| Titel: | Operationsmethode, um positive Copien von Lichtbildern mittelst Uransalzen nach Niepce's Entdeckung zu erhalten; von Hrn. de la Blanchère. | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XLVIII., S. 201 | 
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                        XLVIII.
                        Operationsmethode, um positive Copien von
                           Lichtbildern mittelst Uransalzen nach Niepce's Entdeckung zu erhalten; von Hrn. de la Blanchère.
                        Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, April 1858,
                              t. XII p. 346 et 398.
                        Verfahren, um positive Copien von Lichtbildern mittelst Uranerzen
                           zu erhalten.
                        
                     
                        
                           Ich verdanke der Freundschaft des Hrn. Niepce aus St.
                              Victor die Gunst, daß ich seinen unlängst veröffentlichten Versuchen beiwohnen
                              konnte, welche zu der glänzenden Entdeckung führten, unveränderliche positive Copien
                              der Lichtbilder mittelst Uransalzen zu erhalten (S. 126 im vorhergehenden Heft des
                              polytechnischen Journals). Die quantitative Zusammensetzung der ersten Bäder zu
                              diesem Zweck hat er selbst angegeben und mit denselben erhielt der Photograph V. Plumier gleich anfangs guten Erfolg. Ich theile daher im
                              Folgenden die Arbeit des Meisters mit, und zugleich das Resultat meiner Erfahrung,
                              nebst den Abänderungen welche ich in den Manipulationen und in der anfänglich
                              versuchten quantitativen Zusammensetzung der Bäder bis jetzt vorgenommen habe.
                           Das salpetersaure Uranoxyd, die Grundlage des neuen Copirverfahrens, bildet große,
                              gelbe, etwas grünlich schillernde 2 und 2gliedrige Krystalle, welche U² O³, NO⁵5 + 6 HO sind
                              (Uranoxyd 57,1, Salpetersäure 21,4, Wasser 21,5), also drittelsaures Salz. Sie
                              verwittern etwas in trockener Luft, schmelzen beim Erwärmen leicht in dem
                              Krystallwasser, geben dann Säure aus unter Bildung von basischem Salz, hinterlassen
                              dann reines Oxyd, in hoher Temperatur Oxyduloxyd. Von Wasser werden sie sehr
                              reichlich gelöst, auch Alkohol und Aether lösen dieselben leicht. Da dieses Salz in
                              Aether fast eben so löslich ist als in Wasser, so vermuthete man natürlich, daß man
                              es direct mit dem Collodium verbinden könne, worin es sich wirklich gut auflöst;
                              aber auf dieses Präparat wirkt das Licht nur sehr langsam ein.
                           Aus Niepce's Versuchen geht hervor, daß das Licht auf das
                              salpetersaure Uranoxyd und auf alle Uranoxydsalze wirkt (je nach den verschiedenen
                              Pflanzen- und Mineralsäuren, womit das Uranoxyd verbunden ist, erhält man
                              sehr verschiedene Färbungen); das salpetersaure Uranoxyd wird an den vom Licht
                              getroffenen Stellen unauflöslich. Merkwürdig ist es, daß die Krystalle des
                              salpetersauren Uranoxyds, selbst in dünner Schicht auf einem Glasblättchen, für das
                              Licht absolut unempfindlich sind.
                           
                           Es ist unerläßlich, daß das anzuwendende Papier kein Kochsalz enthält, und daß man es
                              vor dem Gebrauch mehrere Tage lang der Einwirkung des Lichts entzogen hat, indem man
                              es in einer Mappe oder in einer Schublade aufbewahrte. Ohne diese Vorsichtsmaßregeln
                              würden die belichteten Stellen bei der Einwirkung des salpersauren Silbers fleckig
                              werden. Auch muß man zur Vermeidung von Flecken sich wohl hüten das Papier vor und
                              während seiner Zubereitung mit feuchten Fingern zu berühren.
                           Hr. Niepce hat das Verfahren zur Darstellung positiver
                              Copien der Lichtbilder mit salpetersaurem Uranoxyd summarisch beschrieben, sowie die
                              Anwendung des sauren Goldchlorids als Entwickelungsflüssigkeit anstatt des
                              salpetersauren Silbers. Ich will die Operationsweise dabei genau angeben.
                           
                        
                           I. Darstellung positiver Copien der
                                 Lichtbilder mittelst salpetersauren Uranoxyds.
                           
                              
                                 In 100 Grm.
                                 destillirten Wassers löst man
                                 
                              
                                       20 Grm.
                                 krystallisirtes salpetersaures Uranoxyd auf.
                                 
                              
                           Diese goldgelbe Lösung filtrirt man und bewahrt sie in einer mit eingeriebenem
                              Glasstöpsel versehenen Flasche auf. Man taucht das Papier 5 Minuten in diese Lösung
                              ein, oder läßt es auf deren Oberfläche schwimmen; in beiden Fällen wird die
                              Flüssigkeit die Substanz des Papiers nach und nach durchdringen. Es scheint mir
                              jedoch, daß der zu erreichende Zweck darin besteht, das salpetersaure Uranoxyd bloß
                              in die Oberfläche oder höchstens bis in die halbe Dicke des Papierblatts eindringen
                              zu lassen; die Copie wird sich dann nicht so leicht in Folge der wolligen
                              Beschaffenheit des Papiers verschleiern. Man hängt das Papier in freier Luft an
                              einem dunklen Orte zum Trocknen auf; in diesem Zustande läßt es sich unbestimmte
                              Zeit lang aufbewahren. Diese Operation könnte streng genommen bei zerstreutem oder
                              schwachem Tageslichte ausgeführt werden, es ist aber dann zu befürchten daß die
                              Copien noch mehr verschleiert erscheinen.
                           Man exponirt unter einem negativen Lichtbild 1 bis 10 Minuten in der Sonne, 15 bis 60
                              Minuten im Schatten oder bei trübem Wetter; im Mittel genügen 3 bis 7 Minuten in der
                              Sonne bei Anwendung eines Collodium-Negativs von gewöhnlicher
                              Durchsichtigkeit. In der jetzigen Jahreszeit habe ich davon Copien in einer Minute
                              erhalten, wozu an einem sonnigen Sommertage wohl einige Secunden hinreichen werden.
                              Von der Expositionszeit hängt die Schönheit der Copie ab, und dieß ist unbestreitbar
                              der schwierigste Theil des Verfahrens; man muß lange genug belichten, aber doch eine
                              zu lange Lichteinwirkung eher zu vermeiden suchen, denn indem man dann das Bild ein
                              wenig länger in den Entwickelungsbädern verweilen läßt, kann man ihm eine größere
                              Kraft und insbesondere mehr Glanz ertheilen.
                           Die Farbe des Papiers muß wenigstens citronengelb seyn; indem man es zweimal auf das
                              Bad legt, nimmt es mehr Uransalz auf und wird folglich empfindlicher. Seine Farbe
                              ändert sich an den vom Licht getroffenen Stellen und geht in Rothbraun über; diese
                              Färbung ist in der Durchsicht wahrnehmbarer als an der Oberfläche, und nach ihrer
                              Intensität kann man meistens die Stärke der Lichteinwirkung beurtheilen, jedoch
                              nicht mit Sicherheit. Um einen guten Erfolg zu erzielen, muß das Bild beim
                              Herausnehmen aus den Copirrahmen wenig sichtbar seyn; es läßt sich gleich gut
                              entwickeln, nachdem man es 24 oder 48 Stunden lang in der Dunkelheit aufbewahrt hat.
                              Man taucht es rasch in ein Bad, welches besteht aus:
                           
                              
                                 destillirtem Wasser
                                 100 Grm.
                                 
                              
                                 krystallisirtem salpetersaurem
                                    Silber
                                     6    „
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                 Spuren.
                                 
                              
                           Das Bild erscheint augenblicklich und ist in 30–40 Minuten vervollständigt. Es
                              kommt aus dem Bad mit einem sepiagrauen Ton, welcher in Sepiabraun übergeht, wenn
                              man es 10 Minuten im Bade läßt; aber die Lichter haben das Bestreben sich
                              gleichzeitig mit den Schatten zu färben, daher diese Bilder niemals denjenigen
                              gleichkommen, welche eine richtige Expositionszeit in 45 Secunden vollständig
                              erzeugt hat. Man muß sie alsdann schnell aus dem Bade herausnehmen und zwei bis
                              dreimal mit Wasser auswässern; sie sind fixirt und werden von einer kochenden
                              Cyankaliumlösung nicht angegriffen. Nur die Chlorverbindungen und das Königswasser
                              verändern sie. Sollten sich beim Eintauchen des Bildes in das Silberbad Blasen
                              bilden, so braucht man sich um diese nicht zu kümmern; die Flüssigkeit dringt so
                              leicht durch das Papier, daß der Fleck sich ausgleicht ohne eine Spur zu
                              hinterlassen; übrigens kann man diese Blasen mit einem kleinen Pinsel leicht
                              entfernen. Ich habe versucht die Bilder vor dem Eintauchen in das Silberbad mit
                              destillirtem Wasser zu waschen, aber dabei keinen Vortheil gefunden, im Gegentheil
                              wurden sie dadurch geschwächt.
                           Wenn man die positiven Copien mehrere Stunden im Wasser liegen läßt, so bekommen sie
                              braune Flecken; es bildet sich nämlich im Papier ein kastanienbrauner Niederschlag,
                              welcher demjenigen ähnlich zu seyn scheint, der nach einigen Stunden entsteht, wenn
                              man in einem Reagensglas salpetersaures Uranoxyd mit zum Theil als Chlorsilber
                              gefälltem salpetersaurem
                              Silberoxyd vermischt. Manchmal entstehen auf der Rückseite der Bilder zahlreiche
                              kleine rothe Flecken, welche ohne Zweifel von ganz kleinen im Bade schwimmenden
                              Krystallen eines Uransalzes herrühren; bisweilen bilden sich solche auf beiden
                              Seiten des Papiers, sie entsprechen einander aber nicht und dringen daher nicht
                              durch das Papier.
                           Wenn man das Silberbad nicht hinreichend mit Essigsäure ansäuert, so werden sich beim
                              Herausnehmen des Papierblatts, um es in Wasser zu tauchen, die schwärzesten Partien
                              desselben, also diejenigen welche den stärksten Lichteindruck empfangen haben,
                              citronengelb färben; diese Färbung wird verschwinden, wenn man sie nachher im
                              Chlorgoldbade behandelt. Sie verschwindet sogar, wenn man das Bild einem lebhaften
                              Feuer nähert, um es zu trocknen, und es nehmen alsdann diese Partien einen
                              braunschwarzen sehr kräftigen Ton an. Die Behandlung im Chlorgoldbade ertheilt allen
                              derartigen Copien die violette Farbe, welche man nach der gewöhnlichen Methode
                              erhält.
                           
                        
                           II. Anwendung des sauren Goldchlorids
                                 als Entwickelungsflüssigkeit, oder um die Farbe der positiven Copien zu
                                 verändern.
                           
                              
                                 In 1000 Grm.
                                 destillirtem Wasser löst man
                                 
                              
                                          2
                                    Grm.
                                 gewöhnliches Chlorgold auf und setzt dann
                                 
                              
                                          2 bis
                                    3
                                 Tropfen Salzsäure zu.
                                 
                              
                           Man taucht das aus dem Copirrahmen genommene Bild in dieses Bad; es kommt
                              augenblicklich zum Vorschein, vielleicht noch schneller als im salpetersauren
                              Silber. Es hat einen etwas kalten blauen Ton, welcher, wenn man die Expositionszeit
                              sehr verlängert, sogar schwarz wird; hierzu muß das Exponiren fast die doppelte Zeit
                              von derjenigen gedauert haben, welche erforderlich ist, wenn man bloß mit
                              salpetersaurem Silber entwickeln will.
                           Man zieht das Bild rasch aus dem Goldbade, und wascht es sorgfältig zwei- bis
                              dreimal in Wasser, worauf es fixirt ist; durch Trocknen am Feuer wird es sehr
                              kräftig.
                           Das Goldbad dient hauptsächlich um den im Silberbade entwickelten Copien eine
                              violette bis violettschwarze Farbe zu ertheilen; dazu muß man die Bilder oft 10
                              Minuten lang im Goldbade lassen. Das beste Bild wird, wenn es aus dem Silberbad
                              kommt, fast vollständig braun seyn. In Folge seiner Eigenschaft selbst das
                              belichtete salpetersaure Uranoxyd aufzulösen, hat das Chlorgold das Bestreben, die
                              verschleierten oder zu stark zum Vorschein gekommenen Bilder zu entschleiern.
                           
                        
                           
                           III. Anwendung des Quecksilbersublimats,
                                 um die Farbe der Bilder zu verändern.
                           Der Quecksilbersublimat dient, um den Bildern einen grauschwarzen, grünschwarzen oder
                              tiefschwarzen Ton zu ertheilen. Das Bild muß stark exponirt worden sey, wenigstens
                              dreimal (wie für das Goldchlorid), weil das salpetersaure Uranoxyd in den Chloriden
                              auflöslich ist und der Quecksilbersublimat ihm daher nicht nur die gegen das Licht
                              geschützt gewesenen, sondern auch die vom Licht getroffenen Theile des Uransazes zu
                              entziehen strebt.
                           Man löst in gewöhnlichem Wasser bei 10° C. Temperatur Quecksilbersublimat bis
                              zur Sättigung auf. Bei einer höheren Temperatur erhielte man eine zu wirksame
                              Auflösung, welche man daher mit Wasser verdünnen müßte. Die in dieses Bad getauchte
                              positive Copie entfärbt sich nach 2 bis 3 Minuten; der richtige Punkt ist erreicht,
                              wenn das Papier weiß geworden ist. Man wascht das Bild sorgfältig und bringt es ins
                              Silberbad, worin es sich langsam entwickelt und im Verlauf von 10 bis 16 Minuten
                              fortwährend verstärkt; je länger es im Silberbad bleibt, desto schwärzer wird es, es
                              tritt jedoch ein Punkt ein, wo die Färbung keinen Fortschritt mehr macht. Je
                              langsamer sich das Bild im Quecksilbersublimat entfärbte, desto länger braucht es um
                              sich im Silberbad zu entwickeln.
                           Man wascht das Bild mehrmals in Wasser, und es ist fertig.
                           
                        
                           IV. Allgemeine Bemerkungen.
                           Wenn das Exponiren zu lange gedauert hat oder das Bild zu lang im Silberbad verweilte
                              und die Lichter desselben verschleiert sind, so kann man sie entfärben, indem man
                              das Bild in einem Wasser wascht welches sehr schwach mit Salzsäure versetzt ist; es
                              wird sich ein wenig salzsaures Uranoxyd bilden, welches ganz löslich ist.
                           Da das salpetersaure Uranoxyd sauer reagirt, so macht es das Eiweiß, in welches man
                              es gießt, sogleich gerinnen, daher man bis jetzt mit Eiweiß überzogene Glastafeln
                              nicht anwenden konnte. Man kann aber mit Eiweiß oder Leim überzogenes Papier
                              benutzen; ich habe sächsisches Papier 5 Minuten lang auf lauwarme Leimlösung,
                              deßgleichen auf Eiweiß gelegt, dann 10 Minuten lang auf einem Bad schwimmen lassen,
                              welches 20 Proc. salpetersaures Uranoxyd enthielt; das Bild ist dann mehr auf die
                              Oberfläche beschränkt als bei der früher beschriebenen Methode, und erscheint auch
                              kräftiger; merkwürdigerweise ist es beim Herausnehmen aus dem positiven Copirrahmen
                              auf der Leimschicht nicht sichtbar, es entwickelt sich aber eben so rasch im
                              Silberbad und bekommt auch durch das Chlorgold dieselben violetten Töne. Das mit
                              Leim überzogene Papier gestattet das Retouchiren, das mit Eiweiß überzogene aber
                              nicht.
                           Das salpetersaure Uranoxyd mischt sich gut mit dem Leim auf Glastafeln; man kann
                              daher durch dasselbe in der Folge das zweifach-chromsaure Kali bei seiner
                              Anwendung zur Photolithographie vortheilhaft ersetzen, denn es liefert sehr reine
                              und scharfe Reliefs; auch läßt es sich zum Aetzen benutzen, weil die unauflöslich
                              gewordenen Partien fest und unangreifbar gemacht werden können. Mit Gummi und Leim
                              gemischt und auf eine Glastafel gegossen, gibt es durch Contact außerordentlich
                              scharfe und schöne Copien, welche aber in den Bädern schwierig zu fixiren sind,
                              wegen der Löslichkeit der unterliegenden Schicht und ihrer geringen Festigkeit.
                           Man kann das salpetersaure Uranoxyd direct in nicht empfindlich gemachtem Collodium
                              auflösen; verwendet man das Collodium der Apotheken, welches 3 Proc. Schießbaumwolle
                              enthält, so erhält man eine dickere Schicht und ein intensiveres Bild. Man läßt das
                              Collodium trocknen und erhält dann, ohne es zu befeuchten, durch Contact positive
                              Copien von bewundernswerther Schärfe, welche sich vollkommen für durchsichtige
                              stereoskopische Bilder eignen. Man kann auch das nicht empfindlich gemachte
                              Collodium auf der Glastafel trocknen lassen, dieselbe dann 10 Minuten lang in ein
                              Bad tauchen, welches 20 Proc. salpetersaures Uranoxyd enthält, wieder trocknen
                              lassen und hierauf wie vorher verfahren; das Bild ist etwas weniger intensiv.