| Titel: | Ueber die Anwendung der Ventilatoren als Zugmittel bei Dampfkesselfeuerungen; von Prof. Dr. Zeuner. | 
| Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. LXXXIV., S. 323 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber die Anwendung der Ventilatoren als
                           Zugmittel bei Dampfkesselfeuerungen; von Prof. Dr. Zeuner.
                        Im Auszug aus dem Civilingenieur, 1858, Bd. IV S.
                              127.
                        Zeuner, über die Anwendung der Ventilatoren als Zugmittel bei
                           Dampfkesselfeuerungen.
                        
                     
                        
                           Die große Menge von Vorschlägen, die eine bessere Ausnutzung des Brennmaterials bei
                              Dampfkesselfeuerungen bezwecken, beziehen sich meist nur auf Abänderungen der
                              eigentlichen Feuerungsanlagen, auf die Anordnung des Rostes, die Art und Weise der
                              Zuführung der Luft, die Anordnung der Züge und dann auf die Construction der Kessel
                              selbst.
                           Erst in neuerer Zeit wurde wiederholt die Aufmerksamkeit der Techniker auf die längst
                              bekannte Thatsache gelenkt, daß einer der stärksten Wärmeverluste durch die Art und
                              Weise herbeigeführt wird, in welcher wir bei stationären Kesseln einen kräftigen Zug
                              erzeugen, daß nämlich die hohen Schornsteine einen Theil unserer
                              Dampfkesselfeuerungen ausmachen, der seinen Zweck nur unvollkommen erfüllt. Theorie
                              und Erfahrung zeigt, daß nicht allein die Dimensionen der Schornsteine, sondern auch
                              die Temperatur der durch dieselben abziehenden Verbrennungsgase von wesentlichem Einfluß auf die Stärke
                              des Zuges ist, und daß im Allgemeinen diese Temperatur von einem so hohen Grade seyn
                              muß, daß die dadurch dem Dampfkessel verloren gehende Wärmemenge einen sehr
                              beträchtlichen Theil derjenigen ausmacht, die man durch Verbrennung auf dem Roste im
                              Ganzen erzeugt; es unterliegt keinem Zweifel, daß bei manchen Feuerungsanlagen diese
                              zum Theil auf Erhöhung des Zuges verwendete Wärmemenge sehr nahe derjenigen gleich
                              ist, die wirklich zur eigentlichen Dampferzeugung benutzt wird, ja daß bei den
                              Kesseln der Dampfschiffe die erstere Wärmemenge selbst größer als die letztere
                              ist.
                           Ein Schornstein würde nur dann vollkommen als Zugmittel wirken, wenn die Temperatur
                              der in denselben tretenden Verbrennungsgase ungefähr der des Wassers oder Dampfes im
                              Kessel gleich ist; diese letztere Temperatur ist aber selbst bei hochgespannten
                              Dämpfen bedeutend kleiner, als diejenige, die bei den gewöhnlichen Dimensionen der
                              Schornsteine in denselben herrschen muß, um den gehörigen Zug hervorzubringen, und
                              daher verdienen gewiß die neueren Vorschläge, die selbst hier und da schon zur
                              Ausführung gekommen sind, die höchste Beachtung, nämlich die Schornsteine durch eine
                              andere Vorrichtung zu ersetzen, deren Wirkung als Zugmittel unabhängig ist von der Temperatur, mit welcher die Verbrennungsgase den
                              Kessel verlassen; dieses Mittel besteht in der Anwendung von Ventilatoren, welche
                              entweder verdichtete Luft unter den Rost führen, oder die Verbrennungsgase aus den
                              Zügen an sich saugen und dadurch die gehörige Geschwindigkeit der Feuerluft in den
                              Canälen erzeugen.
                           Zu den eben erwähnten Vortheilen der Ventilatoren, daß ihre Wirkung von der
                              Temperatur der abziehenden Gase unabhängig ist, daß man also dieselbe ohne Nachtheil
                              während ihres Hinströmens an den Kesselwänden bis nahe zur Dampftemperatur abkühlen
                              kann, kommt ein anderer Vortheil noch hinzu, der darin besteht, daß sich die
                              Zugwirkung der Ventilatoren durch Veränderung der Umdrehungszahl des Flügels leicht
                              reguliren läßt und darin, wie schon die Erfahrung gezeigt hat, ein Mittel geboten
                              ist, eine beinahe vollkommene Rauchverbrennung zu erzielen.
                           Professor Bède in
                              Lüttich hat neuerdings in der „Revue
                                    universelle“ (im polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 85) an einigen Beispielen den
                              großen Vortheil der Anwendung der Ventilatoren unter der Voraussetzung gezeigt, daß
                              man die Wärme des Rauches vor seinem Einströmen in die Esse vollständig benutzen
                              könne. Der Gewinn an Brennmaterial wäre dann nach Bède's Rechnungen so außerordentlich
                              groß, daß es höchst wichtig erscheinen muß, die Sache sowohl durch Rechnung, wie
                              durch Experimente genauer zu untersuchen.
                           
                           Der Ventilator beansprucht natürlich Arbeit und dieser entspricht eine gewisse
                              Quantität Brennstoff; es läßt sich nun, wie Bède
                              gethan hat, durch eine leichte Rechnung zeigen, daß diese Quantität Brennstoff weit
                              geringer ist als diejenige, welche ein Schornstein beansprucht; natürlich immer
                              unter der Voraussetzung, daß bei Anwendung des Ventilators die Verbrennungsgase
                              gehörig abgekühlt den Kessel verlassen. Wie diese letztere wesentliche Bedingung erfüllt werden kann, wird gewöhnlich nicht
                              angegeben, man sieht aber auch ohne weitere Rechnung leicht ein, daß allein in einer
                              Vergrößerung der Heizfläche das Mittel geboten ist,
                              die Wärme der Verbrennungsgase vollständiger zu benutzen.
                           Denkt man sich eine vorhandene Dampfkesselanlage, bei welcher der Zug seither durch
                              einen Schornstein erzeugt wurde, der also bei der gehörigen Dampfentwickelung das
                              zur Verbrennung nöthige Luftquantum abführte, und ersetzt man den Schornstein durch
                              einen Ventilator, der die gleiche Luftmenge unter den Rost führt, so würde bei
                              gleicher Dampferzeugung und gleichem Brennmaterialaufwand kaum etwas an der Wirkung
                              der Anlage verändert werden, die Gase würden beinahe mit derselben Temperatur den
                              Kessel verlassen; mit einem Worte, die Anwendung des Ventilators würde nicht nur von
                              keinem Nutzen, sondern eher nachtheilig seyn, weil noch Arbeit, d.h. Brennmaterial,
                              auf Bewegung des Ventilators verwendet wird. Macht man aber gleichzeitig die
                              Heizfläche größer, dann tritt sofort der Vortheil hervor, die Gase bleiben länger
                              mit dem Kessel in Berührung, kühlen sich mehr ab, und geben also auch die Wärme, die
                              sie sonst durch den Schornstein mit fortgeführt hätten, zum Theil an den Kessel
                              ab.
                           Wenn es also mit der Anwendung der Ventilatoren allein
                              nicht abgethan ist, eine Feuerungsanlage zu verbessern, so fragt sichs jetzt, in
                              welchem Maaße der Vortheil derselben mit der Größe der Heizfläche wächst; sollte
                              etwa eine sehr bedeutende Vergrößerung der Heizfläche erforderlich seyn, ehe sich
                              die Vortheile der Ventilatoren zu dem angegebenen Zwecke entschieden genug
                              herausstellen, so könnte es seyn, daß Mancher die bisherige Einrichtung auch ferner
                              vorziehen und die neuen Vorschläge, zwar der Theorie nach für vorzüglich, praktisch
                              aber für unbrauchbar erklären würde. Eine vollständige Lösung der ganzen Frage ist
                              allerdings nur durch Versuche möglich, es würden aber dazu so viele nothwendig
                              werden, und es müßten dieselben unter so viel verschiedenen Verhältnissen ausgeführt
                              werden, daß lange Zeit vergehen würde, ehe sich herausstellte, unter welchen
                              Verhältnissen die Ventilatoren zu empfehlen sind oder nicht; welches fernerhin die
                              zur Erzeugung einer bestimmten Dampfmenge zweckmäßigste Größe der Heizfläche ist
                              u.s.w.
                           Der Verf. unterwirft den Gegenstand einer ausführlichen Rechnung, bezüglich welcher
                              wir auf unsere Quelle verweisen müssen, und gelangt am Schlusse derselben zu
                              folgender Tabelle, welche für eine mittlere Temperatur des Dampfes von t₀ = 120° C. zusammengestellt ist.
                           
                           Tabelle I.
                           Mittlere Temperatur des Dampfest₀ = 120°.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 150, S. 325
                              (1) Steinkohlenmenge in Kil.
                                 stündlich pro Quadratmeter Heizfläche; (2)
                                 Temperatur der Feuerluft beim Eintritt in den Fuchs ; (3) Wärmemenge, welche zur Dampfbildung verwendet wird; (4)
                                 Wärmemenge, welche durch die abziehenden Gase verloren geht; In Procenten der
                                 absolut. Heizkraft; (5) Dampfmenge stündliche pro
                                 Quadratmeter Heizfläche; (6) Dampfmenge pro 1 Kil.
                                 Steinkohlen; (7) Heizfläche zur Erzeugung von 100 Kilogr. Dampf stündlich; (8)
                                 Steinkohlenmenge zur Erzeugung von 100 Kilogr. Dampf
                              
                           
                           Die Werthe derjenigen Verticalcolumne, welche einer Verbrennung von 4 Kilogr.
                              Steinkohlen stündlich pro Quadratmeter entsprechen und
                              die durch fettere Schrift hervortreten, sind diejenigen, die zum Theil der ganzen
                              Rechnung zu Grunde gelegt wurden. Man bemerkt aus den Werthen der zweiten
                              Horizontalreihe, in welchem Maaße die Temperatur der abziehenden Gase geringer wird,
                              je weniger man pro Quadratmeter Heizfläche stündlich an
                              Steinkohlen verbrennt, oder umgekehrt, je größer für ein bestimmtes stündlich zu
                              verbrennendes Kohlenquantum die Heizfläche gemacht wird. Zeile (3) zeigt, wie
                              gleichzeitig dann eine immer größere Wärmemenge im Kessel nutzbar verwendet wird,
                              und dann folgt, wie viel kleiner nach Zeile (4) die Wärmemenge wird, welche die
                              abziehenden Gase entführen. Die äußerste Gränze der Ersparniß ist aber erreicht,
                              sobald die Gase die Temperatur des Kesselwassers angenommen haben, eine weitere
                              Abkühlung durch Vergrößerung der Heizfläche ist nicht denkbar, weil sonst die aus
                              dem Kessel zurücktretende Wärme die Gase auf constanter Temperatur erhalten würde.
                              Nimmt man an, man habe Dampf im Kessel, der wirklich genau die der Temperatur t₀ = 120° entsprechende Spannung hat, und
                              es würden die Gase durch entsprechende Größe der Heizfläche wirklich bis 120°
                              abgekühlt, dann bleibt immer noch ein Wärmeverlust, der unter den angenommenen
                              Verhältnissen der geringste ist, mag der Zug auf irgend eine Weise bewerkstelligt
                              werden:
                           W₃/W = 0,075,
                           also 7,5 Proc. Eine so starke Abkühlung wird man aber selbst
                              bei Anwendung von Ventilatoren in der Praxis nicht zu erreichen streben, weil, wie
                              das Weitere zeigen wird, dazu eine unverhältnißmäßige Heizfläche erforderlich ist,
                              und durch eine geringere Heizfläche beinahe dasselbe erreicht wird. Hat man höher
                              gespannten Dampf, also solchen von höherer Temperatur, dann fällt der kleinste Werth
                              von W₃/W größer aus als der oben berechnete.
                           Die Zeile (5) gibt die Dampfmenge pro Quadratmeter
                              Heizfläche stündlich; die Werthe nehmen um so mehr ab, je größer die Heizfläche für
                              ein gewisses stündliches Kohlenquantum genommen wird, je vortheilhafter man also die
                              Wärme benutzt. Der Vortheil geht aus den Werthen der 6ten Zeile hervor, welche die
                              Dampfmenge gibt, die durch 1 Kilogr. Steinkohlen gewonnen wird. Man sieht, daß man
                              mit mittleren Steinkohlen, welche bei gewöhnlichen Feuerungen durchschnittlich 6 bis
                              6,5 Kil., also im Mittel, wie die Tabelle annimmt, 6,25 Kilogr. Dampf geben, daß diese bei gehöriger
                              Vergrößerung der Heizfläche bis zu 8 Kilogr. Dampf geben können; bei besseren
                              Steinkohlen würden alle Werthe noch etwas höher ausfallen als die Tabelle gibt. Man
                              sieht aber aus Allem, daß die Angabe, wie viel Kilogramme Dampf durch ein Kilogramm
                              Brennstoff gewonnen werden, durchaus nicht, wie dieß in der Praxis fast allgemeine
                              Ansicht ist, als Maaß für die Güte des Brennstoffes
                              anzusehen ist; die Tabelle zeigt, daß selbst mittlere Steinkohlen bis zu 8 Kilogr.
                              Dampf liefern können, wenn die Heizfläche nur so groß ist, daß die Verbrennungsgase
                              stärker als gewöhnlich abgekühlt werden.
                           Will man daher derartige Angaben unter einander vergleichen und auf die Größe der
                              Heizkraft des Brennstoffes schließen, so sollte dabei stets noch eine Angabe gemacht
                              werden, und zwar, wie viel Brennstoff stündlich pro
                              Quadratmeter Heizfläche verbrannt wurde. Vergleicht man die Heizkraft verschiedener
                              Steinkohlensorten, wie sie z.B. Cavé durch
                              Versuche gefunden hat, mit Rücksicht darauf, wie viel stündlich bei den Versuchen
                              pro Quadratmeter Heizfläche verbrannt wurde, so
                              findet sich, daß die verschiedenen Sorten hinsichtlich ihrer Heizkraft, die sie bei
                              Dampfkesselfeuerungen entwickeln, nur wenig differiren. Ueberhaupt war die
                              verhältnißmäßig gute Uebereinstimmung der Cavé'schen Versuche mit den Ergebnissen der oben geführten Rechnungen
                              ein Grund mehr für den Verf., anzunehmen, daß seine theoretischen Betrachtungen
                              vollkommen ausreichen, die vorliegende Frage genügend zu beantworten.
                           Den wichtigsten Theil obiger Tabelle für unsere Zwecke bilden die beiden letzten
                              Zeilen (7) und (8); alle Verbesserungen an Dampfkesselfeuerungen gehen darauf
                              hinaus, ein gewisses Quantum Dampf mit einer möglichst geringen Menge Brennstoff zu
                              erzeugen. Die unterste Zeile gibt nun die Steinkohlenmenge in Kilogrammen, welche
                              erforderlich ist, stündlich 100 Kilogr. Dampf mittlerer Spannung zu erzeugen. Die
                              darüber stehenden Werthe der 7ten Zeile geben dann an, welche Heizfläche dazu
                              erforderlich ist, wenn die Verbrennungsgase den Kessel mit der Temperatur verlassen,
                              welche Zeile (2) angibt.
                           Man bemerkt nun, daß die Heizfläche zur Erzeugung von 100 Kilogr. Dampf immer größer
                              werden muß, je mehr die Verbrennungsgase abgekühlt werden, und daß der Gewinn an
                              Steinkohlen zunimmt. Gewöhnlich erzeugt man auf 4 Quadratmeter Heizfläche mit 16
                              Kil. Kohlen stündlich 100 Kilogr. Dampf; macht man aber die Heizfläche größer, etwa
                              6,48 Quadratmeter, so ist das erforderliche Kohlenquantum 12,96 Kilogr., bei 8,38
                              Quadratmeter 12,51 Kilogr. Um den Einfluß der Heizfläche besser übersehen zu können,
                              ist aus obiger Tabelle I zum Theil durch Interpolation folgende Tabelle II
                              zusammengestellt worden:
                           
                           Tabelle II.
                           Mittlere Temperatur des Dampfes t₀ =
                              120°.
                           
                              
                                 Heizfläche zur Erzeugung von 100
                                    Kil. Dampf stündlich.
                                 4
                                 5
                                 6
                                 8
                                 10
                                 12 Quadratmet.
                                 
                              
                                 Erforderl. Steinkohlenmenge.
                                 16,00
                                 13,98
                                 13,19
                                 12,57
                                 12,37
                                 12,30 Kilogr.
                                 
                              
                                 Temperat. der abziehend. Gase.   
                                 350°
                                 243°
                                 190°
                                 144°
                                 129°
                                 123° C.
                                 
                              
                           Die Tabelle zeigt deutlich, daß mit einer Vergrößerung der Heizfläche entschieden ein
                              Gewinn an Brennstoff verbunden ist, daß aber in der Praxis schon durch mäßige
                              Vergrößerung der Heizfläche fast der ganze Vortheil zu erreichen ist, der in der
                              Anwendung der Ventilatoren geboten ist. Stellt man sich vor, man habe bei einem
                              Dampfkessel seither auf 4 Quadratmeter Heizfläche mit 16 Kilogr. Kohlen stündlich
                              100 Kil. Dampf erhalten, und ersetzt man diese Anlage durch eine andere, deren
                              Heizfläche das 1 1/2 fache der ersteren ist, und bringt man wegen der größeren
                              Abkühlung der Gase statt des Schornsteins einen Ventilator an, so braucht man jetzt
                              bei 6 Quadratmeter Heizfläche pro 100 Kilogr. Kohlen
                              stündlich nur noch 13,19 Kilogr. Kohlen, d.h. man erspart dadurch 17,5 Proc. an
                              Kohlen. Hätte man die Heizfläche verdoppelt, also von 4 auf 8 Quadratmeter gebracht,
                              so wären bei der neuen Anlage 16 – 12,57 = 3,43 Kilogr. Kohlen weniger
                              erforderlich, um stündlich 100 Kilogr. Dampf zu schaffen, die Ersparniß wäre 21,4
                              Proc. Im ersten Falle beträgt die Temperatur der Verbrennungsgase beim Verlassen des
                              Kessels 190°, im anderen 144°.
                           Die Tabelle zeigt ferner, daß eine weitere Abkühlung der Gase durch fernere
                              Vergrößerung der Heizfläche nur sehr geringen Vortheil bringt. Diese Resultate sind
                              für die Praxis von überaus großer Wichtigkeit. Eine Ersparniß an Brennmaterial bis
                              zu 17 und 20 Proc. muß außerordentlich günstig genannt werden; vor Allem aber liegt
                              der Vortheil noch darin, daß diese Ersparnisse auf höchst einfache Weise durch eine
                              sehr mäßige Vergrößerung der Heizfläche erreicht werden können.
                           Ein Theil des Gewinnes geht zwar wieder dadurch verloren, daß die Bewegung des
                              Ventilators Arbeit, also ebenfalls Brennstoff erfordert, dieser Verlust ist aber
                              verhältnißmäßig gering, und es bleibt in jedem Falle ein Gewinn, der gewiß größer
                              ist als der, welcher sich durch Ausführung der meisten Vorschläge ergeben würde, die
                              auf andere Weise Ersparnisse an Dampfkesselfeuerungen bezwecken.
                           
                           Um die Frage möglichst nach allen Richtungen hin zu beleuchten, so weit es eben
                              unsere Formeln gestatten, ist im Folgenden noch vorausgesetzt worden, die
                              Dampftemperatur sey niedriger oder höher als die mittlere von t₀ = 120°. Die beiden folgenden Tabellen sind eben so aus
                              größeren hervorgegangen, wie Tabelle II aus I. Sie gelten also unter der
                              Voraussetzung, daß bei mittlerer Dampftemperatur unter gewöhnlichen Verhältnissen
                              durch 16 Kilogr. Kohle auf 4 Quadratmetern Heizfläche stündlich 100 Kilogr. Dampf
                              producirt werden.
                           Tabelle III.
                           Tiefdruck. Dampfspannung 1 1/4 Atmosphären. Temperatur
                              t₀ = 106°.
                           
                              
                                 Heizfläche zur Erzeugung von100 Kil.
                                    Dampf stündlich.
                                 4
                                 5
                                 6
                                 8
                                 10
                                 12 Quadratmet.
                                 
                              
                                 Erforderl. Steinkohlenmenge.
                                 15,35
                                 13,63
                                 12,87
                                 12,29
                                 12,12
                                 12,05 Kilogr.
                                 
                              
                                 Temperat. der abziehend. Gase. 
                                 326°
                                 225°
                                 172°
                                 129°
                                 114°
                                 108°
                                 
                              
                           Tabelle IV.
                           Hochdruck. Dampfspannung 4 Atmosphären. Temperatur t₀ = 145°.
                           
                              
                                 Heizfläche zur Erzeugung von100 Kil.
                                    Dampf stündlich.
                                 4
                                 5
                                 6
                                 8
                                 10
                                 12 Quadratmet.
                                 
                              
                                 Erforderl. Steinkohlenmenge.
                                 17,03
                                 14,80
                                 13,88
                                 13,12
                                 12,87
                                 12,79 Kilogr.
                                 
                              
                                 Temperat. der abziehend Gase. 
                                 391°
                                 280°
                                 223°
                                 173°
                                 155°
                                 149°
                                 
                              
                           Zunächst zeigen beide Tabellen, daß stets die Erzeugung von tiefgespanntem Dampf
                              etwas vortheilhafter ist, als die von hochgespanntem; daß aber in dem einen, wie im
                              anderen Falle, gerade wie es oben bei Mitteldruck angegeben wurde, durch eine
                              Vergrößerung der Heizfläche auf das 1 1/2 bis 2fache unter Anwendung des Ventilators
                              eine Ersparniß von resp. 17 und 20 Proc. an Steinkohlen zu erreichen ist, und daß
                              bei einer weiteren Vergrößerung der Heizfläche der Vortheil nur sehr langsam
                              wächst.
                           Jedenfalls ist daraus zu schließen, daß unter allen Umständen die Anwendung des
                              Ventilators statt hoher, kostspieliger Schornsteine zu empfehlen ist, daß man aber
                              dann, statt wie gewöhnlich auf 100 Kilogr. Dampf stündlich 4 Quadratmeter Heizfläche, 6 und noch
                              besser 8 Quadratmeter rechnen muß. Es ist dann, selbst wenn die Arbeit, welche der
                              Ventilator beansprucht, in Rechnung gebracht wird, gewiß ein ansehnlicher Gewinn an
                              Brennstoff zu erwarten.
                           Genauere Bestimmungen sind nur durch Versuche zu erwarten, die vorstehenden
                              Rechnungsresultate haben aber wenigstens den großen Vortheil, daß sie schon im
                              Voraus andeuten, in welcher Art bei den Versuchen die Feuerung zu leiten ist, um
                              Erfolge zu erzielen.
                           Selbst angenommen, die der Rechnung zu Grunde gelegten Erfahrungswerthe seyen sehr
                              unsicher, so läßt sich doch kaum erwarten, daß sie so sehr von der Wahrheit
                              abweichen sollten, daß der obige Schluß nicht wenigstens im Allgemeinen richtig ist.
                              Dann zeigt aber auch ein Vergleich mit den Versuchen von Cavé und selbst denen von Brix eine
                              Uebereinstimmung, wie man sie bei Berücksichtigung der unsicheren Grundlagen unserer
                              Rechnungen kaum erwarten sollte. Bei Vergleichung mit den Brix'schen Versuchen muß man nur berücksichtigen, daß diese fast unter den
                              günstigsten Verhältnissen ausgeführt wurden; die Steinkohlenmengen stündlich pro Quadratmeter Heizfläche fallen bei denselben
                              zwischen 1 und 2 Kilogr. aus, während man gewöhnlich 4 im Mittel rechnet; daraus
                              geht, wie die Tabelle I zeigt, nicht nur hervor, daß die Gase beim Eintritt in den
                              Schornstein viel stärker als gewöhnlich abgekühlt seyn mußten, wie auch die Brix'schen Versuchstabellen zeigen, sondern, daß auch die
                              Dampfmengen pro 1 Kilogr. Kohlen bei den Versuchen
                              größer ausfallen mußten, als dieß unter gewöhnlichen
                                 Verhältnissen der Fall seyn wird. Wendet man obige Formeln auf einige Brix'sche Versuche an, dann findet sich für die
                              Temperatur der Verbrennungsgase im Schornsteine eine gute Uebereinstimmung, nur in
                              Betreff der Dampfmenge, welche 1 Kilogr. Kohlen liefert, ist dieß nicht ganz der
                              Fall; es scheint, daß der mittlere oben angenommene Werth von 6,25 Kilogr. Dampf pro 1 Kilogr. Kohlen für mittlere Verhältnisse noch
                              etwas zu groß ist. Der Kessel, mit welchem Hr. Brix seine Versuche anstellte, hatte die
                              Einrichtung, daß man durch Absperren oder Oeffnen gewisser Rauchcanäle die
                              Verbrennungsgase früher oder später in den Schornstein führen konnte, so daß nach
                              Belieben die Heizfläche etwa 350 oder nur 225 Quadratfuß preußisch angenommen werden
                              konnte. Mit einzelnen Steinkohlensorten führte Hr. Brix den Versuch das einemal mit der größeren,
                              das anderemal mit der kleineren Heizfläche aus; man sollte nun nach obiger Theorie
                              und auch nach der gewöhnlichen Anschauung der Sache erwarten, daß dieselbe
                              Kohlensorte bei Anwendung der größeren Heizfläche mehr Dampf hätte geben müssen, als
                              bei Anwendung der kleineren, vorausgesetzt, daß bei beiden Versuchen stündlich ungefähr
                              dasselbe Kohlenquantum verbrannt wurde, welch Letzteres auch wirklich geschah.
                              Dieses Resultat zeigen aber die Versuche nicht, das einemal sprechen die Versuche zu
                              Gunsten der größeren, das anderemal zu Gunsten der kleineren Heizfläche; es scheint
                              also, daß eine Vergrößerung der Heizfläche bei den Brix'schen Anordnungen ohne merklichen Einfluß war. Dieses Resultat findet
                              aber nach obiger Tabelle I seine vollständige Erklärung; wie schon erwähnt,
                              verbrannte Hr. Brix
                              durchschnittlich pro Quadratmeter Heizfläche stündlich
                              nur zwischen 1 und 2 Kilogr. Kohlen; die Tabelle zeigt nun zwischen diesen Werthen
                              der ersten Zeile, daß trotz der großen Verschiedenheit der Heizfläche nach Zeile (7)
                              die Werthe für die Dampfmenge pro 1 Kilogr. Kohlen nur
                              sehr wenig differiren (s. Zeile 6), und daß also die Differenzen der Brix'schen Angaben nur in Beobachtungsfehlern liegen, die
                              trotz aller Vorsicht nicht zu vermeiden waren. Hätten diese höchst interessanten,
                              verdienstvollen Versuche nicht nur zum Zweck gehabt, eine Vergleichung der Heizkraft der Brennstoffe des preußischen Staates
                              vorzunehmen, sondern zugleich den Einfluß verschiedener Anordnungen der
                              Feuerungsanlage auf die Heizkraft zu untersuchen, dann wäre es erforderlich gewesen,
                              stärker zu heizen, d.h. mehr Brennstoff pro
                              Quadrateinheit Heizfläche zu verbrennen, als dieß wirklich geschah. Bei Versuchen zu
                              diesem Zwecke würde es selbst zweckmäßig seyn, stärker zu feuern als dieß gewöhnlich
                              geschieht, damit die schädlichen Einflüsse entschiedener hervortreten und zur
                              Messung geeigneter werden.Anmerkung der Redaction des Civilingenieurs.
                                    – Zu vorstehendem interessanten Artikel erlaubt sich die Redaction zu
                                    bemerken, daß sie in einigen Dingen etwas abweichender Ansicht ist. Einmal
                                    erscheint es nämlich nöthig, auch den Einfluß der strahlenden Wärme mit zu
                                    berücksichtigen und zweitens dürfte bei vortheilhaften Kesselconstructionen
                                    die Annahme, daß die abziehenden Verbrennungsproducte mindestens die
                                    Temperatur der Dämpfe haben müßten, kaum zulässig seyn, da ein Theil dieser
                                    Kessel nur als Vorwärmer dient und das Wasser darin wahrscheinlich eine
                                    nicht viel höhere Temperatur als diejenige der Speisewasser besitzt.
                                    Schließlich sey auch noch die Bemerkung gestattet, daß es nicht schwierig
                                    seyn dürfte, selbst bei starker Abkühlung der Gase den nöthigen Zug durch
                                    bloße Essen zu erreichen, wenigstens gibt die Theorie an, daß bei 60°
                                    C. Essentemperatur nur ein 1 1/2 mal so großer Querschnitt erforderlich ist,
                                    als bei 300°.