| Titel: | Die Photo-Zinkographie, ein Verfahren um photographisch Facsimiles von Manuscripten, Karten etc. hervorzubringen und dieselben auf Zink zur Vervielfältigung mittelst Abdruckens zu übertragen; vom Obersten H. James. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XLIII., S. 135 | 
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                        XLIII.
                        Die Photo-Zinkographie, ein Verfahren um
                           photographisch Facsimiles von Manuscripten, Karten etc. hervorzubringen und dieselben
                           auf Zink zur Vervielfältigung mittelst Abdruckens zu übertragen; vom Obersten H. James.
                        Aus dem British Journal of Photography durch den Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, October 1860, S. 621.
                        James, über die Photo-Zinkographie.
                        
                     
                        
                           Die Reproduction alter Manuscripte, Kupferstiche etc. mittelst der Photographie ist
                              ein Gegenstand von großer Wichtigkeit. Ich entschloß mich daher, das Resultat der
                              von mit gemeinschaftlich mit dem Capitän Scott darüber
                              angestellten Versuche zu veröffentlichen, wobei ich zugleich von dem Wunsche
                              geleitet wurde, die Aufmerksamkeit der Photographen auf diesen Gegenstand zu lenken
                              und durch deren Mitwirkung das Verfahren zu vervollkommnen. Der eigenthümliche
                              Vortheil, welchen dieses Verfahren darbietet, besteht darin, daß man mittelst
                              desselben von den vielen kostbaren Manuscripten, welche überall aufbewahrt werden,
                              authentische Copien erlangen und dieselben beliebig vervielfältigen kann, und zwar
                              zu einem Preise, welcher den Betrag von 10 Centimes für ein großes Blatt nicht
                              übersteigt. Dieß kann überdieß erreicht werden, ohne daß man das Original berührt,
                              ja man braucht dasselbe nicht einmal aus dem Behältniß worin es sich befindet,
                              herauszunehmen, sondern kann nöthigenfalls das Original durch eine in der Wand des
                              Behältnisses angebrachte Oeffnung auf den photographischen Apparat wirken
                              lassen.
                           Mit dem Namen Photo-Zinkographie bezeichnen wir die
                              Kunst, photographisch Facsimiles von Manuscripten, Karten und Gravirungen aller Art
                              hervorzubringen und dieselben auf Zink so zu übertragen, daß man sie abdrucken und
                              in gleicher Art wie eine Zeichnung auf lithographischem Stein oder auf Zink
                              vervielfältigen kann.Eine Notiz über dieses Verfahren wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLVII S. 289 mitgetheilt.
                              
                           
                           Der erste Theil des Verfahrens besteht darin, daß man ein Bild auf Glas erzeugt,
                              welches das zu reproducirende Document in seinen eigenen Dimensionen darstellt. Man
                              erreicht dieß mittelst des gewöhnlichen Verfahrens auf feuchtem Collodium; auf die
                              Herstellung dieses Bildes muß die größte Sorgfalt verwendet werden, denn alle Fehler
                              desselben kommen in den folgenden Operationen bis zum Endresultat wieder zum
                              Vorschein. Die Linsen, welche auf die Beschaffenheit des Bildes von großem Einfluß
                              sind, müssen so vollkommen als möglich seyn und ein Bild von der Größe des Originals
                              ohne merkliche Verunstaltung hervorbringen können. Die Linsen, welche das englische
                              Artilleriecomité benutzt, sind von verschiedenem Durchmesser, je nach der
                              Größe der zu reproducirenden Documente. Die größten haben 8 Zoll Durchmesser und 41
                              Zoll Haupt-Focaldistanz und sind im Stande, Bilder von 16 Quadratzoll ohne
                              Verunstaltung hervorzubringen; sie sind übrigens mit einem Diaphragma von 1 Zoll
                              Durchmesser versehen, welches 8 Zoll nach vorne gestellt ist.
                           Der Abstand der Linse von dem mattgeschliffenen Glase der Camera beträgt, wenn
                              letztere zur Hervorbringung eines Gegenstandes in seinen eigenen Dimensionen
                              angeordnet ist, 7 Fuß 3 Zoll, und ebenso groß ist der Abstand der Linse von dem
                              Gegenstande selbst.
                           Die beste Methode, die Camera und die Linse in ihren relativen Stellungen zu
                              adjustiren, wenn es sich darum handelt, ein Bild zu erlangen, dessen Dimensionen
                              denen des Originals gleich sind, besteht darin, daß man durch directe Messung eine
                              der linearen Dimensionen des letzteren bestimmt und dann dessen Abstand von der
                              Linse so lange ändert, bis das Bild auf dem mattgeschliffenen Glase genau dieselben
                              Dimensionen hat. Man erreicht dieß leicht durch Probiren und indem man die Fehler
                              corrigirt. Wenn die Linse und die Camera gehörig eingestellt sind, bedeckt man die
                              Glasplatte mit der empfindlichen Schicht, exponirt, entwickelt und fixirt in
                              gewöhnlicher Manier. Nach dem Fixiren wird die Glasplatte in eine gesättigte
                              Auflösung von Quecksilberchlorid getaucht. Wenn die Schicht unter der Einwirkung
                              dieses Salzes weiß geworden ist, wäscht man mit Wasser und dann mit einer Lösung von
                              Ammoniumsulfhydrat (Schwefelammonium), welche durch Vermischen von 1 Theil des im
                              Handel vorkommenden Ammoniumsulfhydrats mit 10 Theilen Wasser bereitet ist.
                           Auf diese Art wird der Grund des Bildes ausnehmend intensiv, ohne daß die Feinheit
                              der Zeichnung afficirt wird. Das Bild wird nachher getrocknet und mit einem Firniß
                              überzogen, worauf es zur Anwendung geeignet ist.
                           Beschäftigen wir uns jetzt mit der Bereitung des empfindlichen Papiers. Bei demselben
                              kommt zunächst auf die Qualität des Papiers selbst sehr viel an; wir haben
                              verschiedene Papiersorten präparirt, und dabei gefunden, daß ein
                              halbdurchscheinendes Papier mit glatter Oberfläche, welches im Handel unter dem
                              Namen „Zeichenpapier für Kupferstecher“ bekannt ist, unserem
                              Zweck am besten entspricht. Zur Präparation des Papiers bereitet man eine Auflösung
                              von 3 Theilen arabischem Gummi in 4 Theilen destillirtem Wasser. Andererseits
                              sättigt man kochendes Nasser mit zweifach-chromsaurem Kali und mischt dann 2
                              Theile dieser Lösung mit 1 Theil der Gummilösung, indem man das Ganze bei einer
                              Temperatur von 93° C. erhält. Das Papier wird mittelst eines flachen Pinsels
                              mit dieser warmen Flüssigkeit überzogen, getrocknet und dann in gewöhnlicher Art
                              unter dem negativen Bilde der Einwirkung des Sonnenlichtes ausgesetzt. Die zur
                              Hervorbringung des Bildes nöthige Zeit variirt von 10 Minuten im zerstreuten Lichte
                              bis zu 2 Minuten im vollen Sonnenlicht. Es kommen aber Tage vor, an denen selbst
                              eine 20 Minuten dauernde Exposition nicht ausreicht, um einen guten Abdruck
                              herzustellen; in einem solchen Falle wartet man lieber zur Erzeugung des Bildes eine
                              günstigere Zeit ab, da man kein gutes Resultat erlangen würde. Die Dauer der
                              Exposition wird nach dem Ansehen des Bildes bestimmt; wenn alle Details deutlich
                              hervorgetreten sind, nimmt man es aus dem Rahmen heraus.
                           Man muß nun die ganze Oberfläche des so erzeugten Bildes mit einer dünnen Schicht
                              einer fettigen Schwärze überziehen, die aus folgenden Stoffen bereitet wird:
                           
                              
                                 Leinölfirniß
                                 4,50 Theile
                                 
                              
                                 Wachs
                                 4,00     „
                                 
                              
                                 Talg
                                 0,50     „
                                 
                              
                                 Venetian.
                                    Terpenthin      
                                 0,50     „
                                 
                              
                                 Mastix
                                 0,25     „
                                 
                              
                                 Ruß
                                 3,50     „
                                 
                              
                           Man löst eine gewisse Quantität dieser Mischung in
                              Terpenthinöl auf, so daß man eine Flüssigkeit von dünner Rahmconsistenz erhält,
                              welche sich leicht auf der Oberfläche des Bildes anbringen läßt. Die Consistenz
                              dieser Flüssigkeit ist übrigens nicht in allen Fällen gleich, sondern es richtet
                              sich nach der Art des zu reproducirenden Gegenstandes, ob man die fettige Schwärze
                              mehr oder weniger mit Terpenthinöl verdünnen muß. Wenn der Gegenstand von Heller
                              Natur ist, wenn es sich z.B. um einen Kupferstich mit groben Strichen handelt, so
                              muß die Lösung viel dicker seyn, als wenn man einen mehr beladenen Gegenstand
                              reproduciren will. Die rechte Consistenz kann übrigens in jedem Falle nur durch
                              Erfahrung bestimmt werden.
                           
                           Nachdem man das Bild mit der fettigen Schwärze überzogen hat, läßt man es eine halbe
                              Stunde lang liegen, damit das Terpenthinöl verdunstet, und legt es dann einige
                              Minuten lang, die Rückseite nach unten, auf warmes Wasser. Nachdem es von demselben
                              wieder abgenommen ist, bringt man es, die Bildfläche nach oben, auf eine
                              Porzellanplatte. Die Oberfläche des Bildes wird nun mittelst eines Schwammes, der
                              mit warmem Gummiwasser imprägnirt ist, leicht gerieben; die Schwärze wird dabei von
                              denjenigen Stellen, auf welche das Licht nicht gewirkt hat, mit Leichtigkeit
                              weggenommen, während sie dagegen selbst an den kleinsten durch die Lichteinwirkung
                              gezeichneten Details mit Zähigkeit adhärirt. Wenn die Zeichnung in dieser Art gut
                              erhellt ist, bringt man das Bild in eine flache Schals und wäscht es zuerst mit
                              warmem und dann mit kaltem Wasser. Nachdem es sodann getrocknet ist, kann es auf
                              Zink oder Stein übertragen werden.
                           Für diese Uebertragung können zwei Methoden angewendet werden, je nach der Quantität
                              von Schwärze, mit welcher das Bild beladen ist. Hat man nach Maaßgabe der
                              Beschaffenheit des Originals nur wenig Schwärze angewendet, so findet die
                              Uebertragung nach dem anastatischen Verfahren statt. Die Zinkplatte wird in diesem
                              Falle mit Smirgel polirt und möglichst glatt gemacht. Das Bild wird 10 Minuten lang
                              zwischen zwei Papierblätter gelegt, welche vorher ganz gleichmäßig mit einer
                              Mischung von 1 Theil concentrirter Salpetersäure und 5 Theilen Wasser benetzt
                              wurden. Man legt andererseits ein mit der Säure imprägnirtes Papierblatt auf die
                              Zinkplatte und läßt diese dann sammt dem Papierblatt durch eine Walzenpresse gehen,
                              wobei eine leichte Aetzung der Platte durch die Säure stattfindet. Man nimmt das
                              Papierblatt sodann wieder von der Zinkplatte ab und befreit dieselbe mittelst
                              Fließpapier sorgfältig von der auf ihr entstandenen Schicht von salpetersaurem
                              Zinkoxyd. Das Bild wird nun, und zwar die Bildfläche nach unten, auf die Platte
                              gelegt, worauf man das Ganze wieder durch die Presse gehen läßt. Nachdem dieß
                              geschehen ist, löst man das Papier von der Platte ad, gummirt die nun auf die Platte
                              übertragene Zeichnung und reibt sie gelinde mit einem Schwamm, welcher mit
                              Buchdruckerschwärze, die mit Baumöl vermischt wurde, getränkt ist. Wenn alle Details
                              hinreichend kräftig zum Vorschein gekommen sind, ätzt man die Platte mit einer sehr
                              concentrirten Lösung von Phosphorsäure in Gummiwasser; die Stärke dieser Lösung wird
                              darnach bestimmt, daß ein Tropfen derselben, 3 Minuten lang auf eine polirte
                              Zinkplatte gebracht, dieselbe schwach färbt und die Politur wegnimmt. Die auf der
                              Platte vorhandene Zeichnung kann nun in gewöhnlicher Weise abgedruckt werden.
                           
                           Wenn man eine größere Quantität Schwärze angewendet hat, ist das Verfahren der
                              Uebertragung etwas anders. Die Platte wird dann durch Reiben mit feinem Sand und
                              Wasser vorbereitet, worauf man ihr mittelst einer Motette von Zink ein körniges
                              Ansehen gibt. Das Bild wird 10 Minuten lang zwischen den Papierblättern, welche so
                              gleichmäßig als möglich benetzt sind, gelassen. Man legt es dann, die Bildfläche
                              nach unten, auf die Platte, bedeckt es mit 3 oder 3 Papierblättern und läßt das
                              Ganze durch die gewöhnliche lithographische Presse gehen. Nachdem die Papierblätter
                              wieder weggenommen sind, befeuchtet man die Rückseite des Bildes mit Gummiwasser,
                              bis die Adhärenz des Papiers an der Platte so schwach geworden ist, daß man dasselbe
                              leicht von derselben ablösen kann. Nachdem dieß geschehen ist, wird die nun auf die
                              Platte übertragene Zeichnung nach dem beschriebenen anastatischen Verfahren geätzt
                              und sodann mit einer Walze, die mit durch Terpenthinöl verdünnter
                              Buchdruckerschwärze imprägnirt ist, bearbeitet, worauf sie zum Abdruck geeignet ist.
                              Das photographische Bild kann übrigens ebenso gut auf Stein als auf eine gekörnte
                              Zinkplatte übertragen werden; die Oberfläche des Steins wird in diesem Falle ebenso
                              präparirt, wie beim gewöhnlichen lithographischen Verfahren.
                           Nachdem die Methoden der Uebertragung angegeben sind, kommen wir auf die Umstände
                              zurück, welche die Quantität der anzuwendenden Schwärze und folglich die Art der
                              Uebertragung bedingen. Die Quantität von Schwärze, welche man auf dem
                              photographischen Bilde anbringen muß, um eine gute Uebertragung zu erlangen, ist
                              größer, wenn die Uebertragung auf eine gekörnte Zinkplatte, als wenn sie auf Stein
                              stattfinden soll, aber unter allen Methoden erfordert das anastatische Verfahren die
                              geringste Menge Schwärze.
                           Die Wirkung, welche das warme Wasser, in welches man das Bild taucht, auf das
                              unlösliche Gummi ausübt, besteht darin, das es dasselbe aufbläht und folglich die
                              Schwärze ausdehnt, welche somit die durch das unlösliche Gummi gebildeten Linien
                              überschreitet. Wenn daher der Gegenstand sehr beladen ist, d.h. wenn die Linien
                              dicht zusammen stehen, wie bei einem feinen Kupferstich, so ist die Verbreiterung
                              dieser mit Schwärze versehenen Linien hinreichend, um dieselben, wenn das Bild im
                              Wasser ist, mit einander in Berührung zu bringen, und sie können sich dann nachher,
                              wenn sie wieder erkaltet sind und das Gummi seinen früheren Zustand wieder
                              angenommen hat, nicht wieder von einander trennen, so daß man auf dem trockenen
                              Bilde statt einer Aufeinanderfolge von Linien nur einen continuirlichen Schatten
                              findet. In einem solchen Falle muß man so wenig als möglich Schwärze anwenden und
                              dieselbe nicht zu dick machen; andererseits muß die Uebertragung auf eine glatte Fläche
                              nach dem anastatischen Verfahren stattfinden, denn um auf einer Stein – oder
                              auf einer gekörnten Zinkplatte ein gutes Resultat zu erzielen, ist es nothwendig,
                              daß eine beträchtliche Menge Schwärze angewendet werde.
                           Andererseits ist es, da die von einer gekörnten Platte oder einem Stein genommenen
                              Abdrücke immer besser sind, als die von einer glatten Fläche erhaltenen, und da
                              erstere eine viel größere Zahl von Abdrücken zu nehmen gestattet, in dem Fall, wo
                              der Gegenstand so wenig beladen ist, daß ein Zusammenfließen der Linien nicht zu
                              befürchten steht, besser, mehr Schwärze zu benutzen und eine gekörnte Platte
                              anzuwenden.