| Titel: | Ueber die Producte der trocknen Destillation eines leichten Moostorfs aus dem Canton Zürich; von Dr. H. Vohl in Bonn. | 
| Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. LXIV., S. 228 | 
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                        LXIV.
                        Ueber die Producte der trocknen Destillation
                           eines leichten Moostorfs aus dem Canton Zürich; von Dr. H. Vohl in Bonn.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXIX S.
                              192.
                        Vohl, über die Producte der trocknen Destillation eines leichten
                           Moostorfs aus dem Canton Zürich.
                        
                     
                        
                           Das Material, welches zu dieser Untersuchung verwendet wurde, war dasselbe, welches
                              zu der vorhergehenden Arbeit gedient hat. Der Verf. unterwarf 100 Pfd. lufttrockenen
                              Torf der trocknen Destillation in einer gußeisernen Retorte, welche mit guten
                              Kühlvorrichtungen versehen war. Schon einige Grade über 100° C. entwickelten
                              sich bedeutende Mengen Wasserdämpfe, begleitet von Kohlensäure; erst nachdem fast
                              alles Wasser entfernt war, zeigten sich empyreumatisch riechende Dämpfe und die sich
                              entwickelnden Gase waren brennbar. Sie verbrannten im Anfang mit einer wenig
                              leuchtenden bläulichen Flamme, die jedoch immer lichtreicher wurde und zuletzt bei
                              Beendigung der Destillation wiederum eine hellblaue Farbe annahm. Das nach der
                              Kohlensäure auftretende brennbare Gas bestand zum größten Theil aus nicht
                              verdichtetem Holzgeistdampf, und als später das Gas lichtreicher verbrannte,
                              enthielt es neben den Dämpfen der sehr leichten empyreumatischen Oele nicht
                              unerhebliche Mengen Elayl. Zu Ende der Destillation traten Sumpfgas, Kohlenoxyd,
                              Wasserstoff, Schwefelwasserstoff, Ammoniak (resp. Schwefelammonium) und
                              Cyanwasserstoff auf. Alle brennbaren Gase waren von den flüchtigen Pyrrholbasen
                              begleitet und wurden diese durch ihr Verhalten gegen einen mit Salzsäure
                              befeuchteten Fichtenspan nachgewiesen. Das stark saure flüssige Destillat trennte
                              sich in zwei Schichten, in eine leichte auf dem Wasser schwimmende, die beim
                              Erkalten butterähnlich erstarrte, und eine schwere, stark sauer reagirende wässerige
                              Schicht. In der Retorte blieb ein holzkohlenähnlicher Rückstand. 100 Pfund
                              lufttrockner Torf gaben bei dieser Destillation:
                           
                           
                              
                                 Theer
                                 5,375
                                 
                              
                                 wässeriges Destillat
                                 52,000
                                 
                              
                                 Kohlenrückstand
                                 25,000
                                 
                              
                                 Gas und Verlust
                                 17,625
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 
                              
                           Untersuchung des ölartigen Products behufs Anwendung als
                                 Beleuchtungsmaterial. Das wässerige Destillat wurde vermittelst eines
                              Scheidetrichters von dem Theer getrennt und letzterer durch verwittertes Glaubersalz
                              entwässert. Der Theer hatte nach der Entwässerung ein spec. Gewicht = 0,896 und
                              wurde behufs Trennung der verschiedenen neutralen Kohlenwasserstoffe, die eine
                              technische Anwendung finden, der fractionirten Destillation unterworfen. Die zuerst
                              übergehende Flüssigkeit bestand aus einem sehr sauren wässerigen Destillat, dem nur
                              geringe Mengen eines sehr leichten Oels beigemengt waren. Nach Entfernung der
                              wässerigen sauren Flüssigkeit gieng ein beinahe farbloses, unangenehm riechendes,
                              dünnflüssiges Oel über, und am Ende der Destillation erstarrte das Destillat durch
                              seinen Paraffingehalt. Das Oel wurde zuerst mit starker Kalilauge, dann mit
                              concentrirter Schwefelsäure, zuletzt wieder mit alkalischer Lauge behandelt und
                              alsdann einer Destillation vermittelst Wasserdämpfen unterworfen. Es gieng ein
                              dünnflüssiges farbloses Oel von einem angenehmen ätherischen Gerüche über, welchem
                              der Verf. den Namen Turfol gegeben hat und welches ein
                              spec. Gewicht = 0,820 besitzt. Das rückständige Oel bei dieser Destillation
                              vermittelst Wasserdämpfen hatte ein spec. Gewicht = 0,885, war hell weingelb und
                              dickflüssig. Es konnte mit Vortheil zur Leuchtgasbereitung und Maschinenschmiere
                              verwendet werden. Das aus dem beim Erkalten erstarrenden Oel gewonnene Paraffin
                              hatte die bekannten Eigenschaften und eignete sich vortrefflich zu Lichtermaterial.
                              In der zur Reinigung verwendeten Kalilauge wurden außer Essigsäure große Mengen
                              Kreosot und Carbolsäure nachgewiesen. Der Verf. erhielt aus 100 Gewichtstheilen
                              Theer:
                           
                              
                                 Turfol von 0,820 spec. Gewicht
                                 14,400
                                 
                              
                                 schweres Oel von 0,885 spec. Gewicht
                                 8,666
                                 
                              
                                 Paraffin
                                 0,424
                                 
                              
                                 Asphaltrückstand der Theerdestillation
                                 42,424
                                 
                              
                                 Kreosot, Carbolsäure u. Verlust bei der Reinigung
                                 35,086
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 
                              
                           Das Turfol ist ein vortreffliches Beleuchtungsmaterial und besteht aus einem Gemenge
                              verschiedener Kohlenwasserstoffe. Der Verf. konnte nur den Werth als
                              Beleuchtungsmaterial nachweisen; zu einer wissenschaftlichen Untersuchung in Bezug auf die in
                              demselben enthaltenen verschiedenen Verbindungen mangelte es ihm an Substanz. Das
                              Paraffin wurde durch mehrmaliges Behandeln mit concentrirter Schwefelsäure und
                              Kalilauge gereinigt. Es ergab bei der Analyse die gewöhnliche Zusammensetzung,
                              welche dem Verhältniß von 1 At. C auf 1 At. H entspricht.
                           Wurde das schwere Oel von 0,885 der Destillation über freiem Feuer unterworfen, so
                              erzeugte sich eine große Menge Leuchtgas und das Oel nahm an der Luft eine
                              dunkelbraune Farbe an, indem es sich zum Theil auf Kosten des atmosphärischen
                              Sauerstoffs oxydirte; auch trat als Zersetzungsproduct Kreosot auf, welches durch
                              sein Verhalten zu Kalilauge nachgewiesen wurde.
                           Untersuchung des wässerigen Destillats. A. Flüchtige Basen. Das
                              wässerige Destillat wurde in einer verzinnten kupfernen Blase mit dünnem Kalkbrei
                              versetzt und zur Gewinnung der flüchtigen Basen der Destillation unterworfen. Das
                              Destillat reagirte alkalisch und hatte einen starken betäubenden ammoniakalischen
                              Geruch. Es wurde mit verdünnter Salzsäure neutralisirt der Destillation unterworfen
                              und der Rückstand auf dem Wasserbade zur Trockne eingedampft. Das Destillat enthielt
                              eine nicht unbedeutende Menge Holzgeist, den der Verf. aus demselben isolirte und
                              durch eine Verbrennung mit chromsaurem Bleioxyd erkannte. Die aus dem
                              Destillationsrückstande erhaltene Salzmasse, welche alle Basen als Chlorverbindungen
                              enthielt, wurde mit einer Mischung von Alkohol und Aether behandelt, wodurch alle
                              Chloride der organischen Basen in Lösung giengen, hingegen das Chlorammonium als
                              eine weiße Salzmasse zurück blieb. Der Salmiak wurde bei 100° C. getrocknet
                              und gewogen; es ergab sich ein Gewicht von 8 Loth. Dieß ist 0,25 Proc. des
                              angewendeten lufttrocknen Torfs. Die weitere Untersuchung der
                              ätherisch-weingeistigen Lösung, welche in unserer Quelle beschrieben ist,
                              ergab, daß dieselbe Aethylamin, Picolin und Lutidin enthielt. Das Leucol u.s.w.
                              konnte wegen der geringen Menge der zu Gebote stehenden Flüssigkeit nicht sicher
                              nachgewiesen werden; doch ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß dieser Körper
                              sich ebenfalls bei der trocknen Destillation gebildet hat. In dem
                              Destillationsrückstand der ölartigen flüchtigen Basen wurde außerdem noch Anilin
                              nachgewiesen. B. Flüchtige
                                 Säuren. Der Rückstand des Theerwassers, welches mit Kalkbrei versetzt und
                              abdestillirt worden war, enthielt die bei der trocknen Destillation gebildeten
                              Säuren. Die Untersuchung desselben, hinsichtlich deren wir ebenfalls auf unsere
                              Quelle verweisen, ergab, daß von solchen Säuren Essigsäure, Metacetonsäure,
                              Buttersäure und Valeriansäure vorhanden waren.
                           
                           Außer diesen Säuren des Theerwassers wurde noch eine bedeutende Menge Carbolsäure in
                              der zur Reinigung verwendeten Kalilauge neben Kreosot nachgewiesen.