| Titel: | Die Entwässerungs-Maschine für die Gemarkungen Oppenheim, Dienheim und Ludwigshöhe im Großherzogthum Hessen. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LII., S. 179 | 
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                        LII.
                        Die Entwässerungs-Maschine für die
                           Gemarkungen Oppenheim, Dienheim und Ludwigshöhe im Großherzogthum Hessen.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Ueber die Entwässerungsmaschine der Gemarkungen Oppenheim, Dienheim
                           und Ludwigshöhe etc.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich tritt nicht feiten, trotz der Rheindämme, das im Strombette gestiegene
                              Wasser in das hinter den Dämmen liegende Gelände durch die Adern der Erde ein, und
                              bleibt da in, mit seinem eigenen Stande, horizontaler Linie so lange stehen, bis es
                              wieder fällt. Wenn man nun auch diese Quellen da, wo es mehr in einzelnen Stellen
                              vorkommt, durch Umdämmung derselben (Kolche) – durch sogenannte Quelldämme
                              unschädlich zu machen weiß, so hat dieß aber um so größere Schwierigkeit da, wo das
                              Bett des Rheins bei seiner Rectification in ein neues, seinen früheren
                              Ueberschwemmungen und ihrem Schlick-Absatz nicht ausgesetzt gewesenes Terrain
                              gelegt worden, zumal wenn das letztere im Untergrund aus demselben Kiese besteht,
                              welcher auch das Bett des Rheines bildet und mit diesem in fortlaufender Verbindung
                              steht. Hier triit das Quellwasser nicht bloß aus einzelnen Adern, sondern über der
                              ganzen Oberfläche zu Tag. Ein solcher Fall liegt u.a. in den Gemarkungen der
                              genannten Stadt und Orte vor, wozu dort noch kommt, daß sobald das Wasser im Rheine
                              die Höhe von 6 1/2 Fuß Pegel erreicht, die Schleußen der Dämme geschlossen werden
                              müssen, um das Zurücktreten des Rheinwassers in die Ebene zu verhüten. Daß mit
                              diesem Abschließen dann aber auch das Wasser des Binnenlandes keinen Abfluß mehr
                              finden kann, ist wohl ebenso einleuchtend, wie es eine nothwendige Folge ist, daß
                              mit jenem Abschließen sofort auch die Ueberschwemmung des Binnenlandes beginnen muß
                              und daß, so lange dem Rheine kein tieferes und breiteres Bett gegeben ist, Abhülfe
                              in wirksamer Weise nur durch Aus- und Ueberpumpen des Quell- und
                              Binnenwassers möglich seyn dürfte.
                           Von dieser Ueberzeugung ausgehend, haben die erwähnten Gemeinden die Veranstaltung
                              einer Einrichtung dazu beschlossen. Je erheblicher der Kostenpunkt, insbesondere
                              aber der Umstand war, daß für dieses Unternehmen ähnliche Vorgänge als Anhalt bei
                              uns nicht vorlagen, um so größere Umsicht war geboten. Recherchen nach solchen in
                              Bezug auf die Entwässerungsanstalten des Haarlemer Meeres und diejenigen in der
                              Lombardei und im Venetianischen ergaben insofern keinen Anhalt, als es dort zunächst um die
                              Trockenlegung eines Binnensees sich handelt, hier dagegen mehr um Entwässerung von
                              durch Aussickerung höher liegender Flußbette, Regenfall etc. unter Wasser gesetzt
                              werdender und bei hohem Wasserstande der Vorfluth entbehrender Niederungen, nicht
                              aber um eine Entwässerung von der vorliegenden Eigenthümlichkeit.
                           In Uebereinstimmung mit dem Gutachten des von den Gemeinden consultirten Technikers,
                              des Directors der Taunuseisenbahn, Hrn. Wernher, und der
                              von der großherzoglichen Staatsregierung darüber vernommenen (des Oberbauraths Grimm und der Regierungsräthe Rößler und Zeller) wurde der Bau einer
                              Wasserhebmaschine (Turbine) beschlossen. Bei der eröffneten öffentlichen Concurrenz
                              übernahm die Arbeit die Maschinenfabrik der HH. Fries und
                              Comp. zu Sachsenhausen um die Summe von 13,400 fl.
                              Die Dampfmaschine von 50 Pferdekräften fördert per
                              Secunde 88 Kubikfuß Wasser auf 6 1/2 Fuß Höhe oder in einer Stunde 32,000 großh.
                              Hess. Ohm. Die Gesammtsumme für das Maschinenhaus und die Maschinen beläuft sich auf
                              46,000 fl. Mitte October 1856 wurde das Werk vollendet und die Probe desselben fiel
                              ganz nach Erwarten aus.
                           Während in den Jahren 1857 und 1858 es der Anwendung der Entwässerungsmaschine nicht
                              bedurfte, mußte dagegen im Jahre 1859 wegen des hohen Wasserstandes im Rhein die
                              Rheinschleuße von Anfang April bis Ende Juli geschlossen bleiben. In dieser Zeit
                              erschien an vielen Stellen der Rheinebene Quellwasser in größerer Menge und wurde
                              durch einige heftige Regengüsse das Binnenwasser bedeutend vermehrt, so daß in den
                              betheiligten drei Gemarkungen nach der Annahme der dortigen Landwirthe wohl 620
                              Morgen Ackerland ganz unter Wasser gesetzt worden wären. Dieser Schaden wurde durch
                              die Entwässerungsmaschine verhütet. Sobald nämlich das Binnenwasser alle Gräben
                              angefüllt und damit eine Pegelhöhe von 8 Fuß erreicht hatte, wurde die Maschine in
                              Betrieb gesetzt und ihr Effect war ein so bedeutender, daß schon nach 36 Stunden das
                              Binnenwasser am Pegel 3 Fuß abgenommen hatte und der Gang der Maschine, weil das
                              Wasser in den Gräben bei dem vorhandenen geringen Gefäll nicht in genügendem Maaße
                              herbeifließen konnte, auf einige Zeit ausgesetzt werden mußte. Mit solchen
                              Unterbrechungen und je nach dem Anwachsen des Binnenwassers wurde die Maschine in
                              dem oben bemerkten Zeitraum nur 90 Stunden lang in Thätigkeit gesetzt und hierdurch
                              bei einem zwischen 12 bis 14 Fuß hohen Rheinwasserstand die Rheinebene wasserrein
                              erhalten.
                           Die Maschine, welche auf 66 Pferdekräfte gesteigert werden kann, während jener Zeit
                              aber nur mit 40–50 Pferdekräften arbeitete, hat mehr geleistet, als
                              vertragsmäßig bestimmt ist; denn sie hat das Wasser statt 6 Fuß 8 Fuß hoch gehoben
                              und dabei per Pferdekraft und Stunde nur einen
                              Kohlenverbrauch von circa 4 Pfund gezeigt, während
                              solcher vertragsmäßig auf 8 Pfund bestimmt war.
                           Die Bürgermeisterei Oppenheim berechnet den Schaden, welcher im Jahre 1859 durch die
                              Maschine verhütet wurde, auf 24,800 fl., mithin gerade auf die Hälfte der Kosten,
                              welche die Erbauung des Maschinenhauses, die Anschaffung der Maschine etc. veranlaßt
                              haben.
                           Das Jahr 1860 war durch Quellwasser für die Ernteerträge der tiefgelegenen Felder
                              innerhalb des Rheindammes in den Gemarkungen Oppenheim, Dienheim und Ludwigshöhe
                              ebenso gefährlich, als das Jahr 1853. Die Schleuße war im Jahr 1860 von Mitte März
                              bis Ende October zu. Die mittleren Wasserstände in den Monaten April bis Ende
                              October in den Jahren 1853 und 1860 am Pegel der Oppenheimer Schleuße oberhalb des
                              Dammes differirten nur um Weniges. Im Jahr 1853 stieg das Quellwasser am Pegel der
                              Oppenheimer Schleuße über 10 Fuß; in Folge dessen wurden damals fast sämmtliche
                              Felder der genannten Gemarkungen, circa 2700 Morgen,
                              unter Wasser gesetzt und die Ernte von sämmtlichen Feldern vernichtet.
                           Im Jahr 1860 wurde das Wasser am Pegel der Oppenheimer Schleuße innerhalb des Dammes
                              durch die Entwässerungsmaschine auf einer mittleren Höhe von 7,2 Fuß gehalten, bei
                              welchem Wasserstand fast sämmtliche Felder genannter Gemarkungen von Quellwasser
                              frei blieben, mit Ausnahme einiger sehr tief gelegenen Felder (Lachen) und einiger,
                              die noch nicht durch Abzuggräben mit der Maschine in directer Verbindung stehen.
                              Diese Felder betrugen etwa 1 1/2 bis 2 Proc. der zu entwässernden Fläche.
                           Die Maschine war 68 Tage, per Tag 12 Stunden, im Gang und
                              die Kosten betrugen:
                           
                              
                                 für Kohlen
                                 
                                 2000 fl.
                                 
                              
                                   „  Dienstpersonal
                                 
                                 200 fl.
                                 
                              
                                   „  Oel und
                                    Putzmaterial
                                 
                                 150 fl.
                                 
                              
                                   „  Reparaturen
                                 
                                 100 fl.
                                 
                              
                                 Zinsen vom Baucapital
                                 
                                 2350 fl.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 Zusammen
                                 4800 fl.
                                 
                              
                           Es ist anzunehmen, daß die Ernte von 2000 Morgen vollständig durch den Betrieb der
                              Maschine gerettet wurde, mithin betragen die Kosten per
                              Morgen 2 fl. 24 kr. Wird der Ertrag eines Morgens nur gering – auf 25 fl.
                              – angeschlagen (die dem Wasser ausgesetzten Felder sind von vorzüglicher Güte), so
                              ergibt sich für das Jahr 1860 nach Abzug der Kosten ein aus der Entwässerungsanlage
                              erzielter Ertrag von mehr als 45,000 fl.Vorstehende Notizen sind den amtlichen Berichten entnommen, welche in der
                                    „Zeitschrift für die landwirtschaftlichen Vereine des
                                       Großherzogthums Hessen“ (1856 Nr. 53, 1859 Nr. 43 und 1861
                                    Nr. 1) erschienen.
                              
                           
                        
                           Beschreibung der
                                 Entwässerungsmaschine.
                           Diese Maschine besteht aus einer, von einer Dampfmaschine von 50 Pferdekräften
                              getriebenen Kreiselpumpe, Fig. 1 und 2, welche der vom
                              Maschinenfabrikanten L. Schwarzkopf in Berlin im Jahr
                              1854 zu den Grundbauten für die Regulirung der schwarzen ElfterBei der Regulirung der schwarzen Elster besteht das Hauptprincip darin, für
                                    die Zeit des Hochwassers die Wassermenge so schnell wie möglich in den
                                    nächsten Recipienten, die Elbe, zu entsenden. ausgeführten und in Erbkam's Zeitschrift für
                              Bauwesen, V. Jahrgang, S. 107 beschriebenen Wasserhebungsmaschine, ganz ähnlich ist.
                              Da bei der Entwässerungsmaschine die Höhe, auf welche das Wasser gehoben werden muß,
                              nur sehr gering ist, so konnte auch das dort angewandte eiserne Steigerohr sammt den
                              Directionsschaufeln weggelassen werden, und das Wasser hebt sich bei der
                              Entwässerungsmaschine einfach in einem ausgemauerten niederen Schachte.
                           Die eigentliche Pumpe besteht aus einem gußeisernen, unten durch einen Boden
                              geschlossenen Trichter a, an dessen cylindrischem Theile
                              sechs Eintrittsöffnungen für das zu hebende Wasser angebracht sind. Mitten auf dem
                              Boden des Trichters befindet sich die Pfanne, in welcher sich die verticale Achse
                              des zweiten, beweglichen Pumpentheiles d dreht.
                           Dieser ist ebenfalls ein trichterförmiger Körper, welcher so ausgeschweift ist, daß
                              die beiden Trichter nach oben zu sich allmählich einander nähern, so daß die lichte
                              Weite zwischen denselben allmählich kleiner wird, in dem Maaße als die
                              Geschwindigkeit des Wassers in der Pumpe zunimmt. Die untere Seite des Trichters b ist mit Schaufeln besetzt, welche dem Wasser worin die
                              Pumpe steht, Centrifugalkraft ertheilen, in Folge deren dasselbe oben aus dem
                              feststehenden Trichter a ausgeworfen und dann einfach in
                              die Höhe gedrängt wird, weil beständig neues Wasser von der Pumpe geliefert
                              wird.
                           Daß der rotirende Theil d der Pumpe auf der verticalen
                              Welle g festgekeilt ist, versteht sich von selbst.
                              Dieselbe Welle trägt oben ein conisches Getriebe, das mit dem Rade f
                              im Eingriffe ist. Dieses letztere ist direct auf die Schwungradwelle der
                              Dampfmaschine aufgesteckt.
                           Zufluß- und Abflußcanäle sind in der Zeichnung selbst mit Worten bezeichnet,
                              so daß dieselben keiner weiteren Erläuterung bedürfen.
                           
                        
                     
                  
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