| Titel: | Ueber eine Straßen-Locomotive (traction engine), wie sie, versehen mit Boydell's patentirter endloser Eisenbahn, von C. Burrell in Thetford, Norfolk, gebaut wird; von C. L. Moll, Ingenieur in Cöln. | 
| Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XLVII., S. 173 | 
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                        XLVII.
                        Ueber eine Straßen-Locomotive (traction engine), wie sie, versehen mit Boydell's patentirter endloser
                           Eisenbahn, von C.
                              Burrell in Thetford, Norfolk, gebaut wird; von C. L. Moll, Ingenieur in
                           Cöln.
                        Aus der Monatsschrift des Gewerbevereins zu Cöln, August
                              1858, S. 289.
                        Moll, über eine Straßen-Locomotive.
                        
                     
                        
                           Der Wunsch, die Dampfkraft zum Fortbewegen von Wagen auf gewöhnlichen Straßen
                              benutzen zu können, wurde, nachdem er schon in früheren Zeiten oftmals aufgetaucht
                              war, besonders wieder zu Ende des vorigen Jahrhunderts rege. Die Leistungen der von
                              Watt so außerordentlich vervollkommneten
                              Dampfmaschine ließen an die Möglichkeit glauben, durch die neue, so glücklich
                              dienstbar gemachte Kraft auch beim Transportwesen die Pferde ersetzen zu können. Die
                              Watt'sche Niederdruckmaschine konnte indessen solchen
                              Erwartungen nicht entsprechen, einmal weil ihre Dimensionen, bei genügender Stärke
                              der Maschine, zu groß ausfallen, und dann insbesondere wegen der bedeutenden
                              Wassermenge, welche die Verdichtung des Dampfes erfordert. Sobald jedoch Oliver Evans die Dampfmaschine ohne Condensation mit
                              hoher Dampfspannung in die Praxis eingeführt hatte, gieng er auch gleich dazu über,
                              seine Maschine zur Construction eines Dampfwagens zu benutzen. Obgleich er einen
                              solchen auch wirklich zu Stande brachte und verschiedene Fahrten mit demselben
                              ausführte, so fand sein Unternehmen doch keinen Anklang, und mußte er dessen weitere
                              Verfolgung zuletzt wegen Mangel an Theilnahme und Unterstützung aufgeben. Nicht
                              glücklicher waren verschiedene Versuche englischer Ingenieure, welche bald nach Evans Dampfwagen für gewöhnliche Straßen bauen wollten.
                              Die Haupthindernisse, woran diese und noch manche spätere Versuche zur Erreichung
                              des gleichen Zieles scheiterten, sind folgende: Anstatt darauf auszugehen, eine
                              bedeutende Last mit mäßiger Geschwindigkeit fortziehen zu können, war man zu sehr
                              bestrebt, eine Geschwindigkeit zu erreichen, deren Größe mit Rücksicht auf die
                              anderen auf der Straße sich bewegenden Fuhrwerke zu mancherlei Uebelständen
                              Veranlassung gab. Ferner waren bei der Construction der Räder, welche sich nicht von
                              denen anderer Wagen unterschieden, die durch die Unebenheiten des Weges erzeugten
                              Stöße so heftig, daß die Unterhaltung der Maschine eine zu schwierige und
                              kostspielige wurde. Endlich war auch der Widerstand, welchen die Räder der schweren
                              Maschine, zum Theil wegen ihres leichten Einsinkens, auf den gewöhnlichen Wegen
                              fanden, ein nicht geringes Hinderniß für die Benutzung von Dampfwagen auf
                              öffentlichen Straßen.
                           Bei der neuen englischen Straßenlocomotive hat man die genannten Hindernisse eines
                              guten Gelingens auf sehr geschickte Weise zu umgehen und zu überwinden gewußt.
                              Zunächst läßt man die Maschine sich nur mit so mäßiger Geschwindigkeit bewegen, daß
                              der gewöhnliche Straßenverkehr durchaus keine Belästigungen erfährt. Zugleich werden
                              durch diese langsame Bewegung die Nachtheile der nicht zu vermeidenden Stöße auf ein
                              erträgliches Maaß herunter gebracht. Die Haupteigenthümlichkeit der
                              Straßenlocomotive besteht nun in einer neuen und höchst sinnreichen, von Boydell erfundenen Construction der Räder. An dem Umfange
                              eines jeden derselben sind nämlich sechs Schuhe in solcher Weise angebracht, daß
                              sich dieselben, bloß in Folge der Umdrehung des Rades, diesem der Reihe nach
                              unterlegen. Sobald das Rad über einen Schuh weggerollt und auf den nächsten
                              übergegangen ist, wird der erstere Schuh von dem Rade selbst wieder aufgehoben, um
                              später, nachdem er sich mit dem Rade herumbewegt hat, von diesem von Neuem überrollt
                              zu werden. Die Schuhe bestehen aus einem starken Bohlenstücke und sind auf ihrer
                              unteren Fläche mit starkem Eisenblech belegt; auf der oberen Fläche ist ein Stück
                              Schiene befestigt. Diese Schienenstücke der einzelnen Schuhe stoßen bei dem Umdrehen
                              des Rades gut aneinander, so daß dieses sich ebenso wie das Rad einer gewöhnlichen
                              Locomotive stets auf einer Unterlage von Schienen bewegt. Stöße, in Folge der
                              Unterlage, können daher bei der Straßenlocomotive, ähnlich wie bei der gewöhnlichen
                              Locomotive, nur beim Uebergang von einer Schiene auf die nächstfolgende vorkommen.
                              Da nun die Länge der Schienenstücke bei der Straßenlocomotive und die Schienenlänge
                              auf den Eisenbahnen nahe das gleiche Verhältniß zu einander haben wie die
                              Geschwindigkeiten der entsprechenden Locomotiven, so wird in einer bestimmten Zeit
                              die Straßenlocomotive in Folge ihrer Unterlage nicht mehr Stöße erleiden, als eine
                              gewöhnliche Locomotive in derselben Zeit. Im Allgemeinen wird jedoch bei der
                              Straßenlocomotive der Uebergang von einer Schiene auf die andere einen etwas
                              stärkeren Stoß zur Folge haben, als wenn die Schienen fest mit dem Boden verbunden
                              wären. Es erklärt sich dieß leicht daraus, daß in jenem Falle das mehr oder weniger
                              vollkommene Aneinanderpassen der einzelnen Schienenstücke von der Beschaffenheit des
                              Weges, auf welchen sich die Schuhe auflegen, beeinflußt wird. Die große Grundfläche
                              der Schuhe – welche bei etwa 3 1/2 Fuß Länge 6 bis 7 Zoll breit sind –
                              ist für den ruhigen und sicheren Gang der Maschine von sehr günstigem Einfluß. Es
                              wird dadurch jedes Einsinken der Maschine, selbst auf sehr weichem Wege verhindert,
                              so daß dieselbe sogar auf Wiesen und frisch gepflügtem Lande ungehindert vorwärts
                              kommt. In England wird sie deßhalb auch namentlich zum Ziehen von Pflügen benutzt.
                              Die Größe der Schuhe verschafft den Schienen ein festes und von den kleineren
                              Unebenheiten des Bodens unabhängiges Auflager. Dabei besitzt jedoch die Verbindung
                              zwischen dem Rad und den Schuhen so viel freies Spiel, daß die gewöhnlichen
                              Unebenheiten der Wege kein nachtheiliges Klemmen in den Verbindungstheilen
                              hervorrufen.
                           Die Straßenlocomotive hat in ihrer Hauptanordnung große Aehnlichkeit mit einer
                              vierrädrigen Locomotive mit beweglichem Vordergestell. Der Kessel mit den
                              zugehörigen Theilen (Ventile, Wasserstandszeiger) ist übereinstimmend mit einem
                              gewöhnlichen Locomotivkessel. Die beiden Dampfcylinder, sowie die
                              Steuerungsmechanismen, liegen oben auf dem cylindrischen Theile des Kessels und sind
                              daher leicht zugänglich. Das Umsteuern der Maschine geschieht mittelst der Stephenson'schen Coulisse, durch welche dann auch eine
                              Expansion des Dampfes hervorgebracht werden kann. Die Schubstangen der beiden
                              Cylinder greifen an eine gekröpfte, auf dem Kessel gelagerte Welle, an deren beiden
                              Enden zwei kleine schmiedeeiserne Getriebe aufgekeilt sind. Die letzteren greifen in
                              zwei gußeiserne Zahnkränze, welche mit dem Haupträderpaare verbunden sind. Diese
                              Zahnkränze bestehen aus einzelnen Segmenten, damit man beim etwaigen Bruche eines
                              Zahnes nur das betreffende Segment auszuwechseln braucht. Die Haupträder selbst sind
                              von Holz, mit einem eisernen Reifen umzogen. Sie drehen sich um starke Zapfen,
                              welche an den Maschinenrahmen befestigt sind. Um mit der Maschine, natürlich unter
                              gleichzeitiger Verminderung ihrer Geschwindigkeit, eine größere Zugkraft ausüben zu
                              können, ist noch eine Vorgelegwelle angebracht, welche man nach Belieben zwischen
                              der gekröpften Kurbelachse und den Zahnkränzen der Haupträder ein- oder
                              ausschalten kann. Diese Einrichtung ist von großem Vortheil, wenn man mit der
                              Maschine, ohne die angehängte Last zu vermindern, außergewöhnliche Steigungen hinauf
                              fahren will. Das Aus- oder Einrücken der Vorgelegwelle verursacht durchaus
                              keine Schwierigkeiten. Die Kurbelwelle kann auch ganz außer Eingriff mit den Rädern
                              gebracht, und dann das auf ihr sitzende Schwungrad als Riemenscheibe zur Verrichtung
                              irgend einer Arbeit benutzt werden.
                           
                           Der Wasservorrath zur Speisung des Kessels ist in einem Behälter enthalten, welcher
                              die untere Hälfte des cylindrischen Kesseltheiles umgibt. Die Speisepumpe befindet
                              sich seitlich an dem vorderen Ende des Rahmens; dicht neben ihr befindet sich eine
                              Reservepumpe und neben dieser ist noch eine dritte Pumpe angebracht, mittelst deren
                              der Vorrathsbehälter durch die Maschine selbst gefüllt werden kann. Die für etwa 3
                              bis 4 Stunden erforderlichen Kohlen werden auf einer vor der Heizthür angebrachten
                              Plattform untergebracht. Das vordere Ende des Kessels stützt sich mittelst eines
                              starken eisernen Trägers auf das bewegliche Vordergestell. Mittelst eines
                              Rädermechanismus kann dieses von einem auf dem Vorgestell stehenden Arbeiter gegen
                              den Hauptkörper der Maschine gedreht werden; hierdurch läßt sich die Bahn der
                              Maschine mit Leichtigkeit bestimmen. Auch ist auf dem Vordergestell noch eine
                              Schraube angebracht, mittelst deren die Lage der Längenachse des Kessels gegen die
                              Horizontale geändert werden kann. Es hat dieß den Zweck, auf starken Steigungen eine
                              zu ungünstige Lage des Wasserspiegels in Bezug zum Kessel verhindern zu können.
                           Die anfänglich gebauten kleineren Maschinen, von etwa 10 Pferdekraft, haben sich weit
                              weniger praktisch bewährt, wie die größeren von 20 Pferdekraft an, wie sie jetzt
                              gebaut werden. Bei den kleineren Maschinen fehlte die Vorgelegwelle. Ein
                              Hauptübelstand der kleineren Maschinen ist das weit ungünstigere Verhältniß des
                              Eigengewichts der Maschine zu der angehängten Ladung; es wirkt dieß besonders
                              nachtheilig bei dem Herauffahren von Steigungen. Charles Burrell in Thetford, Norfolk, baut die Straßenlocomotive gegenwärtig in
                              drei verschiedenen Größen: von 20, 30 und 50 Pferdekraft, zum Preise von 960, 1060
                              und 1260 Pfd. St., frei London oder Hull. Der Fabrikant garantirt dafür, daß diese
                              Maschinen auf horizontalem Wege eine Last von 600, 1000 und 1500 Cntr. fortziehen
                              können, mit einer Geschwindigkeit von 3/4 preuß. Meilen in 1 Stunde.
                           Auf den Wunsch mehrerer westphälischen Gruben- und Hüttenbesitzer, die mit
                              regem Eifer die Fortschritte, welche die Industrie des Auslandes macht, auf die
                              einheimische zu übertragen suchen, hat der Verf. in England durch eigene Anschauung
                              die Construction und die Leistungen der neuen Maschine studirt. Die Erreichung
                              dieses Zweckes wurde ihm auf das Angenehmste erleichtert durch die freundliche
                              Bereitwilligkeit, mit welcher Hr. Burrell mit einer von
                              ihm gebauten Straßenlocomotive die verschiedensten Versuche anstellen ließ. Diese
                              Versuche fanden am 2. und 3. Juni in seinem Beiseyn in Thetford statt, und zwar mit
                              einer Maschine von 20 Pferdekraft.
                           
                           Die beiden Cylinder derselben hatten einen Durchmesser von 7 Zoll englisch, der
                              Kolbenschub betrug 12 Zoll. Der Kessel war für 6 Atmospären Ueberdruck construirt;
                              die Dampfspannung, mit welcher die Maschine arbeitete, betrug 50 bis 70 Pfd.
                              Ueberdruck per Quadratzoll. Das Gewicht der ganzen
                              Maschine beträgt nach Angabe des Fabrikanten etwa 220 Cntr. Die ganze Länge der
                              Maschine ist circa 18 Fuß englisch; die größte Breite
                              derselben 7 Fuß 8 Zoll.
                           Am ersten Tage wurde die Maschine ohne angehängte Last den verschiedensten Versuchen
                              unterworfen. Sie fuhr aus dem Hofe der Fabrik durch die nicht breiten, gepflasterten
                              Straßen des Städtchens, wobei das mehrmalige Umbiegen um verschiedene Straßenecken
                              mit voller Sicherheit ausgeführt wurde. Ueberhaupt ist das Lenken der Maschine,
                              welches ein auf dem Vordergestell stehender Arbeiter besorgt, sehr leicht und
                              sicher. Vor der Stadt fuhr die Maschine auf einer gewöhnlichen mit verschiedenen
                              Steigungen versehenen Landstraße. Ein Theil derselben war neu mit Steinen
                              beschüttet, über welche sich die Maschine ungehindert fortbewegte; nur waren
                              natürlich die Stöße bedeutender als auf dem übrigen besseren Theile des Weges. Auf
                              der Landstraße hinterließen die Schuhe durchaus keine nachtheiligen Spuren; sie
                              können im Gegentheil nur zur Verbesserung des Weges beitragen. Schließlich fuhr die
                              Maschine von der Chaussee abbiegend eine ziemlich starke Steigung hinunter, in eine
                              Wiese hinein, beschrieb dort mehrere stark gekrümmte Bahnen und kehrte hierauf auf
                              einem anderen Wege in den Fabrikhof zurück. Bei diesen Versuchen war die Maschine
                              auch mehrmals eine kurze Strecke rückwärts gegangen; auch dieß ging sicher und
                              leicht von statten. Der Durchmesser des kleinsten Kreises, in welchem die Maschine
                              wenden kann, beträgt 33 Fuß.
                           Am zweiten Tage wurde dieselbe Maschine weiteren Versuchen unterworfen, bei welchen
                              sie eine Last von 400 Cntr., welche aus vier mit Roheisen beladenen Wagen bestand,
                              zu ziehen hatte. Sie that dieß in der Ebene und auf schwachen Steigungen mit einer
                              Geschwindigkeit von 5 Fuß. Während des fast zweistündigen Versuches arbeitete die
                              Maschine, ohne daß irgend eine Störung vorgekommen wäre. Geheizt wurde dieselbe mit
                              gewöhnlichen Steinkohlen. Der Kohlenverbrauch beträgt bei Fortschaffung einer Last
                              von 600 Cntr. auf horizontalem Wege etwa 300 Pfd. per
                              preuß. Meile.
                           Die eben beschriebenen Versuche haben den Verf. die Ueberzeugung gewinnen lassen, daß
                              die neue Erfindung bereits einen Grad der Anwendbarkeit erlangt hat, welcher es
                              nicht nur wünschenswerth macht, sondern welcher vollkommen dazu berechtigt, die Maschine bei
                              regelmäßigem Transport größerer Lasten zur Anwendung zu bringen. Nur durch eine
                              solche, längere Zeit dauernde Benutzung wird es möglich seyn, über sämmtliche
                              Vortheile und Mängel der Maschine ein bestimmtes Urtheil zu erlangen. Besonders kann
                              über die Abnutzung nur ein längerer Gebrauch genauen Aufschluß geben. Nach der
                              Angabe des Fabrikanten sollen nur einige leicht zu erneuernde Theile der Schuhe
                              einer bedeutenderen Abnutzung unterworfen seyn. Die Bedienung der Maschine ist
                              leicht und einfach, und bei gehöriger Aufsicht ist mit ihrer Anwendung eine
                              besondere Gefahr ebenfalls nicht verbunden.
                           Für die Anwendung der Maschine ist es interessant zu wissen, wie groß die Last ist,
                              welche dieselbe auf Steigungen von verschiedener Größe zu ziehen vermag.
                           Bezeichnet: q das Gewicht der Straßenlocomotive in
                              Centnern; Q das Gewicht der angehängten Wagen,
                              einschließlich der Ladung, in Centnern; Z den von der
                              Maschine ausgeübten Gesammtzug; f den
                              Widerstandscoefficienten der beladenen Wagen; f₁
                              den Widerstandscoefficienten der Maschine; α den
                              Steigungswinkel des Weges – so ist, wie sich leicht zeigen läßt:
                           Q f cos α + q f₁
                                 cos α + Q sin α + q sin α = Z.
                           Setzt man nun f = f₁ =
                              1/30 und cos α = 1 wegen der Kleinheit von α, so hat man
                           (Q + q)/30 + (q + Q) sin α = Z.     (1)
                           Die 20pferdige Maschine hat ein Gewicht q = 220 Cntr.,
                              und zieht auf horizontalem Wege eine Last Q = 600 Cntr.
                              Ihre Zugkraft ergibt sich daher, wenn man in Formel (1) Q = 600, q = 220 und sin α = 0 setzt; man findet dann
                           Z = 27 1/3 Cntr.
                           Setzt man nun diesen Werth von Z in Formel (1) ein, und
                              löst dieselbe für Q auf, so erhält man
                           
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 150, S. 178
                                 
                              
                           Hieraus läßt sich nun leicht für verschiedene Steigungen die Größe der
                              fortzuziehenden Last ermitteln. Für einige Steigungen sind die Resultate solcher
                              Ermittelung in der weiter unten folgenden Tabelle zusammengestellt. Dieselbe zeigt, daß die Größe
                              der fortzuziehenden Last mit dem Anwachsen der Steigung sehr rasch abnimmt, und daß
                              die Maschine auf einer Steigung von 1/10 nicht mehr im Stande ist, sich selbst ohne
                              alle Ladung fortzubewegen.
                           Durch Benutzung der Vorgelegwelle, welche eine zweifache Uebersetzung ins Langsame
                              bewirkt, wird die Zugkraft der Maschine verdoppelt, freilich auch ihre
                              Geschwindigkeit auf die Hälfte herabgebracht. Setzt man in (2) die Zugkraft = 2
                              × 27 1/3 = 54 2/3 und α = 0, so ergibt
                              sich, daß die Maschine bei Anwendung des Vorgeleges auf horizontalem Wege eine Last
                              von Q = 1420 Cntr. zu ziehen vermag. In der
                              nachfolgenden Tabelle sind für verschiedene Steigungen die betreffenden Lasten
                              zusammengestellt.
                           Es ergibt sich dabei, daß für Steigungen von 1/20, den nahe größten, welche in
                              Preußen für Landstraßen gestattet sind, die Maschine ohne Vorgelege nur 108 Cntr.,
                              dagegen mit Vorgelege 436 Cntr. ziehen kann.
                           
                              
                                 Last, welche die Maschine zu ziehen 
                                 Steigung der Straße.
                                 
                              
                                 vermag, in Centnern,
                                 0
                                 1/100
                                 1/50
                                 1/30
                                 1/20
                                 1/18
                                 1/10
                                 
                              
                                 ohne Anwendung des Vorgeleges
                                 600
                                 410,76
                                 292,5
                                 190 
                                 108 
                                 87,5
                                 – 15
                                 
                              
                                 mit Anwendung des Vorgeleges
                                 1420
                                 1041,5
                                 805
                                 600
                                 436
                                 395
                                 190
                                 
                              
                           Die in dieser Tabelle angegebenen Lasten könnte die oben beschriebene 20pferdige
                              Maschine auf den betreffenden Steigungen vermöge der Größe des Dampfdrucks, welcher
                              auf die Kolben wirksam werden kann, fortziehen. Damit ist indessen nicht gesagt, daß
                              die Maschine jene Lasten auch wirklich fortzuziehen vermag, indem eine wesentliche
                              Bedingung hierzu noch nicht berücksichtigt worden ist.
                           Ein Fortbewegen der Maschine ist nämlich nur so lange möglich, als die Treibräder auf
                              den ihnen unterliegenden Schienen nicht zu gleiten anfangen. Ein solches Gleiten,
                              welches bei Eisenbahnlocomotiven zuweilen im Augenblicke der Abfahrt eintritt, und
                              hier ohne bedeutenden Nachtheil ist, muß bei der Straßenlocomotive auf das
                              sorgfältigste vermieden werden, da bei dieser jedes solches Gleiten ein Abreißen der
                              Schuhe von den Treibrädern zur Folge haben würde. Die größte
                                 Last, welche eine Straßenlocomotive fortziehen kann, ohne daß ein Gleiten
                              der Treibräder eintritt, läßt sich auf folgende Weise bestimmen.
                           Es bezeichne: Q diese größte Last in Centner; q das Gewicht der Maschine in Centner; q₁ das auf den Treibrädern ruhende Gewicht; F den Coefficienten der Reibung zwischen den Treibrädern
                              und den Schienen; f den Widerstandscoefficienten der
                              beladenen Wagen; f₁ den Widerstandscoefficienten
                              der Maschine; α den Steigungswinkel des Weges
                              – dann ist Fq₁ der größte Zug, welchen die
                              Maschine, ohne daß die Treibräder gleiten, auszuüben vermag. Dieser Zug muß
                              zweierlei Hauptwiderstände überwinden, einmal den von der Maschine herrührenden
                              Widerstand, welcher gleich ist: (qf₁ + q sin α) = q (f₁ + sin α),
                              und dann den von der angehängten Ladung verursachten Widerstand, welcher, wenn diese
                              Ladung gerade die größtmögliche seyn soll, gleich ist: (Qf + Q sin α) = Q (f + sin
                                 α). Es muß daher folgende Gleichung stattfinden:
                           Fq₁= q (f₁ + sin α) +
                              Q (f + sin α).    (3)
                           Durch einfache Entwickelung ergibt sich aus dieser Gleichung:
                           
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 150, S. 180
                                 
                              
                           Von wesentlichem Einfluß auf die Größe von Q ist der
                              Werth des Reibungscoefficienten F, welcher, je nachdem
                              die Schienen und die Radreifen staubig, feucht oder fettig sind, bei den
                              Eisenbahnlocomotiven von 1/3 bis 1/12 veränderlich ist. Eben so schwankt der
                              Coefficient f je nach der Beschaffenheit der Straße von
                              1/30 bis 1/60, und geht wohl bis zu 1/100 herab, wenn sämmtliche Wagen mit Schuhen
                              versehen sind. Da zur Ermittelung des Werthes von F, wie
                              er etwa für die Straßenlocomotive anzuwenden wäre, noch keine genauen Versuche
                              angestellt sind, so können auch aus der letzten Formel numerische Resultate noch
                              nicht gezogen werden. Bei einer Benutzung der Straßenlocomotive muß jedoch stets
                              darauf geachtet werden, daß ein Gleiten der Treibräder vermieden wird, da solches
                              stets eine Beschädigung der letzteren verursachen wird.