| Titel: | Abgeändertes Verfahren der Stearin- oder Palmitinsäurefabrication; von Dr. J. R. Wagner, k. Universitäts-Professor in Würzburg. | 
| Autor: | Johannes Rudolph Wagner [GND] | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XXX., S. 133 | 
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                        XXX.
                        Abgeändertes Verfahren der Stearin- oder
                           Palmitinsäurefabrication; von Dr. J.
                              R. Wagner, k. Universitäts-Professor in Würzburg.
                        Wagner's Verfahren der Stearin- oder
                           Palmitinsäurefabrication.
                        
                     
                        
                           Gegenwärtig stellt man bekanntlich große Mengen von künstlichem
                                 schwefelsaurem Baryt (Barytweiß, Permanentweiß, Blanc-fix) dar. Ich möchte vorschlagen,
                              dieses Salz nicht mehr durch Zersetzen von Schwefelbaryum mit Salzsäure und Fällen
                              des Chlorbaryums mit Schwefelsäure oder schwefelsaurem Natron, sondern als Nebenproduct in der Stearinsäurefabrication zu erhalten,
                              indem man zum Verseifen des Palmöls oder Talges anstatt des bisher gebräuchlichen
                              Kalkes eine klare Lösung des auf gewöhnlichem Wege durch Reduction aus Schwerspath
                              erhaltenen Schwefelbaryums verwendet.
                           Schwefelbaryum zerfällt bekanntlich bei seiner Lösung in Wasser in
                           BaO, HO und BaS, HS.
                           Die Verseifung des Fettes mit einer solchen Lösung geschieht
                              weit schneller und leichter als mit Kalk. Wegen des sich reichlich entwickelnden
                              Schwefelwasserstoffgases muß die Verseifung in geschlossenen Kesseln oder Bottichen
                              vorgenommen werden. Das Schwefelwasserstoffgas wird verbrannt und die sich bildende
                              schweflige Säure zur Darstellung von Antichlor (schwefligsaurem Natron) benutzt. Die Schwefelbaryumlösung
                              muß im frisch bereiteten Zustande verbraucht werden; außerdem enthält sie geringe
                              Mengen von Baryumpolysulfuret, welches zur Bildung von geschwefelten Derivaten der
                              Palmitinsäure und Oelsäure Veranlassung geben könnte. Eine derartige Verunreinigung
                              der Palmitinsäure würde dieselbe zur Kerzenfabrication untauglich machen, da als
                              Verbrennungsproduct einer mit geschwefelten Producten verunreinigten Säure auch
                              schweflige Säure auftreten würde.
                           Der durch die Verseifung erhaltene palmitin- und ölsaure Baryt wird durch
                              Salzsäure zersetzt, aus dem Gemisch der fetten Säure die Palmitinsäure wie
                              gewöhnlich abgeschieden, und aus der Chlorbaryumlösung der schwefelsaure Baryt
                              gefällt.
                           Anstatt der bis jetzt gebräuchlichen 15 Proc. Kalk, womit man verseift, hätte man
                              45,3 Proc. Schwefelbaryum anzuwenden, welche 62,43 Proc. Barytweiß geben.
                           Man könnte auch zweckmäßig zuerst die Barytseife durch Essigsäure zersetzen und auf
                              diese Weise essigsauren Baryt erhalten, welcher zu den
                              meisten technischen Zwecken den Bleizucker entbehrlich machen kann, namentlich bei
                              der Erzeugung von essigsaurer Thonerde; hierbei würde als Endproduct immer wieder
                              schwefelsaurer Baryt entstehen.
                           Ich gebe schließlich zu bedenken, ob in der Verseifung nach der älteren Methode mit
                              Kalk nicht unter Umständen der gebrannte Kalk vortheilhaft durch das löslichere
                              Schwefelcalcium ersetzt werden könne, und empfehle den im Vorstehenden angeregten
                              Gegenstand der Beachtung derjenigen, die in der Lage sind Versuche im Großen
                              anzustellen.