| Titel: | Ueber den künstlichen schwefelsauren Baryt; von J. Pelouze. | 
| Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XCIX., S. 376 | 
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                        XCIX.
                        Ueber den künstlichen schwefelsauren Baryt; von
                           J.
                              Pelouze.
                        Aus den Comptes rendus, April 1859, Nr.
                              16.
                        Pelouze, über den künstlichen schwefelsauren Baryt.
                        
                     
                        
                           Mehrere chemische Fabriken stellen den unter dem Namen Barytweiß bekannten schwefelsauren Baryt in der Art dar, daß sie den
                              natürlichen kohlensauren Baryt (Witherit) mit Salzsäure behandeln und die erhaltene
                              Lösung mit Schwefelsäure fällen; die hierbei frei gewordene Salzsäure dient zu neuen
                              Operationen.
                           Dieser schwefelsaure Baryt wird, obgleich er theurer ist als der nach anderen weniger
                              kostspieligen Verfahrungsarten dargestellte, vorzugsweise sowohl zum Zimmermalen als
                              für die Papiertapeten angewendet.
                           Ich habe gefunden, daß man ein dem fraglichen ähnliches Barytweiß erhalten kann,
                              indem man den kohlensauren Baryt direct mit schwacher Schwefelsäure behandelt, ohne
                              daß es nöthig ist ihn in Pulver zu verwandeln. Man braucht nur dem Gemisch von
                              Wasser und Schwefelsäure eine sehr geringe Menge Salzsäure, z.B. 3 bis 4 Procent,
                              zuzusetzen und dasselbe in gelindem Sieden zu erhalten. Die Stücke von kohlensaurem
                              Baryt, sie mögen noch so groß seyn, werden dann angegriffen und verschwinden nach und nach,
                              indem sie sich vollständig in ein schönes weißes Pulver verwandeln, welches höchst
                              zart ist und gänzlich aus schwefelsaurem Baryt besteht.
                           Wenn man denselben Versuch macht, ohne Salzsäure zuzusetzen, so wird der kohlensaure
                              Baryt nur höchst langsam angegriffen.
                           Die Rolle, welche die Salzsäure bei dieser Reaction spielt, ist leicht einzusehen.
                              Sie bildet lösliches Chlorbarium, welches die Schwefelsäure zersetzt, um fort und
                              fort die gleiche Menge Salzsäure wieder in Freiheit zu setzen, so daß in der That
                              die letztere Säure und nicht die Schwefelsäure die Stücke von kohlensaurem Baryt
                              angreift und verschwinden macht.
                           Um diesen hübschen Versuch noch interessanter zu machen, läßt man mit Wasser
                              verdünnte Schwefelsäure in zwei Kolben sieden, auf deren Boden sich einige Stücke
                              von kohlensaurem Baryt befinden. In einen dieser Kolben bringt man mit dem Ende
                              eines Glasstabes einige Tropfen Salzsäure. Man steht dann, daß sich sofort von den
                              Barytstücken ein weißes Pulver ablöst, dessen Menge unter Aufbrausen in Folge der
                              Kohlensäure-Entwickelung zunimmt.
                           Im zweiten Kolben zeigt sich nichts Aehnliches; die Flüssigkeit wird nur durch eine
                              unbedeutende Spur von schwefelsaurem Baryt ein wenig getrübt.
                           Es findet hier eine ähnliche Erscheinung statt wie bei der Bleiweißfabrication nach
                              dem holländischen Verfahren, wo eine Spur von Essig hinreicht um die Oxydation einer
                              sehr großen Quantität Blei zu veranlassen. Ohne die Gegenwart der Essigsäure würde
                              das Blei durch die Luft und die Kohlensäure nicht angegriffen werden.
                           In gleicher Weise, jedoch in minderem Grade, widersteht der kohlensaure Baryt, ohne
                              die Dazwischenkunft von Salzsäure, der Einwirkung der Schwefelsäure.
                           Ich vermuthete, daß der Marmor durch ein Gemisch von schwacher Schwefelsäure und ein
                              wenig Salzsäure noch leichter als der kohlensaure Baryt angegriffen werden würde.
                              Der Versuch ergab aber das Gegentheil. Unter den Umständen, welche ich für den
                              kohlensauren Baryt angab, wird der Marmor ohne Vergleich langsamer und schwieriger
                              angegriffen als letzteres Salz. Selbst der Zusatz einer verhältnißmäßig
                              beträchtlichen Menge von Salzsäure vermindert die zu seiner Umwandlung in
                              schwefelsauren Kalk nothwendige Zeit nur sehr wenig. Die Marmorstücke imprägniren
                              sich tief hinein mit schwefelsaurem Kalk.