| Titel: | Die Darstellung des Drusen- oder Weinöls; von Dr. August Rautert. | 
| Autor: | August Rautert | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XV., S. 71 | 
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                        XV.
                        Die Darstellung des Drusen- oder Weinöls;
                           von Dr. August
                              Rautert.
                        Rautert, über die Darstellung des Drusen- oder
                           Weinöls.
                        
                     
                        
                           Schon seit längerer Zeit benutzte man in Weinländern die bei der Gährung des Mostes
                              erhaltenen Drusen, vor ihrer Verarbeitung auf Weinstein, zur Destillation eines
                              Branntweins, den man Drusenbranntwein nannte und seines besonderen Aroma's halber
                              hoch schätzte. Man gab zu diesem Zwecke die durch Auspressen in leinenen Sacken vom
                              anhängenden Weine so viel wie möglich befreiten Drusen mit hinreichendem Wasser in
                              eine gewöhnliche Destillirblase und feuerte vorsichtig, so lange eben noch ein
                              alkoholreiches Destillat überging. Erst in letzterer Zeit ist man auf das, das Aroma
                              jenes Branntweins bedingende ätherische Oel aufmerksamer geworden. Man hat gefunden,
                              daß dasselbe in höchst geringer Menge dem reinen Weingeiste zugefügt, diesem einen
                              auffallenden Cognacgeschmack mittheilt und stellt es daher zur künstlichen Cognacbereitung
                              jetzt an mehreren Orten im Großen dar. So viel mir bekannt ist, hat man noch
                              nirgends eine Vorschrift zur Darstellung des Oeles im Großen gegeben, und die
                              folgenden Andeutungen werden daher um so willkommener seyn, als man nach ihnen bei
                              größtmöglicher Ausbeute eine ausgezeichnet feine Qualität erzielt. Das Oel wird aus
                              den Drusen, wie alle ätherischen Oele, durch Destillation geschieden, aber diese
                              darf nicht über freiem Feuer geschehen, weil die Masse leicht anbrennt und das Oel
                              brennzlich macht.
                           Die Drusenmasse wird in ein innen mit Blei ausgelegtes hölzernes Faß gefüllt, welches
                              so groß ist, daß man mindestens 3–6 Centner auf einmal destilliren kann und
                              dabei nur zu 2/3 voll wird. Man leitet dann durch dasselbe vermittelst eines am
                              Boden des Fasses mündenden Rohres einen lebhaften Dampfstrom und läßt durch ein
                              zweites Rohr die mit Oel und Alkohol beladenen Dämpfe in ein Kühlfaß treten,
                              woselbst ersteres sich zu schwarzen Tropfen condensirt und auf dem wässerigen
                              Alkohol sich auflagert. Die Destillation dauert 5 Stunden, man kann also im Tage
                              deren zwei mit Bequemlichkeit ausführen. Wenn die schwarzen Oeltropfen anfangen
                              seltener zu werden und endlich auch der Geruch des übergehenden Wassers
                              verschwindet, unterbricht man die Arbeit und läßt die Drusenmasse in große hölzerne
                              Bottiche ablaufen, um sie noch auf Weinstein zu verarbeiten. Das rohe Oel wird durch
                              nochmalige Destillation wasserklar, und aus dem wässerigen Theile gewinnt man durch
                              Rectification nebst Alkohol noch eine kleine Menge desselben. Der wichtigste Theil
                              der ganzen Weinölbereitung beruht auf der richtigen Zusammensetzung der Drusenmasse.
                              Durch Anmachen der Drusen mit Wasser allein erhält man nur wenig Oel und die
                              Destillation dauert sehr lange, weil der Wasserdampf die dickbreiige Masse nur
                              langsam zu durchdringen vermag. Diese Schwierigkeiten umgeht man durch Zusatz von
                              etwas englischer Schwefelsäure. Die besten Erfolge erhielt ich, wenn auf jeden
                              Centner Drusen 1–1 1/2 Centner Wasser und 1/2 Pfund Schwefelsäure genommen
                              wurde. Ist die Destillation beendet, so gibt man zur Drusenmasse auf jedes Pfund
                              angewandter Schwefelsäure 3 Pfd. krystallisirtes kohlensaures Natron (gewöhnliche
                              Soda), um die freie Säure zum Theil wieder zu neutralisiren. Der nach 8 Tagen
                              abgeschiedene Weinstein wird durch Haarsiebe von der anhängenden schmierigen Masse
                              leicht getrennt; aus letzterer gewinnt man noch durch Glühen in verschlossenen
                              Gefäßen eine vorzügliche schwarze Farbe. Man erhält so neben veränderlichen Mengen
                              von Alkohol und Schwärze aus 25 Centnern Drusen 1 Pfund Weinöl und 150 bis 200 Pfund
                              rohen Weinstein.
                           
                           Da das reine Oel sehr hoch im Preise steht (das Pfund 250 fl.) so ist dasselbe
                              häufigen Verfälschungen unterworfen. Eine der gewöhnlichsten ist die mit absolutem
                              Alkohol. Man entdeckt ihn leicht durch Zusatz von Olivenöl zum Weinöle; ist Alkohol
                              zugegen, so scheidet sich derselbe aus der Auflösung des Weinöls in Olivenöl aus,
                              und es gelingt so leicht, schon einige Procente desselben nachzuweisen.