| Titel: | Ueber Wolfram-Stahl. | 
| Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XLII., S. 179 | 
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                        XLII.
                        Ueber Wolfram-Stahl.
                        Ueber den Wolfram-Stahl.
                        
                     
                        
                           Ueber den Wolfram-StahlMan s. die Notizen über den Wolfram-Stahl im polytechn. Journal Bd. CL. S. 232 und 315. hielt Hr. F. X. Wurm
                              in der Wochenversammlung des nieder-österreichischen Gewerbevereins vom 4.
                              März d. J. folgenden Vortrag, welchen wir den Mittheilungen dieses
                                 Vereins (1859, S. 141) entnehmen:
                           
                              „Hr. Franz Mayr in
                                 Leoben erzeugt auf seinem Gußstahlwerke zu Kapfenberg in Steiermark Gußstahl in
                                 solchen Dimensionen, Formen und vorzüglicher Qualität, welche früher nur von
                                 Hrn. Krupp in Essen
                                 geliefert werden konnten. Krummzapfenwellen für Münz-Justirmaschinen und
                                 Locomotiven, Radachsen für Eisenbahnwaggons, Kesselbleche, Winkelschienen und
                                 Stangen in runder, flacher und viereckiger Form von verschiedenem Querschnitte
                                 werden durch Hrn. Mayr
                                 schon seit mehr als einem Jahre erzeugt.
                              
                           
                              Was von diesen Artikeln besonders hervorgehoben zu werden verdient, ist dessen
                                 unübertroffener Wolfram-Stahl für Werkzeuge,
                                 welcher sich durch Feinheit seiner krystallinischen Textur und besondere Härte
                                 auszeichnet, so zwar, daß die seit mehreren Monaten damit gemachten Versuche
                                 dargethan haben, daß daraus erzeugte Fräsen zum Schneiden der Zahnräder, Bohrer,
                                 Meißel, Durchschläge, Drehwerkzeuge, Metallhobelmesser etc. gegen den sonst als
                                 besterkannten Hundsman-Stahl die vierfache Dauer der Schneidhältigkeit
                                 erwiesen haben, daher dieser Stahl Jedermann zu diesem Behufe bestens empfohlen
                                 werden kann.
                              
                           
                              Das Wolframmetall hat nahe das spec. Gewicht des Goldes, nämlich 17,6, und diese
                                 Dichte wird an dem damit legirten Gußstahl durch das veränderte Korn auf der
                                 Bruchfläche und den erhöhten Klang des Stahles wahrnehmbar.
                              
                           
                              Bezüglich der Härte steht das Wolframmetall dem härtesten Naturkörper nahe, und
                                 theilt diese Eigenschaft auch dem Gußstahle mit, ohne beim Zusatz von 2–5
                                 Proc. dessen Zähigkeit und Schweißbarkeit zu beeinträchtigen.
                              
                           
                              Die absolute Festigkeit des Wolfram-Stahles übersteigt nach den
                                 angestellten Versuchen alle bisher bekannten Stahlsorten; denn fünfzehn
                                 hintereinander gemachte Versuche mit der Zerreißmaschine am k. k.
                                 polytechnischen Institute in Wien zeigten die höchste 1393 Ctr. und die
                                 niedrigste 1015 Ctr., im Durchschnitte genommen 1158 13/15 Ctr.
                                 Widerstandsvermögen auf einen Quadratzoll Querschnitt; dieser Stahl übertrifft
                                 daher die Leistungen aller bisher versuchten Stahlsorten.
                              
                           
                              Das Wolframerz, aus welchem das Wolframmetall gewonnen wird, kommt gewöhnlich in
                                 Begleitung des Zinnsteines vor, und hat wahrscheinlich bisher deßhalb keine
                                 technische Verwendung gefunden, weil man es nur als ein mineralogisches Curiosum
                                 angesehen hat.
                              
                           
                              Neuere Forschungen haben aber ergeben, daß die Technik damit auf eine unabsehbare
                                 Reihe von Jahren versorgt werden kann. Eine der reichsten Fundgruben besitzt
                                 unsere Monarchie in den Zinngruben von Zinnwald in Böhmen, wo das Wolframerz
                                 seit beinahe einem halben Jahrtausend als werthlos auf die Halden gestürzt
                                 worden ist.
                              
                           
                              Dem Hrn. Franz Mayr in
                                 Leoben gebührt das große Verdienst, der Erste gewesen zu seyn, der dieses neue,
                                 bisher unbenützte Metall in der Gußstahl-Fabrication im Großen in
                                 Anwendung brachte, indem er wolframhaltigen Gußstahl in den verschiedensten
                                 Härtegraden und beliebigen Dimensionen in den Handel brachte.
                              
                           
                              Der Preis dieses Stahles stellt sich, ungeachtet seiner bedeutenden Güte,
                                 niedriger als der englische Gußstahl, wobei vorzüglich die Gleichartigkeit
                                 seiner krystallinischen Textur hervorzuheben ist.
                              
                           
                              Obige Eigenschaften der Dichte, Härte und Festigkeit des Wolframmetalles theilen
                                 sich auch dem Roheisen mit, welche Legirung sich
                                 vorzüglich zu Hartwalzen empfehlen, und vielleicht auch in Kürze die
                                 Aufmerksamkeit unserer Artillerie, behufs der Erzeugung von gezogenen Kanonen,
                                 aus sich ziehen dürfte.“