| Titel: | Ueber das Talgschmelzen ohne Geruch; von F. B. Grodhaus und F. Fink in Darmstadt. | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LIV., S. 217 | 
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                        LIV.
                        Ueber das Talgschmelzen ohne Geruch; von
                           F. B. Grodhaus und
                           F. Fink in
                           Darmstadt.
                        Aus dem Gewerbeblatt für das Großherz. Hessen, 1856, S.
                              337.
                        Grodhaus und Fink, über das Talgschmelzen ohne Geruch.
                        
                     
                        
                           Die Verfasser waren in jüngster Zeit veranlaßt, sich gutachtlich darüber zu äußern,
                              in welcher Weise die Belästigungen, welche manche Seifen- und Lichterfabriken
                              der angränzenden Nachbarschaft bereiten, beseitigt werden können? Die Klagen, welche
                              gegen einzelne Seifensiedereien und Lichterfabriken des Inlands erhoben wurden,
                              betrafen die Abführung von deren Fabricationsabfällen, vornehmlich aber die
                              Verbreitung eines widerlichen, ekelerregenden Geruchs beim Talgschmelzen. Es wurde
                              bei dieser Gelegenheit mehrfach hervorgehoben, daß, nach dem dermaligen Stand des
                              Seifensiedergewerbes und den neuesten Forschungen der Wissenschaft, die
                              Geruchsentwickelung beim Talgschmelzen, und somit die dadurch entstehende
                              Belästigung der Nachbarschaft, vermieden werden könne. Namentlich berief man sich
                              hierbei auch auf die Untersuchungen des Hrn. Prof. Stein
                              in Dresden, über das Talgschmelzen ohne Geruch.Polytechn. Journal, 1855, Bd. CXXXVI S. 225.
                              
                           Es war deßhalb zu untersuchen, ob der von Prof. Stein für
                              die geruchlose Talgschmelzung empfohlene Kohlendeckel sich überall praktisch
                              brauchbar zeige und ob sich nicht noch andere einfache Mittel finden lassen, um die
                              Geruchverbreitung beim Talgschmelzen in die Nachbarschaft der Seifensiedereien und
                              Lichterfabriken zu beseitigen? Es wurden daher von uns in dem Gewerbslocal des
                              Mitverfassers, F. B. Grodhaus hier, eine Reihe von
                              Versuchen bei dem Talgschmelzen angestellt, deren Resultate wir in Nachstehendem
                              zusammenstellen.
                           Einleitend haben wir zuvor Folgendes zu bemerken:
                           In hiesiger Stadt ist es Sitte, daß die Metzger den Rohtalg von acht zu acht Tagen in
                              ihren eigenen Localitäten ansammeln und denselben dann an jedem Samstag an ihre
                              Abnehmer, die Seifen- und Lichterfabrikanten, abliefern.
                           Man unterscheidet zwei Sorten von Rohtalg; die erste Sorte ist das Vorfett, welches
                              selbst bei längerer Aufbewahrung nicht leicht in Fäulniß übergeht und beim Schmelzen
                              keinen unangenehmen Geruch entwickelt; die zweite Sorte ist mit fleischigen,
                              sehnigen etc. Theilen vermischt. Diese Theile gehen, wenn der Rohtalg auf Haufen geworfen und
                              nicht an luftigem Orte auf Horden ausgebreitet und so, namentlich im Keller,
                              aufbewahrt wird, sehr bald, besonders aber in heißen Sommertagen, in Fäulniß über.
                              Die so faulenden Fleisch-, Sehnen- etc. Theile sind die Ursache, daß
                              sich beim Schmelzen der zweiten Talgsorte, namentlich wenn die Operation über freiem
                              Feuer (in gewöhnlichen Kesselfeuerungen) erfolgt, wo sie anbrennen, ein in hohem
                              Grade widerlicher Geruch entwickelt. Könnte man die Metzger zwingen, ihren Rohtalg
                              so, wie es seyn sollte, möglichst von allen fremdartigen Bestandtheilen zu befreien,
                              und an einem trockenen Orte bis zur Ablieferung aufzubewahren, so würde keine
                              Fäulniß eintreten, und es wäre der Gestanksentwickelung beim Schmelzen des Talgs von
                              vornherein auf die wirksamste Weise vorgebeugt. Man würde dann auch den üblen
                              Geruch, der in so vielen Metzgerwohnungen bemerkbar ist, gänzlich vermissen, und die
                              Metzger würden höhere Preise für den Rohtalg erzielen.
                           Das Schmelzen des Rohtalgs geschieht auf mehrfache Art. Bei dem trockenen Schmelzen wird der Rohtalg direct erhitzt, wodurch die
                              Zellgewebe, welche bei dem Zerkleinern des Talgs nicht durchschnitten sind, sich
                              aufblähen und zerplatzen und dem schmelzenden Talg freien Ausgang gestatten. Bei dem
                              nassen Schmelzen wird der Rohtalg mit verdünnter
                              Schwefelsäure, oder mit verdünnter Aetzlauge gekocht.
                           Das trockene Schmelzen ist in den kleineren Seifensiedereien und Lichterfabriken noch
                              am meisten gebräuchlich; namentlich deßhalb, weil man bei dieser Methode die Griefen
                              durch Pressen am besten vom Fette zu befreien glaubt und dieselben am besten als
                              Viehfutter zu verwerthen sind, und weil die Lichte von mit Schwefelsäure
                              geschmolzenem Fette gern ablaufen, wenn die mechanisch mit dem geschmolzenen Talg
                              verbundene Schwefelsäure nicht entfernt wird. Das nasse Schmelzen mit Aetzlauge dürfte in seltenen Fällen angewendet werden,
                              weil sich hierbei schon eine Art Verseifung bildet, welche die Läuterung und
                              Behandlung des geschmolzenen Talgs verwickelter macht. Dagegen gewährt das Schmelzen
                              mit verdünnter Schwefelsäure mittelst Dampf, d.h. bei einem Dampfüberdruck von circa 1 Atmosphäre (wozu natürlicherweise ein größerer
                              Dampfkessel erforderlich ist und die Duodezdampfeinrichtungen nicht verwendet werden
                              können, welche man häufig in Seifensiedereien antraf) den größten Vortheil. Durch
                              die Einwirkung der gespannten Dämpfe und der Säure wird, bei entsprechender
                              Einrichtung, die größte Schmelze in längstens 1 1/4 Stunden beendigt und, weil
                              durchaus kein Anbrennen stattfinden kann, aller Talg zur Lichterfabrication
                              verwendbar. Ferner liefert das Schmelzen mit Dampf, gegen das trockene Schmelzen,
                              eine Mehrausbeute
                              von 3 bis 5 Procent an Talg, weil hier weder ein Verlust durch Verflüchtigung, noch
                              durch Rückstand von Fett in den Griefen entstehen kann. Allerdings hat man in der
                              Regel auch zwischen dem klaren Talg und dem rückständigen Sauerwasser, unter welchem
                              sich die ausgekochten Griefen befinden, eine kleine Quantität einer Emulsion, die,
                              nach vorherigem Auswaschen auf heißer Unterlage, zum Sieden verwendet wird.
                           Das Schmelzen des Talgs geschieht entweder in Kesseln über freiem Feuer, oder, bei
                              der Dampfschmelzerei, in großen Gefäßen aus Sandstein, oder in hölzernen
                              Bottichen.
                           Es ist schon erwähnt worden, daß das trockene Schmelzen über freiem Feuer
                              vorzugsweise Veranlassung zu starken Gestanksentwickelungen gibt, weil namentlich
                              gegen das Ende des Schmelzprocesses die fleischigen und sehnigen Theile im Fett
                              – die Griefen – fortwährend anbrennen, was durch stetes Umrühren zu
                              verhüten gesucht wird. Hierbei kann jedoch nicht vermieden werden, daß an den heißen
                              Kesselwänden sich Talg zersetzt und verflüchtigt.
                           Nach Vorstehendem glaubten die Verfasser ihre Versuche sowohl auf die trockene
                              Talgschmelzart, über freiem Feuer, so wie auf die nassen Schmelzen mittelst Dampf,
                              bei einem Ueberdruck von 1 bis 1 1/2 Atmosphäre, ausdehnen zu müssen. Von der nassen
                              Schmelzmethode über freiem Feuer konnten wir um so eher absehen, als dabei zur
                              Ableitung von Geruch dasselbe Verfahren eingeschlagen werden kann, wie bei dem
                              Trockenschmelzen.
                           Da die Bemühungen des Hrn. Professor Stein in Dresden, die
                              Geruchsbildung von vornherein zu verhüten, keine günstigen Resultate ergeben haben,
                              und die daher vorgeschlagene Methode, die gebildeten Riechgase mittelst des
                              Kohlendeckels zu desinficiren, viel Aufmerksamkeit und Zeitaufwand erfordern,
                              überhaupt aber der Kohlendeckel aus technischen und ökonomischen Gründen schwerlich
                              allgemeine Anwendung finden dürfte, so glaubten die Verfasser ihre Versuche darauf
                              beschränken zu sollen, leichter ausführbare Einrichtungen aufzusuchen, mittelst
                              welcher die entwickelten stinkenden Dämpfe, ohne Belästigung für die angränzende
                              Nachbarschaft, abgeführt werden können.
                           Zu unseren Versuchen dienten zwei neben einander stehende Schmelzbottiche, in welchen
                              der Rohtalg mit verdünnter Schwefelsäure und mittelst Dampfkesselheizung geschmolzen
                              wurde, ferner zwei dicht daran gränzende Kessel über freiem Feuer, deren
                              gemeinschaftliche russische Schornsteinröhre sich circa
                              3 Fuß über das Dach des einstöckigen Schmelzlocals erhebt. Bei den nachstehenden
                              Versuchen, welche zum Zweck hatten, die Dämpfe durch den Schornstein abzuführen, wurde der erwähnte,
                              durch eine der bemerkten Kesselfeuerungen angewärmte, Schornstein um deßwillen
                              benutzt, weil ein solcher sich in jedem Seifensiedergeschäft vorfindet und weil,
                              wenn die Versuche mit solch niederem Schornstein günstige Resultate ergeben,
                              unzweifelhaft ein höherer Schornstein, da wo solcher zur Verfügung steht, noch
                              besseren Erfolg verspricht.
                           Der erste Versuch, welcher am 6. September v. J. angestellt wurde, sollte ermitteln,
                              ob man die bei einer Dampfkesselschmelze entwickelten Dämpfe durch das Feuer einer
                              gewöhnlichen Kesselfeuerung verbrennen kann. Es wurde daher einer der oben erwähnten
                              Schmelzbottiche mit gut schließendem Deckel versehen. Der Deckel erhielt ein 3 Zoll
                              weites Loch, über welchem ein Blechrohr aufgesetzt und unter
                                 den Rost einer der bemerkten Kessel mit freiem Feuer geführt wurde. Der
                              Inhalt des einen Schmelzbottichs bestand aus Rohtalg, erste und zweite Sorte
                              vermischt, und der zum Schmelzen erforderlichen Quantität verdünnter Schwefelsäure.
                              Das Feuer unter dem nahegelegenen Kessel brannte gut, als man den Dampf in dem
                              Schmelzbottich anließ. Als sich die Dämpfe in dem Schmelzbottich entwickelten, fand
                              man, daß dieselben durch das auf den Deckel gesetzte Blechrohr vollständig abzogen
                              und dem Feuer zuströmten; sie nahmen willig ihren Weg durch den Rost, den Feuerraum
                              und den Schornstein. Allein es zeigte sich sehr bald, daß sie das Feuer, welches vor
                              Beginn der Dampfentwickelung lebhaft brannte, schnell auslöschten.
                           Es ward hierauf die Dampfzuleitung in den Schmelzbottich unterbrochen, das Feuer von
                              Neuem in Gang gebracht, der Dampf wieder angelassen, und dieselbe Wahrnehmung
                              – daß das Feuer erlosch – zum zweiten und dritten Male gemacht. Der
                              Versuch, die Dämpfe unter den Rost einer Feuerung zu leiten und sie hier zu
                              zerstören, ergab hiernach kein günstiges Resultat.
                           Wir schritten hiernach zum zweiten Versuch, bei welchem wir das Blechrohr, welches
                              die Dämpfe aus dem Schmelzbottich abführen sollte, in dem
                                 Feuerraum selbst ausmünden ließen. Der Erfolg entsprach den Erwartungen
                              vollständig. Die Dämpfe zogen willig aus dem Schmelzbottich in die Flamme, löschten
                              das Feuer nicht und ließen an der Mündung des Schornsteins nicht den geringsten
                              Geruch wahrnehmen. Es kann hiernach diese Einrichtung für nasse Schmelzen mit
                              Dampfüberdruck, wo das Schmelzgefäß mit gut schließendem Deckel versehen werden kann
                              und ein Umrühren des Inhalts nicht erfordert wird, bestens empfohlen werden. Für
                              dauernde Einrichtungen dieser Art wird am zweckmäßigsten ein gußeisernes
                              Zuleitungsrohr in die Seitenwand der Feuerung so eingemauert, daß die Mündung
                              einige Zolle über den Rost, gerade in die Spitze der Flamme, gerichtet ist. An
                              dieses eiserne Rohrstück kann dann außerhalb des Mauerwerks ein Blechrohr aufgesetzt
                              werden.
                           Der dritte Versuch, welcher angestellt wurde, bestand darin, daß man das Rohr,
                              welches die Dämpfe aus dem Schmelzbottich abführen sollte, direct in den Schornstein
                              der Feuerung leitete. Auch hier war der Erfolg vollständig. Die Dämpfe zogen rein ab
                              und es konnte an der Schornsteinmündung kein auffallender Geruch bemerkt werden. Daß
                              diese Art der Abführung der Dämpfe bei hohem Schornstein rascher und sicherer
                              erfolgt, als bei niederem Schornstein, ist selbstverständlich. Wenn es sich auch
                              ereignen sollte, daß bei ungünstiger Witterung der Rauch des Schornsteins mit den
                              beigemengten Dünsten auf die Straßen herab gedrückt wird, so kann die hierbei
                              entstehende Belästigung durch Geruchsverbreitung nicht so bedeutend seyn, als wenn
                              die Dünste sich vom Schmelzlocal aus verbreiten.
                           Bei dem vierten Versuch war es Absicht, die Dämpfe aufzufangen und zu condensiren. Es
                              wurde daher der Schmelzbottich abermals mit gut schließendem
                                 Deckel versehen, das erwähnte dreizöllige Ableitungsrohr aufgesetzt und in
                              die Schlange eines Branntweinkühlapparates geleitet; auch dieser Versuch lieferte
                              ein günstiges Resultat. Die von der Dampfheizung in den Schmelzbottich geführten
                              Wasserdämpfe führten die aus der Fettmasse entwickelten riechenden Gase mit sich
                              fort durch den Kühlapparat, wo sie verdichtet wurden und als Flüssigkeit abflossen.
                              Die condensirte Flüssigkeit hatte einen widerlichen Fettgeruch, welcher sich
                              indessen nur dann bemerklich machte, wenn man die Nase ganz in deren Nähe
                              brachte.
                           Bei der Abführung der Dämpfe durch einen erwärmten Schornstein werden, durch den Zug
                              im Schornstein, die Dämpfe förmlich dorthin abgezogen. Bei der letztbeschriebenen
                              Einrichtung ist dieß jedoch nicht der Fall; die Dämpfe müssen jedoch gezwungen
                              werden den Kühlapparat zu durchstreichen. Es ist daher nothwendig, daß der Deckel
                              des Schmelzbottichs sehr gut schließt, widrigenfalls die Dämpfe aus den undichten
                              Stellen austreten. Wir hatten bei unserem Versuch, um ein Abheben des Deckels durch
                              die darunter angesammelten Dämpfe zu verhüten, denselben mit Gewichten stark
                              beschwert.
                           Ein fünfter Versuch galt dem Kohlendeckel des Hrn.
                              Professor Stein in Dresden. Bekanntlich hat Hr. Stein seine Versuche für Schmelzen mittelst Dampf
                              angestellt. Hierbei ist ein Umrühren der Talgmasse, um das Anbrennen der Griefen zu
                              verhüten, nicht erforderlich; es schien uns deßhalb nothwendig, den empfohlenen
                              Kohlendeckel auch bei Schmelzen über freiem Feuer, welche den meisten Gestank veranlassen und in den
                              Seifensiedereien noch am meisten gebräuchlich sind, zu versuchen. Wir ließen daher
                              einen 3 Zoll breiten doppelten Holzkranz über einen 38 Zoll im Durchmesser weiten
                              Kessel anfertigen, versahen denselben unten mit einem Drahtgeflecht, über welches
                              Packleinwand gespannt wurde, und brachten hierauf ein 3 bis 4 Zoll hohes Gemenge von
                              gelöschtem Kalk und frisch geglühten Holzkohlen in haselnußgroßen Stücken. An einer
                              Seite des Kranzes ward eine Oeffnung von 3 Zoll Durchmesser gelassen, in welcher der
                              Stiel des Rührscheits Platz fand. Die Erwärmung des Kesselinhalts geschah, wie
                              bereits bemerkt wurde, über freiem Feuer. Nachdem der Talg ins Kochen gebracht
                              worden war und sich übelriechende Dämpfe entwickelten, wurde der bemerkte
                              Kohlendeckel aufgesetzt. Es zeigte sich hierbei, daß die Dämpfe nicht durch die
                              Kohlen-Kalkschichte ihren Weg nahmen, so lange sie noch einen anderen Ausweg
                              fanden. Nachdem alle Oeffnungen, auch das erwähnte Rührloch, sorgfältig verstopft
                              waren und die Dämpfe so genöthigt wurden die Kohlen-Kalkschichte zu
                              durchstreichen, verschwand allerdings der eigenthümliche Geruch derselben, die
                              desinficirten Dämpfe verbreiteten sich aber frei im Schmelzlocal. Beim Oeffnen des
                              Rührlochs, um zu rühren, entwichen die riechenden Dämpfe lebhaft durch dasselbe.
                           Wenn auch der beschriebene Kohlendeckel seinen Zweck, die Dämpfe geruchlos zu machen,
                              erfüllt, so hat dessen Anwendung mancherlei Unbequemlichkeiten. Für jede Schmelze
                              ist eine neue Füllung des Deckels mit Kalk und Kohlen erforderlich; bei Schmelzen
                              über freiem Feuer muß der Kessel einen (Senkboden) doppelten Boden erhalten, damit
                              keine Griefen an den Kesselboden gelangen können, wo sie anbrennen würden, und das
                              geschmolzene Fett muß durch einen Hahn fortwährend freien Ablauf haben, an dessen
                              Ausfluß eine Seihe anzubringen wäre, um den Durchlaß von Talggriefen zu
                              verhindern.
                           Ein sechster Versuch, welcher hiernach angestellt wurde, bestand darin, daß man die
                              bei einer Schmelze über freiem Feuer – ähnlich wie dieß bei der Schmelze mit
                              Dampf geschah – entwickelten Dämpfe und Riechstoffe in den Feuerraum leitete.
                              Demgemäß wurde derselbe Kessel, welcher bei dem Versuch mit dem Kohlendeckel benutzt
                              worden war, mit gutschließendem Holzdeckel versehen, welcher ein Loch zum Durchgang
                              des Rührscheites und ein zweites Loch zum Aufsetzen eines dreizölligen Blechrohrs
                              erhielt. Das Blechrohr, welches die Dämpfe aus dem Kessel abführen sollte, leitete
                              man direct in den Feuerraum des Kessels und ließ es circa 4 Zoll über dem Rost ausmünden. Es zeigte
                              sich hierbei, daß die Dämpfe träge nach dem Feuer abzogen und, wenn man das Rührloch
                              nicht schloß, lieber
                              durch dasselbe und die Ritze zwischen dem Kesselrand und dem Deckelrand entwichen,
                              als ihren Weg durch das Rohr nahmen.
                           Diese Einrichtung kann daher nur dann empfohlen werden, wenn der Deckel vollkommen
                              schließt und ein Rührloch entweder gar nicht nothwendig ist, oder eine dampfdichte
                              Rührvorrichtung hergestellt werden kann.
                           Bei dem achten Versuch, welcher hierauf folgte, führten wir das Rohr von dem Deckel
                              wieder nach dem Schornstein der Kesselfeuerung. Der Versuch lieferte ein vollkommen
                              günstiges Resultat. Die Dämpfe zogen so willig ab, daß das Rührloch während des
                              ganzen Schmelzens offen bleiben konnte, ohne daß im mindesten Dämpfe und Riechgase
                              daraus entwichen.
                           Die Condensation der beim Schmelzen über freiem Feuer entwickelten Dämpfe mittelst
                              Kühlapparaten ist nicht zu empfehlen, weil diese Dämpfe nur gezwungen ihren Weg
                              durch den Kühlapparat nehmen und gerne durch das Rührloch entweichen.
                           Nach den vorstehend beschriebenen Versuchen können wir die
                                 Abführung der Dämpfe und Riechstoffe, welche sich sowohl beim nassen als
                                 trockenen Schmelzen, mit Dampf oder über freiem Feuer entwickeln, mittelst eines
                                 Rohrs nach dem Schornstein einer im Gang befindlichen Feuerung, als das
                                 sicherste und bequemste aller bis jetzt bekannten Mittel empfehlen.
                           Wo trocken geschmolzen wird, muß der Deckel von starkem
                              Eisenblech und mit einem Einschnitt für das Rührscheit versehen seyn. Wegen des
                              Ausschöpfens des geschmolzenen Talgs muß der Deckel ferner aus zwei, durch ein
                              Scharnier mit einander verbundenen Theilen bestehen.
                           Nur in seltenen Fällen, bei ganz ungünstiger Witterung, kann es sich ereignen, daß
                              die so aus der Schornsteinmündung ausströmenden Dünste auf die Straße
                              herniedergedrückt werden und hier sich durch Geruch bemerkbar machen. Die hierdurch
                              der Nachbarschaft von Seifensiedereien und Lichterfabriken erwachsenden
                              Unannehmlichkeiten werden aber sicher nicht so beschwerlich seyn, als der oft sehr
                              lästige Bäckerrauch; dieß um so weniger, als Schmelzungen gewöhnlich nur einmal in
                              der Woche, und meistens zur Nachtzeit vorgenommen werden.
                           Am praktischsten sind die Schmelzeinrichtungen da, wo Dampfkessel vorhanden sind und
                              das Schmelzen mit gespanntem Dampf erfolgt. In ein bis
                              höchstens zwei Stunden ist dann die größte Schmelze fertig. Bei F. B. Grodhaus z.B. besteht eine solche Einrichtung. Der Dampf
                              wird in zwei Bottiche geführt, die mit festschließenden Deckeln versehen und so durch ein Verbindungsrohr
                              an den Deckeln in Communication gesetzt sind, daß der Dampf von dem einen Bottich in
                              den andern übergehen kann. Auf dem Deckel des einen Bottichs ist ein vierzölliges
                              Blechrohr aufgesetzt, das mit einer Stellklappe versehen ist, und in den 60 Fuß
                              hohen Dampfkesselschornstein mündet. Die bedeutende Menge der aus zwei Bottichen
                              aufsteigenden Dämpfe zieht mit den Riechgasen eben so schnell als vollständig
                              ab.
                           In dem Schmelzlocal und dessen Umgebung ist nicht der mindeste Geruch wahrnehmbar und
                              dasselbe bleibt auch ganz frei von Wasserdämpfen, welche sonst – auch bei
                              Anwendung des Stein'schen Kohlendeckels – es
                              anfüllen.