| Titel: | Ueber einige Eigenschaften der Ackerkrume und über das Verhalten des Chilisalpeters, Kochsalzes und schwefelsauren Ammoniaks zu derselben, von J. v. Liebig. | 
| Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LII., S. 220 | 
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                        LII.
                        Ueber einige Eigenschaften der Ackerkrume und
                           über das Verhalten des Chilisalpeters, Kochsalzes und schwefelsauren Ammoniaks zu
                           derselben, von J. v.
                              Liebig.
                        Auszug zweier Abhandlungen in den Annalen der Chemie u.
                                 Pharmacie, Bd. CVI S. 109–144 und 185–202; durch
                           das chemische
                                 Centralblatt, 1858, Nr. 40.
                        v. Liebig, über einige Eigenschaften der Ackerkrume und über das
                           Verhalten des Chilisalpeters etc. zu derselben.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich hat Thomas Way 1850 eine Reihe von Versuchen
                              veröffentlicht, aus denen hervorgeht, daß gewisse lösliche Bestandtheile des
                              Düngers, wenn sie mit Ackererde in Berührung gebracht werden, vom Boden absorbirt
                              und der Lösung entzogen werden. H. S. Thompson und Huxtable hatten schon früher gefunden, daß bei der
                              Filtration von Mistjauche durch Lehmboden diese ihre Farbe und ihren Geruch
                              verliert, und Thompson hatte bereits nachgewiesen, daß
                              auch das gelöste Ammoniak vom Boden aufgenommen und somit dem Wasser entzogen werde.
                              Way zeigte ferner, daß Ackererde, welche mit den Lösungen von caustischem,
                              kohlensaurem, schwefelsaurem, salpetersaurem, salzsaurem Ammoniak in Berührung
                              gebracht wird, das Ammoniak zurückhält und daß die Säuren dabei in Lösung bleiben,
                              und dehnte diese Versuche weiter aus auf das Verhalten von Kali-,
                              Natron-, Kalk- und Talkerdesalzen, von phosphorsaurem Natron, von der
                              Lösung des Guano in verdünnter Schwefelsäure, von gefaultem Urin, Wasser der
                              Londoner Abzugscanäle, Flachsröstewässern, und zeigte, daß von thonigem Boden das
                              Kali, das Ammoniak und die Phosphorsäure gebunden werden, während das Natron weniger
                              vom Boden aufgenommen wird.
                           Way schrieb in Folge der Resultate dieser Versuche diese
                              absorbirende Kraft dem Gehalte der Ackererden an Thon (Thonsilicat), also einer rein
                              chemischen Wirkung des Bodens zu.
                           Liebig weist nun von vornherein darauf hin, daß die von
                              Way entdeckten Thatsachen die bisherigen Ansichten
                              der Chemiker von dem Ernährungsprocesse der Pflanzen völlig umgestalten müssen,
                              obwohl, was die
                              Erklärung derselben anbetrifft, Liebig jener Ansicht
                              Way's nicht unbedingt
                              beitritt, sondern gerade im Gegentheile darlegt, daß hier außer den chemischen noch
                              andere Wirkungen statthaben müssen, deren Ursachen zur Zeit noch unbekannt
                              sind.Wir verweisen auf die aus der neuen Reihe von Liebig's „Chemischen
                                       Briefen“ mitgetheilte Abhandlung „über das
                                       Verhalten der Ackererde zu den Hauptnahrungsstoffen unserer
                                       Culturgewächse“ im polytechnischen Journal Bd. CXLVII S. 376. A. d. Red.
                              
                           Nach der bisherigen Ansicht der Chemiker und Physiologen entnehmen die Pflanzen ihre
                              Nahrung durch die Wurzeln der im Boden befindlichen wässerigen Lösung von
                              Bodenbestandtheilen. Das Kohlensäure enthaltende Regenwasser, das in den Boden
                              eindringt, löst Kieselsäure, Kali, Kalk, Bittererde, Eisenoxydul auf, und diese
                              Lösung saugt die Pflanze auf, die Verdunstung des Wassers durch die Blätter
                              begünstigt oder bedingt die Aufsaugung, und die Pflanze ist nach jener Ansicht also
                              einem porösen Körper, einem Schwamme vergleichbar, dessen unterer im Boden
                              befindlicher Theil das Wasser wieder aufsaugt, das in dem oberen in die Luft
                              ragenden Theile verdunstet. Von diesem Processe erscheint dann die Menge der
                              zugeführten Mineralbestandtheile abhängig.
                           Wenn sich nun, sagt der Verf., nachweisen läßt, daß das Regenwasser für sich und
                              unter Mitwirkung der Kohlensäure nicht im Stande ist, die der Pflanze zur Nahrung
                              dienenden Mineralbestandtheile aus der Ackerkrume in hinreichender Menge zu lösen,
                              um der entstandenen Lösung einen besonderen Antheil an der Ernährung zuschreiben zu
                              können, so muß jene Ansicht aufgegeben werden. Man ist genöthigt, den Wurzeln selbst
                              eine mitwirkende Thätigkeit zuzuschreiben, welche dem die Wurzel umgebenden Wasser
                              erst das Vermögen, gewisse Mineralbestandtheile zu lösen, ertheilt. Die Quantität
                              der von einer Pflanze aufgenommenen Mineralbestandtheile muß dann im Verhältnisse
                              stehen zur Wurzeloberfläche und zu der Summe der wirksamen Mineralbestandtheile,
                              welche in dem Erdreiche enthalten sind, das die Wurzeln berühren.
                           Zur Beantwortung der hiemit angeregten Fragen hat v. Liebig Versuche angestellt mit Lösungen von kieselsaurem Kali und anderen
                              Kalisalzen, mit Lösungen von phosphorsauren Erden, und ihr Verhalten zu einer großen
                              Anzahl der verschiedensten Bodenarten untersucht.
                           Die Untersuchungsmethode dabei ist folgende. Ein Stechheber von 300
                              Kubik.-Centim. Inhalt wird mit der Erde gefüllt. Man läßt durch dieselbe das
                              doppelte Volum der Lösung langsam durchfiltriren. Man kennt den Gehalt der Lösung an
                              Substanz vor der Berührung mit der Erde und bestimmt denselben in dem
                              durchfiltrirten Wasser.
                           
                           Der Verf. beweist nun durch die durch den Versuch ermittelten Zahlen, daß
                           1) der Lösung von schwefelsaurem Kali,
                           2) der von salpetersaurem Kali,
                           3) der von Chlorkalium
                           das Kali entzogen werde, wenn die Lösung durch verschiedene
                              thonreiche, kalkreiche Boden floß, und zwar ist diese Entziehung vollständig oder
                              doch fast vollständig, wenn man die Flüssigkeit zweimal durch den Boden filtriren
                              ließ. Das Chlor des Chlorkaliums dagegen wurde nicht zurückgehalten.
                           Was Natronsalze anbetrifft, so wurde das Natron von keiner Erde vollständig
                              zurückgehalten, die Lösungen verloren übrigens an Natron. Die Ackererden haben also
                              gegenüber den Natronsalzen und Kalisalzen ein geringeres Vermögen Natron, als Kali
                              zu absorbiren und in jene in Wasser unlösliche Form zu bringen.
                           Beim Kochsalz findet man den ganzen Chlorgehalt wie beim Chlorkalium in der Lösung
                              wieder, vom Natron wird ein Theil, und somit weit weniger, als vom Kali des
                              Chlorkaliums zurückgehalten. Dabei aber zeigte sich, daß das Kochsalz andere Salze
                              löslich macht oder sich mit anderen Salzen umsetzt.
                           Wenn man Lehmboden von Bogenhausen, welcher nur eine Spur Kalk an reines Wasser
                              abgab, so daß oxalsaures Ammoniak erst nach längerem Stehen einen sichtbaren
                              Niederschlag damit gab, mit einer Lösung von Kochsalz in Berührung ließ, welche 3
                              Grm. Kochsalz im Liter enthielt, und abfiltrirte, so zeigte sich im Filtrate ein
                              sehr beträchtlicher Gehalt von Kalk bei Abwesenheit aller Schwefelsäure.
                           Es wurden endlich Proben von Ackererde mit einer Mischung von Mistjauche und Wasser
                              behandelt, welche außer kohlensaurem Ammoniak, Kali- und Natronsalze
                              enthielt. Durch die Analyse der Mistjauche war vorher der Gehalt an beiden letzteren
                              ermittelt worden; sie enthielt in 125 Kubik.-Cent. 86,7 Milligr. Kali und
                              16,8 Milligr. Natron. Man ließ die Mistjauche durch 300 Kubik.-Centim. Erde
                              durchfiltriren und verwandte 125 Kubik.-Centim. zu einer neuen Analyse; der
                              Gehalt an Kali in diesem Filtrat war bis auf 5,6 Milligr. Kali vermindert, es waren
                              mithin 81,1 Milligr. Kali absorbirt; von den 16,8 Milligr. Natron waren nur 5
                              Milligr. absorbirt worden. Das kohlensaure Ammoniak der Mistjauche war von der Erde
                              vollständig zurückgehalten worden, so daß sich in dem Filtrate keine Spur mehr davon
                              nachweisen ließ.
                           Hieraus ergibt sich nun, daß das von Way entdeckte
                              Verhalten der Ackererden gegen Kalisalze eine allgemeine Eigenschaft der Ackerkrume
                              ist. Es geht daraus
                              der Satz hervor, daß die durch den Dünger den Pflanzen gebotenen löslichen
                              Bestandtheile nicht in der Form, wie sie im Dünger enthalten sind, von der Pflanze
                              aufgenommen werden können, sondern daß sie durch den Boden zuerst eine Veränderung
                              erfahren, der Boden oder gewisse Bestandtheile desselben bindet die löslichen Stoffe
                              erst, und dabei müssen sie natürlich ihre Verbreitbarkeit durch den Boden
                              verlieren.
                           Way schloß in der That schon aus seinen Versuchen, daß es
                              zur Ernährung der Pflanzen durch ihnen zugeführten Dünger erforderlich sey den
                              Dünger auf dem Felde gehörig zu verbreiten, und er erkannte die bindende Kraft des
                              Bodens als ein Hinderniß der Verbreitung der Mineralbestandtheile des Düngers durch
                              die Wasser des Bodens.
                           Mag nun dieser Schluß Way's in
                              Bezug auf die durch Düngung einem Felde beigebrachten löslichen Mineralbestandtheile
                              unbedingt gültig seyn, so lassen seine Versuche hinsichtlich der wildwachsenden
                              Gewächse und Wasserpflanzen eine Lücke, denn die Wurzeln von frei im Wasser
                              schwimmenden Pflanzen empfangen ihre Mineralbestandtheile aus einer Lösung. Die
                              wildwachsenden Pflanzen empfangen die Alkalien, die sich in ihrer Asche finden, von
                              Silicaten, die Phosphorsäure in der Form von phosphorsaurem Kalk oder phosphorsaurer
                              Bittererde.
                           Der Verf. hat deßhalb zunächst das Verhalten der kieselsauren Alkalien und das einer
                              Auflösung der genannten phosphorsauren alkalischen Erden in kohlensaurem Wasser zu
                              verschiedenen Ackererden untersucht, und gefunden, daß sich das kieselsaure Kali
                              vollkommen gleich allen Kalisalzen verhält.
                           Die vom Verf. in Zahlen dargestellten Resultate beweisen ferner, daß weder der
                              Thongehalt, noch der Kaltgehalt des Bodens einen bemerklichen Unterschied in der
                              Absorptionsfähigkeit desselben für Kali bedingt, diese Eigenschaft gehört dem
                              Thonsilicate wie dem kohlensauren Kalke von einer gewissen physikalischen
                              Beschaffenheit an. Vom kohlensauren Kalke ist es auch schon längst bekannt, daß er
                              durch Wasserglaslösung erhärtet, indem er kieselsaures Kali bindet, und v. Liebig hat gefunden, daß reines Thonerdehydrat
                              kieselsaures Kali seinen Lösungen in größter Menge entzieht, so daß diese ihre
                              alkalische Reaction völlig verlieren.
                           Die Ackererde verhält sich gegen die Kieselsäure, welche mit dem Alkali in der Lösung
                              verbunden ist, nicht auf gleiche Weise, wie gegen das Alkali, es wird nicht eine dem
                              Kali entsprechende Menge Kieselsäure der Flüssigkeit entzogen und unlöslich
                              gemacht.
                           Ganz besonders springen unter den von v. Liebig
                              angestellten Versuchen die folgenden ins Auge, weil sie uns eine Bedeutung des Humus im Boden erkennen
                              lassen, von der man bisher wohl keine Ahnung gehabt hat.
                           Es wurden nämlich Erden von größerem oder geringerem Humusgehalte und humusarme mit
                              Wasserglaslösung behandelt. Dabei stellte sich heraus, daß eine humusreiche Erde,
                              eine Walderde, die beim Glühen 30,9 Proc. Verlust erlitt, vom Kali der
                              Wasserglaslösung 3/4 und fast gar keine Kieselsäure absorbirte. Das Verhältniß des
                              durch den Boden fließenden Alkalis zum Boden war dabei ein solches, daß die
                              durchgelaufene Flüssigkeit braun war und noch sauer reagirte.
                           Die humusarmen Erden dagegen nahmen Kieselsäure und das Alkali auf, und zwar hielt
                              eine ungarische Erde, die beim Glühen nur 9,84 Verlust an verbrennlichen organischen
                              Stoffen erlitt, alles Kali und alle Kieselsäure zurück. Die in der Ackererde
                              vorhandenen organischen Substanzen oder der Humus der Ackererde besitzen den
                              Charakter einer Säure, oder die Eigenschaft, sich mit alkalischen Basen zu
                              verbinden, in höherem Grade, als die Kieselsäure, und heben dadurch, wie es scheint,
                              das Vermögen derselben bis zu einer gewissen Gränze auf, unauflösliche Verbindungen
                              mit den Kalk- und Thonerdesilicaten der Ackererde einzugehen. Die chemische
                              Natur des Bodens spielt indessen immer eine bedeutende Rolle hierbei.
                           Zwei Gartenerden z.B., mit denen der Verf. experimentirte, verhielten sich gegen
                              dieselbe Kaliwasserglaslösung sehr ungleich, obwohl sie fast gleiche Mengen
                              organischer Substanz enthielten. Die eine Gartenerde war reich an kohlensaurem
                              Kalke, die andere kalkarm und reich an Kieselsand. Bei dem Versuche hatte die
                              kalkreiche, nachdem sie mit Wasserglaslösung in Berührung gewesen, mehr als das
                              Doppelte Kieselsäure aus der Lösung aufgenommen, als ein gleiches Volum der
                              kalkarmen. Die Filtrate beider waren vollkommen neutral, aber sehr verschieden in
                              ihrer Färbung. Von der einen an Kalk reichen Gartenerde war die durchgelaufene
                              Flüssigkeit (der Lösung des kieselsauren Kalis) sehr wenig, von der sandreichen und
                              kalkarmen stark braun gefärbt; in der landwirthschaftlichen Sprachweise ausgedrückt
                              würde man sagen, daß die eine (die kieselsandreiche) Humus von einer mehr sauren
                              Beschaffenheit enthalten habe, als die kalkreiche Erde. Die Walderde, welche so gut
                              wie keine Kieselsäure absorbirte, gab calcinirt einen Rückstand, der mit Säuren
                              nicht brauste und zum größten Theile aus Kieselsand bestand; der Verf. hat obige
                              Walderde mit etwa 10 Proc. geschlämmter Kreide naß gemischt, getrocknet und sodann
                              kieselsaure Kalilösung durchfiltriren lassen. Das Filtrat war neutral und weit
                              weniger gefärbt, als vorher ohne die Kreide; es wurden erhalten aus 95
                              Kubik.-Centim. Filtrat 199 Milligrm. Kieselsäure und in 100 Kubik.-Centim.
                              21 Milligrm. Kali, oder in 1000 Kubik.-Centim. 2090 Milligrm. Kieselsäure und
                              210 Milligrm. Kali. Vor der Berührung mit der Erde enthielt die Wasserglaslösung im
                              Liter 1277 Milligrm. Kali und 3230 Milligrm. Kieselsäure. Die nämliche Erde, welche
                              bei einem großen Gehalte von organischen Stoffen und Mangel an alkalischen Basen aus
                              einem Liter Wasserglaslösung, worin 1167 Milligrm. Kali und 2765 Milligrm.
                              Kieselsäure enthalten waren, nur 15 Milligrm. Kieselsäure und 951 Mgrm. Kali
                              aufgenommen hat, absorbirte jetzt aus demselben Volum Lösung 1140 Mgrm. Kieselsäure
                              und 1060 Mgrm. Kali. Geschlämmte Kreide absorbirt für sich unter diesen Umständen
                              keine bestimmbare Menge Alkali und Kieselsäure.
                           Die nämliche Walderde wurde darauf mit einer dünnen Kalkmilch zu einem Brei angerührt
                              und von letzterer so lange zugesetzt, bis die Masse eine schwach alkalische Reaction
                              zeigte, und diese durch Zusatz von Erde wieder hinweggenommen, so daß also die Erde
                              ihre saure Reaction verloren hatte, ohne daß überschüssiger Kalk zugegen war; die
                              Erde wurde sodann getrocknet und mit kieselsaurer Kalilösung zusammengebracht. Die
                              durchlaufende Flüssigkeit besaß jetzt eine schwach alkalische Reaction von Kalk,
                              aber die Kieselsäure war von 3230 Mgrm. im Liter vermindert auf 61 Mgrm., das Kali
                              von 1277 auf 290 Mgrm., die in der Lösung geblieben waren.
                           Durch Brennen erleidet das Absorptionsvermögen der Ackererden eine wesentliche
                              Aenderung. Ein geglühter Lehmboden, durch den Wasserglaslösung hindurchfiltrirte,
                              nahm alle Kieselsäure derselben vollständig auf, das Filtrat aber enthielt mehr
                              Alkali als vorher, und zwar zeigte es sich, daß sich eine Menge caustischer Kalk
                              gebildet hatte, der in Lösung übergegangen war.
                           Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die im Boden vorhandenen vegetabilischen
                              Ueberreste auf die Verbreitung des kieselsauren Hydrats und dessen Aufnahme durch
                              die Wurzeln eine Wirkung ausüben, und es erklärt sich vielleicht hieraus der
                              Einfluß, den ein gewisser Humusgehalt im Boden oder die organischen Ueberreste von
                              Pflanzen mit starker Wurzelverzweigung, wie Klee, auf das Wachsthum der
                              nachfolgenden Halmgewächse ausüben, sowie das Vorkommen von kieselsäurereichen
                              Gewächsen in stehenden Wässern und Sümpfen, auf deren Boden sich große Massen von
                              faulenden Pflanzenstoffen ansammeln.
                           Es ergibt sich ferner, daß das Kali den meisten Pflanzen zur Aufnahme von dem Boden
                              in einerlei Zustande dargeboten wird, oder daß sie es einer gleichen oder ähnlichen
                              Verbindung entziehen.
                           
                           Das Chlorkalium, das schwefelsaure oder salpetersaure Kali wirken nicht in der Form,
                              in der man sie dem Boden gibt, sondern ihre Base trennt sich von der Säure, die mit
                              Kalk und Bittererde Salze von einer anderen chemischen Natur bildet.
                           Die Pflanze eignet sich das Kalium des Chlorkaliums, das des schwefelsauren Kalis
                              nicht an in Folge eines Zersetzungsprocesses, welcher nach deren Aufnahme in ihrem
                              Organismus vor sich geht, sondern diese Zersetzung übernimmt vor ihrer Aufsaugung
                              die Ackererde, welche das Kali der Säure, mit der es verbunden war, entzieht und in
                              einen Zustand versetzt, in welchem es für sich allein im Wasser nicht löslich
                              ist.
                           Eine jede Ackererde besitzt ein gewisses, durch eine Zahl ausdrückbares
                              Aufsaugungsvermögen für das Kali, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß sich durch
                              die Bestimmung desselben die Qualität mancher Ackererden wird beurtheilen
                              lassen.
                           Das Ammoniak für sich und in seinen Salzen verhält sich dem Kali vollkommen gleich,
                              und auch das Natron ist nicht indifferent gegen den Boden, aber die Boden haben ein
                              geringeres Absorptionsvermögen für Natron, als für Kali und Ammoniak.
                           Harnstoff dagegen wird durch Ackererden seiner Lösung nicht entzogen.
                           Eine Auflösung von phosphorsaurem Kalk, phosphorsaurer Bittererde oder phosphorsaurem
                              Bittererde-Ammoniak verhält sich gegen Ackererde ähnlich wie die eines
                              Kali- oder Ammoniaksalzes, und gerade dieses Verhalten scheint zu beweisen,
                              daß die Wirkung der Ackererde auf diese Lösungen nur zum Theil auf der Bildung von
                              chemischen Verbindungen beruht.
                           Während bei den Kali- und Ammoniaksalzen nur das Alkali von der Ackererde
                              angezogen und festgehalten wird, erstreckt sich diese Anziehung bei den
                              phosphorsauren Salzen im Wesentlichen auf die Phosphorsäure.
                           Der Verf. versetzte Kalkwasser mit verdünnter Phosphorsäure, so daß weder eine
                              alkalische, noch saure Reaction sich bemerken ließ, und löste den entstandenen
                              Niederschlag in Wasser, welches mit Kohlensäure gesättigt war; in ganz gleicher
                              Weise stellte er Auflösungen von phosphorsaurem Bittererde-Ammoniak in
                              kohlensaurem Wasser dar und brachte angemessene Quantitäten dieser Lösungen mit
                              verschiedenen Ackererden in Berührung, bis Proben von den abfiltrirten Flüssigkeiten
                              durch eine deutliche Reaction mit Molybdänsäure die Anwesenheit von Phosphorsäure zu
                              erkennen gaben. Bei der Prüfung des Verhaltens von 4 verschiedenen Ackererden,
                              nämlich einer Lehmerde, Gartenerde (sandreich, kalkarm) und zweier anderer
                              Gartenerden stellte sich heraus, daß die Phosphorsäure vom Boden zurückgehalten
                              wurde, während das Wasser den Kalk als kohlensauren Kalk in Lösung behielt. Die
                              verschiedenen Boden hielten beinahe dieselben Mengen Phosphorsäure zurück.
                           Aehnlich verhält sich die Lösung von phosphorsaurer Ammoniaktalkerde gegen
                              Ackererden, nur verschwindet hier mit der Phosphorsäure auch das Ammoniak und die
                              Talkerde, während Kalk dafür in Lösung geht. Diese in Lösung gehenden Kalkmengen
                              standen aber unter sich und zu den früher gelösten phosphorsauren Salzen in keiner
                              Beziehung.
                           Es muß hierzu bemerkt werden, daß wenn einer Lösung von phosphorsaurem Kalke in
                              kohlensaurem Wasser durch Zusatz von geschlämmter Kreide der phosphorsaure Kalk
                              nicht entzogen wird, die Flüssigkeit ihre Reaction auf Phosphorsäure unverändert
                              behält.
                           Aus der Auflösung von phosphorsaurem Bittererde-Ammoniak in kohlensaurem
                              Wasser wird beim Zusammenbringen mit geschlämmter Kreide das Bittererdesalz nicht
                              gefällt, der Kalt tritt nicht an die Stelle der Bittererde.
                           Nachdem v. Liebig noch einige Betrachtungen über die
                              Bestandtheile der Quell-, Fluß- und Drainwässer dargelegt hat, die
                              seine Ansichten unterstützen, spricht er sich am Schlusse über das Verhalten der
                              Ackerkrume zur Pflanze folgendermaßen aus:
                           Aus dem Verhalten der Ackerkrume geht hervor, daß die Pflanze in der Aufnahme ihrer
                              Nahrung selbst eine Rolle spielen muß; als organisches Wesen ist ihre Existenz nicht
                              gänzlich abhängig von äußeren Ursachen.
                           Empfingen die Landpflanzen ihre Nahrung aus einer Lösung, so würden sie von dieser
                              Lösung der Zeit nach und im Verhältnisse nur so viel aufnehmen können, als Wasser
                              durch ihre Blätter verdunstet, sie würden nur aufnehmen können, was die Lösung
                              enthält und zuführt. Es ist ganz gewiß, daß das Wasser, welches den Boden
                              durchfeuchtet, so wie die Verdunstung durch die Blätter in dem Assimilationsprocesse
                              als nothwendige Vermittelungsglieder mitwirken; allein in dem Boden besteht eine
                              Polizei, welche die Pflanze vor einer schädlichen Zufuhr schützt; sie wählt aus was
                              sie bedarf, und was der Boden darbietet, kann nur dann in ihren Organismus
                              übergehen, wenn eine innere, in der Wurzel thätige Ursache mitwirkt.
                           Es ist wahrscheinlich, daß die größte Anzahl der Culturpflanzen darauf angewiesen
                              ist, ihre mineralische Nahrung direct von der Ackerkrume zu empfangen, und daß ihr
                              Bestehen gefährdet wird, daß sie verkümmern und absterben, wenn ihnen diese
                              Bestandtheile in einer Lösung zugeführt werden.
                           Gegenüber diesem Verhalten der Landpflanzen müssen für Wasserpflanzen andere Gesetze
                              gelten, da diese ihre Nahrung dem Wasser entnehmen. Der Verf. untersuchte die Asche
                              von Lemna triscula und das Wasser des Sumpfes, auf dem sie
                              gewachsen war. Wie die folgenden Analysen lehren, enthält diese Pflanze eine sehr
                              große Menge Aschenbestandtheile, und es sind die Proportionen derselben ganz andere
                              geworden, als die, in welchen das Wasser dieselben enthielt:
                           
                              
                                 
                                 Asche von Wasserlinsen.100 Th. getrockn.
                                    Linsengaben 16,6 Th. Asche.
                                 Salzrückstand des Wassers.1 Liter enthält 0,415
                                    Grm.Salzrückstand (schwach geglüht).
                                 
                              
                                 
                                 In 100 Th. der schwachgeglühtenAsche sind
                                    enthalten:
                                 In 100 Th. der Salze sindenthalten:
                                 
                              
                                 Kalk
                                 16,82  
                                 35,00  
                                 
                              
                                 Bittererde
                                   5,08  
                                 12,264
                                 
                              
                                 Kochsalz
                                   5,897
                                 10,10  
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                   1,45  
                                 –
                                 
                              
                                 Kali
                                 13,16  
                                   3,97  
                                 
                              
                                 Natron
                                 –
                                   0,471
                                 
                              
                                 Eisenoxyd mit Spuren von Thonerde
                                   7,36  
                                   0,721
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                   8,730
                                   2,619
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                   6,09  
                                   8,271
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 12,35  
                                   3,24  
                                 
                              
                           Bemerkenswerth ist auch der Reichthum des Sumpfwassers an Mineralbestandtheilen, da
                              diese Menge über zehnmal so groß ist, als in Drainwässern und 25–30mal so
                              groß als in Quellwasser. Dieser Reichthum rührt offenbar von den verwesten Pflanzen
                              her, die ihre Nahrung allerdings vom Boden des Sumpfes früher empfangen haben. Wenn
                              der Schlamm des Sumpfes aber einmal mit den absorbirbaren Mineralbestandtheilen
                              gesättigt ist, so bleiben die später dem Wasser mitgetheilten dann natürlich in
                              Lösung, und bei dem Versuche stellte sich auch heraus, daß dieses kalihaltige
                              Sumpfwasser, wenn es durch Erde filtrirt wird, die etwa einen Fuß ab vom Rande des
                              Wasserbeckens genommen worden war, seinen Kaligehalt nicht verliert, während dem
                              nämlichen Wasser das Kali von jeder anderen Erde mit Schnelligkeit entzogen
                              wird.
                           Der Schlamm aus Teichen und stehenden Wässern wird häufig als trefflicher Felddünger
                              angewandt. Es ist aus Vorstehendem klar, daß die mit Mineralbestandtheilen
                              gesättigte organische Materie ein wirksamer Dünger seyn kann, und es ist
                              begreiflich, daß, wenn in manchen Acker- und Gartenerden Pflanzenreste sich
                              anhäufen und verwesen, das Wasser, welches diesen Boden durchbringt, viele
                              Mineralsubstanzen auflöst, die sich sonst darin nicht vorfinden.
                           In einem zweiten Artikel handelt v. Liebig über das
                              Verhalten des Chilisalpeters, Kochsalzes und des schwefelsauren Ammoniaks. In der
                              Einleitung berührt
                              derselbe zunächst die verschiedenen Ansichten, die man früher über die Wirkung des
                              Humus und die von Salzen hatte und noch jetzt hat. Als Resumé läßt sich aus
                              der Art und Weise, wie der Verf. diesen Gegenstand behandelt, Folgendes
                              hervorheben:
                           Dem Humus schreibt v. Liebig vorzugsweise die Bedeutung
                              einer Kohlensäurequelle zu; die durch langsame Verbrennung des Humus fortwährend
                              erzeugte Kohlensäure löst sich in dem Wasser des Bodens, das kohlensaure Wasser löst
                              nun die Mineralbestandtheile und diese Lösung ist der Verbreiter der
                              Mineralbestandtheile durch den Boden. Der Humus ist folglich auch nur da förderlich
                              für die Vegetation, wo der Boden die den Pflanzen dienlichen Mineralbestandtheile in
                              hinreichender Menge enthält.
                           Die Wirkung der Ammoniaksalze auf die Vegetation ist in keiner Verbindung mit dem
                              Stickstoffgehalte derselben, sie steht in keinem Verhältnisse dazu, es müssen diese
                              Salze vielmehr als solche oder die darin enthaltenen Säuren Antheil an der Wirkung
                              haben.
                           Der Verf. legt ferner durch Vergleichung der Resultate angestellter Düngungsversuche
                              dar, daß man die Wirkung des salpetersauren Natrons nicht der darin enthaltenen
                              Salpetersäure, und die des Kochsalzes nicht einer besonderen Bedeutung des darin
                              vorhandenen Chlors oder des Kochsalzes selbst für den Organismus der Pflanze
                              zuschreiben könne.
                           Bezüglich der somit noch rätselhaften Wirkung der Salze, namentlich der des
                              Kochsalzes, beseitigt der Verf. zunächst die Zweifel darüber, ob dieses Salz
                              überhaupt eine allgemein nützliche Wirkung auf dem Felde habe. Aus früher
                              angestellten, so wie 1857 vom Generalcomité des landwirthschaftlichen Vereins
                              in Bayern in der Gemarkung Bogenhausen angestellten Versuchen beweist der Verf., daß
                              der Ernteertrag auf Feldern, die mit Ammoniaksalzen gedüngt waren, gesteigert, und
                              daß der Ertrag noch mehr erhöht wurde, wo man den Ammoniaksalzen auch noch Kochsalz
                              beigab. Ebenso wurde auch der Ernteertrag erhöht, wenn man bei der Düngung mit
                              salpetersaurem Natron noch Kochsalz beigab. Bei den Vergleichungsweise aus gleich
                              großen Feldern angestellten Versuchen hatte das Kochsalz auch die Wirkung des
                              Chilisalpeters verstärkt, und eine Mischung von beiden Salzen gab einen noch etwas
                              höheren Ertrag an Körnern, als eine Mischung von Kochsalz mit salpetersaurem
                              Ammoniak, worin sich die gleiche Menge Stickstoff befand. Der Chilisalpeter hatte
                              bei diesen Versuchen den höchsten Ertrag geliefert, und ihm folgte nun in dieser
                              Hinsicht der Guano. Was aber die dem Ammoniakgehalte des Guano jetzt so häufig
                              zugeschriebene Wirkung anbetrifft, so hat dieser, wie der Verf. sich ausspricht, gewiß einen ganz
                              bestimmten Antheil an der Wirkung, allein im Gegensatz zu dessen Wirkung zeigen
                              Versuche mit kohlensaurem Ammoniak und salpetersaurem Ammoniak, daß eine der in 20
                              Pfund Guano enthaltenen gleiche Menge Ammoniak oder Stickstoff unter gleichen
                              Verhältnissen so gut wie wirkungslos ist. Das Kochsalz hat ganz unzweifelhaft eine
                              günstige Wirkung auf die Entwickelung der Halmgewächse. Diese Wirkung ist offenbar
                              der der Ammoniaksalze und salpetersauren Salze sehr ähnlich. Wenn man nun die
                              Wirkung der Ammoniaksalze und des salpetersauren Natrons aus ihrem Stickstoffgehalte
                              erklärt, weil Ammoniak und Salpetersäure unzweifelhaft Nahrungsstoffe der Pflanzen
                              sind, so ist diese Erklärung für das Kochsalz nicht zulässig, denn weder das Chlor
                              noch das Kochsalz machen Bestandtheile eines Pflanzengebildes aus, und man kann
                              darum nicht behaupten, daß einer dieser Bestandtheile nothwendig sey, obwohl sie
                              häufig als Aschenbestandtheile angetroffen werden.
                           Während man sich in neuester Zeit nun häufig eben der Ansicht zugeneigt hat, daß die
                              Ammoniaksalze durch ihren Stickstoffgehalt wirken, so führen die eben besprochenen
                              Vergleichungen der Wirkungen verschiedener Salze und namentlich der von
                              stickstofflosen, wie Kochsalz, und stickstoffhaltigen den Verf. zu einer anderen
                              Ansicht von der Wirkung der Salze.
                           Vergegenwärtigen wir uns nämlich zuerst, wie aus den von Way entdeckten und den weiteren vom Verf. selbst dargelegten Thatsachen
                              hervorgeht, daß zur Erhaltung der Fruchtbarkeit eines Bodens wiederholte Verbreitung
                              der Mineralbestandtheile im Boden erforderlich ist, daß die Verbreitung aber allein
                              durch die Lösung der Mineralbestandtheile in den den Boden durchdringenden Wässern
                              erfolgen kann, so tritt nun die Wichtigkeit der Bedeutung derjenigen Mittel lebhaft
                              genug vor die Augen, welche die Mineralbestandtheile löslich machen, und wir
                              erklären daraus eine der vorzüglichsten Wirkungen des Humus oder der verwesenden
                              organischen Substanzen, weil diese eine Quelle von Kohlensäure darstellen, welche
                              die Luft in der Ackerkrume und das sie benetzende Regenwasser an Kohlensäure
                              bereichern. Nun haben aber gerade die Ammoniaksalze, das schwefelsaure Ammoniak, so
                              wie andere lösliche Ammoniaksalze das Vermögen, die phosphorsauren Erdsalze in
                              Wasser leicht löslich zu machen, ähnlich, wie dieß durch Wasser geschieht, welches
                              eine gewisse Quantität Kohlensäure enthält.
                           In dieser Hinsicht können offenbar die Ammoniaksalze die organischen Substanzen
                              ersetzen, da sie die Löslichkeit eben dieser Pflanzennahrungsmittel im Wasser
                              gleichfalls zu erhöhen vermögen.
                           Der Verf. hat gefunden, daß das salpetersaure Natron und das Kochsalz auch in den
                              verdünntesten Lösungen die Eigenschaft, phosphorsaure Erdsalze aufzulösen, in sehr
                              bemerkenswerthem Grade besitzen, und daß sonach diesen Salzen ein ähnlicher Antheil
                              an dem Ernährungsprocesse der Pflanzen zukommen muß, wie wir ihn dem kohlensauren
                              Wasser und den Ammoniaksalzen zuschreiben.
                           v. Liebig hat nun selbst eine Reihe von Versuchen
                              angestellt, um die Größe des Lösungsvermögens mehrerer Salze für phosphorsauren Kalk
                              und phosphorsaure Ammoniaktalkerde zu ermitteln.
                           Die Versuche wurden mit phosphorsaurem Kalk mit 2 Aeq. Kalk, PO₅, 2 CaO, aq.,
                              mit dem Kalksalze sonach, wie es in den mit Schwefelsäure aufgeschlossenen Knochen
                              enthalten ist, mit Knochenerde PO₅, 3 CaO, mit phosphorsaurer Bittererde
                              PO₅, 3 MgO, und mit phosphorsaurem Bittererde-Ammoniak PO₅, 2
                              MgO, NH₄O angestellt. Die Salzlösungen enthielten 0,002 bis 0,003 Salz oder
                              im Liter 2 bis 3 Gramme schwefelsaures Ammoniak, Kochsalz oder salpetersaures
                              Natron.
                           Man brachte die phosphorsauren Erdsalze mit den Salzlösungen in fein vertheiltem
                              Zustande zusammen und ließ sie bei gewöhnlicher Temperatur, unter jeweiligem
                              Umschütteln, 12 bis 18 Stunden theils in offenen, theils in verschlossenen Gefäßen
                              stehen. Nach dieser Zeit wurde die Flüssigkeit abfiltrirt und der Kalk oder die
                              Phosphorsäure bestimmt.
                           Die vom Verf. ausgeführten Bestimmungen der Art ergaben, daß 100 Kilogramme
                              schwefelsaures Ammoniak aufgelöst in 45000 Liter Wasser mit
                              zweibasisch-phosphorsaurem Kalk (wie derselbe in den mit Schwefelsäure
                              aufgeschlossenen Knochen enthalten ist) in Berührung 3600 Grm. dieses phosphorsauren
                              Kalkes aufzulösen vermögen (oder 100 Pfund schwefelsaures Ammoniak in 4500 Gallons
                              Wasser lösen beinahe 4 Pfd. phosphorsauren Kalk auf). In gleicher Weise lösen 100
                              Kilogrm. Kochsalz, gelöst in 50000 Liter Wasser, 3300 Grm. und 100 Kilogr.
                              salpetersaures Natron in 33400 Liter Wasser 2630 Grm.
                              zweibasisch-phosphorsauren Kalk.
                           Die Löslichkeit des dreibasisch-phosphorsauren Kalkes in diesen Flüssigkeiten
                              ist viel geringer.
                           100 Kilogramme
                           
                              
                                 
                                 schwefelsauresAmoniak
                                 Kochsalz
                                 salpetersauresNatron
                                 
                                 
                              
                                 gelöst in
                                 54000
                                 50000
                                 33300
                                 Ltr. Wasser,
                                 
                              
                                 lösen dreibasisch-phosphors.
                                    Kalk
                                           
                                    3400 Grm.
                                           
                                    1500 Grm.
                                   1200
                                 Grm.
                                 
                              
                           100 Kilogramme
                           
                              
                                 
                                 salpetersaures Natron
                                    Kochsalz
                                 
                                 
                              
                                 gelöst in
                                 33300 Kilogr.
                                    50000
                                 Kilogr. Wasser,
                                 
                              
                                 lösen phosphorsaureBittererde
                                 2160 Grm.
                                      3790
                                 Grm.
                                 
                              
                           
                           Die Löslichkeit des phosphorsauren Bittererde-Ammoniaks in den genannten
                              Salzlösungen ist besonders groß:
                           100 Kilogramme
                           
                              
                                 
                                 schwefelsauresAmoniak
                                 Kochsalz
                                 salpetersauresNatron
                                 
                                 
                              
                                 gelöst in
                                 33300
                                 50000
                                 33300
                                 Ltr. Wasser,
                                 
                              
                                 lösen
                                    phosphorsaur.Bittererde-Ammon.
                                           
                                    4113 Grm.
                                           6170
                                    Grm.
                                   4655
                                 Grm.
                                 
                              
                           Die Menge von phosphorsauren Erdsalzen, die von den erwähnten Salzlösungen
                              aufgenommen wird, steigt nicht proportional mit dem Salzgehalte der Flüssigkeit; es
                              scheint im Gegentheile sich im Verhältnisse mehr darin aufzulösen, je verdünnter die
                              Flüssigkeit ist.
                           Es geht aus diesen Zahlen hervor, daß diese schwachen Lösungen von Kochsalz,
                              salpetersaurem Natron und Ammoniaksalzen das Vermögen haben, phosphorsaure Erden zu
                              lösen, so daß die Gegenwart solcher geringen Mengen Salz die Kohlensäure
                              gewissermaßen ersetzen kann, und es entsprechen z.B. 100 Kilogr. schwefelsaures
                              Ammoniak in Beziehung auf das Lösungsvermögen der Auflösung dieses Salzes für
                              phosphorsauren Kalk der Wirkung, welche 4720 Liter Kohlensäure im Wasser gelöst auf
                              dasselbe ausüben, und 100 Kilogr. Kochsalz lösen so viel phosphorsaures
                              Bittererde-Ammoniak auf, als die wässerige Lösung von 3456 Liter
                              Kohlensäure.
                           Bringt man eine Quantität Ackererde in die Lösung phosphorsaurer Erdsalze in Wasser,
                              so verliert die Flüssigkeit bei einer gewissen Menge der Erde ihre Reaction auf
                              Phosphorsäure vollständig. Die Erde nimmt nur eine gewisse begränzte Menge
                              phosphorsaurer Erdsalze in sich auf und sättigt sich damit; wird jetzt der Mischung
                              eine sehr kleine Menge Kochsalz, Natronsalpeter oder schwefelsaure Ammoniaklösung
                              (enthaltend 3/10 Proc. Salz) zugesetzt (aus 5000 Kubik.-Centim. Erde 60 bis
                              80 Kubik.-Centim. Lösung), so löst sich sogleich eine gewisse Menge
                              Phosphorsäure wieder auf und die gewöhnlichen Reagentien zeigen augenblicklich die
                              Anwesenheit derselben in der Flüssigkeit, woraus sie verschwunden war, wieder
                              an.
                           Wenn diese Mischung einige Stunden stehen gelassen wird, so verschwindet allmählich
                              die Phosphorsäure aus der Auflösung wieder, und es kann alsdann durch den doppelten
                              oder dreifachen Zusatz von Kochsalz, Natronsalpeter oder Ammoniaksalzlösung die
                              Phosphorsäure nicht wieder in Lösung übergeführt werden.
                           Es scheint hieraus hervorzugehen, daß die genannten Salzlösungen aus einer mit
                              phosphorsauren Erdsalzen gesättigten Ackererde nur den Theil des phosphorsauren
                              Erdsalzes aufzulösen vermögen, der mit der Ackererde nicht wirklich verbunden war. Denn bei der
                              Berührung der Lösung eines phosphorsauren Erdsalzes in Kohlensäure mit der Ackererde
                              entweicht natürlich ein Theil der Kohlensäure und es scheidet sich eine
                              entsprechende Menge des phosphorsauren Erdsalzes aus, das sich nun der Ackererde
                              bloß beimengt und nicht gebunden wird.
                           Der Verf. hat selbst durch Versuche nachgewiesen, daß, wenn man eine Lösung von
                              phosphorsauren Erdsalzen in Kochsalz-, Natronsalpeter- oder
                              Ammoniaksalzlösung mit irgend einer Ackererde zusammen bringt, die Phosphorsäure aus
                              der Lösung verschwindet, sie wird von der Ackererde zurückgehalten. Setzt man der
                              Erde einen Ueberschuß von phosphorsauren Erdsalzen in fein vertheiltem Zustande zu,
                              so bleibt im Gegentheile eine gewisse Portion davon in der Lösung, gerade so wie
                              wenn die Ackererde nicht damit gemengt gewesen wäre.
                           Uebersieht man nun alle diese Facta, so ergibt sich, daß keines jener Salze im Boden
                              in der Form wirkt, in der man es in den Boden gebracht hat.
                           Kali- und Ammoniaksalze werden vom Boden zersetzt, der das Alkali bindet und
                              die Säure frei macht, die dann mit den im Boden befindlichen Basen neue Verbindungen
                              eingeht. Es hängt nun von der Natur der Säure ab, ob durch sie der Vegetation
                              wirklich nützliche oder unwesentlich nützliche neue Salze erzeugt werden.
                           Ganz verschieden von der Wirkung der Kali- und Ammoniaksalze ist die der
                              Natronsalze. Von einer Lösung von salpetersaurem Natron (enthaltend 1/5 Proc. Salz),
                              welche durch ein gleiches Volum Lehmerde langsam hindurchsickerte, geht die Hälfte
                              des Salzes unabsorbirt hindurch, während die andere Hälfte desselben sich in
                              salpetersauren Kalk und salpetersaure Bittererde umsetzt. Vom Chlornatrium bleiben
                              unter gleichen Umständen 3/4 des Salzes unzersetzt.
                           Wenn demnach ein Feld mit salpetersaurem Natron oder Kochsalz gedüngt wird und sich
                              durch das Regenwasser eine verdünnte Lösung dieser Salze bildet, die den Boden
                              durchdringt, so bleibt ein großer Theil dieser Salze unverändert im Boden, und sie
                              müssen jetzt im feuchten Erdreiche eine an sich schwache, aber durch ihre Dauer
                              mächtige Wirkung ausüben.
                           Aehnlich wie die Ammoniaksalze, oder wie die durch Verwesung der organischen
                              Bestandtheile des Mistes entstehende und im Wasser sich lösende Kohlensäure, müssen
                              diese Salzlösungen sich mit phosphorsauren Erdsalzen an allen Stellen, wo diese
                              angehäuft oder ungebunden von der Ackerkrume vorhanden sind, sättigen, und diese
                              Phosphate dadurch in den einzig möglichen Zustand versetzt werden, in dem sie sich
                              durch Diffussion im Boden verbreiten können. Wenn die gelöst sich verbreitenden
                              phosphorsauren Erdsalze
                              mit anderen Stellen der Ackererde in Berührung kommen, welche nicht damit gesättigt
                              sind, so nehmen diese die phosphorsauren Erdsalze auf und das Kochsalz oder das
                              salpetersaure Natron behalten zum zweiten oder fortgesetztenmale das Vermögen, die
                              nämliche auslösende und verbreitende Wirkung auszuüben, bis sie gänzlich in
                              Kalk- und Bittererdesalze sich umgesetzt haben.
                           Der Verf. weist ferner auch den Grund von der Erscheinung nach, daß jene Salze nicht
                              auf jedem Boden wirken und daß ihre Wirkung keine Dauer hat. Wenn nämlich das
                              schwefelsaure Ammoniak, der Chilisalpeter sich vollständig in Kalk und
                              Talkerdeverbindungen, das Kochsalz in Chlorcalcium und Chlormagnesium sich umgesetzt
                              hat, so hört die Wirkung jener Salze auf und es ist nun eine wiederholte Düngung
                              nöthig, um die Wirkung zum zweitenmale zu erzielen.
                           Suchte man dagegen die Wirkung der Ammoniaksalze allein aus dem Ammoniak zu erklären,
                              so ist, sagt der Verf., nicht zu begreifen, warum nach starken Düngungen der Theil
                              der im ersten Jahre nicht gewirkt hat, im zweiten Jahre nicht nachwirken sollte.
                           Schwefelsaures Ammoniak aber wirkt auch auf kieselsaure Alkalien, und bringt man eine
                              Lösung dieses Salzes mit einem Boden in Berührung, der mit kieselsaurem Alkali
                              gesättigt ist, so löst sie augenblicklich Kali auf.
                           Es versteht sich nun von selbst, daß nicht alle Salze ein und dieselbe Wirkung haben,
                              daß z.B. eine Quantität Kochsalz ganz anders wirken wird, als eine entsprechende
                              Menge Chilisalpeter. Denn wenn beide sich mit dem Kalke des Bodens umsetzend, das
                              eine Chlorcalcium, das andere salpetersauren Kalk erzeugen, so entstehen hier zwei
                              in ihrer Wirkung ungleiche Producte, das Chlorcalcium hat auf die Vegetation nach
                              Kuhlmann's Versuchen eher eine schädliche, als
                              nützliche Wirkung, während der salpetersaure Kalk von großem Nutzen für sie ist.
                           Schließlich unterscheidet der Verf. nun noch die Düngestoffe strenger in solche,
                              welche die Pflanze im eigentlichen Sinne ernähren, und solche, welche die vorhandene
                              Nahrung der Pflanze für sie zur Aufnahme fähiger machen. Der Verf. vergleicht die
                              Arbeit, welche der Pflug verrichtet, mit dem Zerkleinern der Speisen, wofür die
                              Natur den Thieren eigene Werkzeuge gegeben hat, und wie aus den beschriebenen
                              Versuchen hervorgeht, übernehmen manche Stoffe, wie Kochsalz, salpetersaures Natron
                              und Ammoniaksalze, neben den Wirkungen, welche ihren Elementen zukommen, eine
                              besondere, dem verdauenden Magen zu vergleichende Rolle, in welcher sie sich
                              theilweise vertreten können, und insofern sie die im Boden vorhandenen
                              Nahrungsstoffe für die Ernährung vorbereiten und aufnahmsfähiger machen, müssen sie auf das Wachsthum der
                              Pflanze oder auf ihre Zunahme an Masse einen fördernden Einfluß ausüben.
                           Wenn diese Ansichten sich bestätigen, so ist es klar, daß diese Stoffe für den
                              praktischen Betrieb eine andere Bedeutung gewinnen, als man ihnen bisher
                              zuzuschreiben gewöhnt ist.