| Titel: | Analyse verschiedener Braunkohlensorten des herrschaftlich Meyer'schen Braunkohlenreviers auf der Rhön im Königreich Bayern; von Dr. H. Vohl in Bonn. | 
| Autor: | Hermann Vohl | 
| Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LXXXIX., S. 363 | 
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                        LXXXIX.
                        Analyse verschiedener Braunkohlensorten des
                           herrschaftlich Meyer'schen
                           Braunkohlenreviers auf der Rhön im Königreich Bayern; von Dr. H. Vohl in Bonn.
                        Vohl's Analyse verschiedener Braunkohlensorten des herrschaftlich
                           Meyer'schen Braunkohlenreviers auf der Rhön.
                        
                     
                        
                           Die von mir zur Untersuchung gewählten Braunkohlensorten stammten aus dem
                              herrschaftlich Meyer'schen Braunkohlenrevier und waren die Fundorte der vier verschiedenen Arien
                              bezeichnet mit:
                           Revier Bischofsheim, Weisbach, Eisgraben-Meta und
                                 Eisgraben-Hermann.
                           Die Kohlen waren größtentheils ein Gemenge von erdigem Mulm, mit nicht unbedeutenden
                              Massen fossilen Holzes (Ligniten).
                           Erfahrungsmäßig unterscheidet sich der Braunkohlenmulm in seinem Bitumengehalt
                              bedeutend von der Holzfaserkohle, weßhalb ich eine Handscheidung der einzelnen
                              Sorten vor Beginn der Untersuchung vornehmen ließ. Bei der Untersuchung richtete ich
                              mein Hauptaugenmerk auf die Verwendung dieser Kohlen zur Erzeugung ätherischer
                              Beleuchtungsmaterialien; selbstredend wurden die Nebenproducte nicht außer Acht
                              gelassen.
                           Die Kohlen wurden nach der Handscheidung in eisernen Retorten, wie ich solche im
                              polytechn. Journal Bd. CXL S. 64 für die
                              trockene Destillation des Torfes angegeben habe, der Destillation unterworfen, bei
                              welcher ich außer Theer und Ammoniakwasser, eine große Menge brennbarer Gase als
                              Destillat und schöne, werthvolle holzähnliche Kohks als Rückstand erhielt. Im
                              Verlauf der Abhandlung werde ich besonders auf diesen Destillationsrückstand
                              zurückkommen. Die erhaltenen flüssigen Destillationsproducte wurden vermittelst
                              eines Scheidetrichters in Ammoniakwasser und Theer geschieden und jede dieser
                              Flüssigkeiten der speciellen Untersuchung unterworfen.
                           100 Gewichtstheile der unten angegebenen Braunkohlensorten ergaben, der trockenen
                              Destillation unterworfen, nachfolgende Resultate:
                           
                           
                              
                                                                                  
                                    Revier Bischofsheim.
                                 
                              
                                     
                                    Kohlensorte.
                                   Theer.
                                 Ammoniakwasser.   
                                 Kohlenrückstand.   
                                    Gas.
                                 
                              
                                 Braunkohlenmulm
                                 1,8800   
                                       
                                    46,6660
                                       41,2500
                                 10,2040
                                 
                              
                                 Holzige
                                    Braunkohle    
                                 2,8120
                                       
                                    50,0000
                                       36,2500
                                 10,9380
                                 
                              
                                                                                           Weisbach.
                                 
                              
                                 Braunkohlenmulm
                                 3,7500
                                       
                                    45,6666
                                       49,5830
                                   1,0004
                                 
                              
                                 Holzige Braunkohle
                                 4,3750
                                       
                                    52,5000
                                       37,5000
                                   5,6250
                                 
                              
                                             
                                    Die Braunkohlen der beiden nachfolgenden Fundorte waren ziemlich
                                    homogen,und durch Handscheidung nicht zu trennen, weßhalb sie ohne
                                    Weiteres der Destillationunterworfen wurden:
                                 
                              
                                                                                           Eisgraben.
                                 
                              
                                 Meta
                                 3,2500
                                       
                                    63,0000
                                       28,5000
                                   5,2500
                                 
                              
                                 Hermann
                                 2,5
                                       
                                    60,0000
                                       30,4700
                                   7,0300
                                 
                              
                           Der durch die trockene Destillation der verschiedenen Braunkohlenarten gewonnene
                              Theer war von dunkler brauner Farbe und besaß einen höchst penetranten
                              empyreumatischen Geruch. Das Erstarren des Theers, welches durch seinen
                              Paraffingehalt hervorgerufen wurde, fand bei einem Erkalten unter + 5° C.
                              statt. Er reagirte durch seinen Ammoniak- resp.
                              Schwefelammonium-Gehalt ziemlich stark alkalisch; auch war wohl die
                              Alkalinität theilweise durch das Vorhandenseyn organischer Basen bedingt.
                           Das spec. Gewicht der verschiedenen resultirten Theersorten schwankte zwischen 980
                              und 995 (Wasser gleich 1000).
                           Im Allgemeinen hatte der Theer der holzigen Kohle ein höheres spec. Gewicht als
                              derjenige, welcher von dem Braunkohlenmulm erhalten wurde.
                           Im Großen ist es fast unmöglich, eine so strenge Scheidung der Braunkohle durch
                              Handscheidung, wie ich es that, vornehmen zu lassen, und würde also auch der Theer
                              den man aus der Braunkohle erzielte, ein Gemisch des leichteren und schwereren
                              Destillates seyn, weßhalb ich sämmtliche gewonnene Destillationsproducte unter
                              einander warf, und in diesem Gemisch den Gehalt an den verschiedenen flüssigen und
                              festen Kohlenwasserstoffen bestimmte.
                           Der Theer wurde, nachdem er entwässert worden war, der fractionirten Destillation,
                              und die Producte nachfolgenden Operationen behufs der Reinigung unterworfen.
                           Die Destillation des Theers begann schon unter 100 Centesimalgraden, und bestand das
                              erste Destillat aus einer sehr starken ammoniakalischen wässerigen Flüssigkeit. Auch
                              sind in der ersten Portion die Pyrrholbasen größtentheils
                              enthalten. Bei ungefähr 120 Grad liefert die Destillation die leichten ätherischen
                              Oele und erst bei 240 Grad gehen Oele von größerem spec. Gewicht als 850 über. Bei
                              300 Grad beginnt die Destillation des paraffinhaltigen Oeles, welches schon die
                              Eigenschaft besitzt, beim Erkalten zu erstarren. Als Rückstand bleibt in der Blase
                              entweder eine asphaltartige Masse, oder, wenn man die Destillation bis zur Trockne
                              fortsetzt, ein kohliger Rückstand. Die letzte Periode der Destillation ist mit einer
                              starten Gasentwickelung und gleichzeitiger Wasserbildung verbunden.
                           Wenn der Theer bis zur Trockne destillirt wird, so bleiben als Rückstand circa 10 Proc. Kohlenmasse, wo hingegen, wenn man den
                              Asphalt gewinnen will, 16,9 Proc. als Rückstand bleiben. Das erhaltene Oel, bis zu
                              300 Grad, wird nun mit einer starken alkalischen Lauge (Kali- oder
                              Natronlauge) gut gemischt. Während des Vermischens mit der Lauge findet durch
                              Bindung der Karbolsäure und des Kreosots eine starke Erwärmung statt. Das Gemisch,
                              der Ruhe überlassen, scheidet sich in drei Schichten, wovon die obere aus dem
                              beinahe farblosen Oel, die mittlere aus der Verbindungen der Karbolsäure und des
                              Kreosots mit der Lauge, welche eine dunkelbraune Farbe und Syrupconsistenz besitzt,
                              und die untere aus reiner Lauge besteht, indem die Verbindungen der Alkalien mit der
                              Karbolsäure und dem Kreosot in einer starken Lauge nicht löslich sind.
                           Das Oel wurde vermittelst eines Scheidetrichters von der Lauge getrennt und mit
                              warmem Wasser zur Entfernung der ihm allenfalls noch anhaftenden Laugentheilchen
                              gewaschen. Dieses Vorherbehandeln mit starken alkalischen
                              Laugen entfernt sowohl den ganzen Kreosotgehalt als die Karbolsäure, und macht daß
                              die zur Reinigung zu verwendende Schwefelsäure kräftiger einwirken kann und man mit
                              einer geringeren Menge ausreicht; außerdem würde man das doppelte, ja das dreifache
                              Quantum verwenden müssen. Nachdem das Oel mit Wasser gewaschen war, wurde es von
                              demselben getrennt, mit 10 Proc. concentrirter Schwefelsäure von 66° B. innig
                              gemischt und, nachdem die Säure durch Decantation entfernt worden war, zuerst mit
                              Wasser und dann mit Lauge behandelt.
                           
                           Ich brachte nun das behandelte Oel in den schon früher in diesem Journal erwähnten
                              Abblaseständer, in welchem es, mit Wasserdämpfen behandelt, ein überaus schönes
                              Photogen lieferte. Auch die über 300 Grad erhaltenen Oele und das Paraffin erlitten
                              dieselbe Behandlung. Von 100 Gewichtstheilen Theer erhielt ich 10,625 reines
                              wasserhelles Photogen, welches ein spec. Gewicht von 830 nicht überstieg. Der
                              Rückstand im Abblaseständer bei den bis 300° C. erhaltenen Oelen bestand aus
                              einem beinahe geruchlosen hellgelben Oel von 870 spec. Gewicht, welches ich mit dem
                              Namen Gas- oder Schmieröl belegt habe. Auch bei der Behandlung und Reinigung
                              des schweren und paraffinhaltigen Oeles erhielt ich noch eine bedeutende Menge
                              Gasöl, in Summe resultirten 19,375 Proc.
                           Das Paraffin wurde aus dem paraffinhaltigen Oele nach der von mir schon früher in
                              diesem Journal (Bd. CXL S. 71) angegebenen Methode ausgeschieden und gereinigt.
                           100 Gewichtstheile dieses gemischten Theers ergaben an:
                           
                              
                                 Photogen oder
                                    Mineralöl    
                                 10,6250
                                 
                              
                                 Gas- oder Schmieröl
                                 19,3750
                                 
                              
                                 Paraffin
                                   1,2500
                                 
                              
                                 Asphalt
                                 16,9000
                                 
                              
                           Das durch die Behandlung des Oeles mit Alkalien ausgezogene Kreosot, resp. die
                              Karbolsäure, wurde durch Sättigen der Lauge vermittelst der gebrauchten
                              Schwefelsäure abgeschieden und durch eine Rectification ziemlich rein erhalten. Aus
                              100 Gewichtstheilen Theer erhielt ich nahezu 52 Proc. Aus der procentischen
                              Zusammensetzung des Theers und der Ausbeute des letztern aus dem Rohmaterial
                              berechnet sich für jede Braunkohlensorte folgende Ausbeute an nutzbaren
                              Producten:
                           
                              
                                       
                                    Kohlensorte.
                                 Photogen.  
                                 Gasöl.  
                                  Paraffin.  
                                 Asphalt.  
                                  Kohle.  
                                 Ammoniakwasser.  
                                    Gas.
                                   Kreosotund Verlust.
                                 
                              
                                 Bischofsheim (erdige)
                                   0,1997
                                 0,3642
                                   0,0235
                                 0,3177
                                 41,2500
                                       
                                    46,6666
                                 10,2040  
                                    0,9743
                                 
                              
                                         dito      
                                    (holzige)
                                   0,2987
                                 0,5448
                                   0,0351
                                 0,4752
                                 36,2500
                                       
                                    50,0000
                                 10,9380
                                    1,4582
                                 
                              
                                   Weisbach    (erdige)
                                   0,3984
                                 0,7265
                                   0,0468
                                 0,6337
                                 49,5830
                                       
                                    45,6666
                                   1,0004
                                    1,9450
                                 
                              
                                         dito      
                                    (holzige)
                                   0,4648
                                 0,8476
                                   0,0546
                                 0,7393
                                 37,5000
                                       
                                    52,5000
                                   5,6250
                                    2,2687
                                 
                              
                                   Eisgraben (Meta)
                                   0,3453
                                 0,6296
                                   0,0406
                                 0,5492
                                 28,5000
                                       
                                    63,0000
                                   5,2500
                                    1,6853
                                 
                              
                                         dito    (Hermann)
                                   0,2656
                                 0,4843
                                   0,0312
                                 0,4225
                                 30,4700
                                       
                                    60,0000
                                   7,0300
                                    1,2964
                                 
                              
                           
                           Es war vorauszusehen, daß wenn die Kohle durch Trocknen von ihrem Wassergehalt
                              befreit ist, sie eine größere Menge von diesen nutzbaren Producten ergeben
                              würde.
                           Ein absolutes Trocknen der Kohle ist ohne ein Austreiben des Bitumens nicht möglich,
                              indem die Temperatur welche dieses Trocknen erfordert, so hoch ist, daß eine
                              Destillation der bituminösen Bestandtheile hervorgerufen wird.
                           Setzt man die Kohle dem Luftzug oder einer Temperatur von 30 bis 40° C. aus,
                              so sinkt ihr Wassergehalt bis auf 25 Proc. herab, und die Kohle liefert nun eine
                              größere Menge Theer etc.
                           Nachfolgende Tabelle gibt uns die Ausbeute an trockenen Destillationsproducten der
                              Kohle an, welche bis auf ein Minimum des Wassergehalts, gleich 25 Proc., getrocknet
                              worden war:
                           
                              
                                       
                                    Kohlensorte.
                                  Theer.
                                 Ammoniakmasser.  
                                 Kohlenrückstand.  
                                      Gasund
                                    Verlust.
                                 
                              
                                 Bischofsheim
                                    (erdige)   
                                 2,6437   
                                       25,0000
                                       58,0077
                                   14,3486
                                 
                              
                                         dito      
                                    (holzige)
                                 4,2180
                                       25,0000
                                       54,3750
                                   16,4070
                                 
                              
                                   Weisbach    (erdige)
                                 5,1764
                                       25,0000
                                       68,4427
                                     1,3809
                                 
                              
                                         dito      
                                    (holzige)
                                 6,9080
                                       25,0000
                                       59,2105
                                     8,8815
                                 
                              
                                   Eisgraben (Meta)
                                 6,5878
                                       25,0000
                                       57,7702
                                   10,6420
                                 
                              
                                         dito    (Hermann)
                                 4,6875
                                       25,0000
                                       57,1312
                                   13,1813
                                 
                              
                           
                           
                           
                              
                                       
                                    Kohlensorte.
                                 Photogen.  
                                 Gasöl.  
                                  Paraffin.  
                                 Asphalt.  
                                  Kohle.  
                                 Wasser.  
                                    Gas.
                                   Kreosotund Verlust.
                                 
                              
                                 Bischofsheim
                                    (erdige)   
                                   0,2808
                                 0,5122
                                   0,0330
                                 0,4467
                                 58,0077
                                 25,0000
                                 14,3486
                                    1,3710
                                 
                              
                                         dito      
                                    (holzige)
                                   0,4481
                                 0,8172
                                   0,0527
                                 0,7182
                                 54,3750
                                 25,0000
                                 16,4070
                                    2,1872
                                 
                              
                                   Weisbach    (erdige)
                                   0,5499
                                 0,0029
                                   0,0647
                                 0,8748
                                 68,4427
                                 25,0000
                                   1,3809
                                    2,6841
                                 
                              
                                         dito      
                                    (holzige)
                                   0,7339
                                 0,3384
                                   0,0863
                                 1,1674
                                 59,2105
                                 25,0000
                                   8,8815
                                    3,5820
                                 
                              
                                   Eisgraben (Meta)
                                   0,6996
                                 0,2763
                                   0,0234
                                 1,1133
                                 57,7702
                                 25,0000
                                 10,6450
                                    2,6749
                                 
                              
                                         dito    (Hermann)
                                   0,4980
                                 0,9082
                                   0,0585
                                 0,7921
                                 57,1312
                                 25,0000
                                 13,1813
                                    2,4307
                                 
                              
                           
                           Aus diesen beiden Tabellen, welche die Ergebnisse der Untersuchung der getrockneten
                              Kohle enthalten, ersieht man, daß man durch das Trocknen die Theerausbeute bedeutend
                              erhöht hat.
                           
                        
                           Beschreibung und Nutzanwendung der erzeugten
                                 Producte.
                           
                              I. Photogen.
                              Das aus dieser Braunkohle gewonnene Photogen unterscheidet sich von den
                                 ätherischen Oelen, die man aus anderen bituminösen Fossilien erzeugt, durch
                                 seine geringere Flüchtigkeit und seinen minder starken Geruch. Man kann wohl
                                 sagen, daß der Geruch dieses Oeles von Niemand als ein unangenehmer bezeichnet
                                 werden wird.
                              Das spec. Gewicht des Photogens aus dieser Braunkohle ist dem des Mineralöls aus
                                 Blätterschiefer gleich und übersteigt nicht 830 (Wasser gleich 1000). Seine
                                 Leuchtkraft kommt derjenigen der anderen photogenähnlichen
                                 Beleuchtungsmaterialien, z.B. derjenigen des Turfols, des Hydrocarbürs, des
                                 Pinolins, des Mineral- und Asphaltöls ziemlich gleich. Auf einer jeden
                                 guten Camphin- oder Mineralöl-Lampe brennt dieses Oel mit einem
                                 hellen weißen Lichteffecte, ohne dabei irgend einen Geruch zu verbreiten und den
                                 Docht stark zu verkohlen. Aus letzterem Grunde ist ein Abschneiden des Dochtes
                                 nicht jeden Tag erforderlich. Da dieses Oel rein ätherischer Natur ist, so
                                 verschwinden die durch dasselbe auf Papier etc. hervorgerufenen Flecken sehr
                                 bald wieder, ja es ist sogar im Stande, die durch andere fette Substanzen in
                                 Kleidungsstücken, Seidenstoffen etc. hervorgerufenen Flecken durch seine
                                 auflösende Kraft zu vertilgen. Als ein kräftiges Lösungsmittel für Harze wird es
                                 sich zur Firnißbereitung eignen und ebensowohl als Lösungsmittel des Kautschuks
                                 seine Verwendung finden; letzteres Gummi löst sich leicht in diesem ätherischen
                                 Oele und diese Lösung hinterläßt beim Verdunsten dasselbe ohne einen fremden
                                 Beigeruch und ohne Klebrigkeit. Einem Verharzen, wie das Camphinöl, ist dasselbe
                                 nicht unterworfen.
                              
                           
                              II. Gas- oder
                                    Schmieröl.
                              Dieses Oel, welches man nach der von mir angegebenen Methode erhält, hat einen
                                 unbedeutenden Geruch, ein spec. Gewicht gleich 870 und brennt auf einer gut
                                 construirten Mineralöllampe mit einem starken blendend weißen Lichte. Der Docht
                                 wird jedoch nicht wie bei dem vorigen wenig verkohlt, sondern muß nach einem
                                 sechsstündigen Brennen abgeschnitten und gesäubert werden. Mit den geeigneten
                                 Materialien, z.B. wasserfreier Harzseife, Talg etc. versetzt, liefert dieses Oel
                                 eine vorzügliche Schmiere, die weder in der Winterkälte erstarrt, noch durch
                                 Sauerstoffabsorption steif wird.
                              In den Harz- und Oelgasfabriken kann dieses Oel mit Vortheil angewandt
                                 werden, indem es ein Gas liefert, dessen Leuchtkraft dem besten Harz- und
                                 Oelgas gleichkommt; auch kann es mit Vortheil das zum Versetzen des Rüböls
                                 angewandte Codöl ersetzen.
                              Durch eine einfache Reinigung vermittelst Säuren und Alkalien kann man dieses
                                 Gasöl ganz geruchlos und von weingelber Farbe herstellen, wobei man jedoch 25
                                 Proc. Verlust erleidet. Das gereinigte Oel kann zur Speisung von Camphinlampen
                                 verwendet werden.
                              
                           
                              III. Asphalt.
                              Wenn man den Theer nicht bis zur Trockne abdestillirt, sondern auf Asphalt
                                 arbeitet, so erhält man eine schwarze glänzende, pechähnliche Masse, welche eine
                                 größere Sprödigkeit als der natürliche Asphalt besitzt, und zur Bereitung von
                                 Eisenlack sich sehr gut eignet. Es möchte jedoch in der Technik die Darstellung
                                 des Asphalts nicht rathsam, und das gänzliche Abtrocknen des Theers vorzuziehen
                                 seyn.
                              
                           
                              IV. Paraffin.
                              Das Paraffin welches ich aus dieser Braunkohle gewann, war von großer Schönheit
                                 und alabasterähnlich. Es gibt ein vortreffliches Beleuchtungsmaterial ab, und
                                 kann zur Darstellung von Kerzen verwandt werden. Ein Zusatz von 10 Proc. Stearin
                                 erhöht den Schmelzpunkt desselben, und beeinträchtigt die Güte in keiner Weise.
                                 Die Ausbeute an Paraffin übersteigt bei der Weißbacher Kohle diejenige des
                                 rheinischen Blätterschiefers um das Doppelte.
                              
                           
                              V. Ammoniakwasser.
                              Die bei der Destillation erhaltene wässerige Flüssigkeit enthält neben den
                                 organischen Basen noch kohlensaures Ammoniak und Schwefelammonium. Bei dem
                                 geringen Gehalte des Wassers an Ammoniak ist es nicht vortheilhaft, dasselbe mit
                                 einer Säure zu neutralisiren und dann durch Abdampfen das Salz zu gewinnen, da
                                 die Ausbeute die Kosten der Abdampfung nicht lohnen kann. Um das Ammoniak aus
                                 diesen verdünnten Flüssigkeiten zu gewinnen, mische ich dieselben in hölzernen
                                 Gefäßen (aufrechtstehenden Stückfässern) mit einigen Procenten Kalkbrei und
                                 leite durch dieses Gemisch einen kräftigen Dampfstrahl. Die abströmenden Dämpfe
                                 enthalten alles Ammoniak in concentrirtem Zustande und werden nun in den geeigneten Gefäßen von
                                 Säuren absorbirt. Eine Quantität von fünf Ohm wird auf diese Weise, wenn der
                                 Dampfkessel einen Druck von 2 1/2 Atmosphären hat, binnen einer halben Stunde
                                 ihres sämmtlichen Ammoniakgehalts beraubt. Die Kosten welche durch diese
                                 Operation veranlaßt werden, sind bei einem großen Betrieb, wo ohnehin ein
                                 Dampfkessel nothwendig ist, verschwindend klein. Auch kann das ammoniakalische
                                 Wasser mit dem Kohlenklein der mulmigen abdestillirten Braunkohle gemischt, als
                                 Dünger benutzt werden, indem die fein zertheilte Kohle das Ammoniak mit großer
                                 Begierde absorbirt. Versuche die ich angestellt habe, lieferten mir den Beweis,
                                 daß die frischen Kohlenrückstände der Destillation so rasch das Ammoniak einer
                                 wässerigen Flüssigkeit entziehen, daß ammoniakalisches Wasser durch dieselben
                                 filtrirt, absolut ammoniakfrei durchläuft.
                              
                           
                              VI. Die Kohlenrückstände der
                                    trockenen Destillation.
                              Bis jetzt ist mir noch keine Braunkohlensorte vorgekommen, deren
                                 Destillations-Rückstände ein so werthvolles Brennmaterial zu
                                 hüttenmännischen Zwecken abgegeben hätten, wie diejenigen der Rhön. Die
                                 einzelnen Sorten der verschiedenen Reviere sind in ihrem Aschengehalt und
                                 Verhalten von einander abweichend, weßhalb ich auf eine jede einzelne speciell
                                 eingehen muß.
                              
                                 A. Kohlenrückstand der
                                       Bischofsheimer erdigen Braunkohle.
                                 Der Destillations-Rückstand genannter Braunkohle hat ein blätteriges
                                    Gefüge, ist sehr leicht und hier und da kommen auch derbe holzkohlenähnliche
                                    Stücke darunter vor. In einem Windofen brennt diese leicht entzündliche
                                    Kohle mit einer großen Kohlenoxydgasflamme, gibt dabei eine intensive Hitze
                                    und hinterläßt 33,99 Proc. Asche. Die Gase welche bei der Verbrennung
                                    gebildet werden, bestehen aus Kohlensäure und Wasser; als Beimischung kommen
                                    nur geringe Mengen schwefliger Säure und Stickgas vor. Bei Anwendung eines
                                    Gebläses widerstanden sie schlecht dem Luftstrome und es wurden, durch den
                                    hohen Aschengehalt bedingt, große Mengen Schlacken gebildet.
                                 Die Asche dieser Kohle ist sehr kalkreich, doch ist der Phosphorsäuregehalt
                                    nicht sehr erheblich, ebenso kommen nur Spuren von Alkalien, dagegen
                                    ziemlich bedeutende Mengen Kieselsäure in derselben vor. Letzterer
                                    Bestandtheil macht diese Asche geschickt als Putz- und Polirmittel
                                    für Metalle benutzt werden zu können.
                                 
                              
                                 
                                 B. Bischofsheimer holzige
                                       Braunkohle.
                                 Die von dieser Braunkohle gewonnenen Kohks stehen der besten Holzkohle gleich
                                    und können zu allen metallurgischen Zwecken ohne Anstand verwendet werden.
                                    Die fast gänzliche Abwesenheit der Phosphorsäure in den Aschenbestandtheilen
                                    dieser Kohle läßt bestimmt annehmen, daß das damit erblasene Eisen ein
                                    vorzügliches Stabeisen liefern wird, welches dem Rothbruch nicht unterworfen
                                    ist. (Bekanntlich wird der Rothbruch des Eisens durch einen Phosphorgehalt
                                    desselben, welcher von den Aschenbestandtheilen des Brennmaterials herrühren
                                    kann, bedingt.) Dieser Kohlenrückstand enthält 6,3 Proc. Asche und demnach
                                    93,7 Proc. brennbare Bestandtheile, nämlich Kohlen- und Wasserstoff.
                                    Was die Bestandtheile der Asche anbetrifft, so sind sie qualitativ bei allen
                                    Braunkohlensorten gleich.
                                 
                              
                                 C. Weisbach, erdige
                                       Kohle.
                                 Der erzielte Kohlenrückstand dieser Sorte kommt in seinen Eigenschaften dem
                                    der Bischofsheimer erdigen Kohle gleich, und besitzt einen höheren
                                    Brennwerth, indem er 70,507 Proc. Kohlenstoff und 29,493 Proc. Asche
                                    enthält.
                                 
                              
                                 D. Weisbach, holzige
                                       Kohle.
                                 Die mit dieser Braunkohle erhaltenen Kohks stehen denen der Bischofsheimer
                                    Kohle wenig nach, indem sie 92,67 Proc. Kohlenstoff, resp. brennbare
                                    Substanzen und 7,32 Proc. Aschenbestandtheile enthalten; in qualitativer
                                    Hinsicht sind sie dem Bischofsheimer holzigen Kohlenrückstande ganz
                                    gleich.
                                 
                              
                                 E. Eisgraben-Meta
                                       und F. Eisgraben-Hermann.
                                 Der Kohlenrückstand dieser beiden Kohlensorten ist in seinem Verhalten und
                                    Brennwerthe so ziemlich gleich, indem die erste Sorte 76,108 Proc.
                                    Kohlenstoff und 23,892 Proc. Asche, die zweite 77,02 Kohle und 22,97 Proc.
                                    Aschenbestandtheile enthält. Es geht daraus hervor, daß auch diese beiden
                                    Kohlenrückstände zu metallurgischen Zwecken benutzt werden können.
                                 
                                 Kohlen- und Aschengehalt der
                                       Kohlenrückstände.
                                 
                                    
                                         Rohmaterial und dessen
                                          Fundort.
                                       Aschengehalt.   
                                       Kohlengehalt.
                                       
                                    
                                       Bischofsheimer erdige
                                          Braunkohle   
                                           33,980
                                           66,010
                                       
                                    
                                               dito          
                                          holzige     dito
                                          
                                             6,300
                                           93,700
                                       
                                    
                                       Weisbacher      erdige      dito
                                          
                                           29,493
                                           70,507
                                       
                                    
                                               dito          
                                          holzige    dito
                                          
                                             7,320
                                           92,670
                                       
                                    
                                       Eisgraben-Meta              
                                          dito
                                          
                                           23,892
                                           76,108
                                       
                                    
                                       Eisgraben-Hermann        
                                          dito
                                          
                                           22,970
                                           77,020
                                       
                                    
                                 
                              
                           
                              VII. Gas.
                              Eingangs bemerkte ich, daß bei der Destillation dieser Braunkohle nicht
                                 unerhebliche Massen an brennbaren Gasen entbunden werden. Dieselben bestehen aus
                                 Kohlensäure, Sumpfgas, ölbildendem Gas (Leuchtgas), Schwefelwasserstoff,
                                 Cyanwasserstoff, Ammoniakgas und großen Mengen der sehr flüchtigen Pyrrholbasen.
                                 Zu Ende der Destillation entweicht nur noch Kohlenoxydgas, mit geringen Mengen
                                 Oeldämpfen beladen. Das Gasgemisch, welches im Anfang der Entwickelung mit
                                 schwachleuchtender Flamme brennt, wird beim Fortschritt der Destillation
                                 lichtreicher und bei Beendigung der Operation sieht man nur noch die hellblaue
                                 Flamme des Kohlenoxydgases. Diese Gase werden bei einem technischen Betriebe
                                 hinreichend seyn, den Dampfkessel sowie die Reinigungsapparate zu heizen, und
                                 man wird aus ökonomischen Rücksichten dieselben nicht unbenutzt entströmen
                                 lassen.Die Schädlichkeit des entweichenden Gasgemisches bei der trockenen
                                       Destillation bituminöser Fossilien macht es in
                                       sanitäts-polizeilicher Hinsicht nothwendig, dieselben für die
                                       Umgebung unschädlich zu machen. Man bezweckt dieß am besten durch die
                                       Anwendung derselben als Brennmaterial. Auf der Beueler Augustenhütte der
                                       HHrn. A. Wiesmann und Comp. habe ich die Gase
                                       als Brennmaterial, wie oben angegeben, benutzt; leider wurde diese
                                       Einrichtung nach einiger Zeit nicht mehr gebraucht, weil durch
                                       Vernachlässigung der Sicherheitsvorrichtungen Explosionen statt fanden,
                                       und außerdem aus anderen Rücksichten, dem Kohlenlieferanten gegenüber,
                                       diese Ersparung an Brennmaterial aufgehoben wurde. Abgesehen davon, daß
                                       durch das Entströmen dieser höchst verpestenden und ekelhaft riechenden
                                       Gase die ganze Umgegend von Bonn und Beuel belästigt wird (es entströmen
                                       in 24 Stunden ungefähr 400,000 Kubikfuß Gas), so wirken sie auch durch
                                       ihren Arsengehalt höchst nachtheilig auf das animalische und
                                       vegetabilische Leben.
                                 
                              
                           
                              
                              VIII. Kreosot.
                              Das aus diesen Kohlensorten erhaltene Kreosot ist von hellbrauner Farbe und
                                 besitzt einen durchdringenden Kreosotgeruch. Diese Substanz hat eine dickliche
                                 Oelconsistenz und besteht aus 80 bis 85 Proc. Kreosot und 15 bis 20 Proc.
                                 Karbolsäure. Die antiseptischen Eigenschaften dieser beiden Körper geben dem
                                 Fabricat einen unschätzbaren Werth, indem damit getränktes Holz der Verwesung
                                 und dem Wurmfraße widersteht. Der so gefährliche Schiffwerftenkäfer und
                                 besonders die Art Lymexylon navale (Weibchen) und
                                 Lymexylon flavipes (Männchen) werden
                                 augenblicklich sowohl als Eier wie als Larven von dieser Flüssigkeit getödtet,
                                 und in dieser Beziehung ist das Kreosot zum Tränken des Schiffbauholzes
                                 anzuempfehlen. Versuche die mit Eisenbahnschwellen vorgenommen wurden, fielen
                                 günstig aus, und eben so nützlich zeigte sich die Flüssigkeit zum Tränken des
                                 Segel- und Tauwerks. Man hat gefunden, daß die Ratten kein Holz zernagen
                                 welches mit dieser Substanz getränkt ist.
                              Bei der Fabrication dieser Substanz aus den Abfällen der Reinigung der Oele und
                                 besonders beim Sättigen der alkalinischen kreosot- und
                                 karbolsäurehaltigen Lauge werden die Arbeiter sehr von den sich entwickelnden
                                 Gasen, die stark mit Kreosot geschwängert sind, belästigt. Diese Leute bekommen
                                 in kurzer Zeit pustelähnliche Geschwüre mit speckigem Grund an den Genitalien,
                                 die von Syphilis fast nicht zu unterscheiden sind. Diese Geschwüre vergehen,
                                 sobald die Arbeiter sich mit kaltem Wasser fleißig waschen, und 8 bis 14 Tage
                                 anders beschäftigt werden.
                              Bonn, im Januar 1857.