| Titel: | Verfahren der Fabrication einer künstlichen Steinmasse zu Mühlsteinen, Schleifsteinen, Ornamenten etc.; von Friedr. Ransome, Fabrikant in Ipswich. | 
| Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. LXV., S. 289 | 
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                        LXV.
                        Verfahren der Fabrication einer künstlichen
                           Steinmasse zu Mühlsteinen, Schleifsteinen, Ornamenten etc.; von Friedr. Ransome, Fabrikant in
                           Ipswich.
                        Aus dem Technologiste, April 1857, S. 357, durch das
                              polytechnische Centralblatt 1857, S. 867.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Ransome's Verfahren der Fabrication einer künstlichen Steinmasse zu
                           Mühlsteinen etc.
                        
                     
                        
                           Die natürlichen Steine, welche zu Mühlsteinen benutzt werden, sind meist in ihrer
                              Masse ungleichmäßig, was den Uebelstand veranlaßt, daß sie sich auch ungleichmäßig
                              abnützen und deßhalb beim Schärfen der Mühlsteine oft viele harte und wirksame
                              Theile beseitigt werden müssen, um die betreffenden Stellen des Mühlsteines mit
                              anderen weicheren und deßhalb mehr abgenützten Stellen wieder in dasselbe Niveau zu
                              bringen. Dieser Uebelstand brachte Ransome, nachdem er
                              erst durch Schalenguß hergestellte gußeiserne Mahlflächen probirt, dabei aber
                              gefunden hatte, daß diese sich rasch abschleifen und wie polirt werden, so daß sie
                              nicht mehr wirken, auf die Idee, eine zu Mühlsteinen geeignete Masse künstlich
                              herzustellen. Nach vielen Versuchen ist es ihm gelungen, die Fabrication einer
                              solchen Steinmasse zu solcher Vollkommenheit zu bringen, daß er seine Aufgabe als
                              gelöst betrachten kann. Als Material zur Fabrication der Steinmasse benutzt er im
                              Wesentlichen einerseits kieselsaures Natron und
                              andererseits Sand.
                           Verfahren zur Darstellung des kieselsauren Natrons.
                              – Ransome's Apparat zur Darstellung des
                              kieselsauren Natrons ist in Fig. 32 abgebildet. A Dampfkessel, welcher den zur Erhitzung der
                              Auflösungs- und Abdampfungsgefäße erforderlichen Dampf liefert und in welchem
                              gewöhnlich ein Druck von circa. 5 Atmosphären
                              stattfindet. B Kufe zur Bereitung der Natronlauge,
                              welcher durch die Röhren 1, 2, 3 Dampf zugeführt werden kann. In diese Kufe bringt
                              man kohlensaures Natron und Wasser und leitet Dampf hinein (welcher aus dem
                              durchlöcherten Rohr b ausströmt), um das kohlensaure
                              Natron aufzulösen. Man fügt dann gelöschten Kalk hinzu, so daß das Natron caustisch
                              wird. Nachdem der kohlensaure Kalk sich zu Boden gesetzt hat, zieht man die
                              überstehende Lauge mittelst des Hebers 5 ab in den Trichter 6, welcher sie in das
                              Gefäß D leitet. Den in B
                              verbleibenden Bodensatz läßt man, indem man den Stöpsel a aus
                              dem Rohr b¹ herauszieht, in den Kasten C fließen, wo man ihn mit Wasser anrührt, um das in ihm
                              enthaltene Natron noch zu gewinnen. Nachdem sich der Kalk C wieder zu Boden gesetzt hat, wird die Flüssigkeit mittelst der Pumpe 4
                              aus C wieder nach B
                              geschafft, um hier statt Wasser zum Auflösen einer ferneren Portion Soda verwendet
                              zu werden. Die in D enthaltene Lauge, welche durch
                              Verschluß von D möglichst vor Luftzutritt geschützt
                              wird, muß zunächst von dem aus der Soda herrührenden schwefelsauren Natron, welches
                              später aus der Steinmasse auswittern würde, befreit werden. Zu diesem Zwecke fügt
                              man ihr caustischen Baryt hinzu, den man durch Glühen von kohlensaurem Baryt mit
                              Holzkohle darstellt. Der Baryt verbindet sich mit der Schwefelsäure, welche dadurch
                              als schwefelsaurer Baryt unlöslich niedergeschlagen wird. Der Zusatz von Baryt ist
                              natürlich so zu bemessen, daß alle vorhandene Schwefelsäure dadurch niedergeschlagen
                              werden kann. Nachdem der schwefelsaure Baryt sich abgesetzt hat, läßt man die
                              gereinigte Lauge durch die Röhre d in den verschlossenen
                              Behälter E fließen, worauf der Bodensatz von
                              schwefelsaurem Baryt durch die Röhre e abgelassen
                              wird.
                           Aus dem Behälter E wird die Lauge durch eine Pumpe in den
                              Kessel F geschafft. Dieser Kessel, welcher zur Auflösung
                              der Kieselsäure in der Natronlauge dient, hat die Form eines stehenden Cylinders und
                              ist mit einem Mantel j, j versehen, in welchen durch die
                              Röhren 1, 2, 7 der Dampf aus dem Kessel A geleitet wird.
                              In dem Kessel F befindet sich eine Art Korb G aus Drahtgewebe, welcher durch die ganze Höhe des
                              Kessels sich erstreckt und dazu bestimmt ist, die zur Auflösung bestimmten
                              zerkleinerten Feuersteine oder gewöhnlichen Kieselsteine aufzunehmen. Nachdem der
                              Kessel F mit caustischer Lauge und der Korb G mit Feuersteinen beschickt ist, verschließt man das
                              Mannloch oben auf dem Kessel und schraubt den Deckel fest auf, so daß er einen Druck
                              von wenigstens 4 Atmosphären aushalten kann. Man öffnet dann den Hahn 7, worauf der
                              Dampf mit voller Spannung aus dem Kessel A in den Mantel
                              j, j strömt und die Lauge im Kessel nach und nach
                              auf dieselbe Temperatur, welche der Dampf hat, erhitzt wird. Das im Mantel
                              verdichtete Wasser fließt durch das Rohr 12 zum Kessel A
                              zurück. In dem Kessel F wird gewöhnlich ein Druck von
                              etwa 4 Atmosphären unterhalten und man fährt in dieser Weise 36 Stunden lang fort,
                              nach deren Ablauf man probirt, ob die Lauge genügend gesättigt ist. Die Arbeiter
                              richten sich hierbei gewöhnlich nach dem Geschmack der Lauge und dem Anfühlen
                              derselben zwischen den Fingern. Schmeckt die Lauge noch deutlich alkalisch, so fährt
                              man mit dem Erhitzen in dem Kessel F noch fort, bis die Flüssigkeit
                              einen süßlichen Geschmack annimmt, welcher das Zeichen ist, daß sie fast ganz mit
                              Kieselsäure gesättigt ist. Ein genaueres Verfahren, die Flüssigkeit zu untersuchen,
                              besteht darin, daß man eine Probe derselben mit Salzsäure vermischt, worauf man nach
                              dem verhältnißmäßigen Volum der dabei sich ausscheidenden Kieselsäure den
                              Sättigungsgrad beurtheilt. Wenn man glaubt, daß das Alkali so viel Kieselsäure
                              aufgenommen hat, als es bei der angewendeten Temperatur aufnehmen kann, schließt man
                              den Hahn 7 des Dampfrohrs und öffnet den Hahn an dem mit 8 bezeichneten Rohr. Der in
                              F vorhandene Dampfdruck treibt dann die Lösung des
                              kieselsauren Natrons durch das Rohr 8 in das Gefäß H, wo
                              man es kurze Zeit stehen läßt, damit etwa vorhandene Unreinigkeiten sich zu Boden
                              setzen. Von H aus läßt man die Lösung durch das Rohr 9
                              in die Abdampfpfanne K fließen, welche ebenfalls mit
                              einem Mantel k versehen ist, in den man durch das Rohr
                              10 Dampf einströmen läßt. Die Lösung wird hier bis zur Syrupconsistenz abgedampft,
                              und hat, wenn sie zur Anwendung fertig ist, ein spec. Gewicht von ungefähr 1,6.
                           Herstellung der künstlichen Steinmasse. – Man
                              nimmt dazu ungefähr
                           
                              
                                 10 Liter
                                 Sand,
                                 
                              
                                   1  
                                    „
                                 Feuersteinpulver (silex en
                                       poudre),
                                 
                              
                                   1  
                                    „
                                 pulverisirten Thon,
                                 
                              
                                   1  
                                    „
                                 der Lösung von kieselsaurem Natron.
                                 
                              
                           Diese Stoffe werden vollkommen gemengt, so daß eine gleichmäßige teigartige Masse
                              entsteht. Um die Steinmasse zu verschiedenen Anwendungen geeignet zu machen, ändert
                              man je nach den Umständen die Mengenverhältnisse der Materialien und wendet
                              dieselben von verschiedener Beschaffenheit an. Indem man gröberen oder feineren Sand
                              nimmt, kann man Mühlsteine von allen Qualitäten herstellen, und zwar von einer
                              Gleichförmigkeit der Masse, wie man sie selten bei natürlichen Steinen antrifft; man
                              kann auch verschiedene Grade der Porosität und der Härte hervorbringen, indem man
                              die Quantität des kieselsauren Natrons abändert und die Steinmasse einer mehr oder
                              weniger starken Hitze aussetzt. Für gewisse Producte setzt man dem Sande Thon oder
                              andere Stoffe in der doppelten Absicht zu, damit die Masse in der Hitze ihre Gestalt
                              behalte und damit sie in derselben nicht zu sehr an der Oberfläche verglast
                              werde.
                           Wegen der plastischen Beschaffenheit der Masse kann man mit Leichtigkeit jede selbst
                              complicirte Gestalt geben. Man wendet dabei im Allgemeinen Formen von Gyps an, welche nach
                              Umständen aus einem oder aus mehreren Stücken bestehen. Die Gypsformen werden, bevor
                              man die Masse hineinbringt, mit Oel bestrichen und darauf mit feinem Glaspulver
                              ausgestreut, damit die Masse sich nicht an sie anhängt. Nachdem die Gegenstände aus
                              den Formen genommen sind, bestreicht man sie mit einer verdünnten Lösung von
                              kieselsaurem Natron, indem zugleich etwaige Fehlstellen der Oberfläche geglättet
                              oder sonst nachgebessert werden.
                           Das Trocknen der geformten Gegenstände hat anfangs viele Schwierigkeiten dargeboten,
                              indem durch das Verdunsten des Wassers von den Stellen der Oberfläche sich
                              gewissermaßen eine Rinde bildete, welche das Wasser aus dem Innern nicht mehr heraus
                              ließ. Versuchte man das Wasser im Innern dadurch auszutreiben, daß man die
                              Temperatur über 100° C. erhöhte, so erhielt diese Rinde Risse, so daß die
                              Gegenstände verdorben wurden. Ransome ging hiernach
                              darauf aus, das Trocknen so zu bewirken, daß die Feuchtigkeit aus den äußeren
                              Schichten nicht eher herausgehe als aus den inneren, und erreicht dieß in folgender
                              Weise: Er bringt die Steine in einen Raum, der verschlossen und dann erhitzt wird,
                              und läßt denselben so lange verschlossen, bis die Masse der Steine durch und durch
                              einen gewissen Hitzegrad (nach unserer Quelle 100° C.) angenommen hat. Dann
                              läßt er die Dämpfe langsam aus dem Raume entweichen, worauf die Masse schon ziemlich
                              trocken wird; durch längeres Verweilen der Masse in dem wieder geschlossenen oder
                              nur wenig geöffneten Raume wird das Trocknen vervollständigt.
                           Die getrockneten Steine müssen gebrannt werden, um den nöthigen Zusammenhang zu
                              erhalten und die Aufweichbarkeit durch Wasser zu verlieren. Dabei nimmt das Natron
                              noch mehr Kieselsäure auf und die Masse wird in gewissem Maaße verglast, so daß die
                              Theile von Sand etc. nachher durch das geschmolzene kieselsaure Alkali
                              zusammengekittet sind. Zum Brennen scheint ein ähnlicher Ofen wie zum Brennen von
                              Steingut benutzt zu werden, man stellt die Gegenstände aber nicht in Kapseln,
                              sondern einfach auf eine Unterlage von trocknem Sand, indem man sie oft durch
                              dazwischen gelegte Thonplatten seitlich von einander trennt. Indem man andere
                              Thonplatten darauf legt, erhält man eine zweite Unterlage, worauf wieder Gegenstände
                              zum Brennen gestellt werden. Der Ofen wird während der ersten 24 Stunden langsam
                              gefeuert, worauf man die Hitze verstärkt, bis man nach 48 Stunden helle
                              Rothglühhitze erreicht hat. Dann läßt man den Ofen während 4 oder 5 Tagen sich
                              langsam abkühlen, um darauf die Gegenstände herauszunehmen.
                           Die nach diesem Verfahren dargestellte künstliche Steinmasse besitzt eine
                              Gleichmäßigkeit der Masse und des Korns, wie man sie bei natürlichen Steinen selten antrifft; sie
                              wird von selbst kochend heißem Wasser und von Säuren nicht angegriffen. Sie kann zu
                              Mühlsteinen, Schleifsteinen und zu Filtern benutzt werden, und eignet sich auch zur
                              Anfertigung von Statuen, Vasen und anderen Ornamenten. Auch kann man andere
                              Gegenstände, namentlich von großen Dimensionen, die sonst aus Thon gemacht werden,
                              daraus anfertigen, so wie man auch sehr weiße und harte künstliche Zähne daraus
                              macht.
                           
                        
                           Nachtrag.
                           Vorstehendes Patent von Ransome ist nur eine Modification
                              des „Verfahrens Kieselerde zu lösen und ihre Auflösung zur Erzeugung
                                 künstlicher Steine zu benutzen,“ welches sich Werner und Wilhelm Siemens zu Berlin im Jahre 1845 für Bayern patentiren
                              ließen, mitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CVI
                                 S. 448.
                           Am 27. September 1856 ließ sich Ransome ein zweites Patent
                              auf die Herstellung künstlicher Steine ertheilen, wornach er obiger Composition (aus
                              Sand, Feuersteinpulver, Thonpulver und Lösung von kieselsaurem Natron) noch
                              präparirten Bimsstein, oder ein leicht schmelzbares Glas zusetzt.
                           Will man Bimsstein anwenden, so präparirt man ihn auf
                              folgende Weise: man macht ihn in fein gepulvertem Zustande mit einer Lösung
                              kieselsauren Natrons von 1,700 spec. Gew. zu einem steifen Teige an, welcher zu
                              Kugeln von beiläufig einem Zoll Durchmesser geformt und in einem gewöhnlichen Tiegel
                              geschmolzen wird. Nach dem Schmelzen wird er zu Pulver gemahlen und wieder mit
                              Lösung von kieselsaurem Natron zu einem Teige angemacht. Man mischt nun die
                              Ingredienzien in folgenden Verhältnissen:
                           
                              
                                 Sand
                                 
                                 30 Raumtheile
                                 
                              
                                 Feuersteinpulver
                                 
                                 10      
                                    „
                                 
                              
                                 Lösung von kieselsaur. Natron (spec.
                                    Gewicht 1,700)
                                     
                                   5      
                                    „
                                 
                              
                                 pulverisirter Thon
                                 
                                   5      
                                    „
                                 
                              
                                 Bimsstein, auf angegebene Weise
                                    präparirt
                                 
                                   5–10 „
                                 
                              
                           Wenn man zur Herstellung künstlicher Steine ein leicht schmelzbares Glas anwenden will, so wird das Glas auf die Art
                              dargestellt, daß man in einem Flammofen oder Tiegel 100 Raumtheile kieselsaures
                              Natron von 1,400 spec. Gewicht mit ebenfalls 100 Raumtheilen Bleioxyd
                              zusammenschmilzt. Zur Herstellung des künstlichen Steins werden die 5 bis 10 Raumtheile präparirten
                              Bimssteins in obigem Gemisch durch 5 bis 10 Raumtheile von diesem Glase ersetzt.
                           Dasselbe Patent betrifft ein Verfahren künstliche oder natürliche Steine,
                              Ziegelsteine und andere Baumaterialien dauerhafter zu
                              machen. Nachdem der Stein äußerlich in geeigneter Weise abgeschabt worden ist,
                              überzieht man ihn mittelst eines Pinsels mit einer Auflösung von kieselsaurem Natron
                              oder Kali (von beiläufig 1,400 spec. Gewicht bei gewöhnlicher Temperatur), bis er
                              genug davon absorbirt hat. Bald nachher überzieht man ihn in gleicher Weise mit
                              einer Auflösung von Chlorcalcium (salzsaurem Kalk). Durch diese Behandlung entsteht
                              in den Poren und auf der Oberfläche des Steins kieselsaurer Kalk, während das
                              andererseits gebildete Chlornatrium oder Chlorkalium durch Waschen leicht entfernt
                              werden kann. – Wenn der Stein oder das sonstige Material sehr porös ist, so
                              kann man eine stärkere Lösung von kieselsaurem Alkali anwenden, welche man nur
                              einmal aufträgt; ist hingegen das Material sehr schwach porös, so muß man eine
                              schwächere Kieselerdelösung anwenden und von dieser mehrere Lagen auftragen.
                              – Sandsteine kann man mit einer gesättigten Auflösung von schwefelsaurer
                              Thonerde durch Eintauchen tränken und nachher mit einer Lösung von salzsaurem Baryt.
                              – Manche Steine und Baumaterialien enthalten freies schwefelsaures oder
                              kohlensaures Natron, welches aus denselben auswittert; um dieß zu verhindern, kann
                              man sie mit einer concentrirten Auflösung von salzsaurem Baryt oder Kalk tränken.
                              (Civil Engineer and Architect's Journal, Juli 1857,
                              S. 235.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
