| Titel: | Maaßanalytische Methoden zur Bestimmung des in den Pflanzen enthaltenen Gerbstoffs; von Hrn. E. Monier. | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. L., S. 209 | 
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                        L.
                        Maaßanalytische Methoden zur Bestimmung des in
                           den Pflanzen enthaltenen Gerbstoffs; von Hrn. E. Monier.
                        Aus den Comptes rendus, März 1858, Nr.
                              12.
                        Monier's maaßanalytische Bestimmung des in den Pflanzen enthaltenen
                           Gerbstoffs.
                        
                     
                        
                           Unter die Substanzen welche mit großer Leichtigkeit auf das übermangansaure Kali
                              reagiren, gehören nach meinen neuen Versuchen die Gerbsäure, Gallussäure und
                              Pyrogallussäure, welche sich unter dem Einfluß des Chamäleon in Kohlensäure und
                              Wasser umwandeln, wie es bei der Oxalsäure der Fall ist. Sind die Flüssigkeiten
                              concentrirt, so ist die Reaction so lebhaft, daß mit diesen Substanzen ein
                              Aufbrausen von Kohlensäure entsteht; gleichzeitig bildet sich ein Manganoxydulsalz.
                              Wenn man diese Reactionen durch die einfachsten Formeln ausdrückt, so erhält man für
                              die Gallussäure
                           C⁷ H³
                                 O⁵, HO + O¹² = 4 HO + 7 CO²,
                           und für die Pyrogallussäure
                           C⁶ H³
                                 O³ + O¹² = 3 HO + 6 CO².
                           Indem der Gerdstoff auf das Chamäleon reagirt, veranlaßt er ebenfalls ein Aufbrausen;
                              es scheint sich aber, außer der Kohlensäure, ein noch unbestimmtes Product zu
                              bilden.
                           Gränze der Empfindlichkeit. – Das
                              Desoxydationsvermögen dieser Substanzen ist so beträchtlich, daß man sie mittelst
                              des Chamäleon entdecken kann, wenn sie in einer Flüssigkeit auch nur in höchst
                              geringer Menge enthalten sind. So entfärbt nach meinen Versuchen, 1 Milligramm
                              Gerbstoff in 1 Liter Wasser aufgelöst, das Chamäleon sehr leicht; eine Flüssigkeit
                              welche nur 1 Milliontel Gerbstoff enthält, wirkt noch auf das Chamäleon in den
                              sauren Flüssigkeiten.
                           Bestimmung des Gerbstoffs. – Zur Bestimmung des
                              Gerbstoffs nach diesen neuen Methoden bedient man sich einer titrirten Flüssigkeit,
                              welche 1 Proc. bei 110° C. ausgetrockneten Gerbstoff enthält. Um zu zeigen,
                              wie leicht man den in den Pflanzen enthaltenen Gerbstoff bestimmen kann, wähle ich als Beispiel die
                              Eichenrinde. Man erschöpft 10 Gramme dieser Rinde mit kochendem Wasser, welches
                              schwach mit Salzsäure angesäuert ist, man sammelt hernach alle Waschwasser und gießt
                              sie in einen Kolben, worauf man durch Zugießen von destillirtem Wasser das Volum auf
                              einen halben Liter ergänzt. Bei dieser Operation wurden die stickstoffhaltigen
                              Substanzen coagulirt, theils durch die Wärme (Albumin), theils durch die Salzsäure
                              (Casein). Man läßt die Flüssigkeit absetzen, dann nimmt man 50 Kub. Cent. davon,
                              welche man in einen großen Kolben gießt; hernach nimmt man 10 Kub. Centim. der
                              titrirten Gerbstofflösung, welche man in einen dem erstem gleichen Kolben gießt; man
                              setzt in jedem dieser Kolben einen halben Liter gewöhnliches Wasser zu, welches man
                              mit Schwefelsäure ansäuert; endlich bestimmt man mittelst graduirter Büretten die
                              Volume V und V¹ von
                              Chamäleon, welche man zugießen muß, um in den beiden Flüssigkeiten eine rosenrothe
                              Färbung von gleicher Intensität zu erhalten. Da diese Volume dem Gerbstoff
                              proportional sind, so erhält man diese Substanz durch eine einfache Proportion.
                           Ich will nun die Resultate mittheilen, welche ich bei Anwendung dieser Methoden zur
                              Analyse einiger Substanzen erhalten habe.
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Gerbstoff.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Eichenrinde
                                     5,91
                                 
                              
                                 Erster Theil 
                                 
                                    
                                    
                                 grüner Theeschwarzer
                                    Thee      
                                   16,20    9,51
                                 
                              
                                 Zweiter Theil
                                 
                                    
                                    
                                 grüner Theeschwarzer Thee
                                   15,30    9,43
                                 
                              
                                 Dritter Theil
                                 
                                    
                                    
                                 grüner Theeschwarzer Thee
                                   15,17    9,89
                                 
                              
                           Mulder, indem er den Gerbstoff durch Häute absorbiren
                              ließ, fand für den grünen Thee 17,80 Gerbstoff, und für den schwarzen Thee 12,88.
                              Die so verschiedene Wirkung beider Theesorten auf die thierische Oekonomie rührt
                              vielleicht von dem beträchtlich größern Gerbstoffgehalt des grünen Thees her. Nach
                              dem Vorhergehenden besteht eine sehr einfache Theeprobe darin, den Gerbstoff nach
                              der beschriebenen Methode zu bestimmen, und hernach das Verhältniß der in Wasser
                              auflöslichen Substanzen zu ermitteln. Nach Payen enthält
                              der grüne Thee von letzteren 40 bis 48 Procent, und der schwarze Thee 31 bis 41; der
                              schwarze Thee enthält nach Peligot auch 2,34 bis 3 Proc.
                              Thein, ein Pflanzenalkali, welches auf das Chamäleon gar nicht wirkt.
                           Gallussäure und Pyrogallussäure. – Die Bestimmung
                              dieser Säuren geschieht auf die vorher beschriebene Art mittelst titrirter
                              Flüssigkeiten, welche 1 Procent der krystallisirten Säuren enthalten.
                           
                           Angenommen, es sey ein Gemenge von Gerbstoff und Gallussäure gegeben, und man wolle
                              genau jede dieser Substanzen bestimmen, so verfährt man auf folgende Weise:
                           Man nimmt ein bekanntes Volum der Auflösung, welche diese Substanzen enthält, und
                              bestimmt durch die erste Methode das Volum V von
                              Chamäleon, welches sie entfärben. Dieses Volum entspricht dem Gerbstoff und der
                              Gallussäure. Hierauf nimmt man eine neue Portion der Flüssigkeit; man versetzt sie
                              mit Eiweiß in Ueberschuß, welches nur den Gerbstoff niederschlägt; man filtrirt,
                              dann bringt man das überschüssige Eiweiß durch Erwärmen zum Gerinnen. Man erhält so,
                              indem man neuerdings filtrirt, eine Flüssigkeit, welche nur noch Gallussäure
                              enthält, die man direct mit der titrirten Gallussäure-Lösung bestimmt. Nennt
                              man V¹ das Volum welches die Gallussäure entfärbt, so wird V – V¹ dem
                              Gerbstoff entsprechen, welchen man so durch eine sehr einfache Rechnung
                              bestimmt.
                           Ich theile schließlich das Verzeichniß der Körper mit, welche nicht auf das Chamäleon
                              reagiren, wenn sie als verdünnte Auflösung angewandt werden, die 1 bis 0,5 Proc.
                              dieser Substanzen enthält. Diese Substanzen sind: Citronensäure, Weinsteinsäure,
                              Aepfelsäure, Essigsäure etc., Zucker, Gummi, Dextrin, Fette, Thein, Caffein, Chinin,
                              Harnstoff. Als concentrirte Auflösung wirken diese Substanzen nur langsam auf das
                              Chamäleon. Die einfachste Methode, die Wirkung dieser Substanzen auf das Chamäleon
                              zu verhüten, besteht also darin, sie mit Wasser zu verdünnen, so daß ihre Auflösung
                              nicht über 1/2 Proc. der Substanzen enthält welche man bestimmen will. In der Regel
                              wendet man noch verdünntere Flüssigkeiten an, welche z.B. nur 1 bis 2 Tausendtheile
                              Substanz enthalten.