| Titel: | Verfahren, die Verwitterung von Steinarbeiten zu verhindern. | 
| Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XXXIV., S. 115 | 
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                        XXXIV.
                        Verfahren, die Verwitterung von Steinarbeiten zu
                           verhindern.
                        Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Mai 1858,
                              S. 140.
                        Verfahren, die Verwitterung der Steinarbeiten zu
                           verhindern.
                        
                     
                        
                           Hinsichtlich der Conservirung feiner Steinhauerarbeiten wurden vor zwei Jahren in der
                              Westmünster-Abtei unter Aufsicht des Hrn. G. G. Scott, Architekten des Capitels, sehr
                              interessante Versuche an einigen Königsgräbern gemacht. Da man genügende Resultate
                              erlangte und die Verwitterung augenscheinlich nicht weiter um sich griff, so wollen
                              wir das angewendete Verfahren mittheilen:
                           Zur Vorbereitung der fraglichen Steinarbeit für den beabsichtigten Proceß wurde die
                              größte Sorgfalt angewendet; da nämlich viel von dem Marmor und anderen Steinen
                              abgeblättert und verwittert war, so konnte der Pinsel nicht gebraucht werden,
                              sondern es mußte der Staub, der sich auf einigen Theilen in sehr langer Zeit
                              angesammelt hatte, auf eine andere Weise entfernt werden. Das Mittel bestand in
                              einem tragbaren Schmiedeblasebalg für die ausgedehnteren und aus Handblasebälgen für
                              die kleineren Flächen. Mit dem größern Werkzeuge war eine lange Röhre von
                              Gutta-percha und eine Düse von Kautschuk verbunden; diese Düse wurde von
                              einem geschickten Arbeiter gegen und auf die zu reinigenden Arbeiten gehalten,
                              während ein Gehülfe den Balg in Bewegung setzte. Auf diese Weise wurde aller Staub
                              von den verwitterten Oberflächen und aus den vertieften Stellen der
                              Bildhauerarbeiten entfernt. Nur Staub und die ganz losen Stückchen wurden so
                              weggeführt, während die Oberfläche rein und ganz unversehrt zurückblieb. Um alle
                              Feuchtigkeit von den Gesteinen zu entfernen, wendete man ein tragbares Kohlenbecken
                              an, in welchem Holzkohlen verbrannten und welches auf der Vorderseite mit Drahtgaze
                              versehen war, womit die zu reinigenden Theile erwärmt wurden, bis sie trocken und
                              gerade blutwarm geworden waren.
                           Die wirksamste Lösung zum Befestigen der abgelösten Stückchen und zum Hartmachen der
                              ganzen Oberfläche der Steinarbeiten besteht für Marmorarten aus 1 Pfund weißem
                              Schelllack und 8 Pfund Holzgeist, für Sandsteine aus 1/2 Pfund Schellack; jedoch
                              scheint eine schwächere Lösung von etwa 3/4 Pfd. Schelllack auf 8 Pfd. Holzgeist als
                              erster und zweiter Ueberzug auf Marmor, und eine verhältnißmäßig geringere Menge
                              Schelllack für Sandstein, zweckmäßiger zu seyn. Der Schelllack muß in kleine
                              Stückchen zerbrochen,
                              einen oder zwei Tage mit dem Holzgeist stehen bleiben und zuweilen umgeschüttelt
                              werden.
                           Um die Lösung soviel als thunlich in die Gesteine eindringen zu machen, benutzte man
                              eine messingene Spritze mit einer Brause, die mit sehr feinen Löchern versehen war.
                              Oft waren nur ein Paar Löcher nothwendig, um die erforderliche Menge von Flüssigkeit
                              zu geben, und es wurden daher die übrigen verstopft. Da sich die kleinen Löcher in
                              der Brause leicht verstopften wenn die Spritze auf gewöhnliche Weise gefüllt wurde,
                              so mußte man die Füllung auf andere Weise bewirken; man bohrte zu dem Ende in die
                              Mitte der Platte ein etwa 1/8 Zoll weites Loch, durch welches die Röhre gefüllt
                              wurde, worauf dasselbe mit einem kleinen hölzernen Pflock verschlossen wurde, bis
                              die Spritze entleert war. Die Spritze muß so gehandhabt werden, daß sie einen
                              mäßigen aber ununterbrochenen Strahl gibt, welcher bloß einen Raum von etwa 2 Zoll
                              hinablaufen kann; auch muß er so gleichförmig als thunlich auf die Oberfläche
                              applicirt werden. Sollten sich unten Tropfen ansammeln, so müssen diese mit einem
                              Schwamm beseitigt werden, damit sie nicht erstarren.
                           Die Operation muß sogleich unterbrochen werden, wenn der Ueberzug glänzend werden
                              sollte; sobald man glänzende Flecken gewahr wird, muß man sie durch reinen, mit
                              einem sehr weichen Pinsel aufgetragenen Holzgeist entfernen. Losgelöste Steinstücke
                              können mit einer dicken Schelllack-Pasta wieder befestigt werden.
                           Wird die Lösung zweckmäßig angewendet, so bildet sie auf dem Gestein einen fast
                              farblosen und kaum sichtbaren Ueberzug von dem härtesten und dauerhaftesten
                              Gummiharz. Sie dringt nur wenig in das Korn des Gesteins ein, haftet aber sehr fest
                              an demselben, und erfüllt vollkommen ihren Zweck als Schutzmittel.