| Titel: | Normand's Versuche zur Kohlenersparniß bei Dampfschiffen. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XXIV., S. 83 | 
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                        XXIV.
                        Normand's Versuche zur Kohlenersparniß bei Dampfschiffen.
                        Aus dem Cosmos, Januar 1861, t. XVIII p.
                              97.
                        Normand's Versuche zur Kohlenersparniß bei
                           Dampfschiffen.
                        
                     
                        
                           Hr. A. Normand
                              jun., Ingenieur in Havre, hat kürzlich durch Versuche am
                              Bord des „Furet“ den Erfolg gewisser Abänderungen constatirt,
                              welche er an der Maschine dieses Dampfschiffs angebracht hat. Diese bestehen
                              einestheils in der Ersetzung eines der beiden früheren Cylinder gegen einen solchen
                              von geringerem Durchmesser, und anderntheils in der Anwendung eines Röhrenkessels
                              mit einer Spannung von 6 Atmosphären, statt des alten Kessels von 2 Atmosphären.
                              Nachdem der Dampf in dem kleineren Cylinder den ersten Theil seiner Expansionskraft
                              ausgeübt hat, wird derselbe durch einen im Kessel selbst befindlichen
                              Ueberhitzungsapparat geleitet, wo er durch die Wirkung des umgebenden heißen und
                              gespannten Dampfes den Verlust an lebendiger Kraft, welchen er durch seine Abkühlung
                              und Condensation während der ausgeübten Expansions-Arbeit erlitten hat,
                              wieder ersetzt. Er erlangt dadurch wieder eine Spannung von 2 Atmosphären, während
                              er auf einer nicht hohen Temperatur blieb, und zieht so in den großen
                              Niederdruck-Cylinder, wo er den zweiten Theil seiner Expansions-Arbeit
                              liefert und hernach zum Condensator abzieht.
                           
                           Die Vortheile dieser Einrichtung sind folgende: die Ueberhitzung wird erst dann
                              ausgeführt, wenn Temperatur und Spannung des Dampfes so weit abgenommen haben, daß
                              eine Wärmezufuhr ohne Nachtheil bewirkt werden kann: diese Ueberhitzung selbst wird
                              nur durch die Masse hochgespannten Dampfes bewirkt, dessen bestimmte Temperatur nie
                              überschritten und ohne Schwierigkeit erreicht werden kann; endlich werden die
                              Vortheile des Hochdruckdampfes ohne dessen Nachtheil erhalten, indem der neue
                              Apparat unter den gewöhnlichen Umständen der jetzigen Dampfmaschinen arbeitet.
                           Die Erzeugung des Hochdruckdampfes in den Röhrenkesseln hat oft bedeutende
                              Schwierigkeiten, in Folge des aus dem Speisewasser sich absetzenden Kesselsteins.
                              Aus diesem Grunde ist die Anwendung des Hochdruckdampfes auf Seeschiffen ganz
                              unthunlich; kostspielige Versuche haben dieß im Krimkriege bei der französischen und
                              englischen Marine dargethan; die mit Hochdruckmaschinen versehenen Kanonenboote und
                              schwimmenden Batterien liegen seit jener Zeit als unbrauchbar im Hafen, da sie nicht
                              allein im Kampfe unzuverlässig, sondern auch nicht einmal im Stande sind, den von
                              den Kriegsschiffen im Frieden verlangten Dienst zu versehen.
                           Zu verschiedenen Malen sind Apparate mit Oberflächen-Condensation
                              vorgeschlagen und in Anwendung gebracht worden, in denen der condensirte Dampf
                              ungemischt mit dem Kühlwasser aufgefangen werden kann. Allein die Resultate blieben
                              unsicher und unzureichend, wie schon die große Zahl der Systeme, gegenüber der
                              geringen Zahl von Anwendungen darthut; ferner ist das große Volum der
                              Oberflächen-Condensatoren ein fast unübersteigliches Hinderniß für
                              Seeschiffe.
                           Bei der Maschine des „Furet“ geschieht die Condensation dagegen
                              in dem ursprünglichen Condensator mit gewöhnlicher Einspritzung; das Einspritzwasser
                              dagegen besteht aus einer großen Masse destillirten Wassers, welches fortwährend in
                              einem von kaltem Wasser umspülten Röhrenapparat abgekühlt wird. Hiedurch wird es
                              möglich, diesen Hülfsapparat an jedem beliebigen Ort des Schiffes aufzustellen, ja
                              ihn sogar außerhalb des Schiffsraumes anzubringen; die Ursachen der Abnützung und
                              der Undichtigkeiten des abkühlenden Röhrenapparates werden dabei fast gänzlich
                              vermieden.
                           Ein in Ronen angestellter Versuch hat folgende Resultate ergeben:
                           Abfahrt von Ronen um 1 Uhr 19 Min.; der „Furet“ kehrte um 2 Uhr
                              40 Minuten an der Spitze St. Georges um und kam um 4 Uhr 16 Min. nach Ronen zurück.
                              Die durchlaufene Strecke betrug demnach 58 Kilometer in 2 Stunden 57 Minuten. Der
                              Kohlenverbrauch bei einem Versuch von 2 St. 42 Min. betrug 250 Kilogr., oder 92
                              Kilogr. in der Stunde. Im
                              Mittel machten die Räder 46 Umdrehungen in der Minute.
                           Die Veränderungen am Schiffe selbst bestehen namentlich in der Erweiterung des
                              Verdeckes und der dadurch bewirkten Erleichterung des Verkehrs, so wie in
                              Verbesserungen im Innern zur Annehmlichkeit der Reisenden.