| Titel: | Gewinnung des Kupfers aus armen Kupfererzen, nach J. Michell's Verfahren. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XIII., S. 31 | 
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                        XIII.
                        Gewinnung des Kupfers aus armen Kupfererzen, nach
                           J. Michell's
                           Verfahren.
                        Aus dem Mining Journal, 1860 S. 686, durch die
                           Wochenschrift des schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen, 1861, Nr.
                              2.
                        Michell's Verfahren zur Gewinnung des Kupfers aus armen
                           Kupfererzen.
                        
                     
                        
                           Die dem Lord Stanley gehörigen Kupfer- und
                              Bleigruben von Alderley Edge giengen im Sommer 1857 in die Hände des sehr tüchtigen
                              Hüttenmannes J. Michell aus Bristol über, der die
                              vernachlässigten Werke mit seltener Energie in Angriff nahm, so daß bis zum Juni
                              1860 24155 Tonnen Kupfererze gefördert und verarbeitet wurden. Die Erze finden sich
                              in dem jüngeren Buntsandsteine und bestehen aus einem beständig wechselnden Gemische
                              von arsensaurem, kohlensaurem, phosphorsaurem und reinem Kupferoxyd, die in einem
                              weißlichen Sandsteine eingesprengt sind, der häufig ziemlich beträchtliche
                              Quantitäten von Schwerspath enthält. Man findet dieses Erz nahe unter der Oberfläche
                              und bearbeitet es durch Tagebau, wie in einem Steinbruche. Das gebrochene Erz wird
                              in Wagen gebracht, die mittelst einer Dampfmaschine eine geneigte Ebene hinauf zu
                              der Quetschmühle gezogen werden.
                           Der Sandstein ist ziemlich weich, und so können große Massen desselben mittelst der
                              Quetschwalze verarbeitet werden. Die größten Stücke haben circa 1/2 Kubikzoll, die zerkleinerten Erze fallen in einen Wagen, der sie
                              mittelst einer kleinen Eisenbahn nach den 16 Ausziehbehältern schafft, die in einer
                              Reihe dicht neben einander liegen. Sie sind 11 Fuß lang, 8 Fuß breit und etwas über
                              4 Fuß tief, und theils aus 3zölligen Bohlen, theils aus Sandstein- und
                              Schieferplatten wasserdicht hergestellt. Die dazu nöthigen Schieferplatten bezieht
                              man aus Yorkshire.
                           
                           In den besagten Behältern liegt ein falscher, vielfältig durchlöcherter Boden von
                              Holz, über den erst eine Lage Reisig, dann eine Lage Stroh ausgebreitet wird. Eine
                              kleine hölzerne Pumpe ist an dem einen Ende des Behälters, und zwar so angebracht,
                              daß sie die durch den falschen Boden dringende Lösung ansaugt und bis über die
                              Randhöhe des Behälters emporhebt. Die Ausziehbehälter werden nun mit dem pulverigen
                              Erz bis etwa 3 Zoll unterhalb des Randes angefüllt, indem die Wagen unmittelbar
                              hinein entleert werden.
                           Das Erz wird geebnet, jedoch ohne es etwa mit den Füßen ungleichmäßig
                              zusammenzutreten. (Jeder Ausziehbehälter von den angegebenen Dimensionen faßt
                              ungefähr 9 Tonnen). Ist dieß geschehen, so läßt man so viel rohe Salzsäure
                              ausfließen, daß circa 3/4 des Kupfergehaltes gelöst
                              werden können. Die Säure muß das Erz im ersten Augenblicke vollständig bedecken, und
                              muß man etwaige Unregelmäßigkeiten in der Erzlage durch Ausgleichen mittelst einer
                              hölzernen Schaufel beseitigen. Hat die Säure im Herabsinken das Erz ganz
                              durchdrungen, und ist dabei von der Oberfläche verschwunden, so füllt man den
                              Behälter mit den Waschwassern aus anderen Behältern bis 2 Zoll unter dem Rande voll,
                              und setzt die Pumpe in Bewegung, womit man so lange fortfährt, als das specifische
                              Gewicht der Lösung noch zunimmt, worauf sie in den nächsten Fällungsbehälter gepumpt
                              wird. Das theilweise unzersetzte Erz wird dann nochmals mit einem Ueberschusse von
                              Salzsäure und zugesetzten Waschwassern. in ganz gleicher Weise behandelt, und
                              benutzt man die so erhaltene, noch stark saure Flüssigkeit zum Ausziehen der
                              nächsten Erzpartie. Das erschöpfte Erz wird mit reinem Wasser ausgewaschen, indem
                              man die Behälter vollständig damit anfüllt. Sobald die Oberfläche vollständig
                              kupferfrei erscheint, nimmt man dieselbe etwa einen Spatenstich tief ab, und
                              wiederholt das Auswaschen, bis man auf die Reisiglage kommt, die herausgenommen,
                              abgeschüttelt und wieder eingelegt wird, um zu einer neuen Operation zu dienen. Das
                              ganze Ausziehen dauert etwa 3 Tage, so daß man mit 16 Behältern leicht 1000 Tonnen
                              per Monat verarbeitet.
                           Der ausgeworfene erschöpfte Sand wird in Wagen verladen und durch Maschinenkraft nach
                              der Sandhalde geschafft. Das Kupfer wird in besonderen Fällungsbassins mittelst
                              Eisenabschnitzeln niedergeschlagen. Für je drei Ausziehbehälter rechnet man ein
                              Fällungsbassin. Sobald die Flüssigkeit kupferfrei, wird sie in einen Sammelbehälter
                              abgelassen und daraus in Vorrathsbehälter hinaufgepumpt, um dort für eine weiter
                              unten zu beschreibende Operation aufgehoben zu werden.
                           
                           Alle Monate werden die angesammelten Kupferniederschläge herausgenommen, indem man
                              sie von dem rückständigen Eisen abschweift. Das erhaltene Kupfer wird gut gewaschen,
                              getrocknet und in Fässer verpackt, um zum Schmelzen abgegeben zu werden. Es ergibt
                              bei der Analyse circa 75 Procent reines Kupfer. Das zur
                              Fällung angewendete Eisen besteht aus Eisendrehspänen, Abfällen von der
                              Weißblechfabrication, altem Weißblech (denen durch Behandeln mit Aetznatronlauge und
                              Bleioxyd das Zinn als zinnsaures Natron entzogen), Schwarzblech und altem verzinktem
                              Eisen. Die Abfälle vom Weißblech bilden das billigste Fällungsmittel, da sie in der
                              Nachbarschaft leicht für 30 Sh. per Tonne erhalten
                              werden können, während Schwarzblech mindestens 3 Pfd. Sterl. kostet.
                           Die Beimischung von Arsenik in dem Erze ist ein großer Nachtheil, da er durch das
                              Eisen gleichfalls im metallischen Zustande gefällt wird, dem Kupfer sich beimischt
                              und die Reinigung desselben sehr erschwert. Erst in neuester Zeit ist man dahin
                              gelangt, auf einfachem Wege das Arsenik vor der Kupferbildung zu beseitigen. Werden
                              2 Maaßtheile der frischen kupferhaltigen Lösung mit 1 Maaßtheile der Eisenlösung
                              gemischt und zum Kochen erhitzt, so fällt ein weißer Niederschlag von arsenigsaurem
                              Eisenoxyd, von schwankender Zusammensetzung, nieder, während gleichzeitig die
                              überstehende Flüssigkeit stark sauer wird.Die Formel der Zerlegung würde die folgende seyn: das Kupfererz enthält
                                    Arseniksäure, AsO⁵, die mit Salzsäure As Cl⁵ liefert. Die
                                    Eisenlösung enthält Eisenchlorür, FeCl; bei der Zerlegung beider erhält man
                                    arsenigsaures Eisenoxyd und Salzsäure. AsCl⁵ + 4 FeCl + 9 HO =
                                    AsO³ + 2 Fe²O³ + 9 ClH.A. d. Uebers. Man benutzt diese Reaction, indem man die kochende Flüssigkeit sammt dem
                              Niederschlage auf frisches Erz laufen läßt, und die erhaltene Lösung dann direct in
                              die Fällungsbehälter schafft. Die Erschöpfung des Erzes wird dann mit frischer Säure
                              beendet, diese Lösung mit der Eisenlösung (s. o.) gekocht, und von neuem auf
                              frisches Erz gebracht. Das arsenigsaure Eisenoxyd wird theilweise von dem Sande
                              zurückgehalten, theils setzt es sich als ein graulich-weißer, leichter
                              Niederschlag mit dem Kupfer ab, von dem es indessen leicht durch Abschlämmen
                              getrennt werden kann. Man spart so etwa 1/3 der Salzsäure, und erhält ein viel
                              besseres Kupfer, das fast ganz von Arsenik frei ist. Die großen Massen von
                              erschöpften Fällungsflüssigkeiten, die bis auf 20000 Gallons per Woche sich belaufen, enthalten, neben Eisenchlorür kleine Quantitäten
                              von Chlorkobalt und große von Chlormangan. Um daraus Salzsäure wieder zu gewinnen,
                              dampft man sie in eisernen Pfannen bis zu einem spec. Gewichte von 1,400 (in der Hitze) ein und läßt sie
                              dann in feinen Regen vertheilt, in einen Ofen einfließen, dessen Sohle aus Ziegeln
                              besteht, die mit Sand bedeckt sind und durch die darüber hinstreichende Flamme in
                              dunkler Rothglühhitze erhalten werden. Dadurch zerlegt sich das Eisenchlorid, in
                              Berührung mit dem Sande, in Eisenoxyd, Salzsäuregas und Wasserdampf, welche letztere
                              durch ein weites Steinzeugrohr in einen hohen gemauerten Thurm abziehen, der mit
                              harten Kohks angefüllt ist. Indem man denselben durch fortwährend auffließendes
                              Wasser naß erhält, wird das Salzsäuregas condensirt, und fließt am Fuße des Thurmes
                              als rohe Salzsäure ab, die von Neuem zum Ausziehen verwendet werden kann. So lange
                              es nicht gelingt, das Kobalt aus dem Eisenoxyd-Rückstande in hinreichender
                              Reinheit, besonders manganfrei auf billigem Wege zu gewinnen, und so lange der Preis
                              der rohen Salzsäure (von 23 Grad B.) nicht über 30 Sh. per Tonne steigt, ist das letztere Verfahren kaum zu empfehlen, da sich
                              die Kosten der wiedergewonnenen Säure nahezu ebenso hoch stellen, als die der
                              frischen. Wo dagegen der Preis der Salzsäure nur auf 35 Sh. steigt, ist der
                              angegebene Proceß von großer Wichtigkeit.