| Titel: | Anwendung des Wasserdampfes zum Löschen von Feuersbrünsten. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XXXVI., S. 114 | 
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                        XXXVI.
                        Anwendung des Wasserdampfes zum Löschen von
                           Feuersbrünsten.
                        Aus dem Cosmos, December 1860, t. XVII p.
                              741.
                        Anwendung des Wasserdampfes zum Löschen von
                           Feuersbrünsten..
                        
                     
                        
                           Es liegt uns endlich der Bericht vor, welcher von Hrn. Ober-Bergingenieur de
                              Saint-Léger im Namen einer Commission,
                              die aus Hrn. La Condamine, Oberster der
                              Sapeurs-Pompiers, Hrn. Ingenieur-Hauptmann Le
                                 Belin und Hrn. Ingenieur-Major Millerme
                              bestand, über das Verfahren des Hrn. Billat zum
                              Feuerlöschen erstattet worden ist. Hr. Billat löscht,
                              ähnlich wie Hr. Dujardin,Man s. über Dujardin's Vorschlag die Mittheilungen
                                    im polytechn. Journal Bd. CXXX S.
                                       153 und Bd. CL. S.
                                       317. das Feuer durch Wasserdampf; anstatt aber den im Dampfkessel schon
                              gebildeten Dampf auf das
                              Feuer zu richten, verwendet er dazu einen Wasserstrahl von 150 bis 160° C.,
                              welcher aus dem tieferen Theil eines Kessels von 4 bis 5 Atmosphären Dampfspannung
                              mittelst eines gewöhnlichen Feuerspritzen-Mundstückes aufs Feuer gerichtet
                              wird. Dieser Wasserstrahl verwandelt sich sofort bei seinem Austritt in Dampf, da
                              der Druck, welcher das Wasser flüssig erhielt, aufhört. Billat bringt also auf einer Oeffnung, ähnlich der Ausleerungsöffnung des
                              Kessels, mittelst einer Schraube einen Schlauch aus Leder, Kautschuk oder Hanfgewebe
                              an, der an seinem anderen Ende ein Mundstück trägt; er benutzt alsdann den hohen
                              Druck im Innern des Kessels, um einen Strahl des stark erhitzten Wassers, welches
                              sich sofort in Dampf verwandelt, auf das Feuer zu treiben. Es ist dieß ohne Zweifel
                              eine Verbesserung und zugleich eine Erweiterung der Ideen des Hrn. Dujardin; sie wird unter leicht zu erkennenden Umständen
                              wichtige Dienste leisten, obwohl es immer nur Wasserdampf ist, der das Feuer
                              löscht.
                           Wir lassen die Hauptstellen des Berichtes folgen, den wir als ein glückliches
                              Ereigniß und den Abschluß eines allzu langen Streites begrüßen.
                           
                              „Hr. Billat benutzt in seiner Fabrik zwei große
                                 Dampfkessel von je 12 1/2 und 15 Kubikmeter Inhalt. Sie speisen zwei Maschinen
                                 von 25 und 35 Pferdekräften. Beim Beginn des Versuches fand in diesen Kesseln
                                 ein Druck von 5 Atmosphären statt. An einem Ende des Hofes hatte Hr. Billat in einem Schuppen, welcher an einer seiner
                                 Seiten ganz offen war, eine Art Scheiterhaufen aus Holzstücken hergestellt, die
                                 mit Terpenthinöl übergossen waren. Nach geschehenem Anzünden brannte das Feuer
                                 bald mit großer Heftigkeit und erreichte vermittelst zweier in einer Ecke des
                                 Schuppens aufrecht stehen gebliebenen Breter die 5 Meter höher befindlichen
                                 Dachsparren, so daß sich eine Feuersbrunst weit über die beabsichtigten Grenzen
                                 zu entwickeln begann. Ein mit der Arbeit beauftragter Mann schraubte nun auf ein
                                 am Entleerungshahn eines der Kessel angebrachtes Röhrenstück einen Hanfschlauch
                                 von der üblichen Weite der Spritzenschläuche an, der mit einem gewöhnlichen
                                 Mundstück versehen war, welches man zum Schütze der Hand mit Holz bekleidet
                                 hatte. Der Schlauch hatte mehr als die erforderliche Länge, um das 25–30
                                 Meter entfernte Feuer zu erreichen. Nach dem Oeffnen des Ausleerungshahns wurde
                                 das Wasser in einem schönen Strahle auf das schon gefährlich werdende Feuer
                                 getrieben, welches er in wenigen Secunden dämpfte; kurz darauf waren auch die
                                 Trümmer gänzlich gelöscht. Der Versuch war vollkommen gelungen, und das Wasser
                                 im Kessel kaum um 10 Centimeter gesunken, so daß von demselben noch genug
                                 zurückblieb, um das Feuer unter dem Kessel nicht wegnehmen zu müssen.
                              
                           
                              Es wurde hierauf noch ein zweiter Versuch verabredet. Ein Aufseher war schon
                                 Abends vor demselben an Ort und Stelle gesandt worden, um vom Augenblicke an wo
                                 die Arbeiten aufhörten, bei den Oefen zu bleiben und darüber zu wachen, daß
                                 während der Nacht keine Veränderung vorgenommen würde, und daß insbesondere das
                                 Feuer, wie gewöhnlich, in der Nacht ausgelöscht blieb. Als des Morgens um 5 Uhr
                                 der Versuch seinen Anfang nehmen sollte, zeigte sich in den Kesseln noch ein
                                 Druck von 5 Atmosphären, in Folge der im Mauerwerk der Oefen zurückgehaltenen
                                 Wärme. Es wurden nun die früheren Proben, nur unter abgeänderten Umständen,
                                 wiederholt; je nachdem man nämlich den einen oder den anderen Kessel benutzte,
                                 erhielt man nach Willkür einen Strahl reinen Wassers, oder einen solchen von mit
                                 Wasser gemischtem Dampf. Dieser letztere konnte nicht wie der erstere von weitem
                                 treffen; man mußte ihn aus der Nähe auf das Feuer richten, allein seine Wirkung
                                 war ebenso vollkommen, wie die des Wassers von 158° C.
                              
                           
                              Unsere Versuche im Freien haben klar bewiesen, daß das Verfahren vortrefflich
                                 ist, daß ein Mann genügt, um die erforderlichen Vorbereitungen zu machen und das
                                 Feuer auszulöschen, so wie daß das erforderliche Material sich auf einen
                                 Hanfschlauch, einen Röhrenansatz mit Schraube und eine Schlauchspritze
                                 beschränkt.
                              
                           
                              Die Dampfkessel welche wir zu unseren Versuchen benutzten, waren groß und in
                                 Oefen von starkem Mauerwerk eingeschlossen, so daß sie lange Zeit einen
                                 Wärmevorrath behalten konnten. Da nun nicht alle Dampfkessel in dieser Weise
                                 eingemauert sind, so schien es uns wichtig zu untersuchen, ob selbst die gar
                                 nicht eingemauerten Kessel während des Stillstandes in der Nacht Hülfe leisten
                                 können. Zu diesen Proben wurden drei Locomobilen von 15, 9 und 4 Pferdekräften
                                 benutzt, welche Kessel von 1425, 900 und 370 Liter Inhalt besaßen. Sie hatten 8
                                 Std. 30 Min., 4 Std. 15 Min. und 3 Std. 35 Min. nach dem Auslöschen des Feuers
                                 noch einen Druck von 2 Atmosphären. Hieraus kann man den Schluß ziehen, daß alle
                                 Dampfkessel mit Sicherheit dazu dienen können, beginnende Brände auch noch
                                 mehrere Stunden nach der Unterbrechung des Feuerns zu löschen.
                              
                           
                              Das Verfahren des Hrn. Billat ist offenbar unwirksam
                                 bei einer schon weit fortgeschrittenen oder sehr ausgebreiteten Feuersbrunst,
                                 hat aber einen hohen Werth wegen der Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der
                                 geleisteten Hülfe beim Anfang eines Brandes; es reicht dazu ein einziger Mann
                                 und ein sehr geringes wohlfeiles Material aus, und es sind die Vorkehrungen dazu in einem
                                 mit Dampf versehenen Gebäude unbedeutend. Aus diesen Gründen ist es die
                                 einstimmige Ansicht der Commission, daß die Regierung Veranlassung nehmen möge,
                                 zur Anwendung dieses Verfahrens aufzumuntern, wozu die besten Mittel folgende
                                 seyn würden: 1) möglichste Verbreitung und Veröffentlichung der hierdurch
                                 festgestellten Thatsachen; 2) gleichzeitige Veröffentlichung einer kurzen
                                 Unterweisung über die Anwendung des Verfahrens und die dabei nothwendigen
                                 Vorsichtsmaßregeln.“
                              
                           Die Commission macht ferner darauf aufmerksam, daß durch Einführung dieses Verfahrens
                              und der entsprechenden Einrichtungen in Fabriken die Feuersgefahr sehr erheblich
                              vermindert und daher schon an Assecuranzprämien bedeutend gespart werden müßte, ja
                              daß unter günstigen Umständen eine Assecuranz gar nicht mehr als nothwendig
                              erscheinen werde; endlich hebt sich auch die Möglichkeit der Anwendung dieses
                              Verfahrens zum Löschen von Bränden bei Eisenbahnzügen hervor.