| Titel: | Ueber die essigsaure Thonerde; von Hrn. Ch. Tissier. | 
| Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. L., S. 202 | 
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                        L.
                        Ueber die essigsaure Thonerde; von Hrn. Ch. Tissier.
                        Aus den Comptes rendus, December 1858, Nr.
                              23.
                        Tissier, über die essigsaure Thonerde.
                        
                     
                        
                           Wenn man gallertartige Thonerde in Essigsäure auflöst, so daß man eine Flüssigkeit
                              erhält, welche 8 bis 9 Grade an Baumé's Aräometer zeigt, und diese Auflösung
                              in gut verpfropften Flaschen aufbewahrt, so bemerkt man nach einer gewissen Zeit
                              (acht bis vierzehn Tagen, oft erst nach mehreren Monaten), daß sich am Boden der
                              Flaschen ein mehr oder weniger krystallinischer weißer Niederschlag abgesetzt hat,
                              welcher alle Thonerde enthält, während die Flüssigkeit stark sauer geworden ist und
                              nur noch Spuren von Thonerde enthält. Dieser Niederschlag ist in Wasser
                              unauflöslich; in den verdünnten Säuren löst er sich ziemlich schwer, aber mit großer
                              Leichtigkeit in den ätzenden Alkalien auf.
                           
                           Gay-Lussac hat bekanntlich gefunden, daß die
                              Auflösungen von essigsaurer Thonerde, welche ein wenig schwefelsaures Kali oder
                              Natron enthalten, sich in der Wärme trüben, aber beim Erkalten wieder klar werden.
                              Da man die vorher erwähnte freiwillige Zersetzung einer analogen Ursache zuschreiben
                              könnte, so untersuchte ich den Niederschlag auf einen Gehalt an Natron oder Kali,
                              fand aber nur unbedeutende Spuren von beiden darin. Ich habe alsdann mehrere dieser
                              krystallinischen Niederschläge, welche sich in verschiedenen Flüssigkeiten während
                              sehr verschiedener Zeiträume gebildet hatten, der Analyse unterzogen und gefunden
                              daß deren Zusammensetzung sehr constant ist, entsprechend der Formel
                              Al²O³ 2 (C⁴H³O³) + 6 HO . Während 3 Aeq.
                              Essigsäure erforderlich sind, um das neutrale Salz zu bilden, enthält also das
                              unauflösliche Salz, welches sich niederschlägt, nur noch 2 Aeq., der Rest der
                              Essigsäure bleibt in der Flüssigkeit aufgelöst.
                           Ich habe zur Analyse ein Verfahren befolgt, welches nicht neu ist und dessen
                              Einfachheit ein genaues Resultat verbürgt. Ich löse nämlich in einem bekannten
                              Gewicht von Aetzkali- oder Aetznatronflüssigkeit, deren Gehalt ich kenne, ein
                              gewisses Gewicht der zu analysirenden essigsauren Thonerde auf. Die Differenz des
                              Gehalts der Flüssigkeit vor und nach der Auflösung ergibt mir die mit der Thonerde
                              verbundene Essigsäure. Drei Analysen mit verschiedenen Quantitäten von Substanz
                              lieferten mir im Mittel:
                           
                              
                                 
                                 
                                 berechnete Zahlen
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   34,36
                                 33,55
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                   65,64
                                 66,45
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00  
                                 
                              
                           Um das Wasser zu bestimmen, wurde das Salz bei der Temperatur von 25° C.
                              getrocknet, hierauf geglüht und eingeäschert, um seinen Thonerdegehalt zu ermitteln,
                              hernach das Gewicht der gefundenen Thonerde vom Gewicht des Salzes und der
                              berechneten Essigsäure abgezogen. Das Mittel von zwei Bestimmungen ergab mir:
                           
                              
                                 Thonerde
                                 24,63
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                 48,77
                                 
                              
                                 Wasser
                                 26,60
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Die Berechnung ergibt für die Formel Al²O³ 2  + 6 HO:
                           
                              
                                 Thonerde
                                 24,83
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                 49,15
                                 
                              
                                 Wasser
                                 26,02
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                           Die langsame und freiwillige Zersetzung, in deren Folge die von der Essigsäure in
                              Auflösung gehaltene Thonerde nach und nach in eine unauflösliche Verbindung
                              übergeht, ohne daß hierzu die geringste Temperatur-Erhöhung erforderlich ist,
                              könnte vielleicht den Unterschied in den Resultaten erklären, welche man bei der
                              Anwendung dieses Salzes zum Beizen der Kattune erhält,
                              wenn es vorher mehr oder weniger lange Zeit aufbewahrt worden ist.