| Titel: | Ueber das Fuchsin und die Darstellung eines neuen blauen Farbstoffs mittelst Anilin; von Persoz, V. de Luynes und Salvetat. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XXI., S. 71 | 
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                        XXI.
                        Ueber das Fuchsin und die Darstellung eines neuen
                           blauen Farbstoffs mittelst Anilin; von Persoz, V. de Luynes und Salvetat.
                        Aus den Comptes rendus, März 1861, t. LII p.
                              448.
                        Persoz, über das Fuchsin u. die Darstellung eines neuen blauen
                           Farbstoffs mittelst Anilin.
                        
                     
                        
                           Prof. A. W. Hofmann hat bei seinen Versuchen über die
                              Wirkung des Zweifach-Chlorkohlenstoffs auf AnilinPolytechn. Journal Bd. CLIX S.
                                       391. eine neue Base entdeckt, welche der Formel
                              C³⁸H¹⁷N³ entspricht. Um sie zu reinigen und von
                              den beigemischten Substanzen zu trennen, braucht man sie nur mit kaltem Alkohol zu
                              waschen und einmal oder zweimal aus kochendem Alkohol krystallisiren zu lassen. In
                              diesem Falle krystallisirt die Base und im Alkohol bleibt eine prachtvoll
                              carmoisinrothe Substanz aufgelöst.
                           Im Verlauf unserer Untersuchungen über die gefärbten Abkömmlinge des Anilins
                              ermittelten wir auch, in welchem Verhältniß der von Hofmann erhaltene carmoisinrothe
                              Stoff zu dem von Renard und Franc in Lyon entdeckten rothen Farbstoff steht, welchen wir Fuchsinsäure genannt haben.
                           Wir fanden, daß zwischen diesen zwei Substanzen gar keine Analogie besteht. Der rothe
                              Farbstoff von Lyon ist nämlich in den Alkalien vollständig löslich und verhält sich
                              zu denselben wie eine wahrhafte Säure; er verbindet sich mit Ammoniak, Kali, Baryt
                              etc. zu löslichen Salzen; die Auflösungen dieser Salze, mit Essigsäure versetzt,
                              kann man benutzen, um in den reinsten Nüancen zu färben. Durch Behandlung mit
                              Alkalien konnten wir auch den gleichen Farbstoff aus dem im Handel unter
                              verschiedenen Benennungen vorkommenden Anilinroth ausziehen.
                           Als wir die Behandlung des Anilins mit Zweifach-Chlorkohlenstoff nach Hofmann's Verfahren wiederholten, erhielten wir ebenfalls
                              ein zähes Oel, welches
                              nach und nach krystallinisch und fest wurde, und überzeugten uns, daß der Alkohol,
                              welcher zum Reinigen der von ihm entdeckten Base gedient hatte, carmoisinroth
                              gefärbt blieb; die carmoisinrothe Farbe war aber nach den Umständen der Operation
                              mehr oder weniger rein.
                           Wie Hofmann angibt, fanden wir auch, daß das während der
                              Reaction gebildete, in Wasser unauflösliche Product, sich in Salzsäure auflöst, und
                              daß die salzsaure Lösung mit Kali einen schmutzigrothen Niederschlag gibt, welcher
                              sich in Alkohol auflöst und denselben stark carmoisinroth färbt. Hofmann glaubt, daß dieser Farbstoff identisch mit dem
                              eben besprochenen ist; wir haben aber Grund anzunehmen, daß dieß nicht der Fall ist,
                              sondern daß er ein Gemisch von zwei Farbstoffen, einem blauen und einem rothen
                              ist.
                           Da dieser carmoisinrothe Stoff den kochenden Alkalien widersteht, so muß er von der
                              Fuchsinsäure wesentlich verschieden seyn, und wenn bei Hofmann's Versuch diese Säure entstehen könnte, so würde man sie nur in
                              den alkalischen Flüssigkeiten finden, worin sie nur in höchst geringer Menge
                              vorkommt; auch müssen bei dem eingeschlagenen Verfahren gewisse Umstände, wie die
                              angewandte Temperatur, die Dauer des Versuchs etc. dem carmoisinrothen Farbstoff
                              gestatten, sich zu entwickeln oder bestehen Als wir nämlich dasselbe Gemisch,
                              welches sowohl im löslichen Theil als im Rückstande den carmoisinrothen Farbstoff
                              geliefert hatte, dreißig Stunden lang erhitzten, fanden wir, daß die bei der
                              Temperatur von 180° C. erhaltenen Producte diesen Farbstoff nicht mehr
                              enthielten.
                           Ueber dieses Resultat darf man sich nicht wundern, weil, wie wir uns überzeugt haben,
                              ein Gemisch von 3 Theilen festem Fuchsin und 10 Theilen
                              Zweifach-Chlorkohlenstoff, unter den eben angegebenen Umständen erhitzt, nur
                              noch hellgelb gefärbte Flüssigkeiten liefert. Der rothe Stoff ist ganz
                              verschwunden.
                           Wir erhielten sogar, indem wir die Temperatur, die Dauer des Versuchs und die
                              respectiven Verhältnisse des Anilins und des Zweifach-Chlorkohlenstoffs
                              modificirten, Producte, welche gewiß reicher an Farbstoffen waren als die von Hofmann erhaltenen. Das Fuchsin ist dann allerdings
                              vorhanden, aber nur wenn man den Versuch in dem Moment unterbrochen hat, wo es
                              entsteht. Es ist übrigens von dem von Hofmann
                              bezeichneten rothen Farbstoff begleitet, welcher vorwaltend ist und sich vom Fuchsin
                              durch seine Unauflöslichkeit in Kali unterscheidet.
                           Diese Beobachtungen veranlaßten uns natürlich zu versuchen, welches Resultat unter
                              den Umständen des Hofmann'schen Versuchs das Gemisch von wasserfreiem
                              Zinnchlorid und Anilin gibt, womit das Roch von Lyon dargestellt wird.
                           9 Grm. Zinnchlorid und 16 Grm. Anilin, dreißig Stunden lang in einer verschlossenen
                              Röhre auf die Temperatur von beiläufig 180° C. erhitzt, lieferten weder Roth
                              noch Violett, sondern ein sehr lebhaftes und sehr reines Blau, welches man nur mit Wasser zu behandeln braucht, um damit die
                              thierischen Fasern in den schönsten Nuancen zu färben.
                           Dieses Blau, welches den Säuren widersteht, wird durch die schwachen Alkalien
                              gedunkelt und verwandelt sich durch die concentrirten Alkalien in Violett. Da es
                              seine Nuance und seine Reinheit am künstlichen Licht beibehält, so wird es in der
                              Industrie bald Anwendung finden; wir wollen es Pariserblau (bleu de Paris) nennen.