| Titel: | Ueber weißes und graues Roheisen, Graphitbildung etc.; von Prof. Dr. Schafhäutl in München. | 
| Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XCIII., S. 349 | 
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                        XCIII.
                        Ueber weißes und graues Roheisen, Graphitbildung
                           etc.; von Prof. Dr. Schafhäutl in München.
                        Auszug seiner Abhandlung im Journal für praktische
                           Chemie Bd. LXXVI S. 257; hier aus dem polytechnischen Centralblatt, 1839 S.
                              945.
                        Schafhäutl, über weißes und graues Roheisen, Graphitbildung
                           etc.
                        
                     
                        
                           Bereits in einer früheren Abhandlung (Journal für praktische Chemie Bd. XIX S. 159,
                              Bd. XX S. 456 und Bd. XXI S. 129) hat der Verf. nachgewiesen, daß die Rückstände,
                              welche die Roheisensorten bei der Behandlung mit Salzsäure hinterlassen, über die
                              chemische Natur der verschiedenen Roheisensorten viel wichtigere Aufschlüsse zu
                              geben vermögen als das äußere Ansehen, die physikalischen Kennzeichen mit einander
                              und selbst die gewöhnlich zu Rathe gezogene chemische Elementaranalyse. Die trocknen
                              Rückstände der verschiedenen Roheisensorten, welche nach der Behandlung dieser
                              Roheisensorten mit kalter Salzsäure bleiben, besitzen selbstständige, von einander
                              verschiedene Eigenschaften, verschiedene chemische Constitutionen, und beweisen,
                              daß, da das graue und weiße Roheisen der Hauptsache nach immer aus denselben
                              Bestandtheilen, nämlich Eisen, Kohlenstoff, Silicium, Aluminium besteht, in beiden
                              Roheisensorten dieselben Bestandtheile in verschiedener Art mit einander verbunden
                              seyn müssen, sonst könnten die Rückstände, welche nach der Behandlung dieser
                              Roheisensorten mit einer und derselben Salzsäure bleiben, in ihrer chemischen
                              Zusammensetzung nicht so verschieden und vorzüglich nicht so constant verschieden
                              von einander seyn.
                           Um die Unterscheidungsmerkmale dieser Rückstände recht rein hervortreten zu lassen,
                              muß man sich bei Feststellung dieser Unterschiede möglichst rein und ungemischt
                              auftretender Roheisensorten, nämlich des am charakteristischsten entwickelten
                              schwarzgrauen und des rein weißen Roheisens bedienen, Gebilde, die man im
                              Allgemeinen nicht leicht erhält. Die Rückstände von ausgesprochenem grauen Roheisen
                              sind in trocknem Zustande immer grau und in ihrer Aggregatform
                              flockig-körnig. Die von ausgesprochenem weißen Roheisen sind trocken immer
                              braun, in ihrer Aggregatform staubartig, pulverig,
                              von einem erdigen Ansehen. Man nennt diesen braunen Rückstand höchst ungeeignet
                              „Moder.“ Er ist eine bestimmte chemische Verbindung von
                              Eisen, Kiesel, Kohlenstoff und Wasserstoff, Stickstoff, – wenn Stickstoff
                              vorhanden. Alle grauen Rückstände von grauem Roheisen entwickeln unfehlbar, mit
                              Aetzkalilauge weniger, mit Aetzammoniak mehr, Wasserstoffgas. Das reine weiße Roheisen entwickelt weder mit Aetzkali noch
                              mit Aetzammoniak auch nur die geringste Spur von Wasserstoffgas. Nur da, wo graues Roheisen mit
                              weißem gemengt ist, also halbirtes Roheisen entsteht,
                              entwickelt auch scheinbar weißes Roheisen Wasserstoffgas. Gewöhnlich enthält auch
                              das den Hütten gelieferte graue Roheisen immer einen, wenn auch geringen Antheil
                              weißen Roheisens und umgekehrt manches rein weiße Roheisen etwas von grauem
                              beigemengt. Nicht selten bleibt nach der Auflösung von weißem Roheisen, wenn alles
                              andere Unlösliche des Rückstandes entfernt worden ist, etwas sogenannter Graphit zurück.
                           Das halbirte Roheisen entwickelt jedoch bei mehr oder weniger braunem Rückstande mit
                              Aetzammoniak weniger oder mehr Wasserstoffgas, je weniger oder mehr graues Roheisen
                              dem halbirten Eisen beigemengt war. Diese Eigenschaft gibt dem Hüttenmanne bei
                              gehöriger Vorsicht allein den schnellsten Aufschluß über die für denselben
                              wissenswerthe chemische Zusammensetzung seines Roheisens, weit mehr als die
                              genaueste Elementaranalyse, und der Verf. bedient sich dieser Eigenschaft in der
                              Praxis seit Jahren, um auf dem schnellsten Wege ein Resultat zu erhalten, zu welchem
                              sonst nur auf langen Umwegen zu gelangen wäre.
                           Die durchaus verschiedene Zusammensetzung der Rückstände von weißem und grauem
                              Gußeisen lehrt schon das Mikroskop. Der graue noch nasse Rückstand eines vollkommen
                              ausgebildeten grauen Gußeisens bestand unter dem
                              Mikroskop aus vollkommen durchsichtigen, gelatinösen, oft aus deutlich
                              concentrischen Schichten bestehenden Klümpchen von Kieselsäure und Siliciumoxyd, in
                              deren Mittelpunkt ein matt grauschwarzes Körnchen, daneben oft ein Schüppchen sich
                              findet, viel glänzender und weißer als Graphit. Diese Beimengung ertheilt dem
                              Rückstande die lichtgraue Farbe, welche das unbewaffnete Auge wahrnimmt.
                           Wird dieser Rückstand mit Ammoniak behandelt, so erscheint er, wenn die
                              Wasserstoffgasentwickelung vorüber, nach dem Trocknen wieder grau, aber von weit
                              größerem Volumen, viel leichter und flockiger; die glänzenden Schuppen haben ihren
                              Glanz verloren, manche der schwarzen Körnchen sind gänzlich verschwunden. Das
                              Ammoniak hat Kieselsäure und Phosphorsäure aufgelöst, aber auch zugleich geringe
                              Quantitäten einer neuentstandenen organischen Verbindung von Kohlenwasserstoff,
                              welche die nach dem Abdampfen zurückgebliebene Kieselsäure bräunlich färbt. Erst
                              nach dem Glühen wird die Kieselsäure vollkommen weiß, löst sich aber nie vollkommen
                              in kohlensauren und ätzenden Alkalien. Salzsäure löst aus diesem geglühten
                              Rückstande Thonerde, und wenn Phosphor vorhanden war, phosphorsaure Thonerde auf,
                              welche Ammoniak wieder fällt.
                           Aetzlauge zersetzt den Rückstand erst in der Siedhitze vollkommen, aber dann mit
                              einer kleinen Explosion, die den Inhalt aus dem Tiegel schleudert, wenn dieser nicht
                              geräumig genug ist. Bei fortgesetztem Kochen zieht dann Aetzkali alle Kieselsäure
                              aus und eisenhaltige Graphitschuppen bleiben zurück.
                           Ganz verschieden verhält sich der Rückstand von vollkommen weißem Eisen. Dieser Rückstand, den man mit Moder vergleicht, erscheint,
                              aufgeschlämmt, unter dem Mikroskop aus glänzenden Schüppchen zusammengesetzt, die
                              aber so klein sind, daß der Rückstand dem freien Auge vollkommen pulverförmig,
                              feinerdig vorkommt, also anscheinend ohne krystallinische Structur. Aetzlauge
                              zersetzt den Rückstand selbst im Kochen nicht und löst nur unbedeutend Kieselsäure
                              auf. Dasselbe ist der Fall mit concentrirter kalter Salzsäure. Erst nachdem die
                              Säure bei Ausschluß der Luft etwa eine Stunde kochend eingewirkt hat, entwickelt
                              sich langsam stinkendes Kohlenwasserstoffgas; in eben dem Verhältniß löst sich
                              Eisen. Die Zersetzung wird aber erst nach wenigstens 24 Stunden vollständig. Kiesel
                              in Verbindung mit Kohlenwasserstoff (und wenn er vorhanden, mit Stickstoff) bleibt
                              dunkelgefärbt zurück. Der kieselhaltige Rückstand verbrennt, indem er ein Gas
                              entwickelt, das einen sehr unangenehmen Geruch besitzt, oft täuschend den Geruch des
                              Tabakrauchs annimmt und dann alkalisch reagirt, überhaupt an die
                              Destillationsproducte von quellsaurem Kali erinnert. Die zurückbleibende weiße
                              Kieselsäure hat durch dieses Glühen auch nach der Zerstörung der mit ihr verbundenen
                              organischen Substanzen gewöhnlich nichts oder nur wenig verloren – eine
                              Erfahrung, die bei dem Verf. sogleich Anfangs die Ueberzeugung erweckte, daß wir es
                              in diesem Rückstande des weißen Eisens nicht mit einem kieselsauren Salze, sondern
                              mit einem Carburet zu thun haben.
                           Mit kalter Salzsäure ist der Rückstand des weißen Eisens nur nach mehrmaligem
                              vorhergegangenen Glühen, also äußerst schwierig auszuziehen. Häufig ist es nöthig,
                              den Rückstand 6–7mal zu glühen, nach jedesmaligem Glühen das freigewordene
                              oxydirte Eisen mit Salzsäure wegzunehmen, um die innige Verbindung zu zerstören, in
                              welcher Eisen und Kiesel sich im metallischen Zustande befinden, denn wenn aus dem
                              Rückstand von weißem Eisen das Eisen mit Salzsäure ausgezogen wird, so bleibt oft
                              graues Pulver zurück, das zuerst getrocknet und dann geglüht weiß wird, aber, anstatt an Gewicht zu verlieren, gewonnen hat. Daß der
                              Kiesel hier in Verbindung mit Kohlenstoff sich befinde, wird schon dadurch bewiesen,
                              daß selbst trocknes Chlorgas diese Verbindung nicht zu zersetzen im Stande ist,
                              während die Verbindung des Kiesels mit dem Eisen im grauen Roheisen durch Chlorgas
                              sehr leicht zersetzt werden kann.
                           Daß in dem braunen Rückstande sich entweder Eisenoxydul oder metallisches Eisen
                              befindet, wird durch die Wirkung des Rückstandes auf den Magnet bewiesen. Da sich die
                              Quantität des vorhandenen Eisens nach der Verbrennung mit der größten Leichtigkeit
                              bestimmen läßt, so lehrt die Quantität des während des Glühens absorbirten
                              Sauerstoffs, daß das Eisen im Rückstande nicht als Oxydul, sondern im metallischen
                              Zustande vorhanden gewesen seyn mußte.
                           Die Unwirksamkeit der stärksten Sauren sowohl als Alkalien auf das Eisen und den
                              Kiesel im Rückstande, die Schwierigkeit, den Rückstand selbst durch Glühen unter
                              Luftzutritt zu oxydiren und zu zerstören, alles dieses beweist die Innigkeit dieser
                              chemischen Verbindung.
                           Im grauen Gußeisen haben wir dieselben Bestandtheile – aber wie verschieden
                              ist der Rückstand, welchen Salzsäure hinterläßt. Bei reinem grauen Gußeisen bleibt
                              alle Kieselsäure völlig frei von Eisen und Kohlenstoff, als Kieselsäure und
                              Siliciumoxyd zurück. Die Kieselsäure und das Kieseloxyd scheiden sich in eben dem
                              Verhältnisse aus, in welchem sich das Eisen in Salzsäure löst. Wir sind berechtigt,
                              hier mit aller Bestimmtheit anzunehmen, der Kiesel sey direct mit dem Eisen in
                              Verbindung gewesen. Wenn wir dagegen bei der Auflösung des reinen weißen Roheisens
                              Eisen und Kiesel constant in einer so innigen Verbindung mit Kohlen- und
                              Wasserstoff sich ausscheiden sehen, daß sie weder von der stärksten Säure, noch
                              selbst durch einfaches Glühen zerstört werden können, – ist nicht hier mit
                              vollem Rechte zu schließen, daß im weißen Roheisen der Kohlenstoff mit dem Kiesel
                              und Eisen zugleich sich in einer viel innigeren Verbindung befunden habe als im
                              grauen Roheisen?
                           Daß der Schwefel nicht immer, wenigstens nicht allein mit dem Eisen in Verbindung
                              sey, das hat der Verf. schon in seiner früheren Abhandlung nachzuweisen versucht, er
                              glaubte und glaubt noch, daß der Schwefel wenigstens eben so oft mit dem Silicium
                              zum Schwefelsilicium verbunden sey, als mit dem Eisen zu Schwefeleisen. Diese
                              Meinung gründet sich auf Thatsachen. Es scheidet sich nämlich manchmal sogar
                              Schwefelsilicium aus dem Roheisen beim Abstechen desselben aus. Schon 1837 machte
                              der Walzmeister Knight in den Tividale-Eisenwerken
                              bei Dudley in Staffordshire den Verf. auf eine weißgelbliche, schwammige, erdige
                              Substanz aufmerksam, welche während des Abstechens des Hohofens aus dem fließenden
                              Eisen ausschwitzte. Der Verf. sammelte von dieser Masse, welche das Ansehen von mit
                              Wasser begossener Hohofenschlacke, vorzüglich der Holzkohlenöfen besaß, so viel er
                              habhaft werden konnte. Sie war porös, weißgelblich mit einer grauen Substanz
                              gemengt, entwickelte ununterbrochen Schwefelwasserstoffgas an der Luft. Mit
                              Salzsäure übergossen, löste sich die Masse rasch unter lebhafter Entwicklung von
                              Schwefelwasserstoffgas, nur die Fläche, welche der Luft ausgesetzt gewesen war, wurde viel schwieriger
                              und viel später von der Säure angegriffen. Nach Verlauf einer Stunde war die stark
                              opalisirende Lösung in eine steife Gallerte verwandelt. Die Masse verbrannte auf
                              einem Platinbleche mit blauer Schwefelstamme, ohne ihre Farbe bedeutend zu ändern.
                              Sie wurde etwas lichter, weißgrau. Von 100 Theilen blieben 73,8 Proc. beinahe reine
                              Kieselsäure zurück. Ein anderer Theil wurde in einer Flasche, die mit einem Woulf'schen Apparate in Verbindung war, mittelst
                              Salzsäure zersetzt, das aus der Kupferchloridlösung gefällte Schwefelkupfer
                              gesammelt und mit rauchender Salpetersäure oxydirt; es gab 413 Gran schwefelsauren
                              Baryt, der 50 Proc. Schwefel gleich ist. Wir hätten daher in 100 Th. 47,0 Silicium
                              und 50 Schwefel. Nehmen wir statt 50 Proc. 52,9 Schwefel, so hätten wir als Formel
                              Si₂O₃ welche gerade dem neu entdeckten Siliciumoxyde entspräche.
                           Auch Silicium in metallischer Form, vielleicht mit etwas Schwefel und Kohle
                              verbunden, erhält sich sogar im bereits gefrischten und gewalzten Eisen noch einige
                              Zeit. Der Verf. hat diese interessante Erscheinung schon früher in einem anderen
                              Aufsatze in Leonhard's und Bronn's neuem Jahrbuch für Mineralogie, 1846 S. 690, beschrieben.
                           Bekanntlich wird das im Puddlingsofen gefrischte Eisen in Ballen formirt, diese
                              kommen dann unter den Zänghammer, um die einzelnen Eisenkörnchen des Puddlingsballs,
                              welche nur lose aneinander haften, in dem Augenblicke zusammen zu schweißen, in
                              welchem durch den Schlag des Zänghammers die von der Schlacke verhüllten Oberflächen
                              der einzelnen Eisenkörnchen von der Schlacke frei mit ihrer noch reinen Oberfläche
                              in Berührung kommen. Der durch den Hammer in ein Prisma umgewandelte Ball wird
                              sogleich noch rothglühend zwischen die Walzen gebracht und in eine flache Schiene
                              ausgewalzt. Diese Schienen werden nun in Stücke von bestimmter Länge geschnitten,
                              mehrere derselben nach der Größe der zu erzeugenden Eisenbahnschienen über einander
                              gelegt und auf diese Art zu einem Packet formirt, in den Schweißofen gebracht. Hat
                              hier das Packet gute Schweißhitze erhalten, so kommt es unter die eigentliche
                              Schienenwalze, um hier die Gestalt einer Eisenbahnschiene zu erhalten.
                           Als ein solch weißglühendes Packet aus dem Schweißofen gebracht wurde, bemerkte der
                              Verf. auf der obersten Schiene des Packets eine bedeutende blasenartige Erhöhung.
                              Als das Packet sogleich darauf die erste Cannelure der Walze passirte, platzte die
                              Blase durch den Druck der Walzen mit einem Knall, und ein Feuerregen von rothen
                              Sternen erfüllte den ganzen Raum. Nach der Feuererscheinung schwebten weiße Flocken
                              in der Luft, und die Jacke des Walzmeisters Knight,
                              welcher das Packet zwischen die Walzen gebracht hatte, war weiß wie mit Schnee bedeckt. Die
                              Schneeflocken bestanden aus nichts als beinahe chemisch reiner Kieselerde,
                              erschienen unter dem Mikroskop als feine seidenglänzende Fäden, welche wieder aus
                              kleinen Kügelchen bestanden und nicht die mindeste krystallinische Structur
                              verriethen. Da die Kieselsäure selbst auch weißglühend nicht brennt, am wenigsten
                              unter so lebhafter Feuererscheinung, so kann man mit Gewißheit annehmen, daß der
                              rothe Feuerregen nur von brennendem Silicium hergerührt haben muß, ja der Verf. ist
                              überzeugt, daß alle faserige Kieselerde, welche bisher in den Rosten und Gestellen
                              der Hohöfen gefunden worden ist, auf diese Art entstanden ist.
                           Das Kohlenstoffsilicium oxydirt sich viel schwerer, als das Kohlenstoffeisen, und das
                              ist die Ursache, warum siliciumhaltiges Eisen durch den Stahlfrischproceß so schwer
                              in Stahl umzuwandeln ist. Das Kohlenstoffeisen ist schon größtentheils durch die
                              Schlacken und die Gebläseluft zerstört, wenn noch ein großer Siliciumgehalt zu
                              verbrennen ist, und ist dieser endlich so weit verbrannt, daß die Luppe sich unter
                              dem Hammer ausschmieden läßt, so ist auch bereits so viel Kohleneisen verbrannt, daß
                              man anstatt Stahl nur noch Schmiedeeisen unter dem Hammer hat.
                           Wir werden später sehen, daß auch der Graphit in derselben Form, in welcher er sich
                              aus dem Roheisen scheidet, nicht in dem Roheisen existirt haben könne. Auch der
                              Graphit ist ein Ausscheidungsproduct, dem das Ausscheidungsproduct des weißen
                              Roheisens, der sogenannte „Moder“ selbstständig
                              gegenübersteht.
                           Der Rückstand von grauem Roheisen entwickelt, wie erwähnt, mit Ammoniak
                              Wasserstoffgas. Das Ammoniak enthält nachher stets eine ziemlich beträchtliche
                              Quantität Kieselsäure aufgelöst. Da sich von gewöhnlicher Kieselsäure höchstens
                              Spuren in Ammoniak lösen, so leitete der Verf. die Kieselsäure des Ammoniaks von
                              Silicium her, das sich bei Berührung mit Wasser oxydirt haben mußte. Das
                              entweichende Wasserstoffgas konnte er aber nicht von sich oxydirendem Silicium
                              herleiten, weil die Quantität Wasserstoffgas, welches sich entwickelt, nie in irgend
                              einem constanten Verhältniß zu der gelösten Kieselsäure stand, ja seine Quantität
                              häufig viel zu gering war, um das Quantum Sauerstoff welches das Silicium
                              aufgenommen hatte, in Wasser zu verwandeln.
                           Folgendes bewog den Verf., das Aluminium als Ursache der Wasserstoffgasentwicklung
                              anzunehmen: 1) Die Quantität Thonerde, welche er in den Roheisensorten fand, stand
                              immer zu der Quantität entwickelten Wasserstoffgases in einem viel constanteren
                              Verhältniß; 2) entdeckte er stets die schon erwähnten schwarzgrauen Körner, welche
                              in der Mitte der gelatinösen Kieselerdeklümpchen stets neben den Graphitschuppen
                              sich bei grauem Roheisen
                              einfinden. Sie haben ganz die Farbe und das Ansehen des pulverförmigen Aluminiums,
                              wie es nach der ursprünglichen Methode von Wöhler
                              mittelst Kalium erhalten wird. Daß das Aluminium sich in der Salzsäure nicht mit
                              auflöst, rührt vielleicht von der Verbindung desselben mit einem andern Elemente
                              her. Seitdem nun das neue Siliciumoxyd entdeckt ist, erscheint dieß vollkommen
                              ausreichend, für das entwickelte Wasserstoffquantum Rechnung zu tragen.
                           Die Quantität des aus den Roheisenrückständen entweichenden Wasserstoffgases gibt
                              übrigens einen guten Anhaltpunkt für die Quantität von wirklich grauem Roheisen,
                              welches in einem bestimmten Rohmaterial enthalten ist.
                           Die Hauptsache ist, daß man immer Säure von bestimmter Stärke anwendet. Je schwächer
                              die Salzsäure ist, desto größer ist die Quantität des von einer und derselben
                              Quantität Eisens bleibenden Rückstandes, auch wenn das Eisen monatelang mit der
                              Säure in Berührung bleibt. Es gibt jedoch einen Grad der Stärke der Säure, über
                              welchen hinaus der Rückstand von einem und demselben Eisen stets derselbe bleibt.
                              Man muß deßhalb nie sehr verdünnte, sondern mehr concentrirte Säure wählen. Der
                              Zutritt der Luft muß bei der Auflösung vermieden werden. Ferner ist stets Rücksicht
                              zu nehmen auf die Metalle und Metalloide, welche dem Roheisen noch beigemengt sind;
                              diese bilden oft ganz eigenthümliche, unerwartete Verbindungen, deren Entstehen
                              jedoch von gewissen Zufälligkeiten abhängt, über welche wir bis jetzt noch keine
                              sichere Controle besitzen.
                           Die flüchtigen, ins Gebiet der organischen Chemie gehörenden Producte, welche bei
                              Einwirkung von Salzsäure in verschiedenen Graden der Concentration auf Roheisen, das
                              zuerst mit Kalihydrat einmal oder wiederholt geschmolzen wurde, entstehen, sind
                              gleichfalls höchst merkwürdig und einer genaueren Untersuchung werth. Diese Producte
                              zerfallen erstens in flüchtige und feste Kohlenwasserstoffverbindungen, welche mit
                              dem sich entwickelnden Wasserstoffgas fortgehen, und zweitens in solche, welche bei
                              weißem Roheisen mit Kiesel, Kohle, Eisen, Schwefel, Phosphor verbunden im Rückstande
                              bleiben. So viel der Verf. ermitteln konnte, scheinen dabei die organischen Kerne
                              Elayl C₄H₄, Aethyl C₄H₅ die wichtigste Rolle zu spielen.
                              In dem Rückstande des weißen Roheisens fand er C₂H und C₅H. Die
                              Zusammensetzung des Kohlenwasserstoffs hängt wesentlich von der Starke der
                              angewendeten Säure ab. In unserer Quelle hat der Verf. über diese Producte noch
                              mehreres mitgetheilt.
                           Neben dem Arsenik spielt auch der Stickstoff, aber nur in den weißen Roheisensorten,
                              eine eigenthümliche Rolle. Der Verf. hat ihn, wie die oben angeführte Abhandlung
                              darthut, in allen englischen weißen Roheisensorten gefunden, so daß er den
                              Stickstoff gewissermaßen als wesentlichen Bestandtheil aller weißen Roheisensorten
                              annahm. Nun hat ihn bekanntlich Marchand im Roheisen,
                              welches er untersuchte, nicht gefunden, und der Verf. hat in mehreren deutschen
                              weißen Roheisen auch nur höchstens Spuren davon angetroffen. Daß indessen der
                              Stickstoff bei den Eisensorten, bei welchen der Verf. ihn als vorhanden angab, auch
                              gewiß vorhanden war, dafür kann er mit eben der Zuverlässigkeit stehen, als für die
                              Gegenwart von Silicium im Roheisen.
                           Um die merkwürdige Beziehung, in welcher die Gasquantitäten zu den Rückständen von
                              grauem und weißem Roheisen stehen, noch näher zu beleuchten, theilt der Verf. einige
                              Untersuchungen englischer und deutscher Roheisensorten mit. Wir werden die
                              Hauptergebnisse derselben später folgen lassen.