| Titel: | Beitrag zur näheren Kenntniß der Ursache des Erhärtens der Mörtel beim Altern; von Dr. A. Bauer. | 
| Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XIX., S. 62 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XIX.
                        Beitrag zur näheren Kenntniß der Ursache des
                           Erhärtens der Mörtel beim Altern; von Dr. A. Bauer.
                        Aus den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften zu
                                    Wien, mathematisch-naturwissensch. Cl., Bd. XXX S. 226;
                           durch das chemische
                                 Centralblatt, 1858, Nr. 42.
                        Bauer, Beitrag zur näheren Kenntniß der Ursache des Erhärtens der
                           Mörtel beim Altern.
                        
                     
                        
                           Als im Anfang dieses Jahres mit der Demolirung der Basteien Wiens, und zwar mit der
                              Rothenthurmthor-Bastei der Anfang gemacht wurde, benutzte der Verfasser diese
                              Gelegenheit, eine Untersuchung des Mörtels dieser alten Gemäuer vorzunehmen, da
                              trotz der Untersuchungen von Fuchs, Schrötter, Petzhold, John,
                                 Vicat, Saussure, Guyton, Döbereiner, Berthier, Descotils, Morveau und
                              Anderen die Frage der Erhärtung des Mörtels durch das Altern noch nicht völlig
                              gelöst ist, und besonders über die Rolle der Kohlensäure hierbei in verschiedenen
                              Lehrbüchern der Chemie verschiedene Ansichten mitgetheilt sind.Wir verweisen auf die neueste Arbeit über diesen Gegenstand von Prof. Vogel
                                    jun. in München, im polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 190. A. d. R.
                              
                           Der Mörtel den der Verfasser zur Untersuchung verwendete, war aus der oberen
                              Gewölbmauer zwischen zwei Gewölbziegeln herausgenommen worden, welche früher die
                              Decke eines Verkaufsladens bildeten, so daß dieser Mörtel nur durch die
                              Uebertünchung vor dem Einfluß der atmosphärischen Luft geschützt war.
                           Das Alter dieser Mauer wurde als etwas über 50 Jahre betragend angegeben.
                           Die Analyse des Mörtels, welche der Verfasser gemeinschaftlich mit G. A. Lehner ausführte, beschränkte sich bloß auf die
                              quantitative Bestimmung der für die Theorie der Erhärtung wichtigen Bestandtheile.
                              Auf die oft nur in Spuren darin vorkommenden Körper wurde keine Rücksicht
                              genommen.
                           Das äußere Ansehen des untersuchten Mörtelstückes zeigte, daß es neben Kalk aus
                              feinem Flußsande und grobem Grus bestand. Um die Menge des letzteren zu bestimmen,
                              wurden 100 Gramme des Mörtels gepulvert und durch ein grobes Sieb geschlagen. Der
                              Rückstand wurde mit verdünnter Salzsäure behandelt, die feineren Theile abgeschlämmt
                              und gewogen. Die Menge dieses groben aus eckigen Quarzstücken bestehenden Sandes betrug 36,3 Grm. Man kann
                              demnach als Durchschnittszahl annehmen, daß dem Gewichte nach der dritte Theil des
                              Mörtels grober Quarzsand ist.
                           Zur weiteren Untersuchung verwendete man bloß den abgesiebten und bei 100° C.
                              im Wasserbad getrockneten Theil.
                           Zufolge der ausgeführten Analysen enthielten 100 Theile Mörtel (den groben Sand
                              abgerechnet):
                           
                              
                                 kohlensauren Kalk
                                   30,38 Theile.
                                 
                              
                                 Aetzkalk
                                     1,25    „
                                 
                              
                                 kohlensaure Talkerde
                                   10,63    „
                                 
                              
                                 lösliche Kieselsäure
                                     1,11    „
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde   
                                     1,90    „
                                 
                              
                                 feinen Sand
                                   51,42    „
                                 
                              
                                 Wasser, Verlust etc.
                                     3,31    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00 Theile.
                                 
                              
                           Es ist demnach in diesem Mörtel die größte Menge des Kalkes bereits in kohlensauren
                              Kalk umgewandelt. Dieses Resultat ist um so beachtenswerther, als der Mörtel nicht
                              einmal ein halbes Jahrhundert alt war, während andere Analysen die mit weit älteren
                              Mörteln vorgenommen wurden, zu dem Resultat geführt haben, daß neben einer
                              verhältnißmäßig geringen Menge von kohlensaurem Kalk immer eine ziemlich
                              beträchtliche Menge von Aetzkalk auch in den ältesten Mörteln vorhanden ist.
                           In vielen Lehrbüchern der Chemie ist ferner auch angeführt, daß sich der Kalk beim
                              Liegen an der Luft nie in neutralen kohlensauren Kalk verwandelt, sondern immer nur
                              in ein aus gleichen Mengen von kohlensaurem Kalk und Kalkhydrat bestehendes Pulver
                              zerfällt.
                           Man muß wohl annehmen daß dieß der gewöhnliche Fall ist, wie dieß auch in der
                              Abhandlung von J. N. Fuchs über den Kalk und Mörtel
                              geschieht, worin es auf S. 142 heißt: „Der Zusammenhalt des mechanischen
                                 Mörtels, um auch darüber noch Einiges zu sagen, wird lediglich bewirkt durch das
                                 an den Theilen des Zuschlages erhärtende Kalkhydrat, an welche es durch
                                 Adhäsionskraft so angedrückt wird, wie wenn es auf eine andere Weise
                                 zusammengepreßt würde. Es bildet sich dabei immer mehr oder weniger
                                 Kalkhydrocarbonat. Es kann auch später unter gewissen Umständen alles Wasser
                                 entweichen und durch Kohlensäure ausgetauscht werden; allein dieses erfolgt
                                 immer nur äußerst langsam, wie John und Vicat gezeigt haben, und ändert, wie ich glaube,
                                 nichts im physischen Zustande des Mörtels. War zuvor das Kalkhydrat compact, so
                                 wird auch ein compactes Carbonat entstehen; war es aber locker, so wird auch nur lockeres
                                 Carbonat erzeugt werden können. Einige Chemiker und Baumeister waren der Meinung
                                 daß der Kalk des Mörtels durch Aufnahme von Kohlensäure aus der Luft gleichsam
                                 in Marmor verwandelt werde und sich darauf das Erhärten desselben gründe. Allein
                                 es ist nicht einzusehen, warum gerade ein marmorartiges Product entstehen müßte
                                 und nicht vielmehr ein der Kreide oder Montmilch ähnliches gebildet werden
                                 könnte.“
                              
                           Der vom Verfasser untersuchte Mörtel, sowie viele andere alte Mörtel zeigen an
                              einzelnen Stellen, wo haselnußgroße Stücke von ganz in kohlensauren Kalk
                              umgewandeltem Aetzkalk sich befinden, daß der Aetzkalk bei dieser Umwandlung in eine
                              der Montmilch vollkommen ähnliche Substanz verwandelt wurde.
                           Bei allen früheren Mörtelanalysen, wie bei der Untersuchung eines 300 und 100jährigen
                              Mörtels durch Petzhold und der Untersuchung eines
                              303jährigen, 546jährigen und 662jährigen Mörtels, von der Bastion
                              Bürger-Cavalier in Wien, durch Professor Schrötter, wurde eine beträchtliche Menge Aetzkalk in dem Mörtel nachgewiesen,
                              aber alle diese Mörtel waren aus dem Innern der Mauern genommen; der vom Verfasser
                              untersuchte Mörtel war, wie oben erwähnt wurde, bloß durch die Uebertünchung von der
                              äußeren atmosphärischen Luft abgeschlossen.
                           Auch Fuchs theilt in dem ersten Theile seiner oben
                              angeführten Abhandlung (S. 8) mit, daß man allerdings in alten Mörteln mit
                              Kohlensäure vollkommen gesättigten Kalk gefunden habe. Er selbst hat einen solchen
                              Kalk untersucht, der von der Ruine Rindenburg an der Altmühl herstammte. Aber die
                              Umstände, unter denen diese Umwandlung stattgefunden hat, sagt Fuchs, sind ganz andere. Der Kalk war hier der freien Luft ausgesetzt, wo
                              ihm die Kohlensäure nicht bloß in Gasform, sondern auch mittelst Wasser zugeführt
                              wurde, woraus er sie immer bis zur vollkommenen Sättigung aufnimmt.
                           Diese Umstände waren nun bei dem Mörtel, den der Verfasser untersuchte, gewiß auch
                              vorhanden, denn, wie schon erwähnt, stammte er aus der oberen Decke eines
                              Verkaufsgewölbes, wo also gewiß immer eine nicht unbeträchtliche Menge von
                              Feuchtigkeit in der Luft vorhanden war, wodurch die Kohlensäure diesem Mörtel in
                              sehr reichlichem Maaße zugeführt werden konnte.
                           Der Verfasser glaubt demnach annehmen zu können, daß die von Fuchs in der ersten Abtheilung ausgesprochene Vermuthung, daß es nur die
                              feuchte Luft ist, durch welche der Kalk beim Liegen an der Luft vollkommen in
                              neutralen kohlensauren Kalk verwandelt werde, durch seine Untersuchung eine neue
                              Beweisstütze erlangt hat.
                           
                           Jedenfalls aber ist dadurch widerlegt, daß diele völlige Umwandlung in neutralen
                              kohlensauren Kalk, wie aus den Versuchen Johns und Vicats hervorzugehen scheint, und wie auch Fuchs in der zweiten Abtheilung seiner oben genannten
                              Abhandlung über Kalk und Mörtel sagt, äußerst langsam vor sich geht.
                           Was die lösliche Kieselsäure im Mörtel anbelangt, so ist die Entstehung dieser
                              bereits von Petzhold und Schrötter völlig ins Klare gebracht worden. Man weiß auch, daß man ihrer
                              Bildung nur einen untergeordneten Werth beim Erhärten des Mörtels durch Altern
                              beilegen kann, indem viele alte felsenfeste Gemäuer mit Mörtel gebaut sind, deren
                              Sand Kalksand ist.
                           So fand der Verfasser, daß der Mörtel der sehr alten und festen Mauern der Ruinen
                              Rauhenstein, Rauheneck und Merkenstein in der Nähe von Baden mit Dolomitsand
                              bereitet wurde und Kieselsäure nur in höchst geringer Menge enthält.
                           Beachtenswerth ist indeß der Umstand, daß die meisten der bis jetzt bekannten
                              Mörtelanalysen einen gewissen regelmäßigen Zusammenhang ihres Alters mit der Menge
                              der darin vorhandenen löslichen Kieselsäure nicht verkennen lassen. Indeß machen die
                              Unreinheit der Materialien und die verschiedenen Umstände, die beim Altern
                              obwalteten, alle Schlüsse unsicher. Es muß daher die Aufklärung dieses Verhältnisses
                              einer eigenen mit reinem Quarz und Kalk vorgenommenen Untersuchung überlassen
                              werden.
                           Schließlich macht der Verfasser noch auf eine Bemerkung Otto's aufmerksam, welcher angibt, daß der kalkige Ueberzug, der entsteht,
                              wenn man die zur Straßenbeschotterung dienenden Steinhaufen theilweise mit Kalkmilch
                              begießt, sehr fest haftet, und vermuthet, daß dieß ebenfalls in der Bildung von
                              kohlensaurem Kalk seinen Grund hat. Der Verfasser hat sehr oft Gelegenheit gehabt,
                              dieß auch zu beobachten, hat sich aber überzeugt, daß dieser kalkige Ueberzug weit
                              besser auf Quarzschotter haftet, als auf Dolomitschotter, wie er in der Umgebung
                              Wiens häufig verwendet wird. Dieß kann aber nur in der Bildung von kieselsaurem Kalk
                              seinen Grund haben.