| Titel: | Beitrag zur Kenntniß des Kaffees und verschiedener Surrogate desselben. | 
| Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XXXVII., S. 147 | 
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                        XXXVII.
                        Beitrag zur Kenntniß des Kaffees und
                           verschiedener Surrogate desselben.
                        Aus dem Quarterl. Journal of the Chem. Society, t. IX. p.
                              				    33, durch das Journal für praktische Chemie Bd. LXIX S. 186.
                        Beitrag zur Kenntniß des Kaffees und verschiedener Surrogate
                           desselben.
                        
                     
                        
                           Die Commission, welche in England zur Erforschung der gewöhnlichen vegetabilischen
                              Verfälschungsmittel des käuflichen gemahlenen Kaffees erwählt war, und aus T. Graham, J. Stenhouse und D.
                              Campbell bestand, hat einen Bericht erstattet, aus
                              welchem zwar keine eben befriedigende Lösung ihrer Aufgabe zu ersehen ist, der indeß
                              manche berücksichtigenswerthe Beiträge zur chemischen Kenntniß mehrerer Substanzen
                              liefert.
                           Die havarirte (durch Seewasser beschädigte) Kaffeebohne hat ihr Aroma, ihren bittern
                              Geschmack und das ganze Caffeïn verloren, und enthält nur noch 12 Proc. durch
                              heißes Wasser ausziehbare Stoffe. Eben so werthlos wird die Bohne durch eine Art
                              Gährung, wenn sie eine Zeit lang in feuchtem Zustande erhalten wird. Der braune
                              Bitterstoff, welcher nach dem Rösten des Kaffees entsteht, soll seine Entstehung
                              hauptsächlich dem in der Bohne vorhandenen Zucker verdanken, der in Caramel
                              übergeht. Der aromatische Stoff im gerösteten Kaffee ist ein braunes Oel, schwerer
                              als Wasser, löslich in Aether und ein wenig in siedendem Wasser, von Boutron und Frémy
                              Caffeon genannt; es besitzt die Eigenschaft, in höchst geringer Menge 2–3
                              Pinten Wasser aromatisch zu machen, und stammt aus dem löslichen Theile der
                              gerösteten Bohne. Die Kaffeesäure der rohen Bohne wandelt sich durch Rösten in eine
                              Säure mit andern Eigenschaften um.
                           Keine Frucht hat bis jetzt als Ersatzmittel für den Kaffee zu gelten Anspruch machen
                              können. In Frankreich hat man die Körner der Cerealien, die Früchte von Iris Pseudacorus, Cicer arietinum, Astragalus creticus,
                                 Hibiscus esculentus, Stechpalme, spanischer Geniste, ferner Eicheln,
                              Kastanien, die Samen von Lupinus angustifolius, Erbsen,
                              Bohnen, Pferdebohnen, Sonnenblumen und viele andere versucht, aber von allen diesen
                              scheint nur die geröstete Frucht von Iris Pseudacorus in
                              ihrem Aroma einige Aehnlichkeit mit dem Kaffee dargeboten zu haben. In Deutschland
                              hat man sich besonders gerösteter Cichorienwurzeln, Mohrrüben und Runkelrübe mehr
                              als Zusatz, denn als Ersatzmittel des Kaffees bedient, und anderwärts auch der Wurzeln von Cyperus esculent., Arachis
                                 hypogaea, Galium aparine, Polypod. filix mas und Ruscus aculeatus. Daß Cichorien und Rüben namentlich vor den andern
                              Wurzeln den Vorzug erhalten, suchen die Verfasser wesentlich dadurch zu erklären,
                              daß dieselben wegen ihres großen Zuckergehalts am meisten Caramel liefern und darum
                              dem Geschmack am meisten zusagen.
                           Um die Gegenwart der vorher genannten oder auch anderer bestimmter vegetabilischer
                              Substanzen im gemahlenen Kaffee zu erkennen, ist die Aufsuchung des Caffeins zu
                              mühselig und von zu unsicherm Erfolg, und man muß sich daher begnügen, eine Reihe
                              vergleichender Versuche zu machen, welche theils in dem Vergleich der
                              Farbenintensität eines Infusums mit einer Caramellösung, in deren jeder 1 Thl.
                              Substanz mit 200 Thln. Wasser gelöst sind, bestehen, theils in der Ermittelung des
                              spec. Gewichts, indem 1 Thl. Kaffee mit 10 Thln. Wasser behandelt, eine Lösung von
                              1008–1009,5 spec. Gewicht liefert, theils in der Erforschung des
                              Zuckergehalts, theils in der Vergleichung der Aschenbestandtheile. Für die
                              Vergleichung der Farbenintensität und des spec. Gewichts der Infusa haben die
                              Verfasser eine Tabelle mit dem Werth für eine große Anzahl Verfälschungsmittel
                              entworfen, aber die Entscheidung wird gewiß sehr unsicher, sobald mehrere
                              Verfälschungsmittel von entgegengesetztem Werth zugleich anwesend sind.
                           In Bezug auf den Zuckergehalt ergab sich, daß aus den grünen Bohnen krystallisirter
                              Rohrzucker gewonnen werden kann, aber es steht zu vermuthen, daß ein größerer
                              Antheil in Verbindung als Glucoside da sey, wiewohl sich noch kein solches isoliren
                              ließ. Die Gährung des Zuckers im gerösteten Kaffee wird durch die andern brenzlichen
                              Stoffe und ätherischen Oele nicht beeinträchtigt, und man kann daher aus
                              zuckerreichen Wurzeln, deren Zuckergehalt nur kaum zur Hälfte durch Rösten zersetzt
                              wird, Alkohol gewinnen. Es ist eigenthümlich, daß des Kaffees Zuckergehalt beim
                              Rösten fast völlig zerstört wird, und die Verfasser glauben daher die Gebundenheit
                              des Zuckers als Glucoside annehmen zu können. Der Zuckergehalt in folgenden
                              Kaffeesorten stellte sich folgendermaßen heraus:
                           
                           
                              
                                 
                                 Vor dem Rösten.  
                                 Nach dem Rösten.
                                 
                              
                                 
                                         Proc.
                                         Proc.
                                 
                              
                                 Wilder Ceylon
                                         5,70
                                         0,46
                                 
                              
                                 Plantagen-Ceylon          
                                         7,53
                                         1,14
                                 
                              
                                           „
                                         7,48
                                         0,63
                                 
                              
                                           „
                                         7,70
                                         0,0
                                 
                              
                                           „
                                         7,10
                                         0,0
                                 
                              
                                 Java
                                         6,73
                                         0,48
                                 
                              
                                 Costa Rica
                                         7,72
                                         0,49
                                 
                              
                                        „
                                         6,87
                                         0,40
                                 
                              
                                 Jamaica
                                         7,78
                                         0,0
                                 
                              
                                 Mocca
                                         7,46
                                         0,50
                                 
                              
                                     „
                                         6,40
                                         0,0
                                 
                              
                                 Neilgherry
                                         6,20
                                         0,0
                                 
                              
                           Der Zuckergehalt in nachstehenden Wurzeln und Früchten verhielt sich so:
                           
                              
                                 
                                  Roh.
                                  Geröstet.
                                 
                              
                                 
                                  Proc.
                                     Proc.
                                 
                              
                                 Ausländische Cichorie
                                 22,76   
                                    11,98
                                 
                              
                                 Gurresey         
                                    „
                                 35,23
                                    15,96
                                 
                              
                                 englische          „
                                 35,23
                                    17,98
                                 
                              
                                     
                                    „                 „        (Yorkshire)   
                                 32,06
                                      9,86
                                 
                              
                                 Mangoldwurzel
                                 23,68
                                      9,86
                                 
                              
                                 Mohrrüben
                                 31,98
                                      1,53
                                 
                              
                                 Turnips
                                 30,48
                                      9,65
                                 
                              
                                 rothe Rüben
                                 24,06
                                      7,24
                                 
                              
                                 Löwenzahnwurzel
                                 21,96
                                      9,08
                                 
                              
                                 Pastinaken
                                 21,70
                                      6,98
                                 
                              
                                 Bouka (ein Surrogat)
                                    –
                                      5,82
                                 
                              
                                 Eicheln
                                   3,64
                                      2,70
                                 
                              
                                 braunes Malz
                                   8,58
                                       
                                    –
                                 
                              
                                 schwarzes Malz
                                    –
                                      1,66
                                 
                              
                                 Pferdebohnen
                                    –
                                      1,62
                                 
                              
                                 Erbsen (graue)
                                    –
                                      1,08
                                 
                              
                                 Mais
                                    –
                                      0,82
                                 
                              
                                 Roggenmehl
                                    –
                                      1,96
                                 
                              
                                 Brodkrumen
                                    –
                                      1,78
                                 
                              
                                 Lupinen
                                    –
                                      0,74
                                 
                              
                           Um aus der Zusammensetzung der Aschen einen Schluß auf Verfälschung des Kaffees
                              machen zu können, wurden viele Aschenanalysen gemacht, aus denen sich ergab, daß die
                              Asche des Kaffees sich namentlich durch die Abwesenheit des Natrons und der
                              Kieselsäure und dem reichen Gehalt an Kohlensäure charakterisirt. Die Resultate der
                              Analysen finden sich in nachstehenden Uebersichten. Die Zahlen geben die
                              Zusammensetzung in 100 Thln. der Asche an.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 145, S. 150
                              Kaffeesorten; Cichoriensorten;
                                 Verschiedene Früchte und Wurzeln; Ceylon Plantagen; Ceylon wild; Java; Costa
                                 Rica; Jamaica; Mocca; Neilgherry; Schwarz Yorkshire; Englisch; Fremde;
                                 Guerinsey; Lupinen; Eicheln; Mais; Pasinaken; Löwenzahn; Kali; Natron; Kalk;
                                 Magnesia; Eisenoxyd; Schwefelsäure; Chlor; Kohlensäure; Phosphorsäure;
                                 Kieselerde; Sand; Summa
                              
                           
                           Die Quantität Stickstoff in geröstetem Kaffee betrug zwischen 2,5 und 3 Proc., in der
                              rohen ausländischen Cichorie 1,51, in derselben geröstet 1,42 Proc., in der
                              englischen roh 1,86, geröstet 17,4 Proc.
                           Die Gründe, durch welche Röchleder die Existenz der
                              Citronen- und Palmitinsäure in dem Kaffee zu erhärten sucht, scheinen den
                              Verfassern nicht entscheidend und die Formeln dieses Chemikers für Kaffee-
                              und Viridinsäure sehr zweifelhaft. Ebenso konnten sie die Angabe Rochleder's, daß aus trockener Kaffeesäure durch
                              Destillation Brenzcatechin entstehe, nicht bestätigen, obwohl sie mit beträchtlichen
                              Mengen arbeiteten.
                           Nicht minder bestreiten sie das Vorkommen der Kaffeesäure im Paraguay-Thee,
                              welches Rochleder behauptet. Es kommt zwar eine Säure in
                              diesem Thee vor, welche der Kaffeesäure ähnelt, aber nicht mit ihr identisch ist.
                              Beide unterscheiden sich wesentlich von einander durch den eigenthümlichen Geruch,
                              welchen sie beim Erhitzen in offenen Gefäßen verbreiten.
                           Zur Darstellung des Caffeins wurde bei 100° getrockneter roher Kaffee mit
                              kochendem Wasser völlig erschöpft, der etwas eingedampfte Auszug zuerst mit
                              einfach-essigsaurem Bleioxyd, dann mit drittel-essigsaurem Bleioxyd
                              gefällt und das Filtrat davon zur Trockne verdampft, nachdem zuvor durch Salzsäure
                              der Ueberschuß des Bleisalzes entfernt war. Die trockene Masse zog man mit starkem
                              Weingeist aus und verdampfte diese Lösung zur Syrupdicke, worauf aus ihr nach
                              längerer Zeit das Caffein in Krystallen sich ausschied, die abgepreßt und aus wenig
                              Wasser umkrystallisirt wurden.
                           Die Quantität des Caffeins betrug:
                           
                              
                                 im
                                 rohen
                                 Kaffee
                                 aus
                                 Ceylon,
                                 wilder
                                 0,8
                                 
                              
                                 „
                                    „
                                     „
                                 „
                                     „
                                     „
                                 0,8
                                 
                              
                                 „
                                    „
                                     „
                                 „
                                     „
                                     „
                                 1,01
                                 
                              
                                 „
                                    „
                                     „
                                 „
                                     „
                                 Plantagen        
                                 0,54
                                 
                              
                                 „
                                    „
                                     „
                                 „
                                     „
                                     „
                                 0,83
                                 
                              
                           Wenn Caffein in einer Mischung, die ungefähr 10 Proc. Kaffee enthält, entdeckt und
                              ausgezogen werden soll, so gelingt dieß am bequemsten durch Eindampfen des Infusums
                              mit Kalk und Ausziehen der trocknen Masse mit Aether. Die bekannte Reaction mit
                              Salpetersäure und Ammoniakgas charakterisirt das Caffein hinlänglich.
                           Die Kaffeesäure, welche Rochleder Kaffeegerbsäure nennt,
                              rechnen die Verfasser nicht zu den Gerbstoffen, da sie nicht Leimlösung fällt. Sie
                              ist vielmehr der Kaffeepflanze ganz eigenthümlich und man kann durch ihre Umwandlung
                              in Chinon, die leicht gelingt, die Anwesenheit von Kaffee überall constatiren,
                              vorausgesetzt, daß die Säure nicht zerstört ist. Um Chinon darzustellen, vermischt
                              man die syrupdicke Abkochung mit dem vierfachen Gewicht Braunstein und setzt
                              dazu 1 Theil mit gleichem Volum Wasser vermischtes Vitriolöl. Sogleich füllt sich
                              Hals und Vorlage des Destillationsgefäßes mit Krystallen von Chinon, und mit dem
                              gelben Destillat kann man die bekannten Reactionen des Chinons noch weiter
                              anstellen.
                           Die eigenthümlichen Säuren des Paraguay-Thees, des Thees, der Cinchoneen und
                              von Ilex aquifolium haben mit der Kaffeesäure die
                              Eigenschaft gemein, Chinon zu liefern.