwefelsäure destillirt, weil die anderen Reactionen auf Salpetersäure wegen der
                              dunklen Farbe der Melasse und der verkohlenden Wirkung der Schwefelsäure nicht gut
                              verwendbar sind; während das Destillat von ersterem Syrup kaum eine Spur von
                              Salpetersäure erkennen ließ, gab letztere während der Destillation so viele rothe
                              Dämpfe, daß schon daran das Vorhandenseyn von salpetersauren Salzen zu erkennen war.
                              Die Gegenwart dieser Salze wirkt aber nicht nur auf den Geschmack des Bieres,
                              sondern kann auch die kohlensauren Salze in der Asche desselben sehr vermehren. Dubrunfaut (polytechn. Journal Bd. XLI S. 375) stellte mit Melassen von
                              Rohrzucker und von Rübenzucker, welche beide 43° Baumé zeigten,
                              vergleichende Versuche an und erhielt von 100 Rohrzuckermelasse 8,55 Asche, die noch
                              viele Kohle enthielt und 24° an Gay-Lussac's Alkalimeter zeigte; er erhielt ferner von 100 Rübenmelasse
                              10 Asche, welche bei Dunkelrothglühhitze wie kohlensaures Kali in Fluß kam und an
                              Gay-Lussac's Alkalimeter 80° zeigte. Er
                              schreibt diesen großen Unterschied einem größeren Gehalt von pflanzensauren Salzen
                              in der Rübenmelasse zu, aber sicherlich haben auch der Salpeter (oder andere
                              salpetersaure Salze) hieran Antheil. Da nun der Gehalt von kohlensauren Salzen in der Bieraschedem Biere so entscheidend für die Reinheit des Bieres sprechen soll, so wären
                              vergleichende Brauversuche mit verschiedenen Syrupen recht erwünscht. Mit dem oben
                              schon erwähnten Colonialsyrup wurde hier ein Verbrennungs-Versuch gemacht und
                              dabei 3,9 Procent etwas graue Asche erhalten. Richardson
                              (polytechn. Journal Bd. CVI S. 453) erhielt
                              von Rohrzuckermelasse 3,6 Proc. Asche mit kohlensaurem Kali und kohlensauren Erden.
                              Nach der erwähnten Stuttgarter Anleitung wären statt eines Schäffels eingesprengten
                              Malzes zu 7 Eimer Schenkbier nur 2,4 Metzen Malz und 11,48 Pfd. Syrup zu nehmen.
                              Dieser Menge Syrup entsprechen 0,45 Pfd. Asche, was auf eine Maaß Bier 0,6 Gran
                              ausmacht und diese sind bei angewendetem Colonialsyrup nicht zum größten Theil
                              kohlensaure Verbindungen.
                           Allerdings wird ein nach solchen Verhältnissen gebrautes Bier bei der hallymetrischen
                              Untersuchung einen anderen Gesammtgehalt angeben, aber nun entsteht die Frage:
                              „welchen Gesammtgehalt soll denn ein tarifmäßiges Schenkbier
                                 haben?“ Die in Weihenstephan gebrauten Versuchsbiere hatten
                              durchschnittlich einen Gesammtgehalt von 13 Proc., allein es kommen sehr viele Biere
                              vor, welche nur 10, ja nur 9 Proc. Gesammtgehalt haben. Hat auch ein solches nach
                              Stuttgarter Vorschrift erzeugtes Bier wahrscheinlich einen geringeren Gehalt, so
                              folgt daraus nicht nothwendig, daß es auch unangenehm in Geschmack, Geruch und Farbe
                              ist.
                           Einen charakteristischen Unterschied zwischen den Aschen der mit Syrup bereiteten und
                              der reinen Malzbiere soll die Gegenwart der kohlensauren Salze in der Asche der
                              ersteren abgeben. Dieser Ausspruch dürfte erst durch weitere Versuche festzustellen
                              seyn. Soll eine Bierasche kein Minimum von Kohlensäure enthalten dürfen; kann eine
                              Spur kohlensaurer Salze nicht mit dem Wasser in das Bier gekommen seyn? Bei ganz
                              tarifmäßigem Sude werden 12 bis 13 Eimer auf circa 8
                              Eimer verdampft, und von dem Bier wird bei der chemischen Untersuchung wieder zum
                              Einäschern ein Quantum zur Trockne verdampft, kann da vom Wasser keine Spur
                              kohlensaures Salz übrig geblieben seyn? Welche Menge kohlensaurer Salze begründet erst einen
                              Verdacht oder gar einen Ausspruch, daß das Bier mit Syrup bereitet worden? W. Martius (polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 465) hat acht Erlanger Biere
                              eingeäschert und alle Aschen enthielten etwas Kohlensäure. Wer wird darnach
                              aussprechen wollen, daß diese Biere mit oder ohne Zusatz von Syrup bereitet
                              worden?
                           Es ist zur Ertheilung eines schlechten Geschmacks gar nicht nothwendig, daß das Bier
                              nach der Stuttgarter Vorschrift oder mit so großem Syrupzusatze wie bei den in Rede
                              stehenden Versuchen gesotten wird, sondern es mag öfter kommen, daß statt dem
                              vorgeschriebenen tarifmäßigen Quantum Bier ein etwas größeres producirt wird, und
                              weil dabei natürlich das Bier dünner ausfällt, so wurde sonst etwas mehr Hopfen
                              angewandt und so ein unangenehm bitter schmeckendes Bier erzeugt. Jetzt sollen
                              einzelne Bräuer bei einem solchen gestreckten Sude etwas Syrup zusetzen und so ein
                              zwar leichtes aber angenehm mundendes Bier fabriciren.
                           Ein Bier welches einen nicht gewöhnlichen süßen Nachgeschmack hatte, das man also
                              leicht in eben angeführtem Verdacht haben konnte, wurde untersucht und zeigte bei
                              der hallymetrischen Probe einen Gesammtgehalt von 10,14 Proc. Es blieben 6,5 Gran
                              Kochsalz ungelöst. Nimmt man an, die zu diesem Biere verwendete Gerste habe ein
                              mittleres Gewicht von 240 Pfd. per Schäffel gehabt, so
                              wären nach einer von Professor Schafhäutl berechneten
                              Tabelle statt sieben Eimer acht Eimer gesotten worden. Als dieses Bier abgedampft
                              und das Extract bei 110° C. gedörrt wurde, blieben 5,63 Proc. Rückstand,
                              welcher nach dem Verbrennen 3,55 Proc. Asche hinterließ, deren in Wasser löslicher
                              Theil schwach auf Curcumapapier reagirte und mit Salzsäure nur einige kleine
                              Bläschen entwickelte; der in Wasser unlösliche Theil der Asche entwickelte mit
                              Salzsäure gar keine Kohlensäure. Wer kann mit Gewißheit sagen, woher diese wenige
                              Kohlensäure gekommen? Es waren nur sechs Unzen Bier verdampft worden und hierbei
                              konnte ein mäßiger Syrupzusatz wohl keine bemerkbare Reaction auf Kohlensäure in der
                              Asche liefern. Die Gefährdung des Malzaufschlages durch die Anwendung von Syrup
                              dürfte nicht so wenig zu besorgen seyn.In England, wo die Malzsteuer dem Staate ein sehr
                                    bedeutendes Einkommen abwirft, ist die Anwendung von Zucker, Melasse, Syrup
                                    etc beim Bierbrauen unter schweren Strafen verboten. – In Frankreich ist die Biersteuer nach der Menge der
                                    fabricirten Würze fixirt, weßhalb sich der Fiscus nicht darumkümmert, ob der
                                    Brauer das Gerstenmalz durch mehr oder weniger von anderen zuckerigen
                                    Substanzen, welche bei der Gährung Alkohol geben, ersetzt hat; die Brauer
                                    verwenden daher häufig Rohzucker, Rohrzuckermelasse und selbst Stärkesyrup.
                                    F. Rohart, Verfasser des Traité théorique et pratique de la Fabrication de la
                                       Bière, Paris 1848, bemerkt, daß er zwei Jahre lang den Rohrzuckersyrup im Verhältniß von 45 Kilogr. auf
                                    25 Hektoliter starkes Bier angewendet und bei diesem Verfahren sehr gute
                                    Biere ohne allen Beigeschmack erzeugt habe. Den
                                    Colonialsyrup setzte er beim Hopfensieden der Maische, kurze Zeit vor dem
                                    Entleeren des Hopfenkessels, zu. Den Rübenzuckersyrup verwirft er gänzlich, weil derselbe dem Bier
                                    einen sehr widrigen Geschmack ertheilt.Wie in vorstehender Abhandlung bemerkt ist, sind vom technischen Standpunkte
                                    aus Zuckerzusätze beim Bierbrauen nur innerhalb enger Gränzen möglich, weil
                                    sich bei deren Gährung das Ferment nicht, wie bei der Malzwürze,
                                    reproducirt. Dazu kommt noch hinsichtlich des Stärkezuckers, daß eine Auflösung desselben, man mag noch so viel
                                    Hefe anwenden, sich bei der Gährung niemals vollständig in Alkohol
                                    umwandelt, sondern stets ein bedeutender Theil dieses Zuckers vom Ferment
                                    unangegriffen bleibt. F. Rohart warnt die Brauer
                                    vor dem Gebrauch des Stärkezuckers, bei dessen Anwendung zur Würze ein
                                    großer Theil des Ferments anfangs in der Flüssigkeit zurückgehalten wird und
                                    sich später als todtes Ferment absetzt, welches die Erscheinungen der
                                    Fäulniß in der Flüssigkeit einleiten kann. Ueberdieß steht der Preis des
                                    Stärkezuckers hinsichtlich der Alkoholausbeute in einem sehr ungünstigen
                                    Verhältniß zu demjenigen des Colonialsyrups.100 Kilogr. concentrirter Rohrzuckersyrup liefern 65 Liter absoluten Alkohol;
                                    Mathieu de Dombasle erhielt bei seinen Versuchen
                                    von 100 Kilogr Gerstendarrmalz nahezu 22 Liter absoluten Alkohol;
                                    Sébille Auger zu Saumur erhielt bei den
                                    seinigen von 100 Kilogr. festem Stärkezucker 30 Liter absoluten Alkohol.
                                    Hiernach würde 1 bayer. Metzen Gerstendarrmalz, welcher 33,6 bayer. Pfund (=
                                    18,85 Kilogr.) wiegt, hinsichtlich der Alkoholerzeugung ersetzt durch 11,4
                                    bayer Pfund Colonialsyrup (in obiger Abhandlung sind, wahrscheinlich durch
                                    einen Druckfehler, 31 Pfd. Syrup aufgeführt); und anderseits würde er
                                    ersetzt durch 24,7 Pfd. Stärkezucker. A. d. Red.
                              
                           Augsburg, im December 1856.
                           
                              F. L.