| Titel: | Ueber die Fabrication des Puddelstahls, nebst Bemerkungen über dessen Verwendung; von William Clay, Theilhaber der Mersey Stahl- und Eisenwerke zu Liverpool. | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XIV., S. 40 | 
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                        XIV.
                        Ueber die Fabrication des Puddelstahls, nebst
                           Bemerkungen über dessen Verwendung; von William Clay, Theilhaber der Mersey Stahl-
                           und Eisenwerke zu Liverpool.
                        Aus dem Journal of the Society of arts vom 22. Januar
                              1858.
                        Clay, über die Fabrication des Puddelstahls, nebst Bemerkungen über
                           dessen Verwendung.
                        
                     
                        
                           In der Arbeit, welche ich hiemit vorlege, behandle ich die Puddelstahlfabrication,
                              jedoch nur aus dem praktischen Gesichtspunkte.
                           
                           Auf dem Festlande von Europa, namentlich in der preußischen Provinz Westphalen, hat
                              man bereits seit dem Jahre 1850 die Puddelstahlfabrication im Großen ausgeführt, und
                              es ist das Fabricationsquantum seitdem sehr bedeutend gestiegen; die Anwendung des
                              Puddelstahls ist jedoch in Betracht der vortheilhaften Verwendbarkeit eines so
                              festen und dauerhaften Materials, welches für mäßige Kosten hergestellt werden kann,
                              bis jetzt als eine sehr beschränkte zu bezeichnen.
                           Den hier zu beschreibenden Proceß hatte sich bereits im Jahre 1850 Hr. Ewald Riepe patentiren lassenDie Beschreibung seines Patents wurde im polytechn. Journal Bd. CXVIII S. 207 mitgetheilt. A. d.
                                    Red., und man kann wohl die Frage auswerfen, warum ein so werthvolles Patent in
                              England so lange unbekannt blieb. Ein Grund hievon ist in den schlechten
                              Gesundheitsumständen des Patentinhabers zu suchen, welcher nie im Stande war, sich
                              einige Tage hintereinander mit dem Gegenstande zu beschäftigen. Ein zweiter Grund
                              besteht darin, daß das Patent gleich anfänglich von einer der bedeutendsten
                              brittischen Firmen, der „Lowmoor Eisenbahncompagnie“ erworben
                              wurde, welche bis jetzt etwa 1000 Tonnen Puddelstahl fabricirt, soviel bekannt,
                              denselben aber nicht weiter verarbeitet hat, sondern die Puddelstahlstäbe an
                              verschiedene Häuser in Sheffield verkauft, welche die weitere Verarbeitung
                              vornehmen; dahin gehören besonders die HHrn. Naylor, Vickers
                                 und Comp. in der genannten Stadt, welche den Puddelstahl als Material zu
                              ihren Gußstahlglocken verwenden.
                           Das Riepe'sche Patent lautet im Wesentlichen
                              folgendermaßen: – „Die Verbesserungen bestehen 1) in einem
                                 eigenthümlichen Verfahren des Puddelbetriebes; 2) in der Verwandlung des
                                 Roheisens (oder der Legirungen von Roh- und Stabeisen) in Stahl, unter
                                 Mitwirkung von Thonzuschlag im Ofen, sowie 3) unter Mitwirkung von
                                 atmospärischer Luft.“
                              
                           
                              „Der Puddelofen wird auf dieselbe Weise benutzt, wie bei der
                                 Stabeisenfabrication. Der Ofen wird mit 280 Pfd. Roheisen besetzt, und wird bis
                                 zur Rothglühhitze gefeuert. Sobald das Metall zu schmelzen beginnt und im
                                 flüssigen Zustande niedertröpfelt, wird das Register theilweise geschlossen, um
                                 die Temperatur zu mäßigen. Man bringt alsdann 12 bis 16 Schaufeln voll
                                 Hammerschlag oder Gahrschlacken von der Zängemaschine oder den Puddelwalzen in
                                 den Ofen, und schmilzt das Ganze dann nieder. Beim Puddeln wird etwas
                                 Mangansuperoxyd (Braunstein), Kochsalz und trockener Thon, die vorher
                                 zusammengerieben worden sind, zugesetzt. Nachdem dieser Zuschlag einige Minuten
                                 gewirkt hat, wird das Register vollständig geöffnet und es werden etwa 40 Pfd.
                                 Roheisen in den Ofen gebracht und in der Nähe der Feuerbrücke auf
                                 Cinderunterlagen, die zu dem Zweck gebildet worden sind, abgesetzt. Wenn dieses
                                 Roheisen wieder zu tröpfeln und die Masse auf dem Ofenherde aufzukochen beginnt,
                                 und auf ihrer Oberfläche sich die bekannten blauen Flämmchen erheben, so wird
                                 das Roheisen in die aufkochende Masse gezogen und das Ganze zusammengerührt. Die
                                 ganze Masse steigt alsdann in die Höhe und es bilden sich kleine Körner in
                                 derselben, welche durch den geschmolzenen Cinder auf der Oberfläche
                                 hervorkommen. Sobald diese Körner erscheinen, wird das Register zu Dreiviertel
                                 geschlossen und die Masse tüchtig durchgerührt. Während dieses ganzen Processes
                                 darf die Temperatur nicht höher als zur Kirschrothhitze steigen. Die blauen
                                 Flämmchen verschwinden nach und nach, während die Körnerbildung fortdauert und
                                 die Körner zu einer teigigen Masse zusammenschweißen, welche kirschroth ist.
                                 Läßt man diese Vorsichtsmaßregeln unbeachtet, so wird die Masse mehr oder
                                 weniger zu Eisen reducirt und man erhält keinen gleichartigen Stahl. Sobald der
                                 Proceß soweit gediehen ist, wird frisches Brennmaterial eingeschürt, um für den
                                 folgenden Theil des Processes die erforderliche Temperatur zu erhalten; das
                                 Register wird gänzlich geschlossen und ein Theil der Masse zu einer Luppe oder
                                 einem Ball vereinigt, während der andere Theil von der Cinderschlacke bedeckt
                                 bleibt. Der Ball kommt unter den Hammer und wird zu einem Kolben ausgeschmiedet.
                                 Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis die ganze Stahlmasse in Balls
                                 gebildet und zu Kolben ausgeschmiedet worden ist. Wird Spiegel- oder
                                 sogenanntes Rohstahleisen, aus Spatheisenstein erblasen, entweder für sich
                                 allein oder mit anderem Roheisen angewendet, so setzt man nur etwa 20 Pfd.
                                 Spiegeleisen in der spätern Periode hinzu, statt nach der obigen Angabe 40 Pfd.
                                 Wird Waleser oder anderes derartiges Roheisen angewendet, so wirft man 10 Pfd.
                                 besten Töpferthon, trocken und zerpulvert, vor dem Anfang des Processes auf den
                                 Ofenherd; in der spätern Periode werden 40 Pfd. von dieser Roheisensorte
                                 zugesetzt und ebenfalls 10 Pfd. Thonpulver darüber gestreut.“
                              
                           
                              „Als ihm eigenthümlich beansprucht der Erfinder nicht die Stahlbereitung
                                 im Puddelofen, sondern nur die Regulirung der Hitze bei dem Vollendungsproceß,
                                 und den Ausschluß der atmosphärischen Luft von der Masse auf oben beschriebene
                                 Weise, endlich den Zusatz von Roheisen während des letzten Theiles des
                                 Processes.“
                              
                           Statt daß die Luppen zu Stäben ausgewalzt werden, schmiedet man sie auf den
                              Mersey-Eisenwerken in sogenannte Brammen oder in flache Stäbe aus, welche zu größeren
                              und kleinen Schmiedestücken, Schienen, Platten und zu anderen geschmiedeten oder
                              gewalzten Stahlartikeln, die eine vollkommene Festigkeit erfordern, verwendet
                              werden. Zu gewöhnlichen Zwecken werden auf jenem Werke Puddelstahlstäbe von 2 bis zu
                              14 Zoll Dicke hergestellt, die dann zerschnitten, packetirt, ausgeschweißt und zu
                              verschiedenen Zwecken verarbeitet werden.
                           Sehr zweckmäßig ist es, die Puddelstahlstäbe vor ihrem Gebrauch zu probiren, um die
                              zu jedem Zweck geeignetste Stahlsorte auszuwählen, wie z.B. zu stählernen
                              Eisenbahnschienen oder zu Zungen für Weichen, die ich in einer Hitze direct zu der
                              regelmäßigen, spitz zulaufenden Form auswalze, welches Verfahren ich mir patentiren
                              ließ. Zu der obern und untern Oberfläche der Schiene oder Zunge wähle ich höchst
                              krystallinischen Stahl, zu dem innern Theil fadigen oder nervigen, welcher mehr zähe
                              als hart ist, und zwischen beide Sorten kommt in die Packete Stahl von mittlerer
                              Beschaffenheit, damit sich dieselben gut schweißen und zu festen Schienen
                              verarbeiten lassen.
                           Beim Verarbeiten von Stahl muß man bekanntlich die größtmögliche Sorgfalt beim
                              Ausschweißen, Schmieden und Walzen anwenden; aber vom Anfang an hat man beim Wärmen,
                              Schmieden oder Walzen dieses Stahls zu irgend einer Form, als Platten, Stäben,
                              Winkelstahl, Nietstäben, Schienen, Zungen, so wie zu geschmiedeten Artikeln aller
                              Art, gar keine Schwierigkeiten gefunden, sondern die Arbeit wurde stets leicht und
                              gelungen ausgeführt. Seitdem der Puddelstahl-Betrieb auf den
                              Mersey-Werken eingeführt worden ist, hat man dieses Material zu allen
                              Gegenständen, bei welchen man Festigkeit und Dauerhaftigkeit beansprucht, angewendet
                              und niemals soviel Ausschuß gehabt, wie er sonst auf Eisenwerken, welche viele
                              Maschinentheile fabriciren, vorkommt.
                           Es ist bemerkenswerth, daß, obgleich dieser Proceß so neu und anscheinend so
                              schwierig ist, mir schon die ersten Versuche, obgleich ich das Verfahren nur aus der
                              Patentbeschreibung kannte und nie einen Stahlpuddelofen im Betriebe gesehen hatte,
                              sofort gelangen, so daß, nachdem ungefähr 100 Tonnen producirt worden waren, der
                              Stahl nicht besser seyn konnte. Ich habe Roheisen aller Art verpuddelt, Nordwaleser,
                              Südwaleser, Staffordshirer und schottisches, mit gleichem Erfolg, nämlich der
                              Erzeugung eines trefflichen Stahls. Auch fand ich keinen wesentlichen Unterschied
                              zwischen heiß und kalt erblasenem Roheisen; es wurden mit beiderlei vortreffliche
                              Resultate erlangt; dieß ist wichtig, weil es beweist, daß die Ausdehnung der
                              Puddelstahlfabrication nicht durch die Anwendbarkeit von bloß kalt erblasenem
                              Roheisen beschränkt ist.
                           
                           Wenden wir uns nun zu der Beschaffenheit des producirten Materials.
                           Die Puddelstahlstäbe zeigen, wenn sie zerbrochen worden sind, einen deutlichen
                              krystallinischen und ebenen Bruch und geben einen schönen Klang, wenn dagegen
                              geschlagen wird. Die Krystalle sind viel feiner und regelmäßiger als bei dem
                              gewöhnlichen Blasenstahl (unraffinirtem Brennstahl), und das ungeübte Auge kann auf
                              dem Bruch kaum einen Unterschied im Vergleich mit dem besten Gußstahl finden; auch
                              besitzt er alle charakteristischen Kennzeichen, wodurch sich der Stahl von dem Eisen
                              unterscheidet. Er nimmt jeden erforderlichen Grad von Härte an, erhält bei den
                              verschiedenen Temperaturgraden die bekannten Anlauffarben, und kann zu groben
                              Meißeln und ähnlichen Artikeln sofort aus den Puddelstäben verarbeitet werden; er
                              nimmt eine sehr gute Politur an und hat dieselbe Elasticität, welche der Stahl
                              gewöhnlich besitzt. Kurz, er ist zu einer Menge von Gegenständen benutzbar, mit
                              Ausnahme vielleicht der feineren Werkzeuge und Messerschmied-Arbeiten.
                           Eine Eigenthümlichkeit des Puddelstahls ist, daß er eben so leicht von großer Härte,
                              als von großer Weichheit mit seidenartiger Textur, und von allen Graden zwischen
                              diesen beiden äußersten Gränzen, dargestellt werden kann. Auch lassen sich die
                              Puddelstahlstäbe in ganz kaltem Zustande doppelt und vollkommen dicht aufeinander
                              liegend umbiegen (was jedoch wegen großer Steifheit des Materials schwierig ist),
                              ohne die geringsten Spuren von Brüchen zu zeigen; biegt man sie aber wieder zurück,
                              so zeigt sich ein schöner langer seidenartiger Faden. Wird ein Stück von einer
                              Stahlplatte zum Theil mittelst eines Meißels durchgehauen und dann gebrochen, so
                              zeigt er eine schöne fadige Textur; wird er aber zu einem Werkzeuge verarbeitet und
                              gehärtet, so erlangt er sogleich den krystallinischen Charakter, welcher dem Stahl
                              eigenthümlich ist.
                           Bei einer Reihe von Versuchen zur Ermittelung der Verbesserungen und
                              Verschlechterungen, welche wiederholtes Ausschweißen und Auswalzen des Stabeisens
                              veranlassen (unternommen, als ich meine Abhandlung „über das Ausschmieden
                                 großer Eisenmassen“ für ein Werk schrieb, welches unter dem Titel
                              „The useful Metals and their
                                    Alloys“ – London 1857
                              erschienen ist), fand ich Folgendes. Von einer Partie gewöhnlichen fadigen
                              Puddeleisens wurde ein Stab, mit Nr. 1 bezeichnet, zurückgelegt; ein anderer Theil
                              wurde zur Bildung eines Packets benutzt, das aus fünf aufeinander liegenden
                              Puddelstäben bestand, ausgeschweißt und dann ausgewalzt wurde; den dabei erhaltenen
                              Stab bezeichnete man mit Nr. 2. Von letzterm Stabe behielt man zwei Stücke zurück
                              und zwar aus der Mitte desselben; aus dem übrigen Theil desselben wurde ein Packet
                              gebildet und auf diese
                              Weise fortgefahren, bis ein Theil von dem Eisen zwölfmal verarbeitet war.
                           Die nachstehende Tafel weist die Belastung nach, welche jede Nummer zu tragen im
                              Stande war:
                           
                              
                                 Nummer.
                                 
                                 Pfund per
                                    Quadratzoll.
                                 
                              
                                      1.
                                 Puddelstab
                                         
                                    43,904
                                 
                              
                                      2.
                                 ausgeschweißter
                                         
                                    52,864
                                 
                              
                                      3.
                                         
                                    „
                                         
                                    59,585
                                 
                              
                                      4.
                                         
                                    „
                                         
                                    59,585
                                 
                              
                                      5.
                                         
                                    „
                                         
                                    57,344
                                 
                              
                                      6.
                                         
                                    „
                                         
                                    61,824
                                 
                              
                                      7.
                                         
                                    „
                                         
                                    59,585
                                 
                              
                                      8.
                                         
                                    „
                                         
                                    57,344
                                 
                              
                                      9.
                                         
                                    „
                                         
                                    57,344
                                 
                              
                                    10.
                                         
                                    „
                                         
                                    54,104
                                 
                              
                                    11.
                                         
                                    „
                                         
                                    51,968
                                 
                              
                                    12.
                                         
                                    „
                                         
                                    43,904
                                 
                              
                           Man ersieht hieraus, daß die Qualität des Eisens sich bis zu Nr. 6 verbesserte (die
                              geringe Differenz bei Nr. 5 dürfte einem fehlerhaften Stabe zuzuschreiben seyn); von
                              Nr. 6 an aber in demselben Verhältnisse wieder abnahm.
                           Bei einer ähnlichen, mit diesem Stahl unternommenen Versuchsreihe zeigte sich, daß
                              die absolute Festigkeit nach der ersten Packetbildung, wodurch die Stäbe ihre beste
                              Beschaffenheit erreichten, wieder abnahm und zwar langsam und nach und nach, wie
                              folgende Tabelle nachweist:
                           
                              
                                 Nummer.
                                 
                                 Pfund per
                                    Quadratzoll.
                                 
                              
                                      1.
                                 Puddelstahlstab trug
                                         
                                    96,911
                                 
                              
                                      2.
                                 packetirter          „
                                       
                                    121,408
                                 
                              
                                      3.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                       
                                    111,608
                                 
                              
                                      4.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                       
                                    121,408
                                 
                              
                                      5.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                       
                                    111,608
                                 
                              
                                      6.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                       
                                    111,608
                                 
                              
                                      7.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                         
                                    91,136
                                 
                              
                                      8.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                         
                                    91,136
                                 
                              
                                      9.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                         
                                    91,136
                                 
                              
                                    10.
                                     
                                    „                  
                                    „
                                         
                                    91,136
                                 
                              
                           Die Gewichtszunahme betrug jedesmal 20 Ctr. (engl.)
                           Der zu diesen Versuchen angewendete Stahl bestand aus den zur Hand befindlichen
                              Stäben, und zeichnete sich keineswegs durch einen besondern Grad von Festigkeit aus. Das
                              Bruchansehen der probirten Stäbe, wenn sie auf gewöhnliche Weise mit dem Hammer
                              zerschlagen worden waren, zeigte nur geringe Unterschiede, die Farbe sowie die Größe
                              der Krystalle waren dem Ansehen nach bei Nr. 2 dieselben wie bei Nr. 10; wenn aber
                              die Stäbe durch eine zu diesem Zweck vorgerichtete Maschine zerrissen werden, so
                              läßt sich ein merklicher Unterschied wahrnehmen, indem die höheren Nummern einen
                              seidenfadenartigen Bruch zeigen; und doch zeigt sich das Charakteristische des
                              Stahls in Härte, Farbe etc. noch bei Nr. 10.
                           Ich mache auf diesen Stahl als zweckmäßiges Material zu großen geschmiedeten Stücken
                              und zur Benutzung im Artilleriewesen besonders aufmerksam.
                           Man ist in England gewöhnlich der Meinung, daß Gußstahl zu diesen Zwecken nicht immer
                              anwendbar sey, weil man gefunden hat, daß, wenn nicht ein starkes Schmieden oder
                              Walzen nach dem Guß vorgenommen wird, die Festigkeit des Gußstahls nicht groß genug
                              wird, so daß er keine plötzlichen Belastungen und Stöße aushalten kann.
                           Mallet stellt in seinem werthvollen Werke: „The Construction of Artillery“ die
                              Behauptung auf, daß der Gußstahl kein geeignetes Material zu Geschützen sey, weil er
                              im Verhältniß zum Stabeisen und zum Kanonenmetall eine geringere Elasticität
                              besitze.
                           Ich erkläre mir diese geringere Elasticität zum Theil auf folgende Weise: –
                              Gußstahl erfordert zu seinem Schmelzen eine sehr hohe Temperatur, daher das Gußstück
                              bei seiner Erstarrung bedeutend schwinden muß, und der Guß hat die eigenthümliche
                              krystallinische Textur, welche stets unter solchen Umständen entsteht, während
                              überdieß durch die Einwirkung der Schwindung die Festigkeit noch abgenommen hat.
                              Wird aber ein solcher Stahlguß weiter mittelst des Hammers oder der Walzen
                              bearbeitet, so werden die Stahltheilchen von der durch das Schwinden veranlaßten
                              Spannung befreit und gelangen wieder in Ruhe.
                           Bei der Anfertigung von Stücken aus Puddelstahl ist der
                              Fall ein ganz anderer. Guter Puddelstahl ist eben so fest, wo nicht fester als
                              Gußstahl, und da die Puddelstahltheilchen sich nie im Zustande der Schmelzung
                              befunden haben, so fällt einerseits die ungeheure Spannung weg, welche von dem
                              Uebergange des Stahls aus dem flüssigen in den festen Zustand herrührt, und man kann
                              andererseits dem Korn des Puddelstahls beim Schmieden eine solche Lage ertheilen,
                              wie sie den Bedingungen der Festigkeit und Härte am besten entspricht. Ja man kann
                              sogar beim Schmieden, z.B. von Geschützen, verschiedene Stahlarten, krystallinischen
                              und fadigen, zweckmäßig verbinden, z.B. bei einer großen Kanone das Innere von starkem
                              krystallinischen Stahl machen, damit es der ungeheuren Abnutzung widersteht, das
                              Aeußere aber aus weicherm und fadigem Stahl. Dieß ist bei Gußstahl unmöglich, weil
                              derselbe gleichartig und durchaus entweder hart oder weich ist.
                           Man hat neuerlich die Behauptung aufgestellt, daß große geschmiedete eiserne
                              Gegenstände unter gewissen Umständen ihre fadige Textur verlieren und krystallinisch
                              werden. Ich habe schon in meinem oben erwähnten Werke zu zeigen gesucht, daß wo
                              diese Krystallisation statt fand, sie lediglich das Resultat von Nachlässigkeit oder
                              Ungeschicklichkeit bei der Bearbeitung des Eisens war.
                           Bei der Anwendung von Puddelstahl ist die aus dieser Ursache hervorgehende Gefahr
                              sehr vermindert, ja fast ganz unmöglich gemacht, denn die Hitze, in welcher er
                              schweißt, ist weit geringer als die Schweißhitze des Eisens; erhält hingegen dieser
                              Stahl eine zu starke Hitze, so bekommt er sofort ein krystallinisches Gefüge und
                              wird so mürbe, daß er bei mäßigen Hammerschlägen auseinander geht.
                           Auf den Mersey-Werken ist Stahl zu Kolbenstangen (einige mit dem Kolben aus
                              einem Stück und 18 Zoll im Durchmesser, für Stempelhämmer bestimmt), zu großen
                              Walzenschrauben, zu Scherenbolzen aller Art, zu Walzen für Eisenwalzwerke, zu
                              Hämmern und Amboßen etc. verarbeitet worden. Es zeigten sich dabei gar keine
                              Schwierigkeiten, nur mußte das Glühen langsam bewerkstelligt, und es durfte der
                              Stahl nicht so starke und so tief in die Masse dringende Hammerschläge wie
                              gewöhnlich das Eisen erhalten.
                           Die Wirkung des Schmiedens auf diesen Stahl besteht darin, daß es ihn verdichtet, und
                              er zeigt daher auf dem Bruche ein feineres Korn, als wenn er gewalzt ist, wie sich
                              nicht anders erwarten läßt.
                           Von allen Benutzungen des Puddelstahls ist vielleicht keine so wichtig, als die für
                              Marine- und Eisenbahnzwecke. Für die Dampfschiffe kann durch dieses Material
                              so bedeutend an Gewicht, bei gleicher Festigkeit, erspart werden, daß seine
                              allgemeinere Anwendung (selbst wenn man seine größere Dauerhaftigkeit und andere
                              Vortheile unbeachtet läßt) gar nicht in Frage kommt. Ein Anfang ist von dem
                              Admiralitätsamte dadurch gemacht, daß das sogenannte homogene Metall (homogeneous metal) aus der Fabrik von Shortridge, Howell und Jessop,
                              welches die zu Woolwich angestellten Versuche als sehr brauchbar für Dampfkessel
                              erwiesen haben, zu diesem Zweck von demselben bereits angewendet wurde.
                           Zu Eisenbahnzwecken, besonders für Schienen, Zungen bei Weichen und Kreuzungen, hat
                              man sowohl in England als in anderen Ländern längst Stahl angewendet, und daß dieß nicht allgemeiner
                              der Fall war, lag an dem weit höhern Preise des Stahls im Verhältniß zum Eisen. Man
                              hat einige Versuche gemacht, den Schienen einen harten Kopf zu geben oder die
                              arbeitenden Theile der Spurkränze zu verstählen, aber die Resultate waren nicht sehr
                              genügend und die Fabricationskosten bedeutend. Mit Puddelstahl können aber
                              Spurkränze, Zungen oder Schienen entweder gänzlich aus hartem krystallinischem Stahl
                              gemacht werden, oder es kann der Kopf aus solchem hergestellt werden, während die
                              inneren Theile aus fadigem Stoff bestehen, wie es verlangt wird, und mit sehr
                              mäßigen Kosten.
                           Ueber die absolute Festigkeit des Stahls im Vergleich mit Eisen sind von
                              nordamerikanischen Officieren, auf Veranlassung des Artillerie-Departements
                              der Vereinigten Staaten, sehr werthvolle Versuche angestellt worden.Report of Experiments on the Strength and other
                                       Properties of Metals for Cannon, made by Officers of the United States
                                       Ordnance Departement. London:Trübner. Man fand die absolute Festigkeit englischen, amerikanischen und russischen
                              Stabeisens zwischen 53,903 Pfd. und 62,644 Pfd. per
                              Quadratzoll schwankend.
                           Die absolute Festigkeit von ausgereckten Gußstahlstäben gibt Mallet in dem erwähnten Werke zu 142,222 Pfd. per Quadratzoll als Maximum, und zu 88,657 Pfd. als Mittel an.
                           Andere Angaben über die höchste Festigkeit des Stahls sind folgende:
                           
                              
                                 angelassener Gußstahl
                                 150,000
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 Gußstahl
                                 134,256
                                   „
                                 
                              
                                 raffinirter Brennstahl
                                 124,400
                                   „
                                 
                              
                                 unraffinirter
                                    Brennstahl    
                                 133,152
                                   „
                                 
                              
                           Beim Puddelstahl fand ich sehr bedeutende Schwankungen in der Festigkeit, besonders
                              als ich behufs dieser Stahlfabrication Versuche mit verschiedenartigen
                              Roheisensorten anstellte; als aber der Betrieb der Fabrik ein regelmäßiger geworden
                              war, erhielt ich beim Stahlpuddeln mit eben so wenig Schwierigkeiten ein
                              gleichförmiges Resultat wie beim Eisenpuddeln.
                           Der erste, von mir probirte Stab zerbrach bei einer Belastung von 173,817 Pfd. per Quadratzoll. Diese außerordentliche Festigkeit habe
                              ich in keinem andern Falle wieder beobachtet; die annäherndste war 160,832 Pfd. per Quadratzoll.
                           Die mittlere absolute Festigkeit des Puddelstahls kann zu 50 Tonnen oder 112,000 Pfd.
                              per Quadratzoll angenommen werden.
                           
                           Von vier Stäben, welche mit der Ketten-Probirmaschine der Liverpooler
                              Corporation am 8. Januar 1858 geprüft wurden, zerbrach der erste, welcher geglüht in
                              dem kältesten Wasser abgelöscht worden war, bei etwas weniger als 112,000 Pfd.
                              (Diese Probestange war von demselben Stahl wie die obige Nummer 3, welche in ihrem
                              natürlichen Zustande die stärkste Probe aushielt.) Die Probestange Nr. 2 zerbrach
                              bei 112,000 Pfd. oder 50 Tonnen per Quadratzoll; Nr. 3
                              bei 125,440 Pfd. oder 56 T., Nr. 4 bei 98,560 Pfd. oder 44 Tonnen per Quadratzoll (dieser Stab war etwas fehlerhaft
                              gewesen).
                           Absolute Festigkeit von Eisen- und Stahlstäben per Quadratzoll.
                           
                              
                                 Eisen- und Stahlsorten.
                                 Absolute Festigkeit.  
                                 Autorität.
                                 
                              
                                 Russisches Eisen
                                       
                                    62,644
                                 
                                 
                              
                                 englisches gewalztes Eisen
                                       
                                    56,532
                                 Amerikanisches
                                 
                              
                                 Lowmoor-Eisen
                                       
                                    56,103
                                 Kriegs-Departement.
                                 
                              
                                 amerikanisches geschmiedetes Eisen
                                       
                                    53,913
                                 
                                 
                              
                                 Gußstahl von Krupp, Mittel v. drei Proben
                                      111,707
                                 Preußisches Kriegsministerium.
                                 
                              
                                 Gußstahl, größte Festigkeit
                                      142,222
                                 
                                 
                              
                                     „          mittlere    „
                                       
                                    88,657
                                 Mallet.
                                 
                              
                                     „              
                                    „        
                                    „
                                      134,256
                                 Nach demselben.
                                 
                              
                                     „          angelassen
                                      150,000
                                 
                                 
                              
                                 Raffinirter Brennstahl
                                      124,400
                                 
                                 
                              
                                 unraffinirter  „
                                      133,152
                                 
                                 
                              
                                 Puddelstahl von den
                                    Mersey-Werken
                                      173,817
                                 
                                 
                              
                                 deßgl. ein anderes Stück
                                      160,832
                                 
                                 
                              
                                 Mittel von drei Stäben, welchemit der
                                    Kettenprobirmaschine zu Liverpool geprüft wurden
                                     
                                    112,000
                                 
                                 
                              
                           Der Puddelstahl wird auch sehr zweckmäßig zu Schiffs-Ketten und Kabeln
                              verwendet werden können; die wenigen Exemplare, welche ich anfertigen ließ, sind
                              zwar an den Schweißstellen zerrissen, aber offenbar in Folge der Unerfahrenheit des
                              Schmiedes beim Verarbeiten eines neuen Materials. Die mit der Liverpooler
                              Kettenprobir-Maschine bezüglich der Festigkeit dieser Puddelstahlketten
                              angestellten Proben haben folgende ziemlich genügende Resultate gegeben:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                  Soll halten.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Ton.
                                 Ton.
                                 Ctr.
                                 
                              
                                 Kette mit kurzen Gliedern
                                 9/16
                                 Zoll
                                 stark,
                                 zerriß
                                 bei
                                  12
                                   3
                                  15
                                 
                              
                                 Kette mit langen Gliedern und
                                    Stegen  
                                 9/16
                                    „
                                    „
                                     „
                                   „
                                  13
                                   5
                                  10
                                 
                              
                           Die unten folgende Tabelle enthält die Durchbiegung geschmiedeter und gewalzter
                              Stahl- und Eisenstäbe bei zunehmenden Gewichten.
                           Die dabei probirten Stahlstäbe waren, wie ich erst später entdeckte, zu weich, und es
                              würden weit bessere Resultate erlangt worden seyn, wenn man härtern Stahl zu den
                              Proben genommen hätte.
                           Bei den Versuchen über die Festigkeit des Puddelstahls bestimmte ich das Gewicht,
                              welches zum Lochen von Stahl- und Eisenplatten erforderlich war. Die
                              sämmtlichen Platten waren 1/4 Zoll dick und die runden Durchschläge hatten 1/2 Zoll
                              im Durchmesser.
                           
                              
                                 
                                 Tonnen
                                 Ctr.
                                 
                              
                                 Gewöhnliche Kesselplatten wurden gelocht
                                    mit einem Druck von
                                     8
                                 18
                                 
                              
                                 Holzkohleneisen-
                                     8
                                   3
                                 
                              
                                 Stahl-
                                   15
                                 10
                                 
                              
                           Bei mehreren Versuchen über die relative Festigkeit der Stahlplatten fand ich, daß
                              zum Zerbrechen eines Quadratzolles von diesem Stahl eine Belastung von 44 bis 55
                              Tonnen erforderlich war.
                           Ich erwähne noch, daß dieser Stahl, weder warm noch kalt, schwieriger zu verarbeiten
                              ist als Eisen, und daß der Arbeiter dazu keine besondere Kenntniß oder
                              Geschicklichkeit zu besitzen braucht.
                           Die hier dargelegten Resultate zeigen die Wichtigkeit des Stahls als Material zu
                              Kesseln und zum Schiffsbau, zu Balken und zu Brücken, weil man dabei am
                              Materialgewicht sehr viel erspart.
                           Die Unvollkommenheit der vorliegenden Arbeit ersuche ich durch die Neuheit und
                              Schwierigkeit dieses Gegenstandes zu entschuldigen. Ich habe mich überzeugt, daß der
                              nach diesem patentirten Verfahren dargestellte Puddelstahl zwar nicht mit den besten
                              Stahlsorten zu vergleichen ist, daß er aber zu recht vielen Zwecken benutzt werden
                              kann,Wie es in Deutschland bereits durch eine lange
                                    Praxis bewiesen ist. wozu Gußstahl zu kostspielig ist. Gewiß wird die Puddelstahlfabrication in
                              England in wenigen Jahren einen wichtigen Eisenhütten-Betriebszweig
                              bilden.Wie es in Westphalen schon der Fall ist.
                              
                           
                           Proben mit Stahl etc.
                           Stäbe von 2 Zoll im Quadrat, 3 Fuß zwischen den Auflagen, das
                                 Gewicht in der Mitte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 148, S. 51
                              Geschmiedeter Puddelstahlstab;
                                 Geschmiedeter Eisenstab; Gewalzter Puddelstahlstab; Gewalzter Eisenstab.
                                 Belastung in der Mitte; Gesammte Durchbiegung; Hinzukommende Durchbiegung;
                                 Bleibende Durchbiegung; Hinzukommende bleibende Durchbiegung; Ton. Ctr.; Keine;
                                 Gesammte Durchbiegung; Hinzukommende Durchbiegung; Bleibende Durchbiegung;
                                 Hinzukommende bleibende Durchbiegung; Belastung in der Mitte; Geschmiedeter
                                 Stahlstab; Gewalzter Stahlstab; Gewalzter Eisenstab; Ton. Ctr.
                              
                           
                        
                           
                           Bemerkungen von C. Sanderson, Stahlfabrikant in
                                 Sheffield.
                           Hr. Sanderson hat nachstehenden Brief an den Schriftführer
                              der Society of arts gelangen lassen: „Hrn. Clay's Abhandlung ist nicht nur sehr interessant,
                                 sondern auch sehr lehrreich in Beziehung auf den jetzigen Zustand der
                                 Stahlfabrication. Wenn sich die Puddelstahl-Production erst mehr
                                 entwickelt und verbessert hat, so wird dieser Stahl gewiß eine sehr ausgedehnte
                                 Benutzung finden.
                              
                           
                              „Hr. Clay beschreibt das Riepe'sche Verfahren, welches in Westphalen seinen Ursprung hat, und
                                 aus dem Jahrhunderte hindurch betriebene Stahlfrischen in Herden, um
                                 Schmelz- oder Rohstahl zu erzeugen, hervorging; bei einer genauern
                                 Untersuchung erkennt man, daß in beiden Processen die auf das Roheisen
                                 hervorgebrachten Wirkungen gleiche Ursachen haben. Der Zweck des Stahlpuddelns
                                 ist die Entkohlung des Roheisens, welche man dadurch erreicht, daß man ihm
                                 gestattet eine Zeit lang im flüssigen Zustande zu bleiben, während die durch den
                                 Ofen streichende Luft darauf einwirkt und ein reichlicher Zuschlag von
                                 Eisenoxyd-Silicat zu dem flüssigen Metall die beabsichtigte Wirkung
                                 unterstützt. Die Masse wird dadurch bis zu einem gewissen Grade entkohlt, aber
                                 der zugeschlagene Hammerschlag hat die Bildung eines Eisensilicates veranlaßt,
                                 welches jedoch durch das Hinzuthun eines Flusses zersetzt wird, der dem
                                 bekannten Schafhäutl'schen Pulver ähnlich ist; das
                                 angewandte Manganoxyd bildet dann ein Silicat dieses Metalles, während die
                                 alkalische Eigenschaft der andern Gemengtheile dazu beiträgt, das Eisen frei zu
                                 machen(?), welches nun beinahe den geschmeidigen Zustand erreicht hat. Der
                                 übrige Theil des Processes ist eine Kohlung, die einen sehr sorgsamen und
                                 erfahrenen Arbeiter erfordert. Der so erhaltene rohe Stahl hat manche
                                 Unvollkommenheiten; während er zu den Stahlwaaren, mit Ausnahme der gröbern,
                                 untauglich ist, läßt er sich dagegen zu sehr vielen Artikeln benutzen, welche
                                 Festigkeit und Leichtigkeit beanspruchen. In Deutschland wird der rohe Stahl
                                 mehrmals douplirt und ausgeschweißt, ehe manche ihn weiter verarbeitet, und
                                 selbst dann macht ihn die Molecular-Construction für Feilen oder
                                 schneidende Werkzeuge ungeeignet, während er zu Spurkranzreifen, Zungen etc.
                                 sehr tauglich ist.
                              
                           
                              „Ich möchte nun die Frage aufwerfen, ob es wohl nöthig ist, eine so große
                                 Masse schädlicher Substanzen dem flüssigen Roheisen zuzuschlagen, bloß um dessen
                                 Entkohlung zu bewirken? Ich bin im Gegentheil mit anderen Metallurgen der
                                 Meinung, daß das Roheisen zum Puddelproceß durch eine besondere Arbeit, durch
                                 einen Feineisenproceß vorbereitet werden sollte, wodurch das graue Roheisen mit geringem
                                 Arbeits- und Brennmaterialaufwand entkohlt wird. Ich habe diesen Zweck
                                 dadurch erreicht, daß ich das aus einem Hoh- oder Kupolofen kommende
                                 Roheisen der Einwirkung eines chemischen Agens unterwarf, welches bei seiner
                                 Zersetzung Sauerstoff entwickelt.Sanderson feint das Roheisen durch Zuschlagen
                                       von Eisenvitriols welcher sich in Eisenoxyd
                                       verwandelt; man s. die Beschreibung seines Verfahren, im polytechn.
                                       Journal Bd. CXLIV S. 463. A. d.
                                       Red. Es entsteht daher während der Zersetzung der zugesetzten Substanz
                                 Kohlensäure oder Kohlenoxydgas, indem sich der Sauerstoff derselben mit dem
                                 Kohlenstoff des flüssigen Eisens verbindet. Auf diese Weise erhalte ich ein sehr
                                 reines, krystallinisches Metall, woraus ein besseres Stabeisen dargestellt
                                 werden kann.
                              
                           
                              „Es fragt sich daher, ob ein solches Verfahren bei der Entkohlung des
                                 Roheisens dem von Hrn. Clay befolgten nicht
                                 vorzuziehen ist, und ob diese Abänderung des Puddelstahlprocesses nicht als eine
                                 Verbesserung desselben zu betrachten wäre.
                              
                           
                              „Wir sind Hrn. Clay für seine sorgfältigen
                                 Versuche über die verhältnißmäßige Festigkeit des Puddelstahls und des Eisens zu
                                 Dank verpflichtet. Die nachgewiesene bedeutende Festigkeit des Puddelstahls
                                 verbürgt dessen vortheilhafte Anwendbarkeit beim Eisenbahnwesen, dem Schiffbau
                                 und zu anderen Zwecken.
                              
                           
                              „Nur darin kann ich Hrn. Clay nicht beistimmen,
                                 daß der Gußstahl zu Geschützen unbrauchbar sey.Ueber diesen Gegenstand haben die im polytechnischen Journal
                                       mitgetheilten Arbeiten des braunschweigischen
                                       Artillerie-Oberstlieutenants Orges,
                                       sowie die Versuche der preußischen und französischen Artillerieofficiere
                                       hinlänglich entschieden. A. d. Red. Seine auf Schwindung sich beziehenden Bemerkungen sind im Allgemeinen
                                 richtig, es ist aber zu berücksichtigen, daß die krystallinische Textur des
                                 Gußstahls bei den verschiedenen Temperaturgraden, auf welchen man ihn in die
                                 Formen gießt, sehr verschieden wird. In Sheffield wird viel Gußstahl zu
                                 gezogenen Gewehrläufen für Amerika verarbeitet, und auch auf dem Festlande
                                 verwendet man ihn dazu. Aller Stahl muß zu solchen Zwecken geschmiedet werden,
                                 aber der Gußstahl erheischt dieß für Geschütze nicht
                                 in so hohem Grade wie Schmiedeeisen oder Puddelstahl. Mögen schmiedeiserne Geschütze auch noch so sorgfältig
                                 angefertigt worden seyn, so kann man doch stets ihre baldige Unbrauchbarkeit
                                 erwarten, weil keine Schweißung mit absoluter
                                    Vollkommenheit ausgeführt werden kann, wenn zwei Oxydhäute zwischen den
                                    zusammen zu schweißenden Metallflächen befindlich sind, wie es beim
                                    Packetiren des
                                 
                                 Eisens und Stahls der Fall ist; es muß daher durch
                                 die fortdauernden Stöße, welche durch die Schüsse veranlaßt werden, die
                                 Schweißung und somit der ganze Zusammenhang bald gelockert werden.
                              
                           
                              „Was nun die Kosten des Puddelstahls betrifft, so dürfte es Hrn. Clay noch nicht bekannt seyn, daß in Sheffield jetzt
                                 ein Stahl dargestellt wird, der wohlfeiler und eben so gut, wo nicht in mancher
                                 Beziehung besser als Puddelstahl ist. Derselbe wird durch Verpuddeln des oben
                                 erwähnten Feineisens gewonnen; die gepuddelten Stäbe werden mit 18 Shilling
                                 weiteren Kosten per Tonne in den Stahl verwandelt,
                                 der zu Sheffield auf den Markt kommt. Der Unterschied zwischen beiden Arten von
                                 rohem Stahl besteht darin, daß während der verwandelte einen gewissen Theil des
                                 Kohlenstoffs bloß absorbirt hat, dagegen im Puddelstahl der Kohlenstoff chemisch
                                 gebunden ist. Diese letztere Eigenschaft macht den deutschen natürlichen
                                 (Schmelz-)Stahl zur Anfertigung der Grubengezähne geeigneter als den
                                 englischen Stahl, weil er seinen Kohlenstoff bis zuletzt zurückhält.“
                              
                           
                        
                           Nachtrag.
                           Nach dem Vortrage der Clay'schen Abhandlung entstand
                              zwischen mehreren Mitgliedern der Gesellschaft eine Discussion über den Puddelstahl,
                              der wir Folgendes entnehmen:
                           Hr. C. May betrachtet diese Erfindung als den Beginn einer
                              sehr wichtigen Bewegung im Eisenhüttengewerbe, denn ein großer Dienst kann den
                              Gewerben sowie der ganzen menschlichen Gesellschaft nur durch die Fabrication eines
                              Stahls geleistet werden, welcher weniger zu feineren Werkzeugen, als zu Schienen und
                              ähnlichen Zwecken zu benutzen ist, und nicht viel mehr kostet als das jetzt zur
                              Stahlfabrication angewendete Material. Dann könnten stählerne Schienen angefertigt
                              werden, welche nur etwa 50 Proc. mehr kosten als die bisherigen eisernen; aber auch
                              zu dem ganzen rollenden Material und zu anderen Constructionen auf Eisenbahnen etc.
                              könnte er verwendet werden. Der Redner blickt daher hoffnungsvoll auf den Proceß,
                              und obgleich derselbe jetzt noch mangelhaft ist, z.B. wegen des starken Zuschlags
                              von Gahrschlacken und Hammerschlag, zweifelt er nicht, daß weitere Erfahrungen zu
                              wesentlichen Verbesserungen führen werden.
                           Hr. Clay bemerkte zur Beantwortung mehrerer an ihn
                              gestellten Fragen folgendes: – Das in dem Riepe'schen Patent erwähnte Mangansuperoxyd (Braunstein) sey kein wesentliches
                              Element dieser Stahlfabrication und werde auch von dem Patentnehmer nicht als
                              solches angesehen. Dagegen scheinen die vielen bei dem Proceß verwendeten
                              Gahrschlacken zum
                              Gelingen desselben absolut nothwendig zu seyn, da sie das geschmolzene Eisen gegen
                              die Einwirkung der Luft zu schützen haben. Daß der Puddelstahl zu Grubengezähen
                              besonders brauchbar sey, könne er nach den in einigen Bergwerken von Nordwales
                              gemachten Erfahrungen bestätigen. Die Productionskosten dürften bei größerer
                              Erfahrung in diesem Betriebszweige noch sehr vermindert werden, und am Ende
                              diejenigen des gepuddelten Eisens nur um 10 bis 20 Proc. übersteigen. Die
                              abweichenden Resultate welche beim Probiren der Stahlstäbe mit der Liverpooler
                              Maschine und derjenigen der Mersey-Werke erhalten wurden, rühren von der
                              Anwendung verschiedener Stahlstäbe her, die Differenzen sind aber nicht so groß, als
                              bei den im Mallet'schen Werke aufgeführten Proben. Die
                              probirten Stahlstäbe hatten eine Stärke von 1/2 Zoll im Quadrat und die Festigkeit
                              wurde auf zöllige berechnet. Die letztere Probirmaschine war eine starke
                              Schnellwaage, welche mit dem einen Ende des Stabes verbunden wurde, während das
                              andere in einer starken Sohlplatte befestigt war; das Gewicht wurde nun so lange
                              vermehrt, bis der Bruch erfolgte. Die Stahlplatten, von denen viele Tonnen mit gutem
                              Erfolg ausgewalzt und probirt wurden, zeigten im Allgemeinen dieselbe mittlere
                              absolute Festigkeit wie die Stäbe; sie lassen sich sehr leicht, sowohl warm als kalt
                              bearbeiten, hauptsächlich mit dem Meißel, werden auch nicht so leicht angefressen,
                              als eiserne Platten.