| Titel: | Zur Gewinnung und Vorbereitung des Torfes; vom k. k. Sectionsrath und Director P. Tunner. | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XXXIII., S. 148 | 
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                        XXXIII.
                        Zur Gewinnung und Vorbereitung des Torfes; vom k.
                           k. Sectionsrath und Director P. Tunner.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                 Hüttenwesen, 1858, Nr. 9.
                        Tunner, zur Gewinnung und Vorbereitung des Torfes.
                        
                     
                        
                           Auf dem großen Torfmoore zu Haspelmoor, an der Eisenbahn
                              zwischen München und Augsburg gelegen, hat man bei der Gewinnung und Vorbereitung
                              des Torfes seit zwei Jahren ein neues patentirtes Verfahren eingeschlagen, welches
                              gemäß darüber erhaltener Mittheilungen alle Aufmerksamkeit zu verdienen
                              scheint.Man sehe die Notiz darüber im polytechn. Journal Bd. CXLV S. 466. A. d. Red. Anstatt den Torf unmittelbar durch den Stich, oder mittelbar nach
                              vorausgelassenem Baggern in die Ziegelform zu bringen, und in dieser Gestalt zu
                              trocknen, wird derselbe jetzt am Torfmoore in möglichst kleinem Aggregatzustand
                              gewonnen, in dieser Form getrocknet, gedarrt und zu Ziegeln gepreßt.
                           Durch dieses neue Verfahren wird ein mehrfacher Vortheil erlangt. Erstlich erfolgt
                              das Trocknen wie das Darren in diesem pulverförmigen Zustande ungleich schneller und
                              gleichförmiger als in der Ziegelform; zweitens wird eine so gleichförmige Torfmasse
                              erzielt, wie dieß bei directem Stich niemals, und selbst durch das Baggern kaum zu
                              erreichen ist; endlich drittens fallen die gepreßten Ziegel in einem Grade fest und
                              dicht aus, wie dieß bei dem Pressen der feuchten Torfmasse, unter gleichzeitigem
                              Verlust einer bedeutenden Menge von Bitumen, nicht zu erreichen wäre.
                           Ueber die technische Ausführung dieses neuen Princips können hier nur (nach einer
                              erhaltenen brieflichen Mittheilung) die allgemeinen Umrisse gegeben werden. Vorerst
                              wird die in Angriff zu nehmende Moorfläche entwässert, in große quadratische
                              Parcellen getheilt, die Oberfläche abgekümmert und geebnet. Die in solcher Gestalt
                              vorbereitete Torffläche wird nun mit einer Vorrichtung ähnlich einem Schneepfluge,
                              jedoch am untern Rande mit einem Dutzend pflugartiger Eisenzähne versehen, auf 1
                              Zoll tief aufgerissen. Früher geschah die Bewegung dieses Torfpfluges durch
                              Ochsenbespannung) in neuester Zeit wird dieselbe sehr entsprechend durch Dampfkraft
                              vermittelt. Zu dem Ende werden zwei parallele Schienenbahnen angelegt; auf deren
                              einer befindet sich eine transportable Dampfmaschine, deren Kraft eine darin
                              sitzende, horizontale Scheibe bewegt; auf der andern Bahn befindet sich, gerade gegenüber dem
                              Dampfwagen, eine einfache, verschiebbare Vorrichtung, mit einer frei beweglichen,
                              horizontalen Scheibe. Zwischen beiden Scheiben und um dieselben geschlagen, befindet
                              sich ein endloses Drahtseil, an welchem 2 Torfpflüge zwischen beiden Bahnen
                              abwechselnd hin- und herbewegt werden. Durch successives Vorschieben der
                              Bewegungsvorrichtungen auf beiden Bahnen wird sonach der dazwischen gelegene
                              Torfmoor aufgerissen.
                           Der gepflügte Torf wird durch eine Vorrichtung ähnlich einer Egge zerrieben. Dieser
                              Zerreiber besteht nämlich aus etwa 10 quadratischen, 4 Zoll starken, bei 5 Fuß
                              langen Hölzern, welche auf der untern Seite mit eisernen Zinken versehen, und in
                              paralleler Lage mit Ketten hinter einander angehängt sind, während das vorderste
                              Stück durch die Zugkraft einer Bespannung bewegt wird. Was auf diese Art vom Torfe
                              nicht zerrieben, sondern von den Zinken ausgehalten erscheint, wird für sich auf
                              einer mühlartigen Vorrichtung zerkleinert – eine Arbeit, welcher jedoch bloß
                              ein relativer kleiner Theil des Torfes unterworfen werden muß. Die zerriebene
                              Torfmasse wird sofort gewendet, eine Arbeit, die mit einer einfachen Vorrichtung,
                              ähnlich dem Torfpfluge, jedoch ohne Zähne, durchgeführt wird.
                           Bei entsprechender Trockenlegung der Torffläche und guter Witterung ist das Torfklein
                              in wenigen Tagen lufttrocken. In diesem Zustande wird dasselbe mit einer ähnlichen
                              Vorrichtung wie ein Schneepflug, welche jedoch in der Mitte unterbrochen ist, zu
                              einzelnen langen Haufen zusammengestreift. Von letzteren wird das Torfklein in
                              Karren oder Wagen geschaufelt und zu einzelnen großen Vorrathshaufen, oder in
                              Vorraths-Schuppen oder unmittelbar zum Darrapparat geschafft.
                           Um bei ungünstiger Witterung in der Torfgewinnung nicht ganz unterbrochen zu seyn,
                              sind etliche Trockenhäuser vorhanden, d.h. hohe, lange, nach zwei Seiten offene, und
                              in der Mitte mit einer Durchfahrt versehene Gebäude mit mehreren Etagen in ungefähr
                              zweischuhigen Abständen, auf denen das eingefahrene Torfklein ausgebreitet, und mit
                              rechenartigen Vorrichtungen öfters gewendet wird.
                           Das lufttrockene Torfklein wird in eigenen Darrvorrichtungen entsprechend getrocknet,
                              welche in unmittelbarer Verbindung stehen mit den zum Pressen des Torfes bestimmten
                              Dampfmaschinen. Die Ueberhitze von den Dampfkesseln wird zum Darren verwendet,
                              welches in schrägliegenden, mit Schneckenwänden versehenen und bewegten Cylindern
                              geschieht, an deren oberem Ende die lufttrockene Torfmasse beständig eingeführt, vom
                              untern Ende aus aber die gedarrte, noch warme Masse ohne Unterbrechung zur Presse
                              geleitet wird. Die Stärke der zur Bewegung zweier Pressen verwendeten Dampfmaschinen wird zu 40
                              Pferden angegeben. Jede Presse liefert in der Minute bei 50–55 Stück Ziegel,
                              welche etwas über 1/2 Zoll dick, 4 Zoll breit, und 4–10 Zoll lang sind.
                           So einleuchtend und richtig dieses neue Princip für die Gewinnung und Vorbereitung
                              des Torfes erscheint, so kann ein Urtheil bezüglich dessen technischer
                              Brauchbarkeit, ohne Erfahrung über die ökonomischen
                                 Erfolge, füglich nicht abgegeben werden. Für eine Torfgewinnung im Kleinen,
                              wobei Dampfkraft und Maschinenarbeit nicht mit Vortheil angewendet werden können,
                              ist von dieser Methode kaum eine vortheilhafte Anwendung zu gewärtigen; allein für
                              eine großartige Production, wie sie für hüttenmännische Zwecke ohnedieß nothwendig
                              wird, kann dieses Verfahren trotz der unverkennbaren Umständlichkeit dennoch
                              vortheilhaft seyn. In Haspelmoor sollen im verflossenen Jahre schon über 30
                              Millionen Torfziegel auf diese Art erzeugt worden seyn, die zur Feuerung bei
                              Locomotiven und sonstigen Dampfkesseln verwendet wurden. Eine erweiterte, derartige
                              Fabrication wurde in bestimmte Aussicht gestellt. Diese Angaben, wie die Thatsache,
                              daß in Haspelmoor schon seit vielen Jahren die Torfgewinnung mit einer Umsicht und
                              in einer Ausdehnung betrieben wird, wie vielleicht an keiner zweiten Stelle,
                              sprechen offenbar sehr empfehlend für dieses neue Verfahren. Ein mir aus Bayern
                              zugekommener Torfziegel von dieser neuen Art der Gewinnung und Vorbereitung zeigt
                              eine solche Dichte und Gleichförmigkeit, wie ich zuvor nicht gesehen hatte.