| Titel: | Reinigung eines Cartons; von Wilh. Kubel, Assistent am chemischen Laboratorium zu Braunschweig. | 
| Autor: | Wilh. Kubel | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LXVIII., S. 313 | 
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                        LXVIII.
                        Reinigung eines Cartons; von Wilh. Kubel, Assistent am chemischen
                           Laboratorium zu Braunschweig.
                        Kubel, über die Reinigung eines Cartons.
                        
                     
                        
                           Der herrliche Carton von Elster, Christi Einzug in
                              Jerusalem darstellend, beiläufig 9 1/2 Fuß lang und 5 1/2 Fuß hoch, war auf der
                              Reise nach Meiningen, zur Cartonausstellung, in einen Zustand versetzt, der als ein
                              hoffnungsloser galt. Die Kiste, worin er, aufgespannt und mit einem grünen Vorhange
                              bedeckt, verpackt worden war, zerbrach nämlich und blieb längere Zeit dem Regen
                              ausgesetzt. Der Carton erschien wie mit einer blaugrünen Farbenbrühe übergossen und
                              ein großer Theil der Figuren war dadurch ganz unsichtbar geworden.
                           Hr. Professor Otto, an welchen sich Hr. Elster gewandt hatte, veranlaßte mich, die Reinigung zu
                              versuchen und zwar mit einer Lösung von Chlorkalk, die mit etwas Salpetersäure versetzt ist,
                              welche bei vorläufigen Versuchen sich wirksam gezeigt hatte.
                           Der Versuch hat ein so ausgezeichnet befriedigendes Resultat ergeben, daß eine
                              speciellere Beschreibung desselben gerechtfertigt erscheinen dürfte.
                           Zur Darstellung der Bleichflüssigkeit wurden etwa 1 1/2 Pfund Chlorkalk mit Wasser
                              ausgezogen, die Lösung filtrirt, bis auf etwa 25 Pfund verdünnt, und nach und nach
                              so viel Salpetersäure zugetröpfelt, bis die Lösung Lackmuspapier rasch entfärbte,
                              aber noch nicht sauer reagirte. Sie enthielt dann natürlich freie unterchlorige
                              Säure. Der Carton, in seinem Rahmen, wurde nun im Freien, an einem sehr sonnigen
                              Vormittage, fast horizontal auf zwei Träger gelegt und mit der Lösung begossen, um
                              ihn ganz zu benetzen.
                           Auf die stärker gefärbten Stellen wurde in die Lösung getauchtes Fließpapier gelegt,
                              das öfters erneuert und begossen wurde. Die gebleichten Stellen wurden wiederholt
                              mittelst einer Gießkanne mit Wasser übergossen, um die Chlorkalklösung möglichst zu
                              beseitigen, nachdem sie gewirkt. Der Carton war dabei stets starkem Sonnenschein
                              ausgesetzt.
                           Nach ungefähr zwei Stunden waren die blaugrünen Flecke fast gänzlich verschwunden,
                              nur an einigen Stellen, wo die Farbe zugleich durch das Leinen gedrungen war, auf
                              welches der Carton geklebt ist, schimmerten sie noch ein wenig durch. Auch zeigten
                              sich noch kleine bräunliche Flecken und Straßen, die wohl vom Holze der Kiste
                              herrühren mochten und ebenfalls nicht vollständig weichen wollten.
                           Nach dem Abspülen mit Wasser wurde nun als Antichlor eine Lösung von schwefligsaurem
                              Natron mittelst einer Gießkanne angewandt und schließlich natürlich noch reines
                              Wasser.
                           Bei dem Trocknen im prellenden Sonnenschein, wobei der Carton aufrecht gestellt
                              wurde, verloren sich die Spuren geringer Färbung noch vollständig.
                           Da bei dem Behandeln des Cartons mit den Flüssigkeiten Wischen gänzlich vermieden,
                              der Carton immer nur begossen und gebadet wurde, so ist der Bleistiftstrich völlig
                              unverändert geblieben, und da sich die frühere gelbliche Farbe des Papieres verloren
                              hat, so treten die Bleistiftstriche besser als früher hervor, und der Carton
                              erscheint deßhalb nach dem Urtheile aller Sachverständigen jetzt schöner als
                              vorher.
                           Daß sich auf angegebene Weise vergilbte Kupferstiche ebenfalls reinigen lassen,
                              versteht sich von selbst. Ob die starke Sonne bei dieser Reinigung Antheil hat, muß
                              ich dahin gestellt seyn lassen.