| Titel: | Reisenotizen von P. Wagenmann, Ingenieur in Neuwied. | 
| Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LXXIX., S. 312 | 
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                        LXXIX.
                        Reisenotizen von P. Wagenmann, Ingenieur in
                           Neuwied.
                        Aus dem Journal für Gasbeleuchtung, redigirt von N. H. Schilling und A. Schels in München, April
                              1859, S. 124.
                        Wagenmann's Reisenotizen.
                        
                     
                        
                           Bei meinem letzten Aufenthalt in London, im Januar d. J. fand ich, daß man auf den
                              Chartered-Gas-Works den Theer, den man dort aus Boghead-Kohlen
                              gewinnt, sämmtlich destillirt, die Essenz von dem fetten Oel reinigt und auf
                              Paraffin verarbeitet. Dabei zeigt sich, daß die Ansicht, als gehe bei hoher
                              Temperatur Paraffin in Naphthalin über, irrig ist, „denn der Theer enthält
                                 nicht eine Spur Naphthalin.“ Mich haben alle meine Versuche
                              überzeugt, daß eigentliche Steinkohlen selbst bei niedriger Temperatur nie
                              Paraffin-Theer geben, während Bitumen, Schiefer u.s.w. der
                              Tertiär-Formation niemals Naphthalin-Theer liefern.
                           Der Theer der Chartered-Gas-Works hält die feinen Essenzen
                              (Destillationsproducte von 0,650–0,780 spec. Gewicht) nicht; diese lösen sich
                              in Gase auf, resp. sind zersetzt, und während Boghead-Theer sonst mit 0,650
                              zu destilliren beginnt, fängt dieser erst mit 0,780 an. Ferner bestätigt sich am
                              Chartered-Theer eine von mir ausgesprochene Ansicht, daß bei hoher Temperatur
                              der Paraffingehalt im Theer abnimmt. Auch ist das Paraffin bei Theer aus hoher
                              Temperatur, wie das bei Theer, der mehrmals rectificirt wurde, leicht
                              schmelzbar.Hr Wagenmann hat uns
                                    eine Probe Paraffin überschickt, welches durch wiederholte Rectification des
                                    Theers und Trennen durch Destillation mit Talgöl erhalten wurde, im Ansehen
                                    unübertrefflich ist, aber bei 28° C. schmilz, statt bei 56°.
                                    A. d. Red.
                              
                           Belmont in Vauxhall, den ich besuchte, verarbeitet
                              natürliche Naphtha aus Birma. Es ist einmal behauptet worden, dieß Material werde
                              als Ballast eingenommen und sey daher sehr billig. Die Schiffe, die es holen, müssen
                              mit eisernen Bassins ausgerüstet werden, und die Birmanen tragen es in kleinen
                              Kübeln von den Quellen an Bord. Eine englische Tonne kostet bis London 40 Pfd. St.,
                              das ist also per 100 Quart 26 Thaler – ein
                              enormer Preis. Belmont stellt durch Destillation der
                              Birma-Naphtha mit Palmöl ein Product her, welches er zu sogenannten
                              Belmontin-Lichtern verarbeitet. Die Lichter sind klar und sehr schön
                              brennend, und correspondiren mit meinen Wagenmantin-Producten, die ich durch
                              Destillation von Paraffin mit Talg herstelle.
                           
                           Die Herren Field und Holland,
                              welche ich in Lambeth traf, zeigten mir Pariser Paraffin mit Schwefelkohlenstoff
                              gereinigt. Auf die Frage, ob ich die Operation für anwendbar halte, muß ich jetzt,
                              nachdem ich vor drei Jahren versuchte mit flüssiger schwefliger Säure zu reinigen,
                              mich dahin aussprechen, daß der Weg wegen des Verlustes an flüchtigen Stoffen, und
                              der Gefährlichkeit – resp. der Schwierigkeit, Maschinen zu construiren,
                              welche diese Gefahren beseitigen, nicht praktisch erscheint; man erhält übrigens ein
                              sehr schönes Product.
                           Hr. Field hat seinen Weg des
                              Reinigens mit Rangoon-Essenz aufgegeben, da das Fabricat, wie ich auch
                              gefunden habe, selbst bei der vorsichtigsten Abtreibung der Essenz mit Wasserdampf,
                              doch immer durch Spuren von entstehender Verharzung eine schwache Färbung
                              erhielt.
                           Der Talg- und Palmöl-Weg scheint mir der zweckmäßigste, indem er
                              erlaubt, aus dem im Paraffin enthaltenen Oel zugleich Fett für Maschinen, Walzwerke
                              und Wagen zu bereiten.
                           Die Irish Peat Company in Kildare hat neue Fonds erhalten, und beginnt ihre Arbeiten
                              wieder. Die Wareham Shale Works in Dorsetshire gleichfalls.
                           Die Kimmeridgegruben exportiren von ihrem Material viel nach Frankreich.In Hrn. Wagenmann's
                                    Abhandlung „über in Schottland
                                       vorkommende neue Rohmaterialien zur Photogen- und
                                       Paraffinfabrication“ im polytechn. Journal Bd. CLI S. 116 muß es hinsichtlich
                                    des Torfes von der Insel Lewis S. 117 Zeile 2 v.
                                    o. heißen: „der Kubikfuß Kohks desselben wog nur 12–18
                                       Pfd., der Torf selbst wiegt 48–58 Pfd.“ –
                                    Ferner lese man hinsichtlich der Blätter kohlen
                                    S. 118 Zeile 8 v. o. „Außer dem besprochenen Rohmaterial wird
                                       gegenwärtig auch der bei Kimmeridge
                                       vorkommenden South Boghead coal
                                          etc.“ A. d. Red.
                              
                           Die Atlas Foundry des Hrn. G.
                                 Bower zu St. Neots, Hunts, hat sich sehr
                              ausgedehnt. Ich habe einen der Bower'schen
                              GasapparateBeschrieben im polytechn. Journal Bd. CXLIX
                                       S. 184. bei Hrn. v. d. Zypen in Deutz aufgestellt und bin
                              sehr zufrieden.