| Titel: | Ueber G. Kopp's Verfahren zur Gewinnung des Alizarins und Indigotins; Bericht von Gaultier de Claubry. | 
| Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. CXV., S. 428 | 
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                        CXV.
                        Ueber G. Kopp's Verfahren zur Gewinnung des Alizarins und
                           Indigotins; Bericht von Gaultier de
                              Claubry.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Juli 1859, S. 405.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
                        Ueber Kopp's Verfahren zur Gewinnung des Alizarins und
                           Indigotins.
                        
                     
                        
                           Das Garancin, welches durch Behandlung des Krapps mit
                              Schwefelsäure dargestellt wird, enthält einen großen Antheil nicht färbender
                              Substanzen, von welchen man das Alizarin mittelst Einwirkung der Wärme abscheiden
                              kann; wenn man aber beim Erhitzen des Garancins nicht die geeigneten Gränzen
                              einhält, so entstehen durch Zersetzung der organischen Substanzen verschiedenartige
                              Producte, besonders wenn man mit großen Quantitäten des Materials operirt; es war
                              daher wenig Hoffnung gegeben, von diesem Verfahren eine technische Anwendung machen
                              zu können. Hr. Kopp hatte aber den glücklichen Gedanken,
                              zu diesem Zweck den überhitzten Wasserdampf zu versuchen, dessen Anwendung ihm
                              Resultate lieferte, welche das Alizarin nach dieser
                              Methode im Großen darzustellen gestatten; man erhält dasselbe auf diese Weise zwar
                              nicht chemisch rein, aber in einem für die Färberei und den Zeugdruck ganz
                              geeigneten Zustande, daher er das Product Alizarine
                                 tinctoriale nennt.
                           Der gewöhnliche, unter dem Druck einer Atmosphäre oder auch bei höherem Druck
                              erzeugte Wasserdampf, dessen Temperatur aber nach seiner Bildung nicht erhöht worden
                              ist, wirkt zwar auf die Körper durch seine Temperatur, aber zugleich auch als
                              feuchter Dampf und veranlaßt folglich Reactionen welche von dieser Feuchtigkeit
                              abhängen. Ueberhitzt man ihn hingegen, indem man ihn durch Apparate ziehen läßt,
                              welche auf eine Temperatur von 300 bis 400° C. gebracht worden sind, so wirkt
                              er als heißer und trockener Körper, aber ohne Reactionen veranlassen zu können,
                              welche selbst ein träges Gas in Berührung mit denselben Substanzen veranlassen
                              würde. Der überhitzte Dampf kann daher zur Erzielung einer regelmäßigen Erhitzung
                              angewendet werden; die HHrn. Thomas und Laurens benutzten ihn zur Destillation der Schiefer, Hr.
                              Violette zu zahlreichen Operationen; die neue
                              Anwendung, welche Hr. Kopp von dem überhitzten Dampf gemacht hat, wird sich
                              ebenfalls als sehr nützlich erweisen.
                           Zur Gewinnung des Alizarins benutzt er das Garancin;
                              dasselbe braucht nicht so sorgfältig ausgewaschen worden zu seyn, wie behufs seiner
                              Anwendung in der Färberei. Man bringt es in einen metallenen Cylinder, der von einem andern Cylinder
                              umhüllt ist, in welchen man einen Strom des überhitzten Dampfes leitet, während ein
                              anderer Theil dieses Dampfes durch das Garancin zieht. Auf diese Weise werden alle
                              Theile des Garancins derselben Temperatur ausgesetzt, was nicht zu erzielen wäre,
                              wenn der Dampf bloß das Rohr ausfüllen würde, worin sich das Garancin befindet.
                           Ohne Zweifel ist dieser sinnreichen Anordnung das Gelingen der Operation
                              zuzuschreiben; als ich sie in einem einzigen Rohr wiederholte, lieferte sie mit nur
                              ungenügende Resultate;Wie früher den HHrn. Camille Köchlin und Heinrich
                                       Schlumberger; man s. polytechn. Journal Bd. LXXXV S. 204.A. d. Red. mit zwei concentrischen Röhren gelingt sie hingegen leicht.
                           Der Dampf strömt aus dem Kessel, worin er erzeugt wurde, durch ein gußeisernes Rohr,
                              welches in einem Ofen angebracht ist, und zieht, bevor er mit dem Garancin in
                              Berührung kommt, durch einen kugelförmigen Behälter, welcher mittelst einer
                              durchlöcherten Wand in zwei Abtheilungen getheilt ist und ein Thermometer
                              enthält.
                           Das Dampfleitungsrohr ist mit Hähnen versehen, mittelst deren man den Gang der
                              Operation dirigirt und welche gestatten direct Dampf auf das Product strömen zu
                              lassen, was manchmal nothwendig ist.
                           Das Condensationswasser reißt ein wenig Alizarin mit,
                              welches man in der Färberei verwenden kann.
                           Man erhält bei diesem Verfahren das Alizarin nicht in
                              Nadeln, wie nach der Darstellungsweise von Robiquet und
                              Colin, sondern in Körnern, und in diesem Zustande ist
                              es sowohl in der Färberei als zum Zeugdruck verwendbar. Ob in allen Fällen das
                              Garancin durch dasselbe ersetzt werden kann, ist eine Frage, welche die Erfahrung
                              noch nicht vollständig beantwortet hat; man benutzt aber bereits das Alizarin zu
                              bestimmten Zwecken (im Zeugdruck), daher Kopp's Verfahren
                              zur leichten und wohlfeilen Darstellung desselben sehr erwünscht seyn wird.
                           Bekanntlich gibt der Indigo beim Erhitzen violette Dämpfe aus, welche sich zu schönen
                              Nadeln von tiefblauer ins Purpurrothe stechender Farbe verdichten; es ist dieß das
                              Indigotin (reine Indigblau), welches man sich auch,
                              aber amorph, mittelst der Vitriolküpe verschaffen kann, oder nach Fritzsche's Verfahren mittelst Traubenzucker.Polytechn. Journal Bd. LXXXVI S.
                                       306. Behandelt man den Indigo mit überhitztem Wasserdampf wie das Garancin, so
                              liefert er Indigotin; die Temperatur muß aber höher seyn
                              und die Operation ist auch schwieriger zu leiten.
                           
                        
                           
                           Beschreibung des Apparats.
                           Fig. 15 ist
                              eine perspectivische Ansicht von Kopp's Apparat zur
                              Bereitung des Alizarins und Indigotins.
                           a ist der Dampfkessel, b das
                              Dampfleitungsrohr. C ist der Ofen zum Ueberhitzen des
                              Dampfes, welcher in denselben aus dem Rohr b durch das
                              Rohr d gelangt. e ist das
                              Rohr für den Austritt des überhitzten Dampfes.
                           g, h sind Hähne, womit man nach Belieben die Dampfmenge
                              reguliren kann, welche man überhitzen will. Ist z.B. der Hahn g geschlossen und der Hahn h geöffnet, so geht
                              sämmtlicher aus dem Kessel kommende Dampf in den Ueberhitzungsapparat und erlangt
                              darin eine Temperatur von 300 bis 350° C.; wenn hingegen der Hahn g geöffnet und der Hahn h
                              geschlossen ist, so überhitzt sich der Dampf nicht, sondern setzt direct seinen Weg
                              nach der Kammer M fort; wenn endlich beide Hähne zur
                              Hälfte geöffnet sind, so überhitzt sich die Hälfte des Dampfes, während die andere
                              Hälfte desselben im gewöhnlichen Zustande bleibt, und beide gelangen mit einander in
                              die Kammer M, wo ihre Vermischung bewerkstelligt
                              wird.
                           Die kugelförmige gußeiserne Kammer M ist mittelst einer
                              verticalen durchlöcherten Scheidewand, welche die Figur in punktirten Linien
                              anzeigt, in zwei Abtheilungen getheilt; sie hat den Zweck, die innige Mischung des
                              überhitzten und des gewöhnlichen Dampfes zu bewerkstelligen, indem dieselben durch
                              die Löcher der Scheidewand dringen müssen, um von der einen Abtheilung der Kammer in
                              die andere zu gelangen. In der zweiten Abtheilung der Kammer ist das Thermometer i angebracht, welches die Temperatur des Dampfgemisches
                              anzeigt.
                           Alle Röhren und die gußeiserne Kammer müssen mit einer dicken Schicht von die Wärme
                              schlecht leitenden Substanzen überzogen werden.
                           Der kupferne Cylinder M, welcher trockenes Garancin in
                              nußgroßen Stücken enthält, ist zwischen zwei Scheidewänden angebracht; dieser
                              Cylinder steht mit der Kammer M durch eine mit Hahn k versehene Röhre in Verbindung.
                           N ist ein anderer Cylinder, welcher den Cylinder j concentrisch umgibt und ebenfalls mit der Kammer M durch eine mit Hahn l
                              versehene Röhre in Verbindung steht, die dazu dient den Dampf um den Cylinder j circuliren zu lassen. Der Ueberschuß dieses Dampfes
                              entweicht in die Luft durch die mit Hahn m versehene
                              Röhre.
                           R ist der Kühlapparat, in welchen sich die
                              Destillationsproducte durch das mit dem Cylinder j in
                              Verbindung stehende Rohr p begeben.
                           
                           Gang der Operation. – Nachdem der zum Ueberhitzen
                              des Wasserdampfes dienende Ofen auf die Temperatur von 350° C. gebracht und
                              der Cylinder j mit Garancin gefüllt worden ist, beginnt
                              man im Cylinder N überhitzten Dampf circuliren zu
                              lassen, dessen Temperatur man nach und nach auf 180° C. steigert.
                           Da der Cylinder j und das Garancin bald dieselbe
                              Temperatur erlangt haben, so öffnet man den Hahn k,
                              welcher dem überhitzten Dampf in diesen Cylinder Zutritt gestattet; dann erhöht man
                              die Temperatur des Dampfes auf 200° und steigert sie allmählich auf
                              220°, hernach auf 230° und gegen das Ende der Operation sogar bis auf
                              240''.
                           Die Sublimation und die Destillation des Alizarins beginnen von ungefähr 200''
                              angefangen. Es entbindet sich ein orangegelber Dampf, welcher sich zu einem Pulver
                              von derselben Farbe verdichtet.
                           Man kann den Kühlapparat in zwei Theile abtheilen, wovon der eine eine Temperatur von
                              nahezu 100'' behält, wogegen der andere vollständig abgekühlt ist. Der größere Theil
                              des Alizarins verdichtet sich im ersteren.
                           Nach beendigter Destillation sammelt man das Alizarinpulver auf einem Filter.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
