| Titel: | Reisenotizen in Sachen der Bierbrauerei; von G. G. Habich, Techniker in Kassel. | 
| Autor: | G. E. Habich | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XXXI., S. 133 | 
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                        XXXI.
                        Reisenotizen in Sachen der Bierbrauerei; von
                           G. G. Habich, Techniker
                           in Kassel.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Habich, über Bierbrauerei.
                        
                     
                        
                           Es kam mir für einen besondern Zweck – Anlage einer größeren Bierbrauerei in
                              Nordamerika – darauf an, mich für einen Apparat zu entscheiden, der die
                              bedeutendste Ersparniß an Anlagecapital, Brennstoff, Arbeitskraft und Zeit
                              gestattet. Daß dieser Summe von Anforderungen das Dickmaischverfahren nicht entspricht, liegt auf der Hand, – ja die 
                              gesammte Kesselbrauerei schien mir für meinen Zweck
                              aufgegeben werden zu müssen. Es erübrigt mir nur die Anwendung
                                 des Dampfes als Träger der Wärme.
                           Soviel mir bekannt geworden ist, hat man nur in Böhmen
                              diese Richtung des Brauwesens cultivirt. Professor Balling in Prag hat in seiner Gährungschemie
                              (1ster Band, 2ter Theil, S. 402–427) darauf aufmerksam gemacht. Insbesondere
                              war es der von Ch. Gaßauer construirte und bereits im
                              Jahre 1847 (vergl. diesen Jahrgang der vom böhmischen Gewerbeverein herausgegebenen
                              encyklopädischen Zeitschrift des Gewerbewesens S. 14, sowie das Decemberheft des
                              Jahrg. 1848 derselben Zeitschrift) ausführlich beschriebene Apparat, welcher mich im
                              höchsten Grade interessirte. Um die Leistungen desselben an Ort und Stelle kennen zu
                              lernen, entschloß ich mich zu einer Instructionsreise, auf der ich denn auch manche
                              andere Fortschritte des Brauwesens zu beachten hatte. Die Resultate derselben will
                              ich hier in der Kürze mittheilen, – ich glaube manchem strebsamen Brauer
                              dadurch einen Dienst zu leisten.
                           Zunächst referire ich über den Gassauer'schen Apparat, für
                              dessen Benützung ich mich unbedingt entschieden habe. Hr. Professor Balling hatte die Güte, mir die Wege zu bezeichnen,
                              welche zu einem nächst belegenen Brausystem dieser Art führten, – ich will
                              demselben hier wiederholt meinen Dank für die zuvorkommende Freundlichkeit, mit der
                              er der Erreichung meines Zieles Vorschub leistete, aussprechen.
                           Der bedeutendste Gaßauer'sche Apparat ist auf den gräflich
                              Waldstein'schen Besitzungen zu Oberleitensdorf, unweit
                              Teplitz, aufgestellt. Dorthin begab ich mich und fand in dem Werkführer der
                              Brauerei, Hrn. Franz Chlauba einen sehr tüchtigen Brauer,
                              der mich mit der praktischen Seite dieser Art der Dampfbrauerei speciell bekannt
                              machte. Ich kann jedem Brauereibesitzer, der sich mit diesem höchstwichtigen
                              Fortschritt der Bierfabrication bekannt machen will, nur anempfehlen, sich nach
                              Oberleitensdorf zu begeben und an Hrn. Chlauba zu
                              wenden.
                           Ehe denn ich speciell die Resultate erwähne, welche sich unter meinen Augen
                              herausstellten, will ich in der Kürze die Momente hervorheben, welche unsern Apparat
                              vor allen andern auszeichnen. Derselbe bezweckt nämlich die höchste Ersparniß an Brennstoff, indem die
                                 beim Kochen der Würze gebildeten Dämpfe zum Einmaischen und zur Erhitzung des
                                 Wassers zum Nachguß benützt werden – ein
                              Princip, welches bereits im Jahre 1843 (vergl. encyklopädische Zeitschrift 1843, S.
                              657) von Hrn. Professor Balling aufgestellt und publicirt
                              ist. Durch eine einfache Rechnung ist es leicht nachzuweisen, daß die beim Kochen der Würze
                              entweichenden Wärmemengen mehr als die Hälfte des insgesammt nothwendigen
                              Brennstoffs erforderten. Und diese Wärmemengen werden hier den
                                 Zwecken der Brauerei wiederum dienstbar gemacht! Die Wärmeverluste
                              beschränken sich also jetzt nur noch auf die in den heißen Trebern und der Würze auf
                              den Kühlschiffen enthaltenen Mengen.
                           Eine solche Wiederbenützung der Wärme war aber nur möglich, indem man die Herstellung
                              der Würzeportionen auf die zur Einmaischung etc. absolut
                              erforderliche Zeit bezog und demgemäß in kleineren
                              Abschnitten bewerkstelligte. Man bedurfte dazu nur mehrerer Maischbottiche, welche
                              abwechselnd arbeiten. Die Erfahrung zeigt nun, daß die Operation des Einmaischens,
                              dann die Verzuckerung und das Abfließen der Würze insgesammt einen geringsten Zeitaufwand von zwei Stunden erheischen. Und
                              das ist denn auch der Ausgangspunkt, wenn es sich um Feststellung der
                              Größenverhältnisse eines solchen Apparats von bestimmter Leistungsfähigkeit handelt.
                              Von je zwei zu zwei Stunden beginnt eine neue
                                 Einmaischung.
                           Im Vorbeigehen will ich hier erwähnen, daß mir inzwischen bereits wohlausgebildete
                              Bierbrauer aufgestoßen sind, welche eine so rasche Verzuckerung des Malzmehls für
                              eine reine Unmöglichkeit halten. Diesen zur Beruhigung und Beherzigung will ich die
                              Thatsache mittheilen, daß hier die eigentliche Verzuckerung nicht mehr als 45 Minuten in Anspruch nahm. Sollten sie
                              dennoch Zweifel hegen, so bleibt mir nichts übrig, als sie zur besseren Belehrung
                              auf – böhmische Dörfer zu verweisen.
                           Zur Sache zurück – arbeitet also alle zwei Stunden ein anderer Maischbottich.
                              Die Zusammenstellung des ganzen Apparats wird durch folgende Skizzen deutlich werden
                              (vergl. Fig.
                                 44 und 45).
                           A ist der Braukessel von
                              Kupfer. Man hat denselben mit nach Innen gewölbtem Boden angefertigt und dem
                              letztern eine Stärke von 3 1/2'' gegeben; indessen hatte sich der Boden nach
                              mehrjährigem Betrieb vollständig niedergebogen. Es erscheint also zweckmäßiger, dem
                              Kessel einen platten Boden zu geben.
                           Ein Wasserstandrohr (hier von großer Wichtigkeit), ein
                              Ablaßhahn am Boden und ein Mannloch mit dichtem Verschluß bilden nebst dem Dampfrohr
                              die wichtigsten Theile des Kessels. Wegen des stoßweisen Aufsiedens der Bierwürze
                              erweitert sich die Wurzel des Dampfrohrs in einen Hut, der auch die
                              Sicherheitsventile trägt.
                           Ueber dem Kessel steht das „Hopfenextractionsgefäß“
                              B ebenfalls von Kupfer (Holz dürfte ebenso gut seyn) und
                              mit Mannloch und Wasserstandrohr versehen. Durch einen Ablaßhahn am Boden entläßt das Gefäß seinen
                              Inhalt in den Braukessel. Ueber dem Abflußrohr ist im Innern noch ein Hopfenseiher
                              angebracht, welcher den Uebertritt von Hopfenblättern in den Kessel A verhindert.
                           Gassauer hatte diesem Theile seines Apparates Anfangs
                              noch (neben dichtem Verschluß des Mannloches) eine Kühlschlange beigefügt, um
                              dadurch auch das Hopfenöl zu gewinnen. Dem vorliegenden Exemplare fehlt diese
                              Vorrichtung – auch bleibt das Mannloch während der Operation ohne Verschluß,
                              so daß die beim Hopfenkochen entwickelten Wasserdämpfe in die Luft entweichen, was
                              zu einem leicht zu vermeidenden Wärmeverlust führt.
                           Durch einen nahe der Decke befindlichen Trichter, über welchem die durch Hähne
                              verschließbaren Abflußrohren der Maischbottiche münden, wird dem Extractionsgefäße
                              die erzeugte Würze zugeführt.
                           Ueber diesem Hopfengefäße stehen auf einer Terrasse die drei Maischbottiche
                              C, D und E, welchen durch
                              die am Boden einmündenden Verzweigungen des Dampfrohres die aus dem Kessel
                              entwickelten Dämpfe zugeführt werden. Ein kupferner, mit ziemlich kleinen Löchern
                              versehener Senkboden bildet die Seihevorrichtung.
                           Endlich noch befindet sich zu oberst der staffelförmigen Aufstellung der Bottich F, in welchem das Wasser zum Nachguß erhitzt wird.
                           Mit diesem ApparateDie HHrn. A. Strecker Söhne in Mannheim lassen den
                                    Gassauer'schen Dampfapparat auf Bestellung anfertigen. A. d. Red wird nun in folgender Weise gearbeitet.
                           Beim Beginn der Operation enthält der Kessel A Wasser.
                              Die Maischbottiche erhalten das erforderliche Malzschrot nebst kaltem Wasser,
                              – man vertheilt die Wassermenge so, daß 2/3 derselben zum Einmaischen und 1/3
                              zum Nachguß verwendet werden. (Offenbar würde es ökonomischer seyn, beim Einmaischen
                              die Hälfte zu verwenden und die andere Hälfte auf zwei
                              Nachgüsse zu vertheilen.)
                           Sobald das Wasser im Kessel A siedet, werden die Dämpfe
                              dem Bottich C zugeführt, wobei zwei Mann das Aufmaischen
                              mit leichter Mühe besorgen, – der Unterteig wird dabei einigemal abgezapft
                              und wieder aufgegossen. Nach 38 Minuten hat die Maische eine Temperatur von
                              60° R. erreicht, der Bottich wird verdeckt und sein Inhalt der Verzuckerung
                              überlassen, während die Dämpfe dem folgenden Bottich D
                              zur zweiten Einmaischung
                              zuströmen. Nach Ablauf von weitern 38 Minuten werden die Dämpfe in das im Gefäß B enthaltene Wasser geleitet, bis die Verzuckerung in
                              C vollendet ist, wozu stets 45 Minuten ausreichen.
                              Um nun eine glanzhelle Würze zu ziehen, ist es nöthig, daß die Maische nachträglich
                              noch auf mindestens 70° R. erhitzt wird, wobei sich denn der größte Theil der
                              eiweißstoffartigen Würzebestandtheile ausscheidet.
                           Nachdem nun das Gefäß B seinen Wassergehalt in den Kessel
                              A hatte abfließen lassen, wird vom Bottich C die Würze gezogen, wobei die ersten trüben Portionen
                              wieder aufgegossen werden. Sie fließt dann alsbald so krystallhell ab, wie ich
                              anderwärts nie eine Würze gesehen habe.
                           Mittlerweile ist das Nachgußwasser in F durch Zuleitung
                              der Dämpfe ins Sieden gebracht und man schreitet, nachdem die Vorderwürze gründlich
                              abgelaufen ist, zum Nachguß. Zuvor aber wird der zähe und das Aussüßen der Treber
                              erschwerende Oberteig abgenommen. Der Nachguß erfolgt dann, ohne die sehr lockeren Treber aufzurühren, – die in den Trebern
                              befindliche Vorderwürze wird also durch Verdrängung
                              entfernt.
                           Man hat früher häufig geklagt über die klebrige
                              Beschaffenheit der bei unserm Apparat entfallenden Treber (vergl. Balling a. a. O.
                              Seite 420). Ich habe das aber durchaus nicht finden können – die Treber sind
                              so locker, daß man sie von der Hand blasen kann. (Die Extraction war eine höchst
                              vollständige, – wenigstens reagirte eine Jodauflösung auch nicht im Mindesten
                              auf Stärkemehl.) Vielleicht erklärt sich die früher gerügte Beschaffenheit der
                              Treber dadurch, daß Gassauer (vergl. encyklopädische
                              Zeitschrift 1848, S. 753) vorschrieb, es solle kein
                              Oberteig abgefaßt und die gesammelten Treber gut eingerührt werden.
                           Mit dem Eintritt der ersten Würzeportionen von C in das
                              Hopfenextractionsgefäß B wird auch der Dampf nach B dirigirt und zugleich die für eine Einmaischung
                              nöthige Hopfenmenge zugegeben. Die Würze kommt zum Sieden, wobei eine nicht
                              unbedeutende flockige Ausscheidung stattfindet, über welcher die Würze wiederum
                              glanzhell dasteht.
                           Nun wird bei (durch Aufwerfen von frischen Kohlen) gedämpfter Feuerung das Wasser aus
                              dem Kessel A in ein Local, in welchem es zum Ausbrühen
                              der Gährgeschirre, Bierfässer etc. dient, abgelassen und statt dessen die Würze aus
                              dem Gefäße B dem Kessel zugeführt. Von diesem Augenblicke an also geschehen alle folgenden Einmaischungen mit
                                 Würze dämpfen.
                           Auch der Nachguß von C fließt durch B und findet sich alsbald in A ein.
                           Mittlerweile wurden die Dämpfe nach D geleitet, um die
                              zweite Einmaischung auf 70° R. zu erhitzen, – wornach man dann zur dritten Einmaischung in E,
                              und zum Abziehen der Würze von D geschritten war Die im Kessel A angelangte, bereits mit Hopfen klar gekochte Würze
                              geräth alsbald wieder ins Sieden, welches – da die Dampfleitungsröhren
                              mehrere Fuß tief in die Maische etc. tauchen – unter einem größern als dem
                              atmosphärischen Drucke und also auch bei einer dem
                                 entsprechenden höhern Temperatur von 84–85° R. eintritt.
                              Dabei läßt sich nun am Wasserstandrohre deutlich beobachten, was im Kessel vorgeht,
                              – es wird nämlich die klare Würze wiederum trübe,
                              milchicht, und es scheiden sich später dicke, knäuelförmige Flocken aus, über denen
                              sich die Würze abermals in größter Klarheit präsentirt.
                           Ist dieser Punkt eingetreten, so wird die Würze einem Kühlschiffe zugeführt und der
                              Kessel erhält eine frische Speisung aus dem inzwischen mit der zweiten Würze von D gefüllten Hopfengefäß B,
                              mit welcher gerade so verfahren war, wie mit der ersten Würze.
                           Die Reihenfolge dieser Operationen, welche sich natürlich die Hand reichen müssen,
                              regulirt sich alsbald nach nachstehender tabellarischen Uebersicht, in welcher die
                              gleichzeitigen neben einander gestellt sind.
                           
                              
                                       
                                       A.
                                         B.
                                           
                                       C.
                                           
                                       D.
                                             E.
                                         F.
                                    Der Dampfgeht
                                    nach
                                 
                              
                                 Würze aus   
                                          C.
                                  Würze von   
                                          
                                       D.
                                 
                                  Würze fließt   nach
                                    B ab.
                                   Verzuckerung   
                                 Nachguß für   
                                          
                                       D.
                                 
                                        
                                       F.
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                  Frische Füllung.   
                                     Nachguß.
                                     Auf 70°
                                    R.       erhitzt
                                 
                                 
                                        
                                       E
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                     Maischung.
                                 
                                 Absetzenlassen.
                                 
                                 
                                        
                                       C.
                                    
                                 
                              
                                 Würze von
                                          D
                                 Würze von
                                          
                                       E.
                                   Verzuckerung.
                                 
                                   Würze
                                    fließt    ab nach B.
                                 Nachguß für
                                            E.
                                 
                                        
                                       F.
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                     Auf 70°
                                    R.       erhitzt
                                  Frische Füllung.
                                      Nachguß.
                                 
                                 
                                        
                                       C.
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                  Absetzenlassen.
                                   Maischung.
                                 
                                 
                                 
                                        
                                       D.
                                    
                                 
                              
                                 Würze von
                                          E.
                                 Würze von
                                          
                                       C.
                                    Würze
                                    fließt     ab nach B.
                                  Verzuckerung
                                 
                                 Nachguß für
                                            C.
                                 
                                        
                                       F.
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                       Nachguß
                                     Auf 70°
                                    R.       erhitzt
                                  Frische Füllung.
                                 
                                 
                                        
                                       D.
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Absetzenlassen.
                                      Maischung.
                                 
                                     
                                       E.
                                 
                              
                           
                           Was die übrigen Braugeräthe anbetrifft, so gewahren dieselben für unsern Zweck wenig
                              Interesse, weil es sich hier lediglich um Herstellung einer
                                 möglichst großen Quantität klarer Würze in kürzester Zeit und mit dem geringsten Aufwand an Arbeitskraft und Brennstoff handelt.
                           Die Abkühlung der Würze erfolgt begreiflicher Weise auf mehreren Kühlschiffen. In Oberleitensdorf, wo täglich nur fünf
                              Einmaischungen gemacht wurden, waren deren vier
                              vorhanden, weil bis zum Aufpumpen des letzten Gebräues
                              die erste Würze für die Obergährung, welche hier
                              eingeleitet wurde, genügend abgekühlt war.
                           Welche Leistungsfähigkeit nun hat dieser Apparat? welche Quantitäten können damit producirt werden?
                              –
                           Diese Frage wird wohl zunächst aufgeworfen werden – hier die Antwort. Die
                              Dimensionen des Oberleitensdorfer Apparats sind so gewählt, daß je eine Einmaischung
                              12 österreichische Eimer (= 606 preuß. Quart) Würze liefert. Es werden täglich fünf
                              Einmaischungen, also 60 Eimer (= 3030 Quart) fertig gemacht. Will man aber einen
                              mehrere Tage oder beständig fortdauernden Betrieb ins
                              Werk setzen, so lassen sich in 24 Stunden zwölf
                              Einmaischungen durchführen. Die tägliche Production beträgt
                                 dann 144 Eimer (= 7272 Quart) bei einem Inhalt des Braukessels (der nur bis zur Hälfte gefüllt werden darf, wegen des Aufschäumens) von nur 24 Eimern Inhalt.
                           Es liegt auf der Hand, daß in einem solchen continuirlichen Betriebe der Brauerei der Hauptvortheil liegt. Bei
                              Ausführung desselben für kleinere Brauereien wird man also immer darauf Bedacht zu
                              nehmen haben, daß wenigstens mehrere Tage die Woche hindurch ununterbrochen fortgearbeitet wird. Die Dimensionen des Apparats müssen
                              dem jeweiligen Bedarf angepaßt werden.
                           Eine andere Frage, die mir von praktischen Brauern bereits aufgeworfen wurde, ist die
                              nach der Qualität des mit unserm Apparate erzeugten Bieres. Hatten wir es bisher lediglich mit der Production
                              gährungsfähiger Würzen zu thun, so kann die Frage nach
                              der Qualität des Biers eigentlich keine andere seyn, als
                              die: wie vergähren die unter Druck gekochten Würzen? und
                              wie ist die Haltbarkeit der Biere? – Die Schüttung, d. i. die zur Herstellung eines bestimmten
                              Bierquantums verwendete Malzmenge, welche also den Gehalt
                              des Bieres an gährungsfähigem Extract repräsentirt, ist
                              bekanntlich entweder eine gesetzlich bestimmte, oder herkömmliche oder willkürliche
                              (wie bei den stärkeren Bieren). Deßhalb muß sie auch hier ganz außer Betracht bleiben, und es sind
                              die eben aufgestellten Fragen die allein berechtigten.
                              Genau genommen sind beide Fragen fast identisch, weil es erfahrungsmäßig ist, daß,
                              je langsamer die Hauptgährung verläuft, um so weiter
                              sich auch die Nachgährung hinauszieht, oder – was dasselbe ist – um
                              so länger auch das Bier trinkbar ist. Da lehrt uns
                              nun aber die Erfahrung ferner, daß, je vollständiger die
                                 eiweißstoffartigen Bestandtheile der Würze durchs Kochen ausgeschieden sind, um so langsamer die Hauptgährung und
                              damit auch die Nachgährung verläuft, – um so größer
                                 also auch die Haltbarkeit des Biers ist. Deßhalb vergähren denn auch die
                              durch indirecte Anwendung des Dampfs bei niedrigerer Temperatur klar gekochten Würzen (wie z.B. in
                              der weiter unten zu besprechenden Wanka'schen Brauerei)
                              vollständig, aber – – solche Biere bewähren eine geringere Dauer. Und
                              deßhalb findet unter gleichen Verhältnissen bei unseren
                              unter Druck gekochten und von den eiweißartigen Stoffen höchst
                                 vollständig befreiten Würzen eine langsamere
                              Hauptgährung statt, wodurch denn eine beispiellose Haltbarkeit
                                 des Biers bedingt ist! Folgende Thatsachen werden laut genug reden.
                           In Oberleitensdorf braut man, durch diverse Consums-Verhältnisse genöthigt,
                              nur obergährige Biere, – die Würzen zeigen 11,2
                              bis 11,4 Proc. am Saccharometer. Um nun ein möglichst
                                 vollständiges Hefenausstoßen (weil diese ein gesuchter Handelsartikel ist)
                              herbeizuführen, läßt man die Hauptgährung in einem bis auf 17° R. geheizten
                              Gährkeller verlaufen. Trotz alle dem verlauft, wegen Mangel an eiweißartigen Stoffen
                              zur Hefenbildung, die Nachgährung sehr langsam und die leichten Oberzeugbiere
                              bleiben Monate hindurch von feinem erquickenden Geschmacke, wenn sie im kühlen
                              Keller der sorgfältigen Pflege nicht ermangeln.
                           Der Oberleitensdorfer Apparat ist von Hrn. Kupferschmiedmeister Blaha in Prag (Obstgasse) vortrefflich
                              ausgeführt, – die Dimensionen der einzelnen Theile sind ziemlich genau
                              berechnet, und nur die Siedefläche des Kessels ist etwas zu klein gegriffen, wodurch
                              der Betrieb ein wenig verzögert wird. – Ich habe den Hrn. Kupferschmied Bassa hierselbst (Kassel) in Stand gesetzt, derartige
                              genau berechnete Apparate (nebst Betriebsplänen) ebensowohl zu liefern. Auf einige
                              nothwendige Verbesserungen in der Construction, so wie im Betrieb, ist dabei
                              Rücksicht genommen.
                           Ich kann nur wünschen, daß sich der Gassauer'sche Apparat
                              einer recht großen Verbreitung bald erfreuen möge. Daß es bei der Benutzung desselben auf große
                              Accuratesse ankommt, wird wohl jeder Sachverständige einsehen und es ist deßhalb in
                              der Wahl des den Apparat überwachenden Braumeisters Vorsicht geboten, – es
                              könnte sonst durch Fahrlässigkeit leicht Nachtheil entstehen. Hat doch auch in
                              Böhmen der Apparat erst wenig Anklang gefunden, weil es auf einer Brauerei dem
                              Dampfe beliebt hatte, nach Abschließung sämmtlicher Hähne
                              seinen Kerker zu sprengen! Und da ist denn in Vieler
                              Augen der Gassauer'sche Apparat zum Sündenbock des
                              Unverstands geworden.
                           In Prag lernte ich die Braueinrichtung des Hrn. Wanka kennen. Man benutzt da die indirecte Anwendung des Dampfes, – es sind im Maischbottich, so wie
                              in den Siedepfannen bewegliche Röhrensysteme angebracht, durch welche ein
                              hochgespannter Dampf (von zwei bis drei Atmosphären, was einer Temperatur von 97 bis
                              108° R. entspricht) marschirt. Es ist begreiflich, daß dabei die Dickmaischen
                              in der Pfanne rasch bis zum Sieden erhitzt werden können. Bei der Verarbeitung der
                              Maische, so wie beim Abschweifen der Pfanne (nach Ablassung der Dickmaische) werden
                              die Röhrensysteme gehoben. Die gesammte Wärme-Erzeugung in dieser Brauerei
                              beschränkt sich auf eine einzige Feuerstätte, welche den
                              Dampfkessel heizt. Die damit in Verbindung stehende Dampfmaschine treibt auch das
                              Quetschwerk, die Pumpen und einige Reibvorrichtungen für eine mit der Brauerei
                              verbundene Branntweinbrennerei. Der rührige Besitzer dieses Etablissements wird ohne
                              Zweifel darauf Bedacht nehmen, demnächst auch die Handarbeit beim Maischen durch
                              eine Maischmaschine zu ersetzen, – zumal in einer größern Brauerei die nur zeitweise zur
                              Verwendung kommende Handarbeit zu vielen andern Mißständen führt.
                           Das Verfahren selbst anlangend, so wurde die Steigerung der Temperatur im
                              Maischbottich (neben der Wirkung des Röhrensystems in demselben) durch
                              Dickmaischkochen herbeigeführt. Das Wasser zum Nachguß wird in einer zweiten Pfanne
                              mit Röhrensystem erhitzt.
                           Gegenüber der gewöhnlichen Kesselbrauerei besitzt dieses Brauverfahren unbedingte
                              Vorzüge. Offenbar aber steht dasselbe weit im Nachtheil gegen die Gassauer'sche Einrichtung, – weil Hr. Wanka auf die Wiederbenutzung der Dämpfe beim Würzekochen
                              Verzicht leistet.
                           Unter den sämmtlichen Brauereien Österreichs (ja wahrscheinlich des
                              Continents) nimmt die des Hrn. Dreher in Klein-Schwechat bei
                              Wien unbedingt den ersten Rang ein, in Bezug auf den Betriebsumfang. Wer dagegen
                              eine Harmonie des Ganzen sucht, wird sich getäuscht
                              finden, – das Etablissement leidet unläugbar an einer störenden
                              Zerstückelung. Auch ist von Anwendung des Dampfes als Wärmemagazin hier keine Rede, die Pfannen stehen
                              über freiem Feuer, und es wird zweimal Dickmaische und einmal Lautermaische
                              gekocht.
                           Von Interesse sind die hier benutzten Maischmaschinen, welche sich durch eine Reihe
                              von Jahren, besonders auch bezüglich ihrer Dauerhaftigkeit, bewährt haben.
                              Bekanntlich hatte man bei allen Maischmaschinen mit dem Uebelstande zu kämpfen, daß
                              – namentlich beim Beginn der Thätigkeit derselben – die Ueberwindung
                              des Widerstandes der dickern Maischtheile Schwierigkeiten unterlag und häufig zum
                              Bruch einzelner Theile des Rührwerks führte. Diesen Uebelständen ist in
                              Klein-Schwechat auf eine einfache Weise begegnet. Folgendes wird die Sache
                              genügend erläutern.
                           An einer im Mittelpunkte des Bottichs und mit der Dampfmaschine in Verbindung
                              stehenden Welle sind zwei, sich diametral gegenüberstehende Flügelsysteme
                              angebracht. Dieselben haben eine doppelte Bewegung, indem sie zunächst durch die
                              Rotation der Centralwelle im Bottich umher kreisen, – dann aber hat auch noch
                              jedes System eine selbstständige Bewegung um seine Achse.
                              Das eine dieser Systeme (an einer horizontalen Welle)
                              besorgt das Aufmaischen, das andere (an perpendicularer Welle) das Durchmaischen. Die horizontale Welle trägt mehrere Flügelrahmen, welche mit harkenförmigen Querstäben versehen sind,
                              – die geringere Zahl von Zinken, so wie die etwas langsamere Bewegung des
                              Systems bieten für ihre Dauerhaftigkeit eine genügende Garantie. Anders ists mit dem
                              perpendicularen Flügelsysteme, welches rascher rotirt und nur zwei Flügel trägt.
                              Hier würde bei engerm Gitterwerk leicht Bruch erfolgen und, um dem vorzubeugen, ist
                              die perpendiculare Vergitterung beweglich. Es hängen
                              nämlich auf den Querriegeln der Flügel schwere, mit einer Oehse versehene Stäbe,
                              – durch die Oehse erstreckt sich je ein Querriegel und mit dem untern Ende
                              liegt der Stab auf dem nächsten, tiefer liegenden Riegel lose auf, – so daß
                              er sich bei jedem Widerstand heben und nach dessen
                              Bewältigung wieder auf den Riegel zurückfallen kann. In
                              der That eine einfache vortreffliche Vorrichtung.
                           Die Gährbottiche, in dem den Temperaturwechseln nicht ganz unzugänglichen Keller (es
                              wird deßhalb auch in den Sommermonaten nicht gebraut)
                              hätten wohl zweckmäßig größer seyn können. Ein solcher
                              Bottich faßt etwa 40 Eimer (jeder zu 40 österreichischen Maaß) und es werden zu den
                              täglich stattfindenden 8 Gebräuden (jedes von 250 Eimern) 52 solcher Bottiche
                              gefüllt.
                           Die Malzdarre ist eine Doppeldarre. Das grüne Malz wird
                              gleich auf den obersten Boden gebracht und ist somit der Schwelkboden entbehrlich. In andern
                              Brauereien, so auch in der Wanka'schen, sah ich nur einfache Darren.
                           Was das Malzen anlangt, so hat die Mittheilung Balling's (vergl. dessen Gährungschemie I. Bd., 1ster
                              Theil, S. 337) bis jetzt wenig Anklang gefunden bei den Praktikern. Aus den daselbst
                              publicirten Erfahrungen des verstorbenen Prager Brauereibesitzers Wischin scheint nämlich hervorzugehen, daß man
                              „den Grad des Keimens niemals nach der Länge der ausgewachsenen
                                 Wurzelfasern, sondern vielmehr bloß nach der Länge des ausgewachsenen
                                 Blattkeimes beurtheilen und diesen bis nahe zum Ende des Gerstenkorns auswachsen
                                 lassen soll.“ Es steht fest, daß in so erzeugtem Malze eine größere
                              Auflockerung der Bestandtheile stattfindet, daß in Folge dessen die Vermaischung
                              desselben rascher vorwärts geht, daß sich die Würze und (nach der Gährung) das Bier
                              schneller klären und daß eine ausgezeichnete Hefe gewonnen wird. Zur Mitverwendung
                              ungemalzten Materials (roher Gerste, Mais, Kartoffelmehl) ist die Herstellung eines
                              solchen Malzes auch sicher unentbehrlich, – Hr. Wischin d. Sohn in Prag wendet deßhalb diese Grundsätze des Malzens auch
                              noch heutigen Tages in seiner Branntweinbrennerei an. In den Bierbrauereien dagegen
                              habe ich fast überall noch die alten Grundsätze vorherrschend gefunden, – und
                              nur in Klein-Schwechat fand ich, da die Temperatur beim Wachsen möglichst
                              niedrig gehalten wird, einen verhältnißmäßig mehr
                              entwickelten Blattkeim.
                           Hr. Professor Balling ist der Ansicht, daß die
                              Diastasbildung mit dem Hervorbrechen des Blattkeims quantitativ ihren Gipfelpunkt
                              erreiche. Versuche im Großen – aber von vorurtheilsfreien Praktikern und mit
                              dem Saccharometer in der Hand – angestellt, sind höchst wünschenswerth und
                              werden ja über diese Operation bald das nöthige Licht verbreiten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
