| Titel: | Ueber die Anwendung des schottischen Drehkreuzes zum Aussüßen der Treber in der Bierbrauerei; von G. E. Habich. | 
| Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XCI., S. 345 | 
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                        XCI.
                        Ueber die Anwendung des schottischen Drehkreuzes
                           zum Aussüßen der Treber in der Bierbrauerei; von G. E. Habich.Aus Nr. 1 der neuen, vom Verfasser herausgegebenen
                                    Zeitschrift „Der
                                       Bierbrauer“, welche bei Otto Spamer in Leipzig in
                                 jährlich 12 Nummern von l bis 1 1/2 Bogen (Preis: 2 Thlr.) erscheint und die wir
                                 den Herren Brauern angelegentlich empfehlen. A. d. Red.
                           
                        Mit Abbildungen.
                        Habich, über die Anwendung des schottischen Drehkreuzes zum
                           Aussüßen der Treber in der Bierbrauerei.
                        
                     
                        
                           Die Treber halten eine, je nach dem angewendeten Maischverfahren, verschiedene Menge
                              Würze zurück. Wenn man sich daran erinnert, daß die Zusammensetzung des Extracts der
                              Würze (d.h. das Verhältniß zwischen dem Zucker und Dextrin einerseits und dem
                              Pflanzenleim andererseits) sich fortwährend ändert, je länger die Berührung zwischen
                              dem Maischmaterial und dem heißen Wasser dauert, – daß im Anfang der
                              Zucker- und Dextringehalt weitaus vorherrschend ist (wie beim
                              Infusionsverfahren), und daß durch die anhaltende Erhitzung des Pflanzenleims der
                              Treber mit Wasser immer mehr und mehr dieses Leims in die Würze übergeht (wie beim
                              Dickmaischbrauen), so muß man zunächst schließen, daß die Treber – je nach
                              der Braumethode – verschieden zusammengesetzt seyn müssen. Ist der
                              Pflanzenleim zum Theil in den Trebern zurückgeblieben, so erhöht er deren Mastwerth
                              (der Pflanzenleim wird beim Futtern zu Blut und Muskeln), – ist dagegen der
                              Pflanzenleim den Trebern entzogen und in die Würze übergegangen, so wird schließlich
                              der Nahrungswerth des Bieres etwas höher zu veranschlagen seyn. Der ungelöste
                              Pflanzenleim aber saugt mehr Würze auf als die übrige
                              Substanz der Treber, und
                              daher kommt es denn, daß beim Abläutern sehr verschiedene Mengen Würze in den Trebern zurückbleiben,
                              je nach dem Maischverfahren. Die Treber von 100 Pfd.
                              Malz behalten nach dem Dickmaischverfahren etwa 120 Pfd. Würze zurück, – beim
                              Infusionsverfahren dagegen steigt die Menge solcher Würze bis auf 170 Pfd. Die ganze
                              Stufenleiter zwischen beiden Endpunkten wird ausgefüllt durch den verschiedenen
                              Gebrauch auf der Ruhe, – je längere Zeit die
                              Maische auf der Ruhe steht, um so mehr Pflanzenleim wird gelöst und um so leichter
                              werden die Treber.
                           Um sich dieser Würzemengen in den Trebern noch zu bemächtigen gibt es mehrere
                              Methoden.
                           Am gebräuchlichsten ist bekanntlich das Aufmaischen mit neuen Portionen heißen
                              Wassers. Nun wird dabei häufig ein großer Fehler begangen, indem man zu wenig Nachgüsse macht, – man fürchtet die Würze
                              zu sehr zu verdünnen und überlegt nicht, daß man dem vorbeugen könnte, indem man die
                              zum Einmaischen verwendete Wassermenge auf das geringste
                              Maaß (auf 100 Pfd. Malz 200 Pfd. Wasser) zurückführte. Werden dann die Treber
                              einigemal mit so viel heißem Wasser angerührt, als zur Bearbeitung mit den
                              Rührscheiten unumgänglich nöthig ist, und läßt man die Nachgüsse recht vollständig
                              ablaufen, so wird der Verlust an Würze ziemlich beseitigt werden. Ein Beispiel wird
                              uns am besten zeigen, wie in Folge der Nachgüsse die Extractmengen allmählich aus
                              dem Maisch- oder Seihbottich in den Würzebehälter wandern.
                           Wir nehmen dabei an, daß 100 Pfd. Malz 60 Pfd. Extract abgeben, – daß ferner
                              auf der Ruhe 200 Pfd. Wasser in der Maische enthalten sind, – und daß beim
                              Abläutern 150 Pfd. Würze in den Trebern bleiben, was sich bei den Nachgüssen auf 120
                              und 100 Pfd. vermindert. Dann verläuft die Sache in folgender Weise:
                           Die 60 Pfd. Extract beim Einmaischen bilden mit 200 Pfd. Wasser beim Einmaischen 260
                              Pfd. Würze, welche also 23 Proc. Extract enthält. Hiervon fließen 110 Pfd. als erste
                              Würze, beladen mit 25,4 Pfd. Extract, in den Grand.
                           Die 150 Pfd. Würze in den Trebern enthalten 34,6 Pfd. Extract und bilden mit 50 Pfd.
                              Nachgußwasser 200 Pfd. einer Würze von 17,3 Saccharometergraden (Extractprocenten).
                              Davon fließen 80 Pfd. ab und transportiren 13,8 Pfd. Extract weiter (zweite
                              Würze).
                           Die 120 Pfd. Würze in den Trebern enthalten 20,8 Pfd. Extract; nach Zugabe von 80
                              Pfd. Wasser wiegt die dritte Würze 10,4 Proc. am Saccharometer, und 100 Pfund
                              derselben, welche abfließen, nehmen 10,4 Pfd. Extract mit fort.
                           
                           In den Trebern bleiben jetzt noch 100 Pfd. Würze mit 10,4 Pfd. Extract, welche durch
                              Zuguß von 100 Pfd. Wasser auf 200 Pfd. einer 5,2 procentigen Würze gebracht werden.
                              100 Pfd. derselben führen also 5,2 Pfd. Extract in den Unterstock.
                           Wollen wir noch einen Nachguß machen, so fügen wir den Trebern, in denen sich noch
                              100 Pfd. Würze mit 5,2 Pfd. Extract verborgen halten, abermals 100 Pfd. Wasser zu,
                              – wir erhalten dadurch 200 Pfd. Würze von 2,6 Proc. und retten durch
                              Abfließen der Hälfte derselben noch 2,6 Pfd. Extract. Somit haben wir in den Würzen
                              der Reihe nach 25,4 + 13,8 + 10,4 + 5,2 + 2,6, also insgesammt 57,4 Pfd. Extract
                              aufgesammelt und somit von den 60 Pfd. löslichen Malzextracts nur 2,6 Pfd. oder 4
                              1/2 Proc. verloren.
                           Die verwendeten Wasserquantitäten waren ziemlich gering, – wir haben nach und
                              nach 200 + 50 + 80 + 100 + 100, also zusammen 530 Pfd. Wasser verbraucht. Deßhalb
                              sind auch unsere Würzen ziemlich concentrirt und bedürfen nicht so langer Zeit zum
                              Einsieden, – es genügt vielmehr, sie bis zum Klarkochen (Brechen der Würze)
                              zu erhitzen. Denn wir haben in Summa 490 Pfund Würzen abgezogen, welche 57,4 Pfd.
                              Extract enthalten, was 11,7 Proc. am Saccharometer entspricht. Bringen wir nun noch
                              die Verdunstung beim Klarkochen und auf dem Kühlschiffe in Anschlag, so wird die
                              erzielte Würze für gewöhnlichere Biere noch verdünnt werden müssen.
                           Dennoch können wir uns aus zwei Gründen nicht mit diesem
                              Verfahren befreunden und wollen den Anhängern desselben die fernere Rechtfertigung
                              anheim geben. Es erfordert 1) zu viel Zeit und –
                              weil zum Zweck der heißen Nachgüsse auch Brennstoff verwendet werden muß –
                              viel Brennstoffaufwand. Wird nun auch durch die Erzielung
                              einer concentrirten Würze auf der anderen Seite an
                              Brennstoff gespart, so deckt das noch nicht den ganzen übermäßigen Aufwand. Der
                              wichtigste Vorwurf aber, den man hier machen muß, besteht 2) in den Gefahren, welche
                              der Qualität der Würze bereitet werden. Das lange Stehen
                              der verdünnteren Würzen hat nämlich stets die Entstehung einer gewissen Portion Milchsäure im Gefolge. Wird nun dadurch auch die
                              Haltbarkeit des Bieres nicht beeinträchtigt, so ist doch das resultirende Bier nicht
                              für Jedermanns Geschmack.
                           Deßhalb müssen wir die Anwendung des in Schottland allgemein gebräuchlichen Drehkreuzes, des sogenannten „Sparger“, um so nachdrücklicher
                              empfehlen. Dieses vortreffliche Geräth erfüllt den Zweck der vollständigen
                              Auslaugung der Treber in der kürzesten Zeit, – nur
                              muß man mit demselben
                              umzugehen wissen. In dieser Beziehung aber sind hier und da grobe Fehler gemacht
                              worden, auf die wir weiter unten zurückkommen.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 152, S. 348
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 152, S. 348
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 152, S. 348
                              
                           Fig. 1 zeigt die Ansicht des Drehkreuzes von Oben,
                              Fig. 2 die Seitenansicht desselben. Die vier Arme
                              a, a, a, a sind kupferne Röhren von 1 1/2 bis 2 Zoll
                              Weite und hinreichender Länge, um die Oberfläche der abzuläuternden Maische zu
                              bestreichen. An den äußeren Enden sind diese Röhren verschlossen, die anderen
                              offenen Enden münden in die Schale b, welche genau im
                              Mittelpunkt eine mit Hartblei ausgefütterte Pfanne c
                              trägt. Die Arme a, a, a, a besitzen seitwärts und immer
                              in derselben Richtung kleine reihenweise Löcher. Beim Gebrauche wird das Instrument
                              auf den Dorn eines inzwischen im Maisch- oder Seihbottich eingelegten
                              Querbalkens aufgesetzt. Fig. 3 zeigt den Querbalken
                              mit dem Dorn d, welcher in die Pfanne c gebracht wird. Läßt man nun das Nachgußwasser in die
                              Schale b einfließen, so spritzt dasselbe aus den
                              Seitenlöchern der Arme
                              hervor und das Kreuz beginnt eine drehende Bewegung in der Richtung des Pfeils. So
                              übernimmt also das Drehkreuz die Functionen einer sehr regelmäßig arbeitenden
                              Gießkanne.
                           Man sollte nun denken, daß es ein Leichtes sey, auf diese Weise die Treber zu
                              besprengen und auszuwaschen. In der That ist das auch die an manchen Orten (an denen
                              man sich einmal versuchsweise des Sparger bedient hatte) befolgte Praxis gewesen.
                              Aber diese Gebrauchsweise ist grundfalsch, – und es werden uns die damit
                              erzielten schlechten Erfolge nicht überraschen, wenn wir
                              Nachstehendes überlegen.
                           Die Treber enthalten unter Anderm auch das in der höheren Temperatur geronnene
                              Pflanzeneiweiß. Diese Substanz kittet, nach dem Abfließen der Würze, theils die
                              Treber zu Klumpen zusammen, theils bildet sie den sogenannten Oberteig. In beiden
                              Fällen ist dem gleichförmigen Niederfinken des aufgespritzten Nachgußwassers ein
                              unüberwindliches Hinderniß entgegengesetzt, – es bilden sich Canäle und an
                              ein durchgreifendes Aussüßen der Treber ist nicht zu denken. Ganz anders aber ist
                              der Erfolg, wenn man das Nachgußwasser durch unser Drehkreuz nicht auf die Treber, sondern auf den
                                 Würzespiegel fließen läßt. Ist das Wasser gehörig heiß (am besten siedend),
                              so lagert sich das leichtere Wasser auf der schwereren Würze als Schicht ab und treibt diese
                              vollständig vor sich her. Die Eiweißstocken haben noch nicht gefährlich werden
                              können, weil sie sich noch nicht vereinigen konnten
                              – sie schwimmen noch frei umher. Man hat also beim Gebrauch den Querbalken
                              zeitig genug abzusetzen, damit das Drehkreuz sein Spiel beginnen kann, ehe die Treber bloß zu liegen kommen.
                           Untersucht man nun die abfließenden Nachgußwürzen mit dem Saccharometer, so wird man
                              finden, daß der Extractgehalt derselben zu Ende zwar sehr gering ist, aber den Nullpunkt doch nicht
                              erreicht, während man doch eigentlich eine ganz vollständige Beseitigung des Extracts annehmen sollte. Man könnte dabei
                              versucht werden, den Leistungen des Drehkreuzes zu mißtrauen. Aber die Sache hat
                              einen anderen Grund. Durch die fortwährende Berührung des heißen Wassers mit dem ungelösten Pflanzenleim
                              geht nachträglich noch ein Theil desselben in Lösung
                              über; diese Substanz ist es, welche dann noch auf das
                              Saccharometer wirkt, wenn auch die eigentliche Würze mit ihrem Zuckergehalt, der
                              doch demnächst dem Vier seinen „Geist“ verschaffen soll, längst
                              vollständig abgeflossen ist.