| Titel: | Verbessertes Verfahren bei der Erzeugung von Schmiedeeisen und Stahl, nach H. Bessemer. | 
| Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LXIX., S. 276 | 
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                        LXIX.
                        Verbessertes Verfahren bei der Erzeugung von
                           Schmiedeeisen und Stahl, nach H. Bessemer.
                        Aus dem London Journal of arts, August 1858, durch das
                              polytechnische Centralblatt, 1858 S. 1551.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Bessemer's verbessertes Verfahren bei der Erzeugung von
                           Schmiedeeisen und Stahl.
                        
                     
                        
                           Das nach dem Bessemer'schen Verfahren dargestellte
                              Schmiedeeisen oder der Stahl wird nicht selten blasig, oder auch kaltbrüchig. Um
                              dieß zu umgehen, stellt
                              Bessemer bei seinem jetzigen Verfahren (patentirt für
                              England den 6. November 1857) eine
                              kreisförmige Form an einer verticalen Welle auf, die mit sehr großer Geschwindigkeit
                              umgedreht wird. In der Mitte der Form befindet sich eine Scheibe aus feuerfestem
                              Thon, Stein oder Holz und um diese herum ist ein ringförmiger freier Raum, etwa von
                              der Gestalt eines Schwungradringes. Oben ist die Form in der Mitte offen, an der
                              Seite aber bedeckt, wie Fig. 35 der zugehörigen
                              Abbildungen zeigt.
                           Das Mauerwerk b, in welches das feste eiserne Gestelle
                              a eingemauert ist, enthält einen unter die
                              Hüttensohle versenkten schachtförmigen Raum c, welcher
                              oben durch eine in der Mitte offene Platte g bedeckt
                              ist. Die verticale Achse d des Apparates ruht unten in
                              einem auf die Fundamentmauer f aufgeschraubten Fußlager
                              e und oben in einem Halslager g, welches in dem eisernen Gestelle a liegt.
                              Auf das obere, schwach conisch zulaufende Ende dieser verticalen Achse ist die
                              Scheibe h aus Schmiedeeisen oder Stahl aufgesetzt, und
                              mit dieser ist wieder die untere Hälfte m der
                              kreisförmigen Form durch Schrauben oder Niete verbunden. Diese letztere ist so hoch,
                              daß sie die obere Hälfte m' der Form vollständig umfaßt,
                              und beide Hälften sind aus Schmiedeeisen oder Stahl herzustellen, weil Gußeisen kaum
                              im Stande ist, bei dem hohen Grade von Centrifugalkraft, welcher durch die
                              erforderliche, große Umdrehungsgeschwindigkeit hervorgerufen wird, den gehörigen
                              Widerstand zu leisten. Der mittlere Theil der unteren Formhälfte enthält eine
                              Scheibe aus feuerfestem Thon oder feuerfesten Ziegeln mit einer Erhöhung in der
                              Mitte, um das nahe der Mitte bei t eingegossene Metall
                              möglichst gleichförmig über die Fläche der Form zu vertheilen. Zu demselben Zwecke
                              genügt auch eine Scheibe aus Holz oder irgend einer anderen, die Wärme schlecht
                              leitenden Substanz, an welcher das Metall sich nicht anhängt. Die beiden Formhälften
                              sind durch Keile n, o mit einander verbunden.
                              Vermittelst der Riemenscheibe p erhält die Form in der
                              Minute 500–2000 Umdrehungen.
                           Das Metall wird in die Mitte der Form eingegossen, und zwar von einer solchen Höhe
                              herab, daß es sich in zahllose Kügelchen zertheilt; diese Kügelchen sammeln sich am
                              Umfang der Form wieder und werden hier unter dem von der Centrifugalkraft ausgeübten
                              Drucke in eine dichte Metallmasse umgewandelt, deren Querschnittsform von der innern
                              Gestalt der Form abhängt. Sind die zu bildenden Ringe für das Auswalzen zu Blech
                              bestimmt, so muß die Form aus einem senkrechtstehenden Cylinder bestehen, so daß man
                              ein breites cylindrisches Metallband erhält, dessen Dicke man nach Belieben
                              bestimmen kann. Da das flüssige Metall langsam in die Form eingegossen wird und in
                              derselben sich zu einer dichten Masse anhäuft, so kann man sehr leicht die Qualität des Metalls während
                              des Processes selbst ändern, entweder plötzlich oder allmählich, so daß ein Gußstück
                              nach und nach aus Stahl in Eisen oder aus hartem Stahl in weichen Stahl oder
                              plötzlich aus Stahl in Eisen übergeht. Den allmählichen Uebergang aus Stahl in Eisen
                              erzielt man dadurch, daß man, unter fortgesetzter Zuführung von Luft, Stahl in die
                              Form eingießt. Es besteht dann die äußerste Schicht des Ringes aus Stahl; nach Innen
                              zu aber geht der Ring mehr und mehr in Eisen über. Sollen beide Qualitäten plötzlich
                              in einander übergehen, so gießt man beide in der Art in die Form ein, daß man erst
                              einen Tiegel mit Stahl und dann einen mit Eisen, oder umgekehrt, leert. Damit die
                              sich verdichtende Masse an der Oberfläche nicht oxydirt wird, führt man
                              Kohlenwasserstoff oder irgend ein anderes Gas, in welchem Sauerstoff nicht oder
                              nicht vorwaltend enthalten ist, in die Form während ihrer Drehung ein; zu demselben
                              Zwecke kann man sich eines Flußmittels bedienen.
                           Fig. 36 zeigt
                              den Durchschnitt eines um eine horizontale Achse rotirenden Apparates zur Bildung
                              ringförmiger Stäbe aus Eisen und Stahl. A bezeichnet die
                              Achse, um welche die Form rotirt, B ein eisernes
                              Lagergerüst, das wie der Reitstock einer Drehbank geformt ist, und in dem die Achse
                              A aufruht. Die eine Hälfte der Form D besteht aus einer flachen Scheibe, welche mit der
                              Achse A verbunden ist und durch eine
                              Flantschenverbindung sich an eine zweite Scheibe D* so
                              anschließt, daß beide Scheiben zusammen die ringförmige Gußform bilden. Die ganze
                              Vorrichtung wird in rasche Umdrehung gesetzt, und dann das flüssige Metall aus dem
                              Schmelztiegel bei E eingegossen. Die Form muß so lange
                              in Drehung erhalten werden, bis das ganze Metall fest geworden ist, worauf der
                              Apparat in Stillstand versetzt, die Form aufgeschraubt und der Metallring
                              herausgenommen wird. Wenn man Formen aus Sand, Lehm oder irgend einem anderen
                              schlechten Wärmeleiter, kalt oder warm, anwendet, so kann man auch den ringförmigen
                              Raum, der für die Aufnahme des Metalls bestimmt ist, verschließen und nur kleine
                              Oeffnungen für den Durchgang des in der Mitte der Form eingegossenen Metalls lassen.
                              Dasselbe gilt auch für die oben beschriebenen Formen.
                           Sind die Eisen- oder Stahlringe zur Herstellung von Eisenbahnschienen
                              bestimmt, so gibt man ihnen quadratischen oder rectangulären Querschnitt oder eine
                              solche Querschnittsform, welche der der fertigen Schiene sich schon mehr oder
                              weniger nähert. Will man die Schienen in der Ringform fertig walzen, so verfährt man
                              auf folgende Weise. Nachdem der Ring bei einer der Beschaffenheit des Metalls
                              angepaßten Temperatur zwischen die Furchen eingeführt worden ist, werden unter
                              beständiger rascher
                              Drehung der Walzen und des Ringes die Stellschrauben des Walzwerks allmählich mehr
                              und mehr angezogen, bis die Schiene den gewünschten Querschnitt hat. Darauf wird sie
                              durch eine Kreissäge zerschnitten und endlich gestreckt. Statt die Schiene in der
                              Ringform fertig zu walzen, kann man auch das Walzen des Ringes bei einem gewissen
                              Stadium unterbrechen, den Ring zerschneiden und dann das Fertigwalzen auf einem
                              gewöhnlichen Walzwerk bewirken.
                           Wenn man die Eisen- oder Stahlkolben in Ringform auswalzt, so gewinnt man
                              durch die ununterbrochene Bewegung des Metalls nach einer und derselben Richtung den
                              Vortheil, daß man die Walzen schneller laufen lassen kann als bei den gewöhnlichen
                              Walzwerken. Rechnet man hierzu den Arbeits- und Zeitverlust, der mit dem
                              Zurückgeben der Stäbe nach jedem Durchgange bei den gewöhnlichen Walzwerken
                              verbunden ist, so ergibt sich für das Ringwalzen bis zum fertigen Zustande ein nicht
                              unerheblicher Gewinn. Auch an Material erspart man, weil das Geradschneiden
                              wegfällt. Die Verstärkung des Drucks zwischen den Walzen während des Ganges bringt
                              man entweder durch eine Räderübersetzung auf die Stellschrauben, oder durch
                              hydraulische Pressen hervor. Will man auf diese Weise sehr lange Stäbe walzen, so
                              muß man das gemauerte Fundament des Walzwerks mit einer Grube zur Aufnahme des
                              Ringes, der unter diesen Umständen natürlich einen sehr großen Durchmesser erhält,
                              versehen.
                           Sollen die Kolben beim Guß nicht die Ring-, sondern die gewöhnliche Stabform
                              erhalten, so wendet man eine rotirende Gußform mit mehreren Abtheilungen an, oder
                              man setzt mehrere einzelne Formen zu einer einzigen zusammen und läßt diese um eine
                              gemeinschaftliche Drehachse rotiren. Diese Formen kommen dann mit ihrer
                              Längenrichtung radial zu liegen und können jeden beliebigen Querschnitt haben. In
                              dieser Weise ist der in Fig. 37 und 38
                              dargestellte Apparat construirt. Fig. 37 zeigt denselben
                              im Verticaldurchschnitt durch zwei Formen und Fig. 38 zur Hälfte im
                              Grundriß und zur Hälfte im Horizontaldurchschnitt.
                           G ist die verticale Welle, welche durch eine
                              Riemenscheibe in Umdrehung gesetzt wird, K eine Scheibe
                              aus hämmerbarem Eisen oder Stahl mit der auf die Welle G
                              aufgepaßten Nabe K¹ und einem aufgebogenen Rande
                              K², welcher zum Festhalten der einzelnen
                              Stabformen J dient. Jede Form besteht aus zwei Theilen,
                              einem Unterkasten mit Flanschen J* zu beiden Seiten,
                              vermittelst welcher derselbe an der Scheibe K
                              festgeschraubt wird, und einem Oberkasten, der an seinem äußersten Ende sich gegen
                              den Rand K² anlegt und oben durch die
                              Stellschrauben L festgehalten wird. Die Stellschrauben
                              L gehen durch die Ringe M hindurch und
                              letztere werden wieder vermittelst der Säulen N in
                              geeigneter Entfernung über den Scheiben K festgehalten,
                              indem die unteren Enden dieser Säulen durch die Flantschen der Unterkästen, sowie
                              der Scheibe K, hindurch gehen und hier vermittelst der
                              Muttern P befestigt sind, während ihre oberen Enden
                              durch die Muttern Q mit den Ringen M verbunden sind. Vermittelst dieser Anordnung wird es
                              möglich, den Oberkasten zu entfernen; zu diesem Zwecke schraubt man die
                              Stellschrauben L so hoch, daß die unteren Flächen der
                              Oberkästen über den Rand K² zu liegen kommen, und
                              schiebt dann die Oberkästen nach der Seite hin ab. Dann kann man die gegossenen
                              Stäbe leicht aus der Form herausheben.
                           In Fig. 38
                              sind acht Formen dargestellt, die um eine gemeinschaftliche Achse herum gruppirt
                              sind; es entsteht somit ein achteckiger freier Raum, der mit feuerfesten Ziegeln R ausgefüttert ist, welche so viel Durchgangsöffnungen
                              haben, als Formen vorhanden sind. Außerdem befindet sich in dem Ziegelfutter auch
                              noch oben eine Oeffnung, durch welche das flüssige Metall eingegossen wird. Die
                              Ziegel kann man, jedoch weniger zweckmäßig, durch Sand oder Lehm ersetzen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
