| Titel: | Ueber ein neues Verfahren zum Anstreichen und Bemalen des Holzes, der Zimmerwände etc. mittelst basisch salzsauren Zinkoxyds; von Hrn. Sorel. | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XXVIII., S. 122 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber ein neues Verfahren zum Anstreichen und
                           Bemalen des Holzes, der Zimmerwände etc. mittelst basisch salzsauren Zinkoxyds; von Hrn.
                           Sorel.
                        Aus den Comptes rendus, März 1858, Nr.
                              9.
                        Sorel über ein neues Verfahren zum Anstreichen und Bemalen des
                           Holzes, etc. mittelst basisch salzsauren Zinkoxyds.
                        
                     
                        
                           Im J. 1855 übergab ich der (französischen) Akademie der Wissenschaften verschiedene
                              mittelst basisch salzsauren Zinkoxyds (Zink-Oxychlorid) erhaltene Producte
                              (man s. polytechn. Journal Bd. CXXXIX S.
                                 130), namentlich Cemente und Kitte, so hart wie Marmor und ganz unauflöslich
                              in Wasser, ferner eine ebenfalls unauflösliche Anstreichfarbe, welche die
                              Oelanstriche sehr vortheilhaft ersetzen kann. Dieser Anstrich hatte den Uebelstand,
                              daß er schwierig anzuwenden war, und wie die Wasserglasmalerei das Auftragen einer
                              Flüssigkeit auf die letzte Schicht erheischte, um ihn zu fixiren und unauflöslich zu
                              machen; wollte ich aber die Anwendung dieser Flüssigkeit dadurch vermeiden, daß ich
                              meine Anstreichfarbe trocknender machte, so stieß ich auf einen eben so großen
                              Uebelstand, indem sich meine Anstreichfarbe in dem Gefäß sehr schnell verdickte.
                              Jetzt ist es mir gelungen, indem ich meiner Flüssigkeit gewisse Substanzen zusetze,
                              diese
                              Schwierigkeiten zu überwinden und die Anwendung der neuen Anstreichfarbe leicht zu
                              machen.
                           Die Flüssigkeit, welche bei diesem Anstrich das Leinöl und das Terpenthinöl der
                              gewöhnlichen Ansteichfarben ersetzt, ist eine wässerige Auflösung von Chlorzink, in
                              welcher ich Weinstein (zweifach-weinsteinsaures Kali) auflöse. Dieses Salz
                              besitzt im höchsten Grade die Eigenschaft, die Verdickung der neuen Anstreichfarbe
                              vor ihrer Anwendung zu verhindern. Ich setze der Flüssigkeit, um die Anstreichfarbe
                              bindend und zähe zu machen, Leim zu, oder Stärkmehl, welches ich durch Erhitzen der
                              Flüssigkeit in Kleister verwandle (man darf aber nicht so stark erhitzen, daß sich
                              das Stärkmehl in Dextrin verwandelt).
                           Zur Darstellung des neuen Anstriches wende ich obige Flüssigkeit an, und ein Pulver
                              welches wenigstens größtentheils Zinkoxyd seyn muß. Für die farbigen Anstriche
                              benutze ich dasselbe Pulver, nebst den gebräuchlichen Farbstoffen.
                           Die neue Anstreichfarbe besitzt folgende Eigenschaften: 1) Man braucht sie nicht zu
                              zerreiben; es genügt, das Pulver mit der Flüssigkeit anzurühren, um dann die
                              Anstreichfarbe wie die gewöhnliche anzuwenden. 2) Sie ist schöner und eben so
                              dauerhaft wie die Oelanstriche; sie deckt mehr, und schwärzt sich nicht durch
                              schweflige Ausdünstungen wie die Bleiweiß oder Bleioxyd enthaltenden Oelfarben. 3)
                              Sie ist ganz geruchlos und trocknet sehr schnell. Man kann in Winter alle zwei
                              Stunden und in Sommer jede Stunde eine Schicht auftragen, folglich ein Zimmer in
                              einem Tage malen und es sogleich bewohnen, ohne von der Anstreichfarbe einen Geruch
                              zu verspüren. 4) Sie widersteht der Feuchtigkeit und dem Wasser, selbst kochendem,
                              und kann, wie die Oelanstriche, mit Seifenwasser gereinigt werden. 5) Wegen des
                              darin enthaltenen Chlorzinks ist dieser Anstrich sehr antiseptisch und ganz geeignet
                              um das Holz gegen Fäulniß zu schützen. 6) Sie besitzt in höchsten Grade die
                              Eigenschaft, die Verbrennlichkeit des Holzes, der Gewebe und des Papiers zu
                              vermindern. 7) Sie ist gar nicht gefährlich, weder für diejenigen Personen welche
                              sie bereiten, noch für diejenigen welche sie anwenden.
                           Durchscheinende plastische Masse. – Ich lege der
                              Akademie auch eine neue durchscheinende plastische Masse vor, welche mit den
                              Hauptbestandtheilen des erwähnten Anstrichs, aber in sehr verschiedenen
                              Verhältnissen, dargestellt wird. Sie ist nämlich eine Verbindung von
                              Kartoffelstärkmehl und Chlorzinklösung, letztere von solcher Dichtigkeit, daß sie
                              das Stärkmehl bloß aufquellt ohne es aufzulösen. Um die Härte der Masse abzuändern
                              und sie mehr oder weniger weiß oder mehr oder weniger undurchsichtig zu machen,
                              setzt man gewisse Salze oder pulverige Substanzen zu, wie Zinkoxyd, schwefelsauren
                              Baryt etc. Diese plastische Masse bereitet man in der Kälte, indem man das Stärkmehl
                              und die anderen Substanzen mit dem Chlorzink anrührt. Sie läßt sich ganz gut formen
                              und erhärtet in der Form wie der Gyps. Die so erhaltenen Gegenstände sind
                              durchscheinend wie Horn, Knochen oder Elfenbein; um sie aber durchscheinend zu
                              bekommen, darf man von den pulverigen Substanzen, nämlich von Zinkoxyd und
                              kohlensaurem Kalk, gar nichts oder nur sehr wenig dem Starkmehl zusetzen. Der
                              schwefelsaure Baryt hingegen macht die Masse nur wenig undurchsichtig, obgleich er
                              ein unauflösliches Salz ist.
                           Um die aus dieser Masse bestehenden Gegenstände gegen Feuchtigkeit zu schützen,
                              überzieht man sie mit einer oder zwei Schichten guten Firnisses.
                           Man kann dieser neuen Masse alle Farben geben und sie mehr oder weniger hart
                              erhalten; man kann sie sogar weich wie Kautschuk erhalten, aber nicht elastisch.
                           Diese neue plastische Komposition läßt sich zum Formen einer großen Anzahl von
                              Kunstgegenständen und Ornamenten verwenden. Sie wird auch in manchen Fällen den
                              Gyps, Marmor, das Elfenbein, Horn, die Knochen, Gutta-percha, Leim etc.
                              ersetzen können.
                           
                        
                           Nachtrag.
                           Hr. Stanislaus T. Sorel, Civilingenieur in Paris (rue de Lancry No. 10) ließ sich seine Anstreichfarbe und
                              plastische Masse am 10. Juni 1857 für England patentiren. Der in Repertory of Patent-Inventions, Februar 1858, S.
                              160 enthaltenen Patentbeschreibung entnehmen wir folgende nähere Angaben.
                           Anstreichfarbe. – Die Flüssigkeit, welche das
                              Leinöl etc. der gewöhnlichen Anstriche ersetzt, besteht aus:
                           
                              
                                 Chlorzinkauflösung von 55°
                                    Baumé
                                   30 Theilen
                                 
                              
                                 Weinstein
                                     1 Theil
                                 
                              
                                 Salzsäure
                                     1    „
                                 
                              
                                 Kartoffelstärke
                                     4 Theilen
                                 
                              
                                 Wasser
                                   64    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Die Salzsäure hat in dieser Composition den Zweck, den Niederschlag aufzulösen,
                              welcher sich sonst in der Flüssigkeit bilden würde.
                           Zur Bereitung dieser Flüssigkeit verwendet man einen Kessel aus einem Material,
                              welches von der Salzsäure nicht angegriffen wird, und stellt ihn auf ein mäßiges
                              Feuer. Man gibt dann das flüssige Chlorzink, die Salzsäure und den gepulverten
                              Weinstein hinein, rührt das Ganze auf, und nachdem sich der Weinstein aufgelöst hat,
                              setzt man die Kartoffelstärke zu, ohne das Umrühren zu unterbrechen. Das Feuer wird
                              dann verstärkt, bis das Gemisch, welches sich anfangs durch das Aufquellen der
                              Stärke verdickte, wieder flüssig geworben ist. Diese Flüssigkeit sollte beiläufig
                              20° an Baumé's Aräometer zeigen.
                           Um die weiße Anstreichfarbe darzustellen, wird diese Flüssigkeit mit gepulvertem
                              Zinkoxyd angerührt, welchem ein wenig schwefelsaurer Baryt oder Kreide zugesetzt
                              werden kann. Für farbige Anstriche setzt man überdieß die gewöhnlichen Farbstoffe
                              zu.
                           Verfahren den Anstrichglatt und glänzend zu machen.
                              – Zu diesem Zweck setzt man der Anstreichfarbe unter Umrühren eine kleine
                              Menge Leinölfirniß zu; beim Reiben mit einer Bürste oder einem Ballen von Wollentuch
                              wird die Farbe dann glatt und glänzend wie polirter und gefirnißter Oelanstrich.
                           Zu demselben Zweck kann man, statt Leinölfirniß anzuwenden, auf der Farbe vor dem
                              Reiben folgende seifenartige Composition auftragen:
                           
                              
                                 Stearinsäure
                                 12 Theile
                                 
                              
                                 Bienenwachs
                                   1 Theil
                                 
                              
                                 Terpenthin
                                   1    „
                                 
                              
                                 Terpenthinöl
                                 50 Theile.
                                 
                              
                           Anwendung des Anstrichs. – Soll der neue Anstrich
                              auf einem alten Oelanstrich angebracht werden, so ist keine andere Vorbereitung
                              nöthig, als letztem vorher gut zu reinigen. – Der neue Anstrich kann auf
                              allen Arten von Flächen ohne jede Vorbereitung aufgetragen werden; soll er jedoch
                              weiß oder hell bleiben, so muß man das Holz oder die sonstige Fläche zuvor mit einer
                              Mischung von Leinöl oder Leinölfirniß und Zinkoxyd überziehen; dieser Ueberzug ist
                              jedoch bei farbigem Holz entbehrlich, wenn man durch Behandlung desselben mit
                              Alaunlösung den Farbstoff neutralisirt hat.
                           Plastische Masse. – Um eine Masse zu erhalten,
                              welche die Farbe des Elfenbeins hat und wie dieses durchscheinend, dabei biegsam wie
                              Holz ist, vermischt man 50 Gewichtstheile Kartoffelstärke mit 5 Theilen Zinkoxyd.
                              Diese Substanzen werden dann mit einer hinreichenden Menge einer Flüssigkeit
                              verdünnt, welche besteht aus: Chlorzinklösung von 55° Baumé, 50
                              Theilen; Weinstein 1 Theil; und Salzsäure 1 Theil.