| Titel: | Bericht über die Festigkeit und andere Eigenschaften des in Amerika zu Geschützen verwendeten Eisens. | 
| Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. LXXXVI., S. 361 | 
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                        LXXXVI.
                        Bericht über die Festigkeit und andere
                           Eigenschaften des in Amerika zu Geschützen verwendeten Eisens.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, 1857, Nr.
                              1753.
                        Ueber die Festigkeit und andere Eigenschaften des in Amerika zu
                           Geschützen verwendeten Eisens.
                        
                     
                        
                           Das Zerspringen eines großen schmiedeeisernen Geschützes am Bord des amerikanischen
                              Kriegsdampfers „Princeton“ , welcher
                              Unfall sich vor 14 Jahren ereignete, veranlaßte die Regierung der Vereinigten
                              Staaten, eine Reihe von Versuchen über die Eigenschaften der Geschützmetalle
                              anstellen zu lassen, worüber ein vollständiger Bericht als Druckschrift erschien,
                              unter dem Titel: Reports of Experiments of the Strength and
                                 other Properties of Metals for Cannon. Philadelphia: Baird. London: Trübner.
                           Bezüglich des Schmiedeeisens beschränkt sich der Bericht auf eine kurze Untersuchung
                              der absoluten Festigkeit des Eisens, woraus das erwähnte zersprungene Geschütz
                              bestand. Man fand, daß während das Metall dieses Geschützes nur ein Drittel von der
                              möglichen Belastung englischen Stabeisens von mittlerer Güte aushielt, Theile
                              desselben nach dem Umarbeiten eine absolute Festigkeit zeigten, welche derjenigen
                              des besten amerikanischen geschmiedeten Eisens gleich kam. Ueber die Ursachen der geringern absoluten
                              Festigkeit bei der großen Masse enthält der Bericht keine Erklärung, daher er in
                              dieser Hinsicht mangelhaft ist.
                           Die mitgetheilten Versuche über die absolute Festigkeit und das spec. Gewicht von
                              Gußeisen, woraus in Amerika Geschütze gegossen wurden, sind sehr zahlreich, und sie
                              scheinen mit großer Sorgfalt ausgeführt worden zu seyn. Von dem Kopfe jedes neu
                              gegossenen Geschützes wird so viel Eisen abgeschnitten und auf der Drehbank
                              abgedreht, daß die zum Probiren in der Maschine erforderlichen Dimensionen
                              herauskommen; über die auf diese Weise mit jedem Geschütz unternommene Probe wird
                              ein schriftlicher Bericht aufbewahrt. Wenn die absolute Festigkeit unter 20000 Pfund
                              auf den Quadratzoll herabgeht, so wird die Qualität des Roheisens als schlecht und
                              das daraus gegossene Geschütz als unbrauchbar betrachtet.
                           Durch das Umschmelzen des Roheisens wird eine Erhöhung seines specifischen Gewichts
                              von beiläufig 7,000 bis 7,320, und eine Zunahme seiner Festigkeit von 20000 Pfd. auf
                              38000 Pfd. per Quadratzoll erreicht. Obgleich bei einer
                              sehr ausgedehnten Reihe von Versuchen eine oder zwei Ausnahmen vorgekommen sind, ist
                              die Abhängigkeit der größern Festigkeit des Roheisens von einem hohen specifischen
                              Gewicht desselben als hinlänglich erwiesen zu betrachten. Zur Erreichung einer
                              bedeutenden absoluten Festigkeit muß das Roheisen aber zweimal und in gewissen
                              Fällen auch dreimal umgeschmolzen werden. Eine eben so große Verbesserung läßt sich
                              jedoch dadurch erzielen, daß man das Roheisen längere Zeit als gewöhnlich im
                              geschmolzenen Zustande erhält. So zeigte umgeschmolzenes und 15 Minuten im Flusse
                              erhaltenes Roheisen eine absolute Festigkeit von 20336 Pfd.; dasselbe Eisen 2 1/4
                              Stunde geschmolzen erhalten, 27456 Pfd.; 4 1/4 Stunden geschmolzen erhalten, 29227
                              Pfd.; 6 3/4 Stunden = 36312 Pfd.; endlich 7 3/4 Stunden = 37552 Pfd. auf den
                              Quadratzoll Querschnitt. Die Dichtigkeit stieg von 7,175 beim ersten Versuch, auf
                              7,343 beim letzten.
                           Diese Resultate bestätigen die von Truran in seinem Werke
                              „The Iron Manufacture of Great
                                    Britain“ ausgesprochene Ansicht, daß das Roheisen, wenn man es
                              längere Zeit geschmolzen erhält, oder wiederholt umschmilzt, gefeint wird, indem
                              dabei durch die Einwirkung der heißen Luftsäule ein Theil seines Kohlenstoffgehaltes
                              verbrannt und ein Theil der beigemischten Substanzen abgeschieden wird. Dieser
                              Proceß ist aber nur bei den dunkelgrauen Varietäten des Roheisens anwendbar; bei den
                              hellgrauen steigt zwar die Dichtigkeit, wenn man sie längere Zeit geschmolzen
                              erhält, auf 7,400, dagegen vermindert dieses Feinen ihre Festigkeit bedeutend.
                           
                           Es wurden auch einige Versuche über die verhältnißmäßige Festigkeit von großen,
                              langsam abgekühlten Massen und kleinen, schnell abgekühlten Güssen angestellt. Die
                              absolute Festigkeit der erstem war größer, ihre relative Festigkeit hingegen im
                              Vergleich zu derjenigen der letztem geringer.
                           Mehrere gußeiserne Geschütze wurden dem hydraulischen Druck unterworfen; es ist
                              bemerkenswerth, daß bei einem Druck von 9000 Pfd. und darüber das Wasser in
                              unzähligen feinen Strahlen durch das Metall austrat.
                           Bei allen Versuchen zeigte sich das mit heißer Luft erblasene Roheisen in Beziehung
                              auf Dichtigkeit und Festigkeit bedeutend schlechter als das mit kalter Luft
                              erblasene; auch zersprang bei Benutzung von jenem mehr als die Hälfte der
                              Geschützrohre bei den Probeschüssen. Es wurde daher von der Regierung die Anwendung
                              heiß erblasenen Roheisens für Geschütze verboten.
                           Das erwähnte amerikanische Werk ist mit Tafeln versehen, welche die Probirmaschinen
                              und die Bruchflächen der bei den Proben zersprengten Geschütze zeigen.
                           
                        
                           Nachtrag.
                           Auf der königl. Eisengießerei zu Gleiwitz in Oberschlesien wird zum Geschützguß gutes
                              Holzkohlen- und auch Kohks-Roheisen in einem Gasflammofen gefeint und
                              das erhaltene Fein- oder Reineisen nochmals im Flammofen umgeschmolzen und dann vergossen. Auch die
                              schalenharten Walzen, welche hart und zähe seyn müssen, werden auf diese Weise
                              gegossen.
                           Ueber den Guß von Geschützen direct aus Hohöfen, wie er in
                              Schweden zu Aker, Finspang und Stafsjö für die Festungen und die Marine von Rußland,
                              Preußen, Dänemark, Schweden und Norwegen etc., so wie für die Feldartillerie der
                              letztem beiden Länder ausgeführt wird, entnehmen wir der Abhandlung „über
                                 den Bergbau und Hüttenbetrieb Skandinaviens“ in Bd. VIII und IX der
                              5ten Reihe der Annales des Mines (daraus in der
                              Berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1857, Nr. 1) Nachstehendes.
                           Man benutzt auf den schwedischen Geschützgießereien meistens Magneteisensteine, die
                              in Oefen geröstet und in einformigen Hohöfen von etwa 10 Meter Höhe, 2,25
                              Kohlensack- und 1,50 Met. Gichtweite mit Holzkohlen und schwachen Geblasen
                              verschmolzen werden; ihr Roheisengehalt beträgt durchschnittlich 43 Proc. Auf die
                              Auswahl der Erze, auf Anwärmen, Anblasen und Betrieb verwendet man die größte Sorgfalt.
                              Geschütze werden erst dann gegossen, wenn sich die Hohöfen im normalen Betriebe
                              befinden und man ohne Gefahr aus dem Gaargange zur Erzeugung von halbirtem Roheisen
                              übergehen kann, welches zu Finspang und Stafsjö durch Steigerung des Erzsatzes und
                              zu Aker durch Zuschlag von schwefelkieshaltigem Erz bewirkt wird. Das Bruchansehen
                              des schwedischen Geschützroheisens (welches Härte mit Zähigkeit und Elasticität
                              verbindet) ist sehr gleichartig, aber die grauen und die weißen Theile sind im
                              Allgemeinen nicht verworren mit einander vermengt. Die grauen Theile bilden
                              rundliche Flecke von 2 bis 6 Millimeter Durchmesser, von zuweilen körniger,
                              gewöhnlich aber strahlig-faseriger und feinblätteriger Textur; sie berühren
                              sich nicht, sondern sind ringsum von silberweißen, sehr glänzenden Theilen umgeben,
                              welche 1 bis 5 Millimeter breit sind.
                           Die normalmäßige Farbe und Textur des Roheisens wird sofort nach dem Guß im Vergleich
                              zu Probestücken bestimmt, und wenn dieselben zu grau
                              sind, so verwirft man sie, ohne sie erst weiter zu verarbeiten.
                           Das specifische Gewicht dieser Geschütze schwankt zwischen 7,244 bis 7,474; es ist um
                              so geringer, je hitziger der Ofengang ist, denn bei Anwendung von heißer Gebläseluft
                              betrug das spec. Gew. nur 7,000.Man vergl.
                                    Abel's Analysen gußeiserner Kanonen in diesem Bande des polytechn. Journals S.
                                    40.
                           
                              H.