| Titel: | Der magneto-elektrische Zeiger-Telegraph von Siemens und Halske. | 
| Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LXXXVIII., S. 377 | 
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                        LXXXVIII.
                        Der magneto-elektrische
                           Zeiger-Telegraph von Siemens und Halske.In der Wochenversammlung des österreichischen Ingenieur-Vereins am 20.
                                 November v. J. zeigte Hr. Dr. Steinert,
                                 Telegraphen-Ingenieur und Vertreter der Telegraphen-Bauanstalt von
                                 Siemens und Halske in
                                 Berlin, die hier kurz beschriebenen neuesten
                                    magnetisch-elektrischen Zeiger-Apparate vor und erklärte
                                 die Einrichtung dieser Apparate, welche sich vor anderen durch Compendiosität,
                                 dann durch Sicherheit und Schnelligkeit der Wirkung auszeichnen, auf Eisenbahnen
                                 besonders vortheilhaft anwendbar sind, und allein bei den bayerischen
                                 Eisenbahnen schon in mehr als 300 Exemplaren im Betriebe stehen.
                           
                        Aus der Zeitschrift des österreichischen
                                 Ingenieur-Vereins, 1858 S. 219.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Siemens' magneto-elektrischer
                           Zeiger-Telegraph.
                        
                     
                        
                           Die Polenden eines in seiner Hülle drehbaren Elektromagnetes A (Fig.
                                 35) befinden sich zwischen den entgegengesetzten Polen zweier Stahlmagnete
                              B, B'. Die auf einem Schlitten C angebrachten Magnete werden so eingestellt, daß beide
                              eine gleich starke Anziehung auf den als Anker dienenden Elektromagnet ausüben. Am
                              drehbaren Magnete ist ein Arm D befestigt, welcher in
                              zwei Arme d, d' mit den Hakenfedern e, e' ausläuft. Diese Haken greifen in die Zähne eines
                              kleinen Rades f, welches durch jede hin- oder
                              rückgehende Bewegung des Hebels D um einen halben Zahn
                              gedreht wird.
                           Die Haken haben über den Eingriff hinaus einen vom Rade abwärts gebogenen Ansatz,
                              gegen welchen eine Schraube g, g' stößt, wenn die
                              Bewegung des Armes durch Anschlag an die Stellschrauben h,
                                 h' ihr Ende erreicht. Hiedurch wird das Fortschleudern des Rades nach
                              Vollendung der vorgeschriebenen Drehung verhindert, wie aus der
                              Special-Zeichnung des Radeingriffs (Fig. 36) im dreifachen
                              Maaßstabe ersichtlich.
                           Die Achse des Rades trägt den Zeiger.
                           Wenn nun die Leitung und die Windungen des Magnets von einem Strome durchlaufen
                              werden, so werden die Pole des Elektromagnets von einem Stahlmagnete angezogen und
                              von dem andern abgestoßen und das Rad f dadurch um einen
                              Zahn gedreht. Folgt darauf ein gleich starker Strom von entgegengesetzter Richtung,
                              so kehrt sich Anzug und Abstoßung der Magnete um und es folgt eine zweite
                              Fortbewegung des Zeigers etc.
                           Die zur Fortbewegung des Zeigers nothwendigen gleichen und entgegengesetzten Ströme
                              werden durch einen Magnet-Inductor erzeugt, welcher in Fig. 37 und 38 besonders
                              dargestellt ist, und dessen Construction wesentlich von bisher bekannten
                              Constructionen abweicht.
                           Ein Fig. 38 im
                              Querschnitt und Fig. 37 im Aufrisse sichtbarer Eisencylinder E ist in der im Durchschnitt angegebenen Weise der Länge nach mit zwei
                              einander gegenüberstehenden 7/16 des Durchmessers tiefen und etwa 2/3 des
                              Durchmessers breiten Einschnitten versehen, wodurch er ungefähr die Form eines
                              Galvanometer-Rahmens erhält.
                           Diese, der Länge nach um den so gebildeten Eisenrahmen herumlaufende Nuth ist mit
                              übersponnenem Kupferdrahte derartig umwunden, daß die cylindrische Form der
                              Eisenstange durch die Windungen wieder ausgefüllt wird.
                           Auf den Enden des so bewickelten Eisencylinders werden die ausgedrehten Büchsen F, F' mit den Achsen f, f'
                              befestigt, welche die Lagerzapfen des Cylinders bilden.
                           Derselbe dreht sich zwischen den Polen mehrerer mit geringen Zwischenräumen auf
                              einander gelegter kleiner Stahlmagnete G, G'.
                           Diese Stahlmagnete bestehen aus magnetisirten Stahlstäben, welche da, wo sie dem
                              Cylinder E gegenüber stehen, einen kreissegmentförmigen
                              Ausschnitt haben, welcher von dem Cylinder mit geringem Zwischenraum ausgefüllt
                              wird. Die hinteren Enden der Magnetstäbe sind durch weiches Eisen hufeisenförmig
                              verbunden.
                           Der Cylinder E dient mithin sämmtlichen Magneten als
                              gemeinschaftlicher Schließungs-Anker. Wird derselbe nun umgedreht, so kehrt
                              sich bei jeder halben Umdrehung der Magnetismus im innern flachen Eisenkerne der
                              Spirale um und es entsteht jedesmal ein der Größe des durch ihn gebundenen
                              Magnetismus proportionaler Strom in den zu einem leitenden Kreise geschlossenen
                              Windungen.
                           Die auf einander folgenden Ströme haben wechselnde Richtung und genau gleichen
                              magnetischen Werth.
                           Die Drehung des Cylinders wird durch das Triebrad T
                              bewirkt, welches in das Rad L greift. An der Achse
                              dieses Rades ist die Kurbel H befindlich, welche sich
                              auf dem mit den Buchstaben und Ziffern des Telegraphen beschriebenen Zifferblatt I dreht.
                           Die Handhabe der Kurbel H kann durch einen leichten
                              Handdruck niedergedrückt werden. An ihrer untern Fläche ist eine federnde Nase
                              befestiget, welche dann in dem nächsten der Einschnitte i,
                                 i', welche am Rande des Zifferblattes angebracht sind, einfällt und das Rad
                              L und den Cylinder E
                              arretirt.
                           
                           Die Enden des Umwindungsdrahtes communiciren mit dem einen Drahtende des
                              Umwindungsdrahtes des zugehörigen Telegraphen (dessen anderes Ende mit der Leitung
                              verbunden ist) und der Erde.
                           Die so eingeschalteten Telegraphen beider Stationen werden mithin bei jeder halben
                              Umdrehung des Cylinders E um einen Zahn vorrücken. Damit
                              der Umwindungsdraht des Inductors nicht unnöthig von dem ankommenden Strome
                              durchlaufen zu werden braucht, ist an dem untern Ende des Cylinders E ein Contact K angebracht,
                              durch welchen der Inductor in sich geschlossen wird, wenn der Cylinder E in der Ruhestellung sich befindet, in welcher Lage
                              während der Drehung kein Strom in den Windungen circulirt.
                           Die Vortheile des beschriebenen Magnetinductors vor den bisher bekannten bestehen in
                              Folgendem:
                           1) Bei den bekannten Magnetinductoren entstehen während einer Umdrehung vier
                              abgesonderte Ströme – einer bei Entfernung eines Eisenpoles von einem
                              Magnetpole, ein zweiter gleichgerichteter bei Annäherung an den andern Pol des
                              Magnetes, ein dritter entgegengesetzter bei Entfernung von diesem und ein vierter
                              ebenfalls entgegengesetzter bei Annäherung an den ersten Magnetpol.
                           Stöhrer machte die beiden bei Annäherung und Entfernung
                              von einem Pole entstehenden Ströme durch einen Commutator gleichgerichtet und
                              benutzte sie auf diese Weise zur Magnetisirung der Elektromagnete.
                           Bei dem beschriebenen Inductor kommen nur zwei kurze, aber kräftige Strömungen vor
                              und der Commutator fällt ganz fort.
                           2) Die Trägheit des rotirenden Cylinders ist bei gleicher Stärke des inducirten
                              Stromes kaum 1/25 so groß wie bei Stöhrer'schen, Sinstedt'schen und anderen bisher gebräuchlichen
                              Constructionen. Man kann daher ohne alle Beschwerde die Rotation des Cylinders in
                              der beschriebenen Weise durch die Hand bewirken, oder, wenn man ein Laufwerk und
                              Arretirung durch Tasten vorzieht, ohne besondere Beihülfe die Rotation durch das
                              Laufwerk allein in Gang setzen.
                           3) Man kann anstatt zweier großer eine unbegränzte Zahl kleiner Magnete verwenden. Da
                              die Tragkräfte der Magnete sich wie die Wurzeln aus ihrem Gewichte verhalten, so
                              erhält man von demselben Stahlgewichte bei dem beschriebenen Inductor
                              unverhältnißmäßig kräftigere Wirkungen. Man spart mithin bei dieser Construction
                              nicht allein wesentlich am Stahlgewichte, sondern kann durch sie die Stärke der
                              elektromagnetischen Ströme unbegränzt und ohne unverhältnißmäßig größern
                              Kostenaufwand vergrößern, was bei den anderen Constructionen nicht der Fall ist.
                           
                        
                     
                  
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