| Titel: | Ueber eine neue Methode Cyan zu erzeugen; von Hrn. Z. Roussin. | 
| Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. XV., S. 68 | 
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                        XV.
                        Ueber eine neue Methode Cyan zu erzeugen; von
                           Hrn. Z.
                              Roussin.
                        Aus den Comptes rendus, November 1858, Nr.
                              22.
                        Roussin, über eine neue Methode Cyan zu erzeugen.
                        
                     
                        
                           Bis jetzt gelang es nicht, mittelst einer oxydirten Stickstoffverbindung, z.B.
                              salpetersaurem Kali, Cyan zu erzeugen. Bekanntlich erfolgt die Verbrennung der Kohle
                              mit den salpetersauren Salzen mit Lebhaftigkeit; aller Kohlenstoff geht dabei in
                              Kohlensäure über und der Stickstoff wird nicht fixirt; man nahm deßhalb an, daß sich
                              jede Kohlenstoffverbindung auf diese Art verhalte und daß es unmöglich sey die
                              Reaction in Gränzen einzuschränken oder die Verwandtschaften abzuändern.
                           Es ist jedoch möglich, den Stickstoff eines salpetersauren Salzes, während heftiger
                              Verbrennung desselben, an den Kohlenstoff zu fixiren und auf diese Weise große
                              Quantitäten von Cyan zu erzeugen.
                           Man löse in einer kleinen Quantität Wasser ein Gemenge von 4 Aequiv. geschmolzenem
                              essigsaurem Kali, 3 Aeq. salpetersaurem Kali und beiläufig 5 Aeq. caustischem oder
                              kohlensaurem Kali auf. In einer Porzellanschale zur Trockne abgedampft, kommt dieses
                              Gemenge bald zum Schmelzen und wenn die Temperatur sich 350° C. nähert,
                              verbrennt es mit Lebhaftigkeit. Die Masse ist alsdann schwammicht und von schwarzer
                              Farbe. Wird das
                              Product nach dem Erkalten ausgelaugt, so liefert es eine beträchtliche Menge
                              Cyankalium, gemengt mit kohlensaurem Kali. Auf dem Filter bleibt eine sehr
                              zertheilte Kohle. Folgende Gleichung erklärt die stattfindende Reaction:
                           4 C⁴H³O³, KO + 3 AzO⁵, KO + 5 KO = 3
                              C²AzK + 9 CO², KO + 12 HO + O.
                           Wie man auf den ersten Blick sieht, läßt diese Cyanerzeugung einiges zu wünschen
                              übrig, weil dabei essigsaures Kali unnütz zerstört wird. Man nehme z.B. 1 Aeq.
                              essigsaures Kali und 2 Aeq. salpetersaures Kali, so sind der Kohlenstoff und der
                              Stickstoff in dem zur Cyanbildung geeigneten Verhältniß vorhanden; der Sauerstoff
                              und der Wasserstoff des essigsauren Salzes verschwinden in Form von Wasser; leider
                              kommen aber die im salpetersauren Salz enthaltenen sechs Aeq. Sauerstoff zur Wirkung
                              und führen drei Viertel des im essigsauren Salz enthaltenen Kohlenstoffs in
                              Kohlensäure über. Die Aufgabe wäre also, zu veranlassen daß der Sauerstoff des
                              Salpeters einen Körper vorfindet, dessen er sich statt des im essigsauren Salze
                              enthaltenen Kohlenstoffs bemächtigen kann, oder die Reaction dadurch zu modificiren,
                              daß man den Sauerstoff unthätig macht.
                           Wenn man dem Gemenge Kohlenpulver beigibt, so erhält man etwas mehr Cyan; dasselbe
                              entspricht aber bei weitem nicht dem theoretischen Gewicht.
                           Vermindert man die Quantität des im Salpeter enthaltenen Sauerstoffs, indem man ihn
                              durch andauerndes Schmelzen in salpetrigsaures Kali umwandelt, so greift man die
                              Aufgabe in demselben Sinne an. Die Ausbeute an Cyan wird offenbar größer. Ein
                              inniges Gemenge von Lampenschwarz, essigsaurem Kali, salpetrigsaurem und
                              kohlensaurem Kali liefert die höchste Ausbeute. Mit 13 Grm. geschmolzenem
                              essigsaurem Kali konnte ich 2,6 Grm. reines und bei 100° C. getrocknetes
                              Berlinerblau erhalten. Alle diese Proben habe ich nur mit kleinen Quantitäten
                              gemacht und das Auslaugen zerstörte stets einen Theil des gebildeten Cyankaliums,
                              daher die Flüssigkeit einen starken ammoniakalischen Geruch hatte. Ohne Zweifel
                              könnte man bei einer regelmäßigen Fabrication einen höhern Ertrag erhalten.
                           Als ich das essigsaure Kali durch Stärkmehl, Sägespäne, Weinstein etc. ersetzte,
                              erhielt ich nur unbedeutende Quantitäten von Cyan. Guibourt hatte schon beobachtet, daß beim Abbrennen eines Gemenges von
                              Weinstein und Salpeter sich manchmal ein wenig Cyankalium bildet.
                           Die Erzeugung des Cyankaliums durch die gegenseitige Einwirkung des essigsauren und
                              salpetersauren Kalis ist leicht und fast elegant. Die Rohstoffe werden täglich in
                              der Industrie angewandt und haben keinen hohen Preis. Das unreinste essigsaure Natron, sowie der
                              natürlich vorkommende Natronsalpeter würden, da sie das heftige Abbrennen mäßigen
                              müssen, ohne Zweifel bessere Dienste leisten, als das von mir zu demselben Zweck
                              zugesetzte kohlensaure Kali.