| Titel: | Ueber das chinesische Grün | 
| Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LXXIV., S. 288 | 
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                        LXXIV.
                        Ueber das chinesische Grün
                        Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1858,
                              Bd. III S. 161.
                        Ueber das chinesische Grün.
                        
                     
                        
                           Die Literatur über das chinesische Grün (Vert de Chine,
                              Lo-Kao) hat einen sehr werthvollen Beitrag erhalten durch eine von der
                              Handelskammer zu Lyon veröffentlichte Druckschrift von 207 Seiten, die auf deren
                              Veranlassung verfaßt ist von 1) Hrn. Natalis Rondot, der
                              über die Abstammung dieses Farbstoffes und über dessen Fabrication und Verwendung in
                              China berichtet; 2) von Professor J. Persoz, der die
                              Untersuchung der chemischen Eigenschaften und des Verhaltens gegen Spinnfasern
                              liefert, und 3) von A. F. Michel in Lyon, der seine
                              Versuche mit inländischen das chinesische Grün ersetzenden Farbmaterialien
                              mittheilt. Wir geben einen gedrängten Auszug aus dieser Schrift. Historisches über
                              das chinesische Grün sowie die Berichte über andere gelbe, blaue und grüne Farben,
                              deren man sich in China bedienen soll, übergehen wir und halten uns an das was über
                              diesen interessanten Farbstoff selbst und seine Rolle in der chinesischen Färberei
                              berichtet wird.
                           Es scheint nach dem sehr ins Einzelne gehenden Bericht von Hrn. Rondot, daß die Erkenntniß, aus welchen Pflanzengattungen und Specien das
                              chinesische Grün gezogen werde, dem französischen Consul de Montigny in Changhäc und dem Professor Decaisne
                              in Paris verdankt werden müsse, und als unzweifelhaft ist zu betrachten, daß es
                              Rhamnusarten seyen, die diesen Farbstoff liefern. Decaisne beschreibt besonders zwei Specien, die aus China nach Europa
                              gebracht werden; in China heißen diese Pflanzen Lo-Chou; Decaisne benennt die eine Rhamnus
                                 utilis, die andere Rhamnus chlorophorus.Man s. polytechn. Journal Bd. CXLVI S.
                                       396. Die verschiedensten Organe dieser beiden Pflanzen scheinen das chinesische
                              Grün zu liefern. Wenigstens wird dieß zuversichtlich von der Rinde der Zweige und
                              derjenigen der Wurzel behauptet, auch die Blüthe soll diese Farbe enthalten; über
                              die Beeren jedoch herrscht Widerspruch unter den Berichterstattern, da die einen
                              angeben sie fänden keine Verwendung, während die anderen das Lo-Kao daraus
                              hergestellt betrachten. In China ist das Astholz der genannten Sträucher sowohl als
                              die Rinde derselben Handelsartikel. Man bezahlt für den Doppelcentner der
                              erstern an den verschiedenen Handelsplätzen 6–9 Fr., für letztere
                              11–50 Fr., je nachdem die eine oder andere der beiden Pflanzen diese
                              Substanzen lieferte. Das Lo-Kao – wir wollen es vorläufig als einen
                              Farblack bezeichnen – das aus den genannten Rhamnusarten gewonnen wird, ist
                              von verschiedenen französischen und englischen Käufern an Ort und Stelle bezahlt
                              worden mit Preisen, die zwischen 224 und 430 Fr. für das Kilogramm variiren. Zu Lyon
                              wurde es zu 750 Fr. im höchsten und zu 250 Fr. im niedersten Preis, durchschnittlich
                              zu 400–500 Fr. das Kilogramm verkauft.
                           Diese Substanzen sollen nach mehrseitigen Berichten in China in folgender Weise
                              gebraucht werden.
                           a. Baumwollenfärberei.
                              – Die Rinde wird nach dem einen Berichterstatter
                              mit heißem Wasser ausgezogen und die Stoffe ohne Beize in dem Auszug gefärbt. Diese
                              werden über Nacht auf den Rasen gelegt und gegen Morgen, ehe die Sonne sie beschien,
                              hat die nach Oben gekehrte Seite die grüne Farbe angenommen. Nach dem zweiten, dem
                              Jesuiten Pater Helot, soll in Azè auf folgende
                              Weise gefärbt werden: Die frische Rinde von Rhamnus utilis wird mit heißem Wasser ausgekocht und die
                              Flüssigkeit zwei Tage über der Rinde stehen gelassen. Die Rinde von Rh. chlorophorus wird ebenso behandelt, doch läßt man 10
                              Tage stehen. Man färbt nun in der ersten Abkochung siebenmal, in der andern dreimal
                              und läßt nach jeder Passage trocknen, und breitet immer Abends auf dem Rasen aus und
                              läßt bis zum Sonnenaufgang liegen; nur die nach Oben gekehrte Seite erscheint grün
                              gefärbt. An einem anderen Orte soll nach dem gleichen Berichterstatter die Abkochung
                              durch eine schwache Potaschelauge bereitet, im Uebrigen aber verfahren werden wie
                              eben angegeben worden.
                           Ein dritter Beobachter, Sinclair, erzählt: die Rinde werde
                              eine halbe Stunde lang mit heißem Wasser gekocht, dann etwas Alaun und Potasche der
                              Abkochung zugesetzt und von dem Bodensatz abgegossen. In der klaren Flüssigkeit
                              werde gefärbt, dieß müsse vielemal nach einander geschehen und die Stücke häufig auf
                              dem Rasen ausgebreitet werden, um zu einer tiefern Nüance zu gelangen.
                           Bei allen Widersprüchen in obigen Berichten scheint es gewiß, daß die Rinde zum Baumwollfärben dient und daß die Intensität der
                              Farbe durch Lichteinfluß wesentlich erhöht, daher das häufige Auslegen auf den Rasen
                              nöthig werde. Mercer in Oakenskaw bei Manchester, sowie
                              Persoz sprachen früher unabhängig von einander die
                              Meinung aus, daß der Farbstoff auf einer Seite des Gewebes mechanisch aufgetragen
                              werde, was sie aus dem
                              Ansehen ächter in China gefärbter Stücke schlossen. Diese Ansicht hat sich jedoch
                              jetzt als förmlich irrthümlich erwiesen, und es ist anzunehmen, daß obige Berichte
                              in der Hauptsache richtig seyen.
                           b. Bereitung des
                                 Lo-Kao. – Es ist etwas überraschend zu vernehmen, auf welche
                              mühevolle und irrationelle Weise das Farbmaterial in China dargestellt wird, das so
                              viel in unserer Seidenfärberei von sich reden machte, und doch stimmen mehrere
                              Augenzeugen in ihren Berichten über die Lo-Kao-Fabrication überein. Es
                              soll in folgender Weise geschehen: Die Baumwollzeugstücke werden, wie wir gesehen
                              haben, vielmal durch die Farbeflotten geführt und nach jeder Färbung getrocknet, sie
                              kommen also bis sie ganz fertig sind, niemals in ein Waschwasser. Man wascht sie
                              zuletzt erst, nachdem sie sich eigentlich mit Farbstoff überladen haben, in kaltem
                              Wasser, bringt dieß in einem Kessel zum Kochen und legt zugleich in den Kessel und
                              zwar zunächst der Oberfläche der Flüssigkeit eine Lage Baumwollgarn. Beim Kochen der
                              Flüssigkeit setzt sich der Farbstoff an das Garn ab, man wechselt die gefärbte
                              Flüssigkeit so oft, bis das Garn ganz stark mit Farbstoff bedeckt ist und wascht
                              zuletzt in wenig kaltem Wasser unter starkem Schlagen und Auswinden das Garn aus.
                              Der Farbstoff setzt sich in dem Wasser ab und die Paste wird auf Papierblätter, die
                              über einer Lage Asche liegen, ausgebreitet und an der Sonne getrocknet.
                           Aus diesen Berichten lernt man, daß die Lo-Chou-Färberei in China eine
                              mächtige Ausdehnung haben müsse, denn die Erzeugung von 800–900 Kilogram.
                              Lo-Kao setzt voraus, daß wenigstens 1 Million Stücke in der Rindenabkochung
                              gefärbt werden, und in Frankreich allein hat man im Jahre 1857 über 500 Kilogr.
                              dieser Farbdrogue eingeführt.
                           c. Lo-Kao zum Färben von
                                 Baumwollstoffen. – Zwei Augenzeugen berichten die auffallende
                              Thatsache, daß man mit dem so theuern Material Baumwollstoffe färbe, und es soll der
                              Färberlohn nicht höher zu stehen kommen, als derjenige für das Färben mit der
                              Lo-Chou-Rinde. Es diene aber das Lo-Kao nur zu hellen Nüancen,
                              und zwar so, daß man es in Potaschelösung löse, die Stücke hineinbringe, ausringe
                              und nochmals passire, wasche und trockne. Es soll ein Gewicht von etwa 38 Gram.,
                              also etwa 2 Loth hinreichen, um 10 bis sogar 30 Stück Baumwollezeug zu färben.
                           d. Lo-Kao zum Färben der
                                 Seide und der Seidenstoffe. – Während der Pater Helot berichtet, das Lo-Kao könne in der
                              Seidenfärberei nicht dienen, ist es constatirt, daß die ersten nach Europa
                              gekommenen Proben dieser Drogue bei chinesischen Seidefabrikanten und Seidefärbern gekauft worden
                              sind. Es liegen ferner mehrere Berichte vor, in welchen die Versicherung gegeben
                              wird, das Lo-Kao diene auch in der Seidenfärberei und zwar seyen die damit
                              gefärbten Seidenstoffe höher geschätzt als die mit der Rinde gefärbten; richtig sey
                              zwar, daß diese Substanz sich am besten auf ganz glatte Böden eigne, wie feine
                              Baumwollstoffe und grass cloth (eine Art Nesseltuch, das
                              aus Indien und China namentlich für Taschentücher in Europa importirt wird). Mag dem
                              seyn wie ihm will, man kennt das Auflösungsmittel nicht, dessen sich die Chinesen
                              für diese Substanz bedienen, indessen ist sicher, daß man in Europa, wenigstens in
                              Lyon, recht gut weiß mit Lo-Kao zu färben. Im Jahre 1853 schon, und zwar fast
                              ganz gleichzeitig, haben die HHrn. Michel und Guinon ein Verfahren aufgefunden, mittelst dessen man das
                              Lo-Kao-Grün auf Seide färben kann. Ersterer hat sein Verfahren
                              publicirt (s. unten), letzterer, der schon auf die Ausstellung von 1855 Proben von
                              Seidensammet damit gefärbt gesandt hat, hielt seinen Proceß bisher noch geheim. Das
                              Haus Guinon hatte im Jahr 1855–1856 1500, im Jahr
                              1856–57 aber mehr als 3500 Kilogramme Seide mit chinesischem Grün
                              gefärbt.
                           Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des
                                 Lo-Kao nach Persoz. – Das chinesische Grün stellt flache,
                              etwas gebogene Scheibchen von 1–4 Millimeter Dicke und verschiedener Größe
                              dar, je nachdem es durch den Transport mehr oder weniger zerbröckelt worden. Die
                              Farbe desselben ist blau mit gleichzeitig violettem und grünem Schimmer; auf Papier
                              gerieben gibt es einen meergrünen Strich. Es ist leicht zerbrechlich, aber dennoch
                              schwer zu pulvern, weil es sich an die Keule und an den Mörser fest anklebt.
                           Beim Einäschern liefert es einen zwischen 21,5 und 33 Proc. betragenden Rückstand.
                              Persoz fand:
                           
                              
                                   61,9
                                 Procent
                                 Farbstoff,
                                 
                              
                                   28,8
                                 „
                                 Asche,
                                 
                              
                                     9,3
                                 „
                                 Wasser.
                                 
                              
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 100,0Im techn.
                                          Laboratorium des Polytechnikums in Zürich wurde gefunden:49,0organische Substanz,42,1Asche,7,8Wasser.––––––––98,9Die blaßlederfarbene Asche enthielt 47 Proc.
                                          in Salzsäure unlösliche Bestandtheile, Sand und Thon etc. Bolley.
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                           Die Asche fand Prof. Bleekrode zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 Thon
                                 52,58
                                 
                              
                                 Kalk
                                 31,16
                                 
                              
                                 phosphorsaurem Kalk und Eisenoxyd
                                 12,45
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 2,58
                                 
                              
                                 phosphorsaurem Kali und Natron
                                 1,23
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Es gelang in keiner Weise, den Farbstoff durch Sublimation von den mineralischen
                              Beimengungen zu trennen.
                           Flüchtige Oele, Alkohol und Aether, Aceton, Schwefelkohlenstoff sind ohne Wirkung auf
                              das Lo-Kao.
                           In Wasser vertheilt sich dieser Farbstoff sehr fein, ohne sich darin völlig zu lösen;
                              es geht zwar durch das Filter eine grüne Flüssigkeit, ein größerer Theil des
                              Farbstoffs bleibt aber auf dem Filter zurück. Hat man eine concentrirte wässerige
                              Lösung oder vielmehr Suspension des Farbstoffes im destillirten Wasser und setzt
                              derselben noch Wasser zu, so fällt der Farbstoff bald nieder.
                           Mit saurer Zinnsalzlösung läßt sich eine Auflösung des Farbstoffes herstellen, die
                              sich einige Zeit lang hält, durch Hinzufügen von Wasser aber scheidet sich ein
                              flockiger Niederschlag von Ponceaufarbe daraus ab.
                           Die Lösungen der kohlensauren, borsauren und phosphorsauren Alkalien können ebenfalls
                              als Lösungsmittel für Lo-Kao dienen, sobald man aber die Auflösungen
                              verdünnt, fällt der Farbstoff wieder nieder und zwar in reinerem Zustande als er
                              sich vorher befand.
                           Bemerkenswerth ist ferner, daß eine Lösung oder Suspension des Lo-Kao in
                              Wasser sich bald wesentlich verändert, die Farbe desselben wird blutroth und es
                              zeigt sich ein etwas hepatischer Geruch; dieß ist ein bis jetzt noch nicht erklärter
                              Vorgang, ähnlich dem, welchen man bei andern Farbstofflösungen, z.B. der
                              Alkannalösung bemerkt. Das roth gewordene Lo-Kao löst sich in Lösung von
                              essigsaurem Kalk auf, während das grüne darin kaum löslich ist.
                           Essigsäure ist eines der Mittel, das die Löslichkeit des
                              Lo-Kao fördert, vielleicht durch Bildung essigsaurer Salze aus den Basen in
                              dem Lo-Kao. Verdünnte Salzsäure, Schwefelsäure und
                              Weinsäure können ähnlich wirken, doch darf ihre
                              Berührung mit dem Farbstoff nicht zu lange währen und die Lösung nicht gekocht
                              werden.
                           Wird das Lo-Kao mit verdünnter Salzsäure gekocht oder mit concentrirter in
                              gewöhnlicher Temperatur zusammengebracht, so ändert sich die Farbe bald, es scheidet
                              sich ein eisengrauer Niederschlag ab und bildet sich über demselben eine gelbe
                              Lösung, die gegen Säure ziemlich beständig ist, durch Alkalien aber in Orange übergeht. Der
                              eisengraue Niederschlag enthält sehr schwer entfernbare erdige Bestandtheile. Mit
                              Ammoniak wird er blau oder blauviolett, mit Schwefelammonium purpurroth, mit
                              Zinnchlorür lachsfarben, in kochender Seifelösung wird er mit grüner Farbe gelöst,
                              die durch Schwefelammonium in Roth, durch Zinnsalzlösung in Rosa umgewandelt
                              wird.
                           Die reducirend wirkenden Säuren, wie die phosphorige, arsenige, schweflige, die
                              Ameisensäure etc. wirken sehr schnell, theils schon bei gewöhnlicher Temperatur,
                              theils erhitzt auf das Lo-Kao, indem sie einen blutrothen Niederschlag in
                              dessen Lösung erzeugen. Schwefelwasserstoff färbt die Lösung blutroth, doch
                              verschwindet diese Farbe wieder, wenn nicht ein Ueberschuß von Schwefelwasserstoff
                              in der Lösung bleibt.
                           Oxydirend wirkende Säuren, wie Salpetersäure, Chlorsäure,
                              unterchlorige Säure, Chromsäure etc. wirken sämmtlich auf den Farbstoff verändernd
                              ein, derselbe durchläuft verschiedene Farbenänderungen und wird zuletzt rosenroth.
                              Dieses Roth ist jedoch nicht das nämliche, was durch reducirende Säuren
                              hervorgebracht wird, denn während sich aus diesem wieder ein Grün herstellen läßt,
                              ist dieß bei jenem nicht möglich. Die ätzenden Alkalien,
                              auch das Kalkwasser wirken zerstörend auf den grünen Farbstoff ein, er wird (durch
                              letzteres nur nach dem Kochen) in eine braune Lösung umgewandelt, mit der sich
                              Baumwolle, die mit Alaun- oder Zinnbeize versehen ist, leicht färben läßt.
                              Die Lösungen kohlensaurer Alkalien wirken in höherer Temperatur eben so, deßgleichen
                              die Schwefelalkalien. Das Schwefelammonium jedoch ist eines der kräftigsten
                              Reductions- und Lösungsmittel und kann deßhalb als Reagens sowohl auf
                              Lo-Kao als in der Färberei dienen.
                           Zink- und Magnesiasalze
                              wandeln die grüne Lösung des Lo-Kao rasch in Blau um. Färbt man in einer mit
                              Zinkchlorid versetzten Lo-Kao-Lösung Baumwolle, so wird diese blau,
                              beinahe wie Küpenblau.
                           Alaunlösung fördert die Löslichkeit des Lo-Kao,
                              die Lösung geht dabei in Blau über.
                           Eigenthümlich ist das Verhalten des Lo-Kao gegen Zinnchlorid und Zinnchlorür
                              und andere Metallsalze, die durch Schwefelwasserstoff zerlegt werden. Erzeugt man
                              den oben angegebenen rothen Niederschlag durch Verdünnen einer sauren Lösung von
                              Lo-Kao und Zinnsalz, vertheilt ihn, nachdem er gut ausgewaschen worden, in
                              Wasser und leitet Schwefelwasserstoff ein, so sollte man erwarten, der Farbstoff
                              löse sich mit der durch Schwefelwasserstoff bewirkten Farbenänderung und es bilde
                              sich Schwefelzinn; dieß ist aber keineswegs der Fall, die Flüssigkeit bleibt farblos, der
                              Niederschlag aber wird nur orangefarben ohne daß sich Schwefelzinn bildet.
                           Anwendungen. – Persoz
                              erklärt sich consequent für die Annahme, das Färben mit Lo-Kao werde am
                              besten auf gebeizten Zeugen bewirkt; das rohe Lo-Kao färbe zwar vermöge
                              seines eigenen Gehaltes an erdigen Bestandtheilen auch auf ungeheizten Stellen, das
                              gereinigte aber, welches für den Färber immerhin den Vorzug verdiene, färbe nur auf
                              gebeizten Fasern.
                           Reinigung des Lo-Kao. – Diese läßt sich auf
                              zweierlei Art bewerkstelligen. Man macht eine concentrirte Lösung davon, entweder in
                              Auflösung von kohlensaurem Kali oder in Essigsäure; durch Verdünnen der einen wie
                              der andern fällt bald der Farbstoff (freilich nicht vollkommen frei von erdigen
                              Theilen) in lockeren Flocken nieder, die zum Färben dienen können.
                           Eigentliche Farblacke aus chinesischem Grün. – Ein
                              Alaunerdelack kann auf dreierlei Weise erzeugt
                              werden; man macht eine Lösung von Lo-Kao mit Alaunlösung und fällt den grünen
                              Lack daraus durch Sodalösung, oder man stellt eine Lösung von Lo-Kao in einem
                              kohlensauren Alkali dar und fällt mit Alaunlösung, oder man mischt zu einer
                              wässerigen Lo-Kao-Lösung (Suspension) Lösung von basischem Alaun und
                              kocht diese. Der Niederschlag wird gesammelt und feucht aufbewahrt, er kann zum
                              Färben und Drucken dienen.
                           Zinnlack. Wenn in eine wässerige oder essigsaure Lösung
                              von Lo-Kao eine Lösung von Zinnsalz und Salmiak gegossen und sodann etwas
                              essigsaures Natron zugesetzt wird, so bildet sich ein schöner blauer
                              Niederschlag.
                           Kalklack. Wird eine einige Zeit stehen gelassene oder
                              eine mit einer reducirenden Säure behandelte Lösung des Lo-Kao, in welcher
                              die oben besprochene Farbenänderung vor sich ging, mit einer Lösung von essigsaurem
                              Kalk versetzt, so erhält man einen Niederschlag von tiefblauer, etwas ins Violette
                              ziehenden Farbe.
                           Die genannten drei Lacke können Anwendung in Färberei oder Zeugdruck finden.
                           
                        
                           Färben mit Lo-Kao.
                           Seidefärben. – Das Verfahren des Lyoner Färbers
                              Michel besteht darin, daß durch eine mit etwas Alaun
                              versetzte Lösung des Lo-Kao, die etwas erwärmt worden, die entschälte Seide
                              mehreremale hindurchgezogen wird. Es kann dazu sowohl das rohe Lo-Kao als das
                              gereinigte oder dessen Alaunerdelack dienen.
                           
                           Ein anderes Verfahren, das Persoz lobt, obschon er
                              dasjenige von Michel für ganz tadelfrei hält, ist
                              folgendes: Man führt die zu färbende Seide durch ein Bad aus Lo-Kao und
                              Zinnsalz mit etwas Säurezusatz bei gewöhnlicher Temperatur. Dieselbe färbt sich bloß
                              lachsfarben, nach dem Herausnehmen zieht man sie noch durch ein mit Ammoniak oder
                              Potaschelösung versetztes alkalisches Bad, oder durch ein solches, worin etwas
                              essigsaurer Kalk mit Ueberschuß von etwas Kalkwasser sich gelöst befindet. Hierdurch
                              geht das Blaßroth in Purpurroth und zuletzt in Blau über. Nach dem kalten Waschen
                              und Ausringen passirt man noch durch eine Abkochung von persischen Beeren, um ein
                              harmonisches Grün herzustellen. Eigenthümlich ist bei diesem Verfahren, daß wenn das
                              Blau ins Violette sticht, alsdann das Grün bei künstlicher Beleuchtung nicht mehr
                              brillant erscheint. Auch kann man Seide alaunen und sie durch eine
                              Lo-Kao-Lösung in Schwefelammonium hindurchnehmen, nach jedem Bade aber
                              die Seide an der Luft hängen lassen, bis das Roth in Grün übergegangen ist.
                           Endlich kann man das Lo-Kao in zinnsaurem Natron lösen und die Seide darin
                              färben, nach dem Herausnehmen aus dem Bade ist sie ziemlich satt blaugrün
                              geworden.
                           Baumwolle. – Man macht eine Suspension von
                              Lo-Kao in Wasser, dem man alkalische Salze, als kohlensaures Natron, oder
                              etwas Alaun oder Magnesia oder endlich Zinksalzlösung zugesetzt hat. Man erwärmt auf
                              40–60° C. und erhält bei Zusatz eines Zinksalzes eine mehr blaue, bei
                              Zusatz der kohlensauren oder borsauren Alkalien eine mehr grünliche Nüance. Das
                              beste Verfahren möchte aber das folgende seyn: Man löst in 10 Litern Wasser
                              50–60 Gramme weiße Seife und vertheilt darin eine passende Menge gereinigtes
                              oder aufgequollenes Lo-Kao. Man erwärmt das Bad und es reicht einfaches
                              Eintauchen hin, um die Baumwolle sofort zu färben.
                           Zum Bedrucken hat man nur das Lo-Kao oder den
                              Alaunlack desselben in Gummischleim zu vertheilen und etwas essigsaure Alaunerde
                              oder Alaun hinzuzufügen. Es können aber letztere auch wegbleiben.
                           Wolle. – Die Lo-Kao-Färberei auf
                              Wolle ist schwieriger als die beiden vorangehenden; mit dem folgenden Verfahren geht
                              sie indessen leicht von statten. Man vertheilt den oben angegebenen Zinnlack in
                              Wasser, erwärmt das Bad unter allmählichem Hinzufügen einiger Tropfen Kleesäure und
                              es färbt sich auf diese Weise die hineingetauchte Wolle ganz vollkommen.
                           Die Versuche von Hrn. Michel über das Vermögen der
                              europäischen Rhamnusarten eine dem Lo-Kao analoge Farbe zu liefern, sind zwar
                              bis jetzt nicht von
                              einem Erfolg gekrönt gewesen, mit dem die Sache als abgeschlossen betrachtet werden
                              kann, aber sie erheben doch selbst nach dem Urtheil von Persoz die Angelegenheit über alle Zweifel, die hinsichtlich des
                              Verfahrens der Chinesen walten mochten. Es ist keine Rede mehr davon, daß die
                              chinesischen grüngefärbten Baumwollstoffe auf der einen Seite mit einem Anstrich
                              versehen seyen. Hr. Michel spricht die Hoffnung aus, daß
                              mit der Rinde von vornehmlich drei inländischen Rhamnusarten, dem Rhamnus catharticus, der das längst bekannte Blattgrün
                              liefert, dem Rhamnus infectorius, von dem die
                              Avignonkörner kommen, und dem Rhamnus saxatilis von
                              welchem die eigentlichen persischen Beeren abstammen, also drei Specien stachlicher Rhamnussträucher, wohl der beste Erfolg zu
                              erwarten sey. Er selbst färbte ganz ähnlich, wie von Helot über die chinesische Färberei berichtet worden, durch häufiges
                              Passiren durch das Bad und Auslegen während der Nacht und des Frühmorgens,
                              Calicostücke, die zwar sämmtlich einen graubräunlichen Stich hatten, an welchem aber
                              deutlich eine rechte Seite und eine Kehrseite zu erkennen war. Die Rhamnusarten,
                              deren er sich bediente, sind Rhamnus alaternus, Rhamnus
                                 frangula. (Faulbaum oder Pulverholz) und Rhamnus
                                 catharticus. Der graubraune Schimmer ließ sich von seinen sämmtlichen
                              Mustern durch eine Nachbehandlung, namentlich mit heißer Alaunlösung, wegziehen.
                              Diese entzieht den gelben und falben Farbenton, aber auch etwas vom Grün, letzteres
                              schlägt sich aber wieder auf die Faser nieder, wenn man diese bis zum Erkalten in
                              dem Bade läßt.