| Titel: | Ueber die sauren Gase, welche Schwefelsäure- und Sodafabriken verbreiten, und die Mittel, dieselben unschädlich zu machen. – Nach einer belgischen Staatsschrift auszugsweise bearbeitet von Prof. Dr. E. L. Schubarth in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XC., S. 376 | 
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                        XC.
                        Ueber die sauren Gase, welche
                           Schwefelsäure- und Sodafabriken verbreiten, und die Mittel, dieselben unschädlich
                           zu machen. – Nach einer belgischen Staatsschrift auszugsweise bearbeitet von
                           Prof. Dr. E. L. Schubarth in Berlin.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                 Gewerbfleißes in Preußen, 1857 S. 135.
                        Ueber die sauren Gase, welche Schwefelsäure- und
                           Sodafabriken verbreiten.
                        
                     
                        
                           Vorwort.
                           Vielfältige Klagen der Landwirthe über die Beschädigung der Feld- und
                              Gartenfrüchte durch die Dämpfe der chemischen Fabriken in Belgien veranlaßten die
                              Regierung im Jahre 1854 eine Commission zur Untersuchung der Sache niederzusetzen.
                              Dieselbe theilte sich in zwei Abtheilungen; die eine, aus Chemikern bestehend,
                              unterzog sich der speciellen Kenntnißnahme der chemischen Fabriken und der dort
                              ausgeübten Fabricationsprocesse; die andere, aus Botanikern und Landwirthen
                              gebildet, widmete sich der Untersuchung des Zustandes der Vegetation auf den Aeckern
                              und Waldungen in der Nähe der Fabriken. Zugleich nahm man auch eine specielle
                              Kenntniß der Maßregeln, welche die französische Regierung ergriffen hat, um die
                              Uebelstände zu verhüten, um die es sich in Belgien handelte.
                           Während dieser Arbeiten hatte im Sommer 1855 die Aufregung des Landvolkes, welches
                              sogar die Kartoffelkrankheit den Einflüssen der chemischen Fabriken zuschrieb, so
                              zugenommen, daß sehr bedauerliche Angriffe auf die letztern stattfanden. Dieses veranlaßte die
                              Regierung, die Commission, um die weitläufigen und zeitraubenden Arbeiten zu
                              beschleunigen, durch neue Mitglieder zu verstärken, so daß es möglich wurde, Ende
                              des Jahres einen Generalbericht an das Ministerium abstatten zu können. Derselbe ist
                              unter dem Titel: „Fabriques de produits chimiques.
                                    Rapport à Mr. le ministre de l'Intérieur par la Commission
                                    d'enquête, Bruxelles 1856 4.“ erschienen.
                           ––––––––––
                           Daß die Dämpfe der chemischen Fabriken, der Rauch der Essen, wenn demselben saure
                              Gase beigemengt sind, auf die Vegetation nachtheilig wirken, ist eine anerkannte
                              Thatsache. Vielfache Klagen sind seit Jahren laut geworden. Man hat aber auch nicht
                              selten die Sache übertrieben und Flecke auf den Blättern und Verderbniß der Blüthen
                              und Früchte dem Einflusse saurer Dämpfe Schuld gegeben, welche von ganz andern
                              Ursachen herrührten, als von Frost, mikroskopischen pflänzlichen und thierischen
                              Parasiten, vom Niederschlage fremder Stoffe auf die Blätter, von ausgezeichnet
                              intensiver Sommerhitze etc. Hat man doch in Belgien die Kartoffelkrankheit von den
                              Ausdünstungen der chemischen Fabriken herleiten wollen, namentlich von dem
                              salzsauren Gase! Aber gerade in denjenigen Theilen Belgiens, wo nicht eine derartige
                              Fabrik existirt, hat jene Krankheit begonnen und größere Zerstörungen ausgeübt, als
                              da wo chemische Fabriken sind. In Frankreich und England zeigte die
                              Kartoffelkrankheit sich vor 1845 nirgends, auch nicht in der Nähe der Sodafabriken,
                              obschon letztere nach einem großen Maaßstabe arbeiteten.
                           Nichts desto weniger steht fest, daß die sauren Dämpfe der Sodafabriken den Pflanzen
                              und Bäumen in der Nähe nachtheilig sind. Angestellte chemische Untersuchungen haben
                              die Gegenwart von Spuren Salzsäure in den fleckig gewordenen Blättern, ebenso in dem
                              Wasser (Thau) dargethan, mit welchem dieselben benetzt waren. Gleiche Flecke konnten
                              künstlich durch Bestreichen der Blätter mit verdünnter Salzsäure hervorgebracht, und
                              dann selbst noch nach 8 Tagen Spuren der Säure in den Blättern nachgewiesen
                              werden.
                           Folgende Liste von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Gewächsen weist die
                              Empfänglichkeit für die Einwirkung salzsaurer Dämpfe nach; die in derselben zuerst
                              aufgeführten werden am meisten, die letzten am wenigsten angegriffen.
                           
                           
                              
                                 Weißbuche
                                 Carpinus betulus.
                                 Weißpappel
                                 Populus alba.
                                 
                              
                                 Hainbuche
                                       
                                    „       incisa.
                                 Pappel
                                       „      
                                    fastigiata.
                                 
                              
                                 Haselstrauch
                                 Corylus avellana.
                                 Zitterpappel
                                       „      
                                    tremula.
                                 
                              
                                 Eiche
                                 Quercus Robur.
                                 Lebensbaum
                                 Thuya orientalis.
                                 
                              
                                 Rothbuche
                                 Fagus sylvatica.
                                 Weinstock
                                 Vitis vinifera.
                                 
                              
                                 Birke
                                 Betula alba.
                                 Pflaumenbaum
                                 Prunus domestica.
                                 
                              
                                 Platane
                                 Acer Pseudoplatanus.
                                 Apfelbaum
                                 Malus communis.
                                 
                              
                                 Feld-Ahorn
                                   
                                    „    campestre.
                                 Birnbaum
                                 Pyrus        
                                    „
                                 
                              
                                 Weide
                                 Salix cinerea.
                                 Kirschbaum
                                 Cerasus vulgaris.
                                 
                              
                                 Schwarzdorn
                                 Crataegus
                                       oxyacantha.   
                                 Johannisbeerstr.
                                 Ribes rubrum.
                                 
                              
                                 Spindelbaum
                                 Evonymus europaeus.
                                 Rosenstrauch
                                 Rosa gallica.
                                 
                              
                                 Ulme
                                 Ulmus campestris.
                                 Hollunderstrauch
                                 Syringa vulgaris.
                                 
                              
                                 Linde
                                 Tilia platyphyllos.
                                 Himbeerstrauch
                                 Rubus idaeus.
                                 
                              
                                 Schlehdorn
                                 Prunus spinosa.
                                 Spiräa
                                 Spiraea ulmaria.
                                 
                              
                                 Lärche
                                 Larix europaea.
                                 Hopfen
                                 Humulus Lupulus.
                                 
                              
                                 Brombeerstrauch
                                 Rubus fruticosus.
                                 Erle
                                 Alnus incana.
                                 
                              
                                 Esche
                                 Fraxinus excelsior.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Während Erlen in ziemlicher Nähe bei den chemischen Fabriken nicht leiden, werden
                              Buchen und Eichen schon in größerer Entfernung von denselben angegriffen. Die
                              Ausdehnung des Rayons, innerhalb dessen die sauren Gase ihre schädliche Wirkung auf
                              die Vegetation äußern, hängt von verschiedenen Umständen ab und läßt sich nicht
                              absolut festsetzen; allein in einem jeden einzelnen Falle kann man dieselbe
                              praktisch bestimmen, indem man beobachtet, bis auf welche Entfernung diejenigen
                              Gewächse, welche am empfindlichsten gegen derartige Einflüsse sind, wie z.B.
                              Weißbuchen, aufhören irgend eine Veränderung zu zeigen, welche von jenen schädlichen
                              Ursachen bedingt werden. Der Rayon des schädlichen Einflusses ist demnach nicht
                              allein für die verschiedenen Fabriken sehr verschieden, sondern auch nach
                              Verschiedenheit der Richtungen um die Fabrik. Derselbe erstreckt sich in der
                              Richtung der herrschenden Winde am weitesten, während in der Richtung der am
                              seltensten wehenden Winde sich derselbe am wenigsten weit erstreckt und wenig
                              beträchtlich ist. Endlich scheint sich die Ausdehnung des Rayons der schädlichen
                              Wirkung in der Richtung der herrschenden Winde nicht über 2000 und nicht unter 600
                              Meter zu erstrecken (531 und 459,3 preuß. Ruthen, oder 0,256 und 0,0796 Meilen).
                           Man hat die Behauptung aufgestellt, die chemischen Fabriken begünstigten Krankheiten,
                              und es fände in den Ortschaften in der Nähe derselben eine vermehrte Sterblichkeit
                              statt. Um diese Frage zu erörtern, hat die Commission statistische Untersuchungen
                              angestellt.
                           
                           Es handelte sich um vier chemische Fabriken der Provinz Namur, in denen
                              Schwefelsäure, Salzsäure, Glaubersalz, Soda, Chlorkalk dargestellt werden. Dieselben
                              befinden sich zu Risle, Floreffe, Moustier und Auvelais.
                           Das Verhältniß der Todesfälle zur Kopfzahl der Bevölkerung der nächsten Ortschaften,
                              nach einem fünfjährigen Durchschnitte, ergibt sich aus nachstehender Uebersicht in
                              Procenten ausgedrückt.
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                    Verhältniß der
                                       Todesfälle
                                    
                                 
                              
                                         Nameder
                                       Fabriken.
                                     Zahl    derOrtschaften.
                                  vor Errichtung  der
                                    Fabriken.
                                    nach
                                    Errichtung     der Fabriken.
                                 
                              
                                 Risle
                                       
                                    5
                                    2,37 Proc.
                                       1, 90
                                    Proc.
                                 
                              
                                 Floreffe
                                       
                                    5
                                   
                                    1,53    „
                                       1,508  
                                    „
                                 
                              
                                 Moustier
                                       
                                    3
                                   
                                    1,85    „
                                       1,79    
                                    „
                                 
                              
                                 Auvelais
                                       
                                    3
                                   
                                    1,61    „
                                       1,79    
                                    „
                                 
                              
                                 Im Durchschnitt
                                       
                                    –
                                   
                                    1,79    „
                                       1,708  
                                    „
                                 
                              
                           Kein Cholerafall hat sich dort ereignet und, mit Ausnahme von Floreffe, kein Typhus
                              gezeigt, wobei zu bemerken ist, daß unter 75 daselbst Erkrankten 1 einziger
                              Fabrikarbeiter sich befand. Nach ärztlichen Beobachtungen sind im Thale der Sambre,
                              wo sich chemische Fabriken befinden, Brustkrankheiten nicht häufiger, als früher der
                              Fall war, ehe es dort solche Fabriken gab; überhaupt haben Krankheitsfälle nicht
                              zugenommen, selbst nicht bei den in den Fabriken beschäftigten Arbeitern. Obschon
                              dieselben wohl zu Anfange ihrer Arbeitszeit, ehe sie sich an die Dünste gewöhnt
                              haben, an Entzündung des Kehlkopfs, der Bronchien leiden, so verschwinden doch diese
                              Uebel bald und kehren nicht wieder. Gleiche Erfahrung hat man auch bei Pferden
                              gemacht.
                           
                        
                           I. Schwefelsäure-Fabrication.
                           Bekanntlich ist, um Schwefelsäure zu erzeugen, schwefligsaures Gas nothwendig,
                              welches entweder durch Verbrennen von Schwefel, oder durchs Rösten von Schwefelkies
                              (oder Blende) gewonnen wird. Im Nachstehenden ist nur von der letztern Methode,
                              schwefligsaures Gas durchs Rösten von Schwefelkies zu erzeugen, die Rede. Derselbe
                              wird, je nachdem er als Stuferz oder als Schliech angeliefert wird, entweder in
                              Flammöfen mit Rosten
                              (fours à grille), oder in Oefen mit Fließen
                              (fours à dalles) zur Erzeugung von
                              schwefligsaurem Gas abgeröstet.
                           Der erstere Ofen hat in seiner ganzen Länge einen Rost, auf welchen das Erz in
                              Stücken durch Oeffnungen im Gewölbe aufgegeben und gleichmäßig ausgebreitet wird.
                              Ueber dem Roste ist ein Raum, welcher die Abbrände aufnimmt und zur Zuführung der
                              zum Verbrennen des Schwefels, zur Oxydation des Eisens im Schwefelkiese, so wie für
                              die Erzeugung der Schwefelsäure in den Bleikammern nöthigen Luft dient. Ein kurzer
                              Canal leitet die Luft und das Gas in die Vorkammer. Vor der Einmündung des Ofens in
                              den Canal liegt eine eiserne cylindrische Pfanne, in welcher Salpeter mit
                              Schwefelsäure gemischt die zur Bildung der Schwefelsäure nöthige Salpeter-
                              und Untersalpetersäure liefert. Ueber diese Pfanne strömt das schwefligsaure Gas,
                              indem es die letztere zugleich erwärmt, in die Kammer. Die in 24 Stunden in einen
                              solchen Ofen aufgegebenen Röstposten, 4 bis 8 an der Zahl, betragen etwa 2 bis 3000
                              Kilogr.,1 Kilogramm= 2 Zollpfund.1 Meter= 3,1862 preuß. Fuß oder = 38,234
                                             Zoll.1 Decimeter= 3,8234    
                                             „      Zoll. die Höhe der Schwefelkiesschicht 2 bis 3 Decimeter. Man hat sich auch aus
                              Schwefelkies-Schliech und Thonbrei gebildeter Steine bedient, die man zu 1/4
                              dem Schwefelkies in Stücken zugibt. – Um beim Entleeren des Ofens von den
                              Abbränden am Ende einer Röstung den Eintritt von Staub in die Bleikammer zu
                              verhüten, wird der Zug abgesperrt; damit aber auch der Arbeiter nicht von demselben
                              und dem schwefligsauren Gase, welches die glühenden Abbrände ausgeben, leide, ist
                              ein Canal geöffnet, welcher aus dem Raume unter dem Roste nach dem Schornsteine der
                              Anstalt führt.
                           Der Fließenofen unterscheidet sich von ersterem dadurch, daß die Sohle aus Fließen
                              oder Platten besteht, welche auf niedrigen Pfeilern ruhen, zwischen denen die
                              Feuerungen mit Rosten und Aschenfällen angelegt sind. Das Besetzen geschieht wie bei
                              den vorigen Oefen, das Abräumen der Abbrände durch eine während des Röstens mit
                              einer Platte bedeckte Oeffnung in einen Keller oder (was sehr zu tadeln ist) in
                              eiserne vor den Oefen gestellte Kästen. – Man verbrennt in 24 Stunden
                              mindestens 5000 Kilogr. in 6–8 Posten, und gibt dem Schlieche in dem Ofen
                              eine Höhe von 0,08 bis 0,10 Meter.
                           Um den Zug in den Kammern zu reguliren und die durch denselben mit fortgerissene
                              Untersalpetersäure, welche als ein rothgelber Dampf entweicht, zurückzuhalten, hat
                              man sich verschiedener Vorrichtungen bedient.
                           
                           Man hat das aus der Kammer entweichende Gas in einen Bleikasten geleitet, aus welchem
                              es durch eine Röhre, in der sich ein stellbarer Schieber befindet, in den
                              Fabrikschornstein abgeführt wird. Ein Dampfstrahl befördert den Zug. Man hat auch
                              wohl den Bleikasten mit Kohks gefüllt, die aber zum Zuge nachtheilig waren.
                           Eine andere Art der Zugregulirung besteht in einer in dem Abzugsrohre angebrachten
                              Bleiplatte mit mehreren Oeffnungen, die nach Umständen mit irdenen oder bleiernen
                              Stöpseln geschlossen werden können. Zu dem Ende befindet sich in der Röhre oberhalb
                              jener Platte seitwärts eine mit einem Schieber verschließbare Oeffnung. Um die in
                              diesem Ausgangsrohre niedergeschlagene saure Flüssigkeit abzuleiten, dient ein
                              Bleirohr. Ein Dampfstrahl befördert den Zug und die Absorption der sauren Gase.
                           Zur Absorption der salpetersauren Dämpfe hat man Bleikästen angewendet, mit
                              Glaskugeln, Kohks gefüllt, die von oben mit Schwefelsäure berieselt werden, während
                              die Gase von unten eintreten. Endlich sind auch Bombonnes, in zwei parallele Reihen
                              auf einer ansteigenden Bühne geordnet, zu gleichem Zwecke benutzt worden, durch
                              welche die Gase durch einen Zugregulator nach dem Fabrikschornstein abziehen,
                              während die in ihnen condensirte Flüssigkeit, nahe dem Boden durch Bleiröhren
                              abgezogen, in eine der Vorkammern des Schwefelsäure-Bildungs-Apparates
                              geleitet wird.
                           Die Kammersäure wird in bleiernen offenen Pfannen auf 60° B. abgedampft und
                              sodann zur Erzeugung von Glaubersalz verwendet. Während des Abdampfens entweichen
                              Wasserdämpfe, welche etwas Schwefelsäure mit fortreißen, die sich, wenn das Local
                              nicht gehörigen Luftwechsel gestattet, durch Reizung der Schleimhäute der Luftröhre
                              und Lungen bemerklich machen. Die Concentration auf die höchste Dichtigkeit für den
                              Handel, 66° B., wird theils in Glasretorten oder Ballons, theils in
                              Platinblasen mit Kühlung vorgenommen, wobei keine irgend lästigen Dämpfe entweichen,
                              da man bemüht ist, die bei Anwendung von Ballons entweichenden sauren Dämpfe, um sie
                              nicht zu verlieren, in Bombonnes oder in einen mit Kohks angefüllten Kasten zu
                              leiten, in welchem eine Berieselung mit Wasser stattfindet. Das uncondensirte Gas
                              wird in die Esse abgeführt.
                           Es soll nun die Frage erörtert werden: in welchem Verhältnisse stand in jenen vier
                              Fabriken die erzeugte Menge Schwefelsäure zu der Menge des gerösteten
                              Schwefelkieses, wie groß war der Verlust?
                           In der Fabrik zu Risle sind 924500 Kilogr. Schwefelkies in Stücken und 819000 Kilogr.
                              in Schliechform innerhalb 10 Monaten geröstet worden. Ersterer enthielt 47,56 Procent, letzterer 39,71
                              Proc. Schwefel; die Abbrände enthielten von ersterem noch 6,65, von letzterem 14,95
                              Proc. Schwefel. Von ersterem wurden 70,76, von letzterem 62,71 Proc. Abbrände im
                              Mittel erhalten. Hieraus folgt: daß von dem Schwefelkiese in Stücken 42,86, von dem
                              Schlieche aber nur 30,34 Proc. Schwefel verbrannt worden sind. Es hat also betragen
                              die verbrannte Schwefelmenge aus 924500 Kilogr. Schwefelkies in Stücken 396259
                              Kilogr., von 819000 Kilogr. Schliech 248500 Kilogr., zusammen 644759 Kilogr. Die
                              Gewichtsmenge Schwefelsäure von 60° B., welche mit dem vorstehend angegebenen
                              Gewichte verbrannten Schwefels erzeugt wurde, betrug 1,894185 Kilogr.; es sind also
                              aus 100 Schwefel 293,78 Theile Schwefelsäure von 60° gewonnen worden. Nach
                              der Theorie sollen aber 306,25 Schwefelsäure von 66°, oder 392,62 von
                              60° B. gewonnen werden.Baudrimont führt in seinem Traité de chimie Tome I pag.
                                    587 die Fabrik von Porquerolles an, wo man im
                                    Durchschnitte vieler Jahre diese theoretische Ziffer erreicht hat; in
                                    anderen best eingerichteten Fabriken kam man bis auf 384,6 einer Säure von
                                    60° B. Es sind also 98,84 Theile Säure, oder 25 Proc., weniger gewonnen, als der
                              Theorie nach hätten erzeugt werden können, oder 90,83 Theile weniger, d. i. 23 Proc.
                              derjenigen Menge, welche vorzüglich eingerichtete Fabriken gewinnen.
                           Diese Minderproduction hat ihren Grund darin, daß eine bedeutende Menge
                              schwefligsaures Gas nicht in Schwefelsäure umgewandelt worden ist; sie beträgt, wenn
                              man das theoretische Resultat zu Grunde legt, nicht weniger als: 637269 Kilogr.,
                              oder selbst noch 585624 Kilogr., wenn man 23 Proc. Verlust annimmt. 637269 Kilogr.
                              Säure von 60° B. entsprechen aber bei 0° Wärme und einem
                              Barometerstande von 0,76 Meter einem Volum von 111060 Kubikmeter schwefligsauren
                              Gases, und 585624 Kilogr. einem Volum von 102867 Kubikmeter. Nimmt man letztere Zahl
                              an, so war der tägliche Verlust an schwefligsaurem Gase 338 Kubikmeter (10932 preuß.
                              Kubikfuß), in der Secunde 3,9 Liter (218 Kubikzoll).
                           In der Fabrik zu Floreffe betrug die Menge der von 100 Schwefel gewonnenen
                              Schwefelsäure von 60° B. 287,96, der Verlust an Säure in 10 Monaten nach der
                              theoretischen Schätzung 359775 Kilogr., welchen 63195 Kubikmeter schwefligsaures Gas
                              entsprechen, oder nach der zweiten Annahme 332239 Kilogr., welchen 58359 Kubikmeter
                              Gas entsprechen, oder täglich 191 Kubikmeter, in der Secunde 2,2 Liter (123
                              Kubikzoll).
                           In der Fabrik zu Moustier gingen täglich 207, in der zu Auvelais 193 Kubikmeter
                              schwefligsaures Gas verloren.
                           
                           Ein Theil dieses sehr bedeutenden Verlustes an schwefligsaurem Gase hat durch den Zug
                              aus den Bleikammern in die Fabrikesse stattgefunden, ein anderer Theil ist durch die
                              Thüren und Oeffnungen der Röstöfen entwichen; endlich hat auch dadurch ein Verlust
                              stattgefunden, daß Schwefelsäure durch den Zug und beim Abdampfen mit fortgerissen
                              wurde.
                           Die chemische Untersuchung des Gasgemenges, welches durch das Abzugsrohr in die Esse
                              abgeführt wird, hat folgendes Resultat ergeben:
                           
                              
                                 
                                 Schwefligsaures  
                                             Gas.
                                 Sauerstoffgas.  
                                 Stickstoffgas.
                                 
                              
                                 Zu Risle
                                         1,22
                                      15,74
                                      83 04
                                 
                              
                                   „  Floreffe
                                         0,38
                                      15,45
                                      84,17
                                 
                              
                                   „  Moustier
                                         1,265
                                      13,695
                                      85,040
                                 
                              
                           Tabellarische Zusammenstellung der Resultate.
                           
                              
                                 
                                 
                                   Verlust
                                       anSchwefelsäure.
                                       Schwefligsaures
                                       Gas.
                                 
                              
                                   Name   derFabriken.  
                                   GewonneneSchwefelsäure    
                                    von 60°
                                    B.      Kilogr.
                                 Nach
                                    der Theorie.  Kilogr.
                                     
                                    Auf  100
                                    Thle.gewonnener     
                                    Säure.    Kilogr.
                                       DemSäureverlusteentsprechend.    
                                    Kubikmet.
                                    Durch  die
                                    Esseentwichen.  Kubikmet.
                                       
                                    Durch      die
                                    Esse entwichen v. d.Gesammtverluste.
                                 
                              
                                 Risle
                                   1,894183
                                 637269
                                     33,64
                                     111060
                                   58606
                                       
                                    52,76
                                 
                              
                                 Floreffe
                                      989950
                                 359775
                                     36,33
                                       63195
                                   23319
                                       
                                    36,90
                                 
                              
                                 Moustier
                                   1,622465
                                 401342
                                     24,73
                                       70496
                                   33129
                                       
                                    46,98
                                 
                              
                                 Auvelais
                                   1,019841
                                 363461
                                     35,63
                                       63843
                                   29074
                                       
                                    45,54
                                 
                              
                           Geht man auf die Ursachen des Verlustes specieller ein, so können folgende
                              unterschieden werden:
                           1) Der mangelhafte Betrieb der Röstung des Schwefelkieses, indem ein bedeutender
                              Ueberschuß an Luft das schwefligsaure Gas aus den Röstöfen in die Kammern
                              begleitete.
                           Um 1 Kilogr. Schwefel in den Oefen zu verbrennen und in Schwefelsäure zu verwandeln,
                              sind 2,1 Kilogr. Sauerstoff erforderlich, nämlich 1 Kilogr zur Erzeugung der
                              schwefligen Säure, 0,5 Kilogr. um diese in Schwefelsäure umzuwandeln, und 0,6 Kilogr. um das
                              Stickstoffoxyd, welches durch den Einfluß eines Ueberschusses an schwefliger Säure
                              und Wasser in Stickstoffoxydul umgewandelt wird und dadurch für die Fabrication der
                              Säure verloren gehen würde, wieder herzustellen. Da nun die atmosphärische Luft 23
                              Gewichtsprocente Sauerstoff enthält, so sind 9,13 Kilogr. Luft, oder 7060 Liter bei
                              0° und 0,76 Met. Barometerstande zu obigem Behufe erforderlich und zwar
                           
                              
                                 3362 Liter
                                 um schweflige Säure zu bilden,
                                 
                              
                                 1681    „
                                   „
                                    die    
                                    „          
                                    „    in Schwefelsäure, und
                                 
                              
                                 2017    „
                                   „ das Stickstoffoxydul in
                                    Stickstoffoxyd umzuwandeln
                                 
                              
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 7060 Liter.
                                 
                                 
                              
                           Nach der Condensation der Schwefelsäure wird das übrig gebliebene Gasgemenge
                              enthalten:
                           
                              
                                 Sauerstoff  
                                    419,5Stickstoff 1597,5
                                 
                                    
                                    
                                 atmosph. Luft
                                 2017 Liter
                                 
                              
                                       
                                    –        der
                                    verbrauchten Luft
                                 3994   –
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                         
                                    Summa
                                 6011 Liter.
                                 
                              
                           Es werden also in dem Gasgemische, welches aus den Kammern kommt, nur noch 6,97 Proc.
                              Sauerstoff dem Raume nach enthalten seyn.
                           Die Röstöfen erfordern aber mehr Sauerstoff um den Schwefelkies zu oxydiren, da auch
                              das Eisen, indem es in Oxyd übergeht, Sauerstoff aufnimmt. Um 1,875 Kilogr.
                              Schwefelkies, in welchem 1 Kilogr. Schwefel enthalten ist, zu oxydiren, sind 8320
                              Liter Luft erforderlich, wovon 1260 auf das Eisen kommen. Es bleibt also nach der
                              Niederschlagung der Schwefelsäure ein Gasgemisch von 7009 Liter mit 5,98
                              Volumprocenten Sauerstoff.
                           Vergleicht man nun dieses theoretische Resultat mit den Ergebnissen von 15 chemischen
                              Analysen der Gase, welche aus den Schwefelsäurekammern jener Fabriken abziehen, so
                              ergibt sich, daß in letzteren im Mittel 15,30 Sauerstoffgas enthalten war (das
                              Maximum betrug 17,42, das Minimum 11,68). Hieraus folgt: daß man 2,5mal mehr Luft in
                              die Kammern eingeführt hatte, als erforderlich war, selbst wenn man reinen
                              Schwefelkies geröstet hätte. Dieser schädliche Ueberschuß an Luft verursacht, daß
                              das schwefligsaure Gas nicht hinlänglich Raum in den Kammern hat, um daselbst die
                              zur chemischen Reaction erforderliche Zeit verweilen zu können; es wird daher eine
                              bedeutende Menge in die Esse entweichen. – Als man in Auvelais die Röstposten
                              verminderte, stieg die Production um 1/3, und in Moustier nahm dieselbe, als man
                              eine dritte Kammer mit den beiden in Gebrauche stehenden verband, um 18–20
                              Procent zu.
                           
                           Woher stammt aber dieser Ueberschuß an Luft in den Kammern? In den Röstöfen mit
                              Fließen findet die Verbrennung des Schwefelkieses unter den ungünstigsten Umständen
                              statt; die Berührung des Schliechs mit der Luft ist zu gering; das Verbrennen findet
                              nur an der Oberfläche statt. Man ist daher gezwungen, alle halbe Stunden 10 Minuten
                              lang den Schliech durchzukrücken. Während dieser Arbeit stehen die Thüren offen und
                              die Luft strömt, ohne zum Verbrennen des Schwefels etwas beigetragen zu haben, durch
                              den Ofen in die Kammern. In den Oefen mit Rosten durchdringt die Luft die Schichten
                              des Kieses, die 3–5 Decimeter hoch sind, es findet kein regelmäßiges
                              Verbrennen statt; auch hier zieht viel Luft während der Ausbreitung des Erzes über
                              dem Rost bei offenen Arbeitsthüren in die Kammer.
                           Nachstehend eine Vergleichung der Ergebnisse des Röstens von Schwefelkies in
                              beiderlei Oefen der Fabrik zu Risle.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 145, S. 384
                              Monate; Schwefelkies in Stücken;
                                 100 Gewichtstheile Schwefelkies-Schliech; 100 Gewichtstheile; Verbrauchte;
                                 Menge; Schwefelsäure von 60°; gaben Schwefelsäure; Verbrauchte Menge;
                                 Schwefelsäure von 60°; Schwefelkies gaben Schwefelsäure; Kilogr.; Juli;
                                 August; September; October
                              
                           356200 Kilogr. Schwefelkies in Stücken enthalten 152674 Kilogr., und 270600 Schliech
                              82105 Kilogr. nutzbaren Schwefel. Theoretisch hätte die erstere Schwefelmenge 599428
                              Kilogr. Schwefelsäure von 60° und die letztere 322360 geben müssen. Hieraus
                              ergibt sich ein Verlust im erstern Falle von 125765 für die Oefen mit Rosten, im
                              letztern von 100079 für die Oefen mit Fließen, oder für die erstern auf 100 Kilogr.
                              verbrannten Schwefel von 82,37 Kilogr. und für die letztern von 121,89 Kilogr. Aus
                              diesen Zahlen folgt: daß der Fließenofen ein weit ungünstigeres Resultat gibt, als
                              der Ofen mit Rost, obschon auch dieser noch mangelhaft arbeitet.
                           
                           Den Uebelständen beim Gebrauche des Rostofens kann dadurch abgeholfen werden, daß man
                              mehrere, von geringeren Dimensionen, neben einander anlegt und mit einem
                              gemeinschaftlichen Abzugscanale verbindet. – Die Fabrikbesitzer, welche zu
                              Folge der vorgeschlagenen Verbesserungen kleinere Oefen mit Rosten eingeführt haben,
                              erkennen einstimmig an, daß dadurch die Ausbeute wesentlich vermehrt worden ist, und
                              daß durch eine Vermehrung derselben eine Production wird erreicht werden können,
                              welche der früheren mindestens gleichkommen wird. Ein Fabrikdirector bemerkte, es
                              werde durch die größere Anzahl der Rostöfen ein Zurückstoßen des schwefligsauren
                              Gases bewirkt, welches er nicht habe bewältigen können. Die Ursache davon liegt
                              jedoch in der mehr oder minder regellosen und complicirten Construction der Füchse,
                              die in das senkrechte allgemeine Abzugsrohr einmünden, welches das Gas in die
                              Kammern leitet, ferner in der zu geringen Höhe des letztern. In Frankreich ertheilt
                              man demselben eine Länge von mindestens 8 Meter. Endlich ist auch der Zug durch
                              einen Dampfstrahl zu bethätigen.
                           Man wird ferner die gerügten Nachtheile vermeiden, wenn man die Rostöfen nach
                              einander besetzt, um einen mittleren Zug zu erhalten, der desto regelmäßiger seyn
                              wird, je mehr Oefen verbunden sind. Jeder derselben muß eine Salpeterpfanne haben,
                              wodurch eine regelmäßigere Entwickelung von salpetersauren Dämpfen ermöglicht wird.
                              Ferner wird durch eine Vermehrung der Höhe der Kiesschicht über dem Roste der Luft
                              mehr Gelegenheit gegeben, mit dem letztern in Berührung zu kommen, es wird weniger
                              Sauerstoff ungenützt in die Kammer entweichen. Die zweckmäßigste Höhe der
                              Kiesschicht kann nur durch Versuche ermittelt werden. In England macht man die Oefen
                              2 Meter hoch, im Innern 0,8 Met. breit, 0,8 bis 1,0 Met. tief; der Rost liegt 0,2
                              Met. über der Sohle, und die Schichten haben eine Höhe von 0,8 Meter. Eine Thür mit
                              Regulationsschieber gestattet der Luft Zutritt unter den Rost, eine zweite dient zum
                              Aufgeben, eine dritte, in der Decke des Ofens, um das Salpetergefäß, welches auf
                              eisernen Stangen über der Flamme des Kieses aufgestellt ist, zu besetzen.
                           Die Fließenöfen scheinen keiner Verbesserung fähig zu seyn und sollten ganz
                              aufgegeben werden, und zwar um so mehr, als man sich der Oefen mit Rosten auch für
                              Schliech bedienen kann, wenn man den letztern in Steine formt. Man fertigt dieselben
                              mit Zusatz von 25 Proc. Thon und etwas Wasser, trocknet sie an der Luft, zuletzt auf
                              dem Ofengewölbe. Die Kosten der Handarbeit werden durch Ersparung an Brennmaterial
                              gedeckt, welches durch die Fließenöfen in nicht unbeträchtlicher Menge verschwendet wird. (Ein solcher
                              Ofen, in welchem in 24 Stunden 2400 Kilogr. Schliech geröstet werden, verzehrt etwa
                              900 Kilogr. Steinkohlen, im Betrage von 10 Fr. 35 Cent., während die Herstellung von
                              1000 Kilogr. Schliechsteinen 5 Fr. 50 Cent. kostet.)
                           2) Ein zweiter Grund des Verlustes liegt in der Benutzung des Salpeters statt der
                              Salpetersäure, die man bei dem Gebrauche von Schwefel statt Schwefelkies in die
                              Kammer einzulassen pflegt. Ist nun auch die Menge des Salpeters dem Gewichte der bei
                              andern Apparaten gebräuchlichen Menge Säure ziemlich entsprechend, so ist doch die
                              Entwickelung der Salpetersäure aus dem Salpeter ziemlich ungleichförmig und von
                              Nachtheil für den regelmäßigen Gang des Apparats. Anfangs sind die Dämpfe der sich
                              entbindenden Säure im Ueberschusse vorhanden, zuletzt tritt ein Mangel ein.
                           3) Ein dritter Grund, allein von geringerem Belange, ist in dem Einflusse der
                              Temperatur zu suchen, wenn die Kammern im Freien aufgestellt sind.
                           Fabriken, welche Schwefel statt Schwefelkies verbrennen, arbeiten ohne alle Frage
                              weit vollkommener und geregelter, indem es unmöglich ist, in gleichen Zeiten gleiche
                              Mengen schwefligsauren Gases zu erzeugen. Wesentlich ist hierbei, daß das
                              schwefligsaure Gas nicht zu heiß mit der Salpetersäure in Berührung komme. Ist alles
                              in gutem Gange, so enthält das aus dem Zugrohre entweichende Gasgemisch
                              Stickstoffgas mit, 4–6 Procent Sauerstoffgas, etwas schwefligsaures und
                              salpetrigsaures Gas, sehr wenig Wasserdampf.
                           Um dem Entweichen der beiden letzteren Gase entgegen zu treten, wendet man, bevor
                              dieselben ins Abzugsrohr gelangen, ein System von etwa 30 Bombonnes an. Die ersten
                              10 enthalten etwas Wasser und dienen als Condensatoren, die nächstfolgenden 10 sind
                              bis zur Hälfte mit einer Lösung von salpetersaurem Baryt angefüllt; in den letzten
                              10 befindet sich Wasser und gestoßener Witherit (kohlensaurer Baryt). Diese
                              Einrichtung hat der bekannte Chemiker Kuhlmann in Lille
                              eingeführt. Um den Zug und die chemische Aufeinanderwirkung zu befördern, leitet man
                              einen schwachen Dampfstrahl in die erste Bombonne. Durch diese Anordnung gewinnt man
                              in der zweiten Abtheilung der verbundenen Gefäße schwefelsauren Baryt (als
                              unveränderliche weiße Farbe von guter Deckkraft [permanent
                                 white, blanc fix] verkäuflich), in der dritten salpetersauren Baryt, den
                              man zur Füllung der zweiten Abtheilung benutzt. Auf diese Weise werden beide sauren
                              Gase nicht verloren, sondern nutzbar gemacht und jede Belästigung aufgehoben.
                           
                           Ein anderer Vorschlag, das Entweichen von schwefligem und salpetrigsaurem Gas zu
                              verhüten, ist folgender: Man läßt das aus der letzten Kammer abziehende Gas durch 3
                              oder 4 große irdene Bombonnes ziehen, welche zur Hälfte mit concentrirter
                              Salpetersäure gefüllt sind. Dadurch wird die schweflige Säure in Schwefelsäure
                              umgewandelt und ein Theil der salpetrigen Säure verschluckt. Aus der letzten
                              Bombonne wird das Gas in eine weite bleierne Röhre von 30' Höhe 3' Durchmesser
                              geleitet, welche von Außen mit Holz verschalt und mit Ringen versehen ist. Im Innern
                              befinden sich aus Steinzeug gefertigte Krüge (Kohks werden zu leicht zerstört).
                              Concentrirte Schwefelsäure von 66° B., in dünne Strahlen zertheilt, träufelt
                              stetig auf dieselben nieder und hält sie, während das Gas emporsteigt, feucht. In
                              der Schwefelsäurefabrik von de Hemptinne hat sich solch
                              ein Apparat vorzüglich bewährt. Für je 100 Kilogr. erzeugter concentrirter Säure
                              ließ man 15 Kilogr. conc. Säure in den Absorptionsapparat fließen. Die letztere wird
                              sodann in die Vorkammer gebracht und hier durch die Einwirkung des schwefligsauren
                              Gases und des Wasserdampfes von der aufgenommenen salpetrigen Säure befreit. Durch
                              diese Vorrichtung ist man dahin gelangt, die Menge der Salpetersäure bis zu 1/3 zu
                              verringern, wodurch die Kosten der Concentration jener 15 Procent angewendeter
                              Schwefelsäure gedeckt werden. – Statt dieser Absorptionssäure kann auch eine
                              Reihe von 30–40 auf einer Bühne ansteigend aufgestellter, zur Hälfte mit
                              Wasser angefüllter Bombonnes dienen.Man vergleiche hiermit die Angaben des Hrn. Dr.
                                    Kunheim im polytechn. Journal Bd. CXLII S. 339.
                              
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)