| Titel: | Ueber Ammoniakgewinnung aus Steinkohlen; von Dr. Rud. Wagner, Prof. der Technologie in Würzburg. | 
| Autor: | Johannes Rudolph Wagner [GND] | 
| Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LXXXI., S. 355 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber Ammoniakgewinnung aus Steinkohlen; von Dr.
                           Rud. Wagner, Prof. der
                           Technologie in Würzburg.
                        Wagner, über Ammoniakgewinnung aus Steinkohlen.
                        
                     
                        
                           Die Wichtigkeit der Condensation des Ammoniaks, das in den
                              Verbrennungsgasen der Steinkohlenfeuerungen in so
                              beträchtlicher Menge enthalten ist, wurde von mir bereits bei einer anderen
                              GelegenheitPolytechn. Journal Bd. CXLIV S.
                                       236. hervorgehoben. Wenn es nun auch seitdem nicht gelungen ist, ein Verfahren
                              ausfindig zu machen, um jene Condensation mit möglichst wenig Kosten zu bewirken, so
                              deuten doch im Kleinen angestellte Versuche darauf hin, daß nach folgender Methode
                              eine vollständige Verdichtung des Ammoniaks erzielt werden könne: Eine Entziehung
                              des Ammoniaks der Verbrennungsgase dadurch, daß man dieselben über Gyps,
                              Eisenvitriol, verwitterte Braunkohle u. dgl. leitet, wird immer große
                              Schwierigkeiten darbieten; es scheint daher vortheilhafter, sogleich bei der
                              Verbrennung der Steinkohlen dahin zu streben, daß das Ammoniak
                                 in den Verbrennungsgasen in Gestalt eines leicht verdichtbaren Ammoniaksalzes
                                 – Salmiak – enthalten sey. Es werden zu diesem Zwecke die
                              Steinkohlen mit einer Lösung von Chlormagnesium (Mutterlauge der Salinen oder des
                              Meerwassers) befeuchtet. Die bei der Verbrennungstemperatur aus dem Chlormagnesium
                              sich entwickelnde Salzsäure verbindet sich mit dem gleichzeitig entstandenen
                              Ammoniak zu Salmiak. Die Verbrennungsgase werden aus dem Rauchfang in eine Kammer
                              geleitet, – vielleicht unter Mitwirkung eines Exhaustors – worin sich
                              der Salmiak absetzt, der durch Sublimation gereinigt wird. Bei Steinkohlen, die
                              größere Mengen von Thon unter ihren mineralischen Bestandtheilen enthalten, wird
                              Kochsalzlösung die Stelle der Chlormagnesiumlösung vertreten können. In Gegenden, wo
                              man, wie in Belgien und
                              am Rhein, den Steinkohlengrus mit Thon zusammengeknetet (als Klöden oder Klüden)
                              verbrennt, möchte ein Zusatz von Kochsalz besonders anzuempfehlen seyn, um einen an
                              Salmiak sehr reichen Ruß zu erhalten.
                           Bei der Bereitung des Leuchtgases aus Steinkohlen wird man das nämliche Princip
                              anwenden können und der Reinigung des Gases vom Ammoniak überhoben seyn.
                           Auch bei der Destillation von Knochen, bei der Herstellung von Blutkohle etc. wird
                              man wahrscheinlich mit Vortheil Chlormagnesium zuschlagen, um als Product der
                              Destillation sofort Salmiak zu erhalten.
                           Für Salinen und Sodafabriken, die auf Steinkohlenfeuerung eingerichtet sind, und
                              überhaupt für Fabriken, die sich billiges Chlormagnesium verschaffen können, möchte
                              die Einführung eines Verfahrens, das sich auf das erwähnte Princip stützt, einen
                              großen Gewinn abwerfen.
                           Kuhlmann hat versuchsweise die Fabrication von Salmiak,
                              zum Theil mit Hülfe des Stickstoffs der Steinkohle, in seinen Fabriken eingeführt.
                              Die aus den zum Brennen der Knochen dienenden Oefen austretenden, mit den
                              Verbrennungsgasen der Steinkohlen gemischten Dämpfe strömen, bevor sie in den
                              Schornstein gelangen, durch einen großen steinernen Behälter, in welchem durch eine
                              Art Schöpfrad beständig Manganchlorürlösung (der Rückstand von der Chlorbereitung)
                              gehoben und in Form eines Regens ausgegossen wird. Diese Lösung entzieht den Dämpfen
                              das Ammoniak, und zwar nicht bloß das durch die Verkohlung der Knochen erzeugte,
                              sondern auch das in der Feuerung aus der Steinkohle entstandene Ammoniak. Die
                              Flüssigkeit enthält Salmiak, kohlensaures Manganoxydul, Schwefelmangan, Ruß etc. und
                              wird auf Salmiak verarbeitet. Ob das condensirte Ammoniak im Allgemeinen die Kosten
                              bezahlt macht oder einen Gewinn gibt, kann der Verf. noch nicht entscheiden, da die
                              bisher erlangten Resultate je nach der Qualität der angewendeten Steinkohle sehr
                              verschieden waren. Zur Verringerung des aus dem Schornstein abziehenden Rauches
                              wirkt es entschieden günstig.
                           Würzburg, am 8. Mai 1858.