| Titel: | Ueber den Bleigehalt der Schnupftabake. | 
| Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XXXVII., S. 149 | 
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                        XXXVII.
                        Ueber den Bleigehalt der
                           Schnupftabake.
                        Aus dem Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, 1859 S.
                              129.
                        Ueber den Bleigehalt der Schnupftabake.
                        
                     
                        
                           Es ist eine längst bekannte Thatsache, daß der Schnupftabak häufig bleihaltig ist und
                              daß daraus für die Gesundheit der Konsumenten oft Nachtheile entstehen. Im
                              verflossenen Jahre wurden in München an Tabaksschnupfern Krankheitserscheinungen
                              beobachtet, die einer Bleivergiftung glichen und deren Heilung bestätigte, daß sie
                              in einer Bleivergiftung bestanden. In Folge dessen wurden von der Polizei
                              Untersuchungen angeordnet, die indeß nicht mit der nöthigen Sachkenntniß ausgeführt
                              wurden, was veranlaßte, daß die Redaktion des Kunst- und Gewerbeblatts für
                              Bayern die Untersuchung von den Assistenten in den chemischen Laboratorien zu
                              München G. Feichtinger, F. Rhien u. P. Lintner wiederholen ließ. Diese
                              Untersuchung führte zu übereinstimmenden Resultaten, von denen die Feichtingers hier mitgetheilt werden.
                           Die der Untersuchung unterworfenen Schnupftabake waren folgende: I. Pariser Nr. 2,
                              à Loth 3 kr. II. Pariser Nr. 3, à Loth 2 kr. III. Pariser Nr. 5, à Loth 1 kr. IV. Saarbrücker Nr. 2, à Loth 2 kr. V. Feiner Marokko, à Loth 3 kr. VI. Marokko Nr. 3. VII. Tabac de Paris. VIII. Pariser Nr. 5, à Loth 1 kr. IX. Virgine
                                 pur Nr. 2. X. Pariser Nr. 2, à Loth 3
                              kr. XI. Pariser Nr. 3, à Loth 2 kr. XII. Pariser
                              Nr. 5, à Loth 1 kr. XIII. Marokko Nr. 1, à Loth 3 kr. XIV. Rosenpariser, à Loth 1 1/2 kr. XV. Pariser Nr. 2, à Loth 3 kr. XVI. Saarbrücker, à Loth 1 1/2 kr. XVII. Bolongaro, à Loth 3 kr. XVIII. Virginie, à Loth 1 1/2 kr. XIX. Tabac de Scolten, véritable et très-excellent.
                           Von diesen waren in Blei gepackt: Nr. XII, XIII, XIV, XVII und XIX.
                           In Zinn gepackt: Nr. I, II, III, IV, V, VI, VIII, X und XI.
                           
                           In verzinntem Blei: VII, IX und XVIII.
                           In Fässern von Holz: XV und XVI.
                           Eine auffallende Erscheinung zeigte die Bleiverpackung von Nr. XIX; denn dieselbe war
                              derart zerfressen, daß sie in Folge davon wie ein Sieb durchlöchert aussah.
                           Sämmtliche Tabake reagirten alkalisch. Was den Gang der Analyse anbelangt, so
                              überzeugte man sich vor Allem von der Reinheit der Gefäße, der Reagentien und des
                              destillirten Wassers.
                           Hierauf wurde eine gewogene Menge Schnupftabak in einer Porzellanschale in einem
                              Muffelofen vollkommen eingeäschert. Die erhaltene Asche wurde gewogen und mit nicht
                              zu verdünnter Salpetersäure in der Wärme behandelt, die Flüssigkeit dann verdünnt
                              und filtrirt. In das Filtrat wurde einige Stunden ein Strom von
                              Schwefelwasserstoffgas eingeleitet, der dabei gebildete Niederschlag auf einem
                              Filter gesammelt und vollständig ausgewaschen. Der noch feuchte Niederschlag wurde
                              hierauf in ein Becherglas gebracht und mit rauchender Salpetersäure übergossen und
                              erwärmt; hierauf verdünnt, wurde die Lösung mit Schwefelsäure versetzt. Das sich
                              bildende schwefelsaure Bleioxyd wurde alsdann auf einem Filter von schwedischem
                              Papiere gesammelt, ausgewaschen und getrocknet; die Menge desselben wurde nach den
                              bekannten Regeln bestimmt.
                           Als vollständiger Beweis des Gehaltes an Blei wurde noch zum Schlusse das erhaltene
                              schwefelsaure Bleioxyd mit Soda gemischt und auf Kohle vor dem Löthrohre zu
                              metallischem Blei reducirt.
                           Die aus den Untersuchungen gewonnenen Resultate sind nun folgende:
                           Als bleifrei wurden folgende Sorten von Schnupftabak gefunden: Nr. I, II, III, IV, V,
                              VI, VIII, X, XI und XVI.
                           Hingegen als bleihaltig: Nr. VII, IX, XII, XIII, XIV, XV, XVII, XVIII und XIX.
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Menge des zurUntersuchung
                                    verwendetenSchnupftabaks
                                 Menge deserhaltenen
                                    schwefelsaurenBleioxyds.
                                 Menge des darausberechneten
                                    metall.Bleies
                                 
                              
                                 Nr.
                                 
                                 
                                 Grm.
                                 Grm.
                                 Grm.
                                 
                              
                                 VII.
                                 
                                 
                                 36,268
                                 0,060
                                   0,0409
                                 
                              
                                 IX.
                                 
                                 
                                 26,661
                                 0,006
                                 0,004
                                 
                              
                                 XII.
                                 
                                 
                                 28,361
                                 0,388
                                 0,264
                                 
                              
                                 XIII.
                                 
                                 
                                 31,031
                                 0,085
                                 0,058
                                 
                              
                                 XIV.
                                 
                                 
                                 26,422
                                 0,006
                                 0,004
                                 
                              
                                 XV.
                                 
                                 
                                 32,158
                                 0,005
                                   0,0034
                                 
                              
                                 XVII.
                                 
                                 
                                 13,770
                                 Spur
                                 –
                                 
                              
                                 XVIII.
                                 
                                 
                                 29,321
                                 0,069
                                 0,047
                                 
                              
                                 XIX.
                                 
                                    a
                                    
                                    b
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 36,37728,827
                                 0,9780,262
                                 0,6660,178
                                 
                              
                           
                           Wie schon bemerkt wurde, war bei Nr. XIX die Bleiverpackung sehr stark angegriffen,
                              daher der Verf. bei der Untersuchung dieser Sorte Schnupftabak Rücksicht nahm auf
                              den Bleigehalt der verschiedenen Lagen, d.h. ob der zunächst des Bleies sich
                              befindende Theil Schnupftabak reichhaltiger an Blei sey als derjenige, der sich im
                              Innern befand.
                           In der vorstehenden Tabelle bedeutet daher
                           
                              a) Tabak, der unmittelbar am Blei sich
                                 befand, und zwar wurde derselbe nur in einer Dicke von 1/2 Centimeter vom Blei
                                 weg hierzu verwendet;
                              b) Tabak, aus dem Innern der Büchse
                                 genommen.
                              
                           Berechnet man die erhaltenen Mengen von metallischem Blei auf 1 Pfd. bayerisch (= 560
                              Grm.) und nach Procenten, so ergeben sich folgende Zahlen:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Die Menge Blei, die ineinem bayer. Pfd. Tabak
                                    ist.
                                 Die Procent. Mengemetall. Bleies.
                                 
                              
                                 Nr.
                                 
                                 
                                 Grm.
                                 Procente.
                                 
                              
                                 VII.
                                 
                                 
                                   0,631
                                 0,113
                                 
                              
                                 IX.
                                 
                                 
                                   0,083
                                 0,014
                                 
                              
                                 XII.
                                 
                                 
                                   5,212
                                 0,948
                                 
                              
                                 XIII.
                                 
                                 
                                   1,048
                                 0,187
                                 
                              
                                 XIV.
                                 
                                 
                                   0,084
                                 0,015
                                 
                              
                                 XV.
                                 
                                 
                                   0,058
                                 0,010
                                 
                              
                                 XVII.
                                 
                                 
                                   –
                                 –
                                 
                              
                                 XVIII.
                                 
                                 
                                   0,897
                                 0,160
                                 
                              
                                 XIX.
                                 
                                    a
                                    
                                    b
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 10,280  3,457
                                 1,8360,617
                                 
                              
                           Aus den angeführten Bestimmungen ist nun zu ersehen:
                           1) Daß jeder Schnupftabak, wenn er in Blei gepackt ist, auch bleihaltig ist.
                           2) Der Bleigehalt der Schnupftabake rührt nicht daher, daß bei der Bereitung
                              derselben Bleisalze als Beize benutzt wurden oder daß die Bereitung der Schnuftabake
                              in bleiernen Gefäßen vorgenommen wurde, sondern die Ursache liegt in der Verpackung,
                              denn mit Ausnahme von Nr. XV sind nur die in Blei oder verzinntem Blei gepackten
                              Tabake als bleihaltig gefunden worden. Woher Nr. XV, der aus einem Fasse genommen
                              wurde, seinen Bleigehalt hat, konnte nicht erhoben werden; vielleicht ist eine
                              angebrochene Büchse in das Faß entleert worden.
                           3) Der Schnupftabak in einer Bleibüchse ist nicht in seiner ganzen Masse gleich stark
                              bleihaltig, sondern die Schichten, die dem Blei näher liegen, sind stärker durch
                              Blei verunreinigt, als diejenigen, die sich in der Mitte der Büchse befinden.
                           4) Eine Verzinnung des Bleies schützt nicht vor der Verunreinigung des Schnupftabaks
                              mit Blei, wie Nr. XVIII beweist. Ja selbst auch dann nicht, wenn sich zwischen Tabak
                              und verzinnter Bleifolie eine Lage Papier befindet, wie es wieder bei Nr. XVIII der Fall ist.
                              Der hier in den Schnupftabak übergegangene Theil Blei ist kein geringer.
                           5) Es scheint, daß das mehr oder weniger Angreifen der Bleiverpackung von der Art der
                              Beize herrührt und daß der größere oder geringere Gehalt an Wasser keinen Einfluß
                              ausübt, indem gerade derjenige Tabak am meisten Blei enthielt, der der wasserärmste
                              war, wie folgende Tabelle zeigen wird. Derselben fügt der Verf. noch die bei der
                              Einäscherung erhaltene Menge Asche bei:
                           
                              
                                 Nr.
                                 Procentische Mengedes Wassers
                                 Procentische MengeAsche
                                 
                              
                                 I.
                                 43,62
                                 22,90
                                 
                              
                                 II.
                                 59,34
                                 22,73
                                 
                              
                                 III.
                                 46,78
                                 25,88
                                 
                              
                                 IV.
                                 44,18
                                 20,84
                                 
                              
                                 V.
                                 41,35
                                 19,31
                                 
                              
                                 VI.
                                 41,31
                                 25,33
                                 
                              
                                 VII.
                                 43,98
                                 26,18
                                 
                              
                                 VIII.
                                 47,05
                                 25,84
                                 
                              
                                 IX.
                                 45,42
                                 21,80
                                 
                              
                                 X.
                                 45,22
                                 22,01
                                 
                              
                                 XI.
                                 45,84
                                 22,58
                                 
                              
                                 XII.
                                 42,62
                                 27,76
                                 
                              
                                 XIII.
                                 44,41
                                 21,82
                                 
                              
                                 XIV.
                                 48,26
                                 24,43
                                 
                              
                                 XV.
                                 44,24
                                 21,58
                                 
                              
                                 XVI.
                                 59,54
                                 19,56
                                 
                              
                                 XVII.
                                 39,30
                                 21,64
                                 
                              
                                 XVIII.
                                 42,62
                                 21,07
                                 
                              
                                 XIX.
                                 29,80
                                 25,75
                                 
                              
                           6) Daß somit eine Verpackung des Schnupftabaks mit Blei nicht unbedingt zu gestatten
                              ist, denn es wird wohl Niemand läugnen können, daß das Schnupfen von bleihaltigem
                              Schnupftabak eben so gefährlich ist, wie das Einathmen von Bleiweißstaub, welches
                              letztere so gefährliche Folgen für die Arbeiter in Bleiweißfabriken, für Anstreicher
                              etc. hat. Bedenkt man, daß ein gewöhnlicher Schnupfer per Monat eine Büchse Tabak verschnupft, welche gleich ist 1/2 Pfd., so
                              macht dieß in einem Jahre 6 Pfd. aus. In einem Pfunde Schnupftabak, z.B. in Nr. XII,
                              sind 5,212 Grm. reines metallisches Blei enthalten, folglich in 6 Pfd. 31,272 Grm.
                              Blei. Er führt also jährlich 13,272 Grm. oder circa 2
                              Lth. reines metallisches Blei in seine Nase ein. Bei Nr. XIX würde sich noch eine
                              größere Zahl ergeben.