| Titel: | Ueber den Heuthee; von Isidore Pierre. | 
| Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. LXXII., S. 311 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXII.
                        Ueber den Heuthee; von Isidore Pierre.
                        Aus den Comptes rendus, t. XLIV p. 693, durch das
                              chemische Centralblatt, Juli 1857, Nr. 29.
                        Pierre, über den Heuthee.
                        
                     
                        
                           Es ist eine bekannte und von den Landwirthen häufig gebrauchte Methode, das junge
                              Vieh dadurch der Milch zu entwöhnen und den Uebergang zum Heufutter einzuleiten, daß
                              sie das Heu mit heißem Wasser ausziehen und also einen eigentlichen Thee von Heu
                              bereiten, den die Thiere zur Nahrung bekommen. Der Verf. hat, da man bis jetzt
                              solchen Heuthee auf seine Bestandtheile nicht untersucht hatte, eine solche
                              Untersuchung ausgeführt.
                           1) Heißes Infusum von Heu. 8,220 Kilogr. Heu wurden mit
                              destillirtem Wasser 6 Stund. lang bei 80–90° C. behandelt, der Thee
                              wurde abgegossen, der Rückstand ausgepreßt und ein zweites Mal ebenso behandelt.
                           Die Auszüge wurden eingetrocknet. Man erhielt 1310 Grm. trockenes Extract, das in
                              Wasser vollkommen löslich war, oder 15,49 Proc. vom rohen Heu. Das Heu enthielt 801
                              Grm. Trockensubstanz im Kilogr., man hat also 20 Proc. Lösliches von absolut
                              trockenem Heu erhalten. Das ausgezogene Heu hatte noch immer eine gute Farbe und
                              einen angenehmen Geruch. Vor dem Ausziehen enthielt es, auf trockenes Heu berechnet,
                              17,4 Grm. Stickstoff, d. i. 13,9 Grm. im natürlichen Zustande; nach dem Ausziehen
                              noch 14,6 Grm., d. i. für trocknes 11,7 Grm. für den natürlichen Zustand per Kilogramm.
                           Es sind folglich 2,8 Grm. Stickstoff oder 16,1 Proc. vom ursprünglichen
                              Stickstoffgehalte in Lösung gegangen. Dieser Verlust ist aber nur ein Theil von dem
                              Gesammtstickstoffverluste, den das Heu erlitten hat, da sich der Gesammtverlust auf
                              33 Proc. vom ursprünglichen Stickstoffgehalte des Heues beläuft, weil das Heu selbst
                              einen Gewichtsverlust von 20 Proc. erlitten hat.
                           Das Extract, von hell chocoladenbrauner Farbe, enthielt 18 Grm. Stickstoff im
                              Kilogrm., oder etwas mehr an Procentgehalt wie das Heu selbst. Es zieht sehr stark
                              Wasser an.
                           2) Kalter, durch Verdrängung bereiteter Auszug. Der
                              erhaltene Auszug von demselben Heu mit Wasser von 20–25° C. bereitet,
                              gab an trocknem Extracte 16,57 Proc. vom Gewichte des normalen Heues, oder 20,7
                              Proc. auf trocknes Heu berechnet. Der Heurückstand war viel blässer als das mit
                              heißem Wasser ausgezogene Heu.
                           
                           Der Stickstoffgehalt des trocknen Rückstandes war auf 13,9 Grm. per Kilogrm. gesunken oder auf 11,1 Grm. für das
                              wasserhaltige (das 20 Proc. Wasser enthielt). Bei der Behandlung mit kaltem Wasser
                              hat folglich das Heu 3,5 Grm. Stickstoff per Kilogrm.
                              oder 20 Proc. von seinem Stickstoffgehalte abgegeben, ohne Rücksicht auf den
                              Gewichtsverlust, den es selbst erlitt. Alles zusammengenommen, hat es 36,5 Proc. vom
                              ursprünglichen Stickstoffgehalte verloren.
                           Man kann hieraus sehen, wie groß der Schaden ist den man hat, wenn das Heu vom Regen
                              ausgewaschen wird. Das Extract, das bei diesem kalten Ausziehen erhalten wurde, war
                              dem ersteren ganz ähnlich, sein Stickstoffgehalt belief sich auf 17,3 Grm. per Kilogr. Die Mineralbestandtheile werden ebenfalls
                              zum Theil vom Wasser aufgenommen. Die folgende Tabelle gibt die Mengen an
                              Aschenbestandtheilen an, die in 1 Kilogrm. trocknem Heu enthalten sind.
                           Spalte A das natürliche Heu trocken, B, das mit heißem Wasser ausgezogene, C. das mit kaltem Wasser ausgezogene.
                           
                              
                                 
                                     A.
                                     B.
                                     C.
                                 
                              
                                 Aschenmenge
                                 69,011      
                                 39,591      
                                 35,155
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 19,406
                                 20,363
                                 23,135
                                 
                              
                                 Phosphorsäure          
                                   4,440
                                   2,756
                                   1,329
                                 
                              
                                 Kalk
                                 12,637
                                   9,359
                                   8,681
                                 
                              
                                 Talkerde
                                   1,824
                                   1,004
                                   0,386
                                 
                              
                                 Natron
                                 15,956
                                   3,931
                                   1,153
                                 
                              
                                 Kali
                                 12,527
                                   0,900
                                   1,395
                                 
                              
                           Vorzugsweise hat also das Wasser Kali und Natron, aber weniger Phosphorsäure und noch
                              weniger Kalk und Talkerde aufgenommen. Die Kieselsaure hat ebenfalls einen Verlust
                              von 5–12 Proc. erlitten, wenn man berücksichtigt, daß das Heu B. und C. überhaupt an
                              organischer Substanz verloren hat; diese Kieselsäure findet sich auch in der Asche
                              der Extracte wieder.
                           1 Kilogrm. trockne Substanz gab die folgenden Werthe A.
                              für das normale Heu, B. für das heiß bereitete Extract,
                              C. für das kalt bereitete.
                           
                              
                                 
                                     A.
                                     
                                       B.
                                     
                                       C.
                                 
                              
                                 Asche
                                 69,011      
                                 199,402      
                                 242,438
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 19,406
                                   18,118
                                     9,180
                                 
                              
                                 Phosphorsäure        
                                   4,440
                                   13,563
                                   16,261
                                 
                              
                                 Kalk
                                 12,637
                                   24,357
                                   37,199
                                 
                              
                           Der Heuthee enthält also nicht allein stickstoffhaltige Nährsubstanz zur Genüge,
                              sondern auch eine hinreichende Menge von Mineralbestandtheilen, und ist gewiß eine
                              zweckmäßige Form, in der man jungem Rindviehe seine Nahrung darbietet.