| Titel: | Blanchard's Verbesserung bei Dampfkesselfeuerungen. | 
| Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LXXXIII., S. 329 | 
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                        LXXXIII.
                        Blanchard's
                           Verbesserung bei Dampfkesselfeuerungen.Beschrieben vom Ingenieur B. Hager in Dresden.
                        Aus dem Civilingenieur, 1859, Bd. V S.
                              82.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Blanchard's Verbesserung bei Dampfkesselfeuerungen.
                        
                     
                        
                           Die Menge von Heizmaterial, welche bloß halb verzehrt wird und als unverbrannte Kohle
                              auf dem Rost eines Dampfkessels liegen bleibt, oder als Rauch und Kohlenoxydgas,
                              anstatt als Kohlensäure, dem Schornstein entweicht, muß, wenn man die vielen Kessel
                              in Betracht zieht, welche theils für stationäre, theils für Locomotiv- und
                              Schiffsmaschinen gebraucht werden, enorm seyn, und deßhalb ist der Versuch, Kohlen
                              zu sparen, von Jedem, welcher die Dampfmaschinen in den letzten Jahren zu verbessern
                              gesucht hat, gemacht worden. Allein die Mehrzahl der Erfindungen hat eine größere
                              Vervollkommnung der Maschinen selbst vor Augen gehabt, und obwohl dieß viel zur
                              Ersparung von Brennmaterial beitragen mag, so findet dennoch der Hauptwärmeverlust
                              nicht in der Maschine selbst statt, sondern in dem Wärmeerzeugungsapparat. Von einem
                              der besten Schriftsteller über Dampfkessel und Feuerungen ist es als Princip
                              aufgestellt worden, daß durch einen künstlich erzeugten Zug eine vollkommenere
                              Verbrennung erzeugt wird, als durch natürlichen, und die bedeutende Hitze eines
                              Cupolofens, welcher bei derselben Größe nur wenig mehr Kohlen verbraucht, als ein
                              Flammenofen, dessen Hitze weit geringer ist, mag als ein Beispiel dieser Thatsache
                              angeführt werden.
                           Dieses Princip, daß ein Feuer mehr Hitze gibt und die Kohlen sparsamer brennen durch
                              einen mechanisch, als von einem Schornstein erzeugten Zug, ist vollständig durch die
                              Erfindung von F. B. Blanchard in New-York
                              dargethan worden, und wenn die Wärme, welche dem Kessel unverbraucht entweicht, noch
                              dazu benutzt wird, den Dampf zu überhitzen und hierauf das Speisewasser vorzuwärmen,
                              so wird hierdurch eine noch größere Sparsamkeit und Erhaltung von Kohlen
                              erzielt.
                           Am „John Faron“, einem Dampfboot von 250 Tonnen Last, ist
                              Blanchard's verbesserte
                              Heizung angebracht worden, und die Kohlen werden so ökonomisch verbrannt, daß ein
                              sechszolliges Ofenrohr genügt, die Producte der Verbrennung aufzunehmen und
                              fortzuführen. Eine der täglichen Touren von New-York und Haverstraw, eine
                              Entfernung von 40
                              englischen Meilen auf dem Hudson, macht es in 3 1/4 Stunden mit einem Verbrauch von
                              1375 Pfund Kohlen, eine erstaunenswerth geringe Quantität Kohlen für ein Boot von
                              dieser Größe. Der Dampfdruck fällt in 12 Stunden, von Abends 6 bis Morgens 6 Uhr,
                              während welcher Zeit es in Haverstraw vor Anker liegt, bloß 10 Pfund, natürlich ohne
                              daß während dieser Zeit gefeuert wird.
                           Fig. 4 ist
                              eine obere Ansicht des Kessels und der Dampfüberhitzer und Vorwärmer,
                           Fig. 5 ein
                              verticaler Längendurchschnitt desselben,
                           Fig. 6 eine
                              vordere Ansicht, und
                           Fig. 7 ein
                              Querschnitt des Kessels.
                           A ist die Feuerkiste und B
                              der Kessel, C ist die Frontplatte des Kessels, in
                              welcher die Feuer- und Aschethüren D angebracht
                              sind, welche luftdicht schließen, so daß auf diesem Wege der Feuerung keine Luft
                              zugeführt wird; diese Thüren dienen bloß dazu, Feuer anmachen, die Roststäbe
                              reinigen und die Asche entfernen zu können. Die Lage des Rostes E kann aus Fig. 6 ersehen werden. Die
                              Kohle wird von der Kesseldecke durch einen Behälter F
                              eingeschüttet, welcher mit zwei Klappen a und d versehen ist. In einem Bügel c ist eine Rolle b angebracht, welche auf die
                              Klappe a drückt und diese niederhält. Durch Zurückdrehen
                              des Bügels c öffnet sich a,
                              und der Raum zwischen a und d wird mit Kohlen gefüllt; nun wird a wieder
                              luftdicht geschlossen und d geöffnet, wodurch die Kohle
                              auf den Ausstreuer e fällt, welcher durch die Welle f, die mittelst Stopfbüchsen durch die Kesselwände geht,
                              geschüttelt wird, und sich von dort eben über das Feuer verbreitet. Die Luft wird
                              unterhalb der Roststäbe durch eine Röhre H von einer
                              Luftpumpe oder einem Ventilator, den die Maschine treibt, zugeführt, und die
                              Feuerkiste mit Luft von 1 bis 1 1/2 Pfd. Druck voll gehalten. Das Rohr G communicirt mit H, und es
                              kann durch Oeffnung des Hahnes g auch dem Feuer Luft
                              oberhalb zugeführt werden. Das Feuer streicht durch die Röhren I in die Rauchkammer J und
                              von da zurück durch die Röhren K in den Raum L, welcher von Wasser umgeben ist; von dort geht es
                              durch die zwei Rohre M in den Ueberhitzer. Soll Feuer
                              angezündet werden, so werden die zwei Ventile h mit dem
                              Hebel i geöffnet, und hierdurch ein directer Zug durch
                              den Schornstein O hergestellt; alsdann werden dieselben
                              wieder geschlossen und Luft durch die Pumpe oder den Ventilator zugeführt.
                           Der erzeugte Dampf geht vom Dome N durch das Rohr P in den Ueberhitzer Q, und
                              nachdem er hier noch mehr erwärmt worden ist, durch R
                              nach dem Hochdruckcylinder, von wo er durch das Rohr P¹ in den Ueberhitzer Q¹
                              zurückkehrt, dort abermals erwärmt und durch das Rohr R¹ in den Niederdruckmaschinencylinder geführt wird.
                           Von den Ueberheizern Q und Q¹ geht die noch freie Wärme durch die Rohre S und S¹ in die Vorwärmer T und T¹ in welchen
                              das Speisewasser und die Luft, welche unter den Rost geblasen wird, erhitzt wird,
                              und von da durch die Rohre U und U¹ in ein 6 Zoll starkes Ofenrohr, aus dem weder Rauch, noch
                              Kohlenoxydgas oder Flamme entweicht, sondern nahezu reine Kohlensäure von einer
                              Temperatur, welche die der Atmosphäre um wenige Grade übersteigt, wodurch die
                              vollkommene Verbrennung im Ofen, und große Oekonomie in der Verwendung der Wärme
                              dargethan wird.
                           Vielleicht ist es der beste Weg, um die vielen Vortheile dieser Anordnung zu
                              beweisen, einige genaue Data von Beobachtungen anzugeben, welche von Hrn. Munn, Redacteur des „Scientific American“ in New-York,
                              auf einer Fahrt von New-York nach Albany den 21. August v. J. am Bord des
                              „John Faron“ gemacht wurden. Genanntes Boot ist nicht so
                              construirt, um schnelle Fahrten machen zu können, es ist 145 Fuß lang, 24 Fuß breit
                              und geht ungefähr 4 Fuß tief im Wasser. Der Cylinder hat 36 Zoll im Durchmesser und
                              8 Fuß Kolbenhub. Die Entfernung von 160 engl. Meilen zwischen New-York und
                              Albany wurde, eingerechnet des vielen Anhaltens, in 12 Stunden zurückgelegt. An
                              Kohlen wurden 6074 Pfd. verbraucht, wovon 446 Pfd. Kohks beim Anmachen des Feuers
                              und fernere 996 Pfd. Kohle bis zur Abfahrt abzuziehen sind, um die auf der
                              12stündigen Fahrt verbrauchte Quantität ermessen zu können, so daß in der Stunde
                              bloß 386 Pfd. Kohlen aufgeschüttet zu werden brauchten. Am Ende der Fahrt wurden 905
                              Pfd. Kohlen und Asche aus der Feuerkiste genommen.
                           Der durchschnittliche Druck im Kessel war 64,7 Pfd. und differirte im Cylinder bei
                              den verschiedenen Kolbenstellungen von 30,8 bis 38 Pfd. bei einer Temperatur von 340
                              Grad Fahrenheit. Nicht bloß die Kohlen wurden gewogen, sondern auch das Wasser
                              gemessen, und es ergab sich eine Wasserverdampfung von 12 1/2 Pfd. auf das Pfund
                              Kohlen, und der Dampf erhielt in den Ueberheizern eine 80 Fahrenheitsche Grade
                              höhere Temperatur als im Kessel.
                           Bei Berechnung der Leistung der Maschine in Pferdekräften auf dem gewöhnlichen Wege
                              nach der Anzahl der Kolbenhübe in der Minute, dem Kolbendurchmesser und Dampfdruck,
                              ergibt sich nach Abzug von einem Zehntheil für Reibung dieselbe zu ungefähr 300
                              Pferdekräften, woraus man das außerordentliche Resultat erhält, daß auf dieser Fahrt
                              bloß 1,2 Pfund Kohle für die Pferdekraft in einer Stunde verbraucht wurde.
                           
                           Blanchard's Erfindung ist
                              nicht bloß in Amerika, sondern auch in England und Frankreich patentirt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
