| Titel: | Ueber den Dampfmaschinen-Regulator der HHrn. Farcot und Sohn, Mechaniker zu Saint-Ouen; Bericht von Tresca. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXII., S. 243 | 
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                        LXXII.
                        Ueber den Dampfmaschinen-Regulator der
                           HHrn. Farcot und Sohn, Mechaniker zu Saint-Ouen; Bericht von Tresca.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Januar 1861, S. 4.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Ueber Farcot's Dampfmaschinen-Regulator.
                        
                     
                        
                           Der Zweck und die Einrichtung der gewöhnlichen Dampfmaschinen-Regulatoren sind
                              bekannt. Die Wirkung derselben ist indessen nur in sehr geringen Grenzen der
                              Arbeitsveränderung eine sichere und bei gewissen Maschinen, wie z.B. bei Walzwerken,
                              welche im Augenblick der Arbeit nicht selten den Widerstand verzehnfachen, sind sie
                              ganz wirkungslos.
                           Die HHrn. Farcot und Sohn haben
                              einen Regulator mit Kugeln construirt, welcher das Problem der constanten
                              Geschwindigkeit der Dampfmaschine auch bei dem ungleichsten Kraftverbrauch lösen
                              soll.
                           Es sey die Normalgeschwindigkeit z.B. 30 Umdrehungen; wird nun weniger Kraft
                              verbraucht, so wird der Gang der Maschine schneller und der Regulator wird die
                              Eintrittsöffnung für den Dampf mehr oder weniger schließen, indem sich die Kugeln
                              schon beim ersten Zunehmen der Geschwindigkeit weiter von einander entfernen. Aber
                              dieses Schließen der Dampföffnung ist dasjenige, welches für die neue Arbeit der
                              Maschine paßt, und es ist nicht möglich, die alte Geschwindigkeit und die neue
                              Arbeit zugleich beizubehalten, weil diese Elemente absolut mit einander verknüpft
                              sind, indem die passende Klappenöffnung nur einer bestimmten Stellung der Kugeln
                              entspricht, während jede Stellung der Kugeln einer verschiedenen Geschwindigkeit
                              zugehört. Damit die neue Arbeitsleistung mit der alten Geschwindigkeit
                              bewerkstelligt werden kann, müßten sich die Kugeln in allen möglichen Entfernungen
                              erhalten können, zugleich aber ihre gewöhnlichen Eigenschaften in Bezug auf Oeffnen
                              und Schließen der Dampfklappe beibehalten.
                           
                           Wenn man einen solchen Regulator construiren könnte, so würde jede Vermehrung der
                              Geschwindigkeit ein Schließen der Dampföffnung veranlassen, aber die passende
                              Geschwindigkeit könnte trotz dieses Schließens beibehalten werden.
                           Dieses Ziel hat man schon durch die parabolischen
                              Regulatoren zu erreichen gesucht, und die HHrn. Farcot
                              haben es wirklich durch ihren neuen gekreuzten Regulator erreicht.
                           Wenn OC (Fig. 14) die Länge des
                              Pendels oder die Entfernung zwischen dem Aufhängepunkt O
                              und dem Mittelpunkt der Kugel C darstellt, und man die
                              Projection OA durch H,
                              die Entfernung CA durch L und die Geschwindigkeit der Kugel durch V
                              bezeichnet, so ist
                           V² = gL²/H.
                           Es sey nun T die Dauer einer
                              Umdrehung, d.h. die Dauer der Bewegung der Kugel durch den Raum 2πL, wenn der in 1'' durchlaufene Raum V ist, so ist
                           T/2πL = 1''/V, mithin
                           T = 2πL/V;
                           hieraus folgt, wenn für V dessen
                              Werth eingesetzt wird,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 160, S. 244
                              
                           Aus dieser Formel folgt, daß die Dauer einer Umdrehung für einen gegebenen Ort nur
                              von der Höhe H abhängt; und wenn es möglich wäre, durch
                              eine besondere Einrichtung diese Höhe constant zu machen, so würde das Pendel die
                              Regulirung bewirken, welches auch seine Stellung wäre. Die Curve aber, welche dieser
                              Bedingung entspricht, ist eine Parabel, welche immer leicht zu construiren ist, wenn
                              man a priori
                              OA = H setzt.
                              Bekanntlich ist ja in dieser Curve die Subnormale gleich dem doppelten Parameter
                              oder der doppelten Entfernung zwischen dem Scheitel und dem Focus der Curve. Wenn
                              der Scheitel S der Curve (Fig. 15) gegeben ist und
                              wir nehmen SF = OA/2, so erhalten wir den Focus in F und
                              können folglich jeden Punkt der Curve finden. Man nimmt nämlich ST = SF und
                              zeichnet die Directrice DE, zieht eine beliebige
                              Linie vom Focus nach dieser, z.B. FP, errichtet in
                              der Mitte das Loth MN, welches bei N die in P auf DE errichtete Senkrechte schneidet, und erhält so einen Punkt
                              N der Parabel. Alle so construirten Punkte besitzen
                              alsdann die Eigenschaft, daß wenn man eine beliebige Normale RV zieht und aus R die
                              Senkrechte RU auf SF fällt, VU = 2FS = OA
                              wird.
                           Nach diesem Princip waren die parabolischen Regulatoren construirt, deren Kugeln in
                              Folge gehörig angebrachter kleiner Rollen nie von der Parabel NSR abweichen konnten. Die durch diese Rollen
                              hervorgebrachte Reibung war die Veranlassung dieses System zu verlassen, und jetzt
                              realisiren die HHrn. Farcot approximativ dasselbe
                              Princip, indem sie die Parabel durch einen derselben sich möglichst nähernden
                              Kreisbogen ersetzen, wozu erforderlich ist, daß sein Mittelpunkt irgendwo bei X außerhalb der Umdrehungsachse sich befindet. Ist
                              dieser Rotationsmittelpunkt des einen Pendels bestimmt, so befindet sich derjenige
                              des andern symmetrisch bei X' und die beiden Regulatoren
                              sind also gekreuzt, wie es Fig. 17 andeutet.
                           Die HHrn. Farcot geben eine andere Construction der ersten
                              Curve an, und zwar wie folgt:
                           Nach Annahme der Linie SV = OA (Fig. 16) zieht man die
                              Horizontalen 0, 1, 2, 3, 4 etc. in gleichen Entfernungen von einander und vom
                              Scheitel S der Curve anfangend. Hierauf bezeichnet man
                              vom Punkt V aus die gleich weit von einander entfernten
                              Punkte 0', 1', 2', 3', 4' etc. und beschreibt alsdann die Kreisbogen 0–1,
                              1–2, 2–3, 3–4 etc., deren Mittelpunkte 0', a, b, c, d etc. so gewählt sind, daß wenn man aus einem
                              derselben, z.B. b, den Kreisbogen 2–3 beschreibt
                              und diesen von der Horizontalen 3 aus beginnen läßt, der Halbmesser 3b
                                  durch die Theilung 3' der obern Scala geht. Farcot
                              nennt diese Curve die Entwickelnde in Bezug auf die innere Curve 0' abcd, welche durch die einzelnen als Tangenten
                              betrachteten Halbmesser gebildet wird. Sie ist aber in Wirklichkeit die Parabel,
                              deren Construction wir oben angeführt haben, und diese Parabel wird nach Farcot durch einen Kreisbogen ersetzt, der in den Grenzen
                              der Regulatorbewegung möglichst wenig davon abweicht.
                           Die Bewegung um einen Mittelpunkt herum kann das Problem nur annäherungsweise lösen.
                              Der Umkreis hat nothwendig einen kleineren Krümmungshalbmesser als die
                              eingeschlossene Parabel und ist mithin stärker gekrümmt. Die Bewegung wird also so
                              eingerichtet, daß sie gegen die Mitte des Bogens über die Parabel hinaustritt, aber
                              gegen die Enden des Bogens innerhalb derselben bleibt. Hieraus folgt, daß für die
                              äußersten Stellungen die Höhe H zu klein ist, und daß
                              mithin die Normalbewegung des Pendels sich zu beschleunigen trachten müßte; es ist
                              aber eine besondere
                              Einrichtung getroffen, um diese geringe Störung zu vermeiden.
                           Die Verbindung des Regulators mit der Dampfklappe ist die gewöhnliche. Am unteren
                              Ende des auf den Dampfzufluß wirkenden senkrechten Stabes befindet sich eine
                              Leitrolle, welche auf einen beweglichen, mit einem Gegengewichte versehenen Hebel
                              drückt. Hiedurch wird das Gewicht des Stabes aufgehoben und zugleich der Gang des
                              Apparates regelmäßiger gemacht. Gibt man dem Hebelarm, worauf die Leitrolle drückt,
                              eine zweckmäßige Krümmung, so kann man leicht bewirken, daß der Druck des
                              Gegengewichtes für die äußersten Regulatorstellungen weniger groß ist, und daß also
                              die oben bezeichnete Beschleunigung in Folge der Verminderung von H eine Gegenwirkung erhält.
                           Uebrigens ist das Gegengewicht an dem Hebelarm beweglich, so daß die Regulatorkugeln
                              jede mögliche Stellung für die verschiedenen beabsichtigten Geschwindigkeiten
                              einnehmen können.
                           Die Bewegung der Kugeln wird auf die Gleithülse stets durch zwei Stangen übertragen,
                              welche auf dem resp. Regulatorarm beweglich befestigt sind. Diese Stangen sind
                              gekreuzt und greifen an ebensoweit von der Rotationsachse entfernten Punkten an, wie
                              die Aufhängepunkte der Pendel es sind. Hiedurch erreicht man den Zweck, daß die
                              Wirkungen des Gegengewichtes und der Kugeln stets proportional bleiben.
                           Wir haben bisher den Einfluß der Centrifugalkraft der Kugeln außer Betracht gelassen.
                              Es ist indessen zu bemerken, daß derjenige Theil der Kugelträger, welcher bei der
                              niedrigsten Stellung rechts von der Achse befindlich ist, bei der höchsten Stellung
                              auf die linke Seite kommt, und daß also ihr Gewicht, welches anfangs in umgekehrtem
                              Sinne von dem der Kugeln selbst wirkte, in dieser letzteren Stellung sich damit
                              vereinigt; es würde also die Centrifugalkraft vorzugsweise bei den höchsten
                              Kugelstellungen einwirken, und sie wird daher von Farcot
                              dadurch compensirt, daß eine Feder auf die Leitungshülse wirkt, welche um so mehr
                              gespannt ist, je höher diese Hülse steht.
                           In Folge der sorgfältigen Vermeidung aller Störungsursachen arbeitet denn auch dieser
                              Regulator mit der größten Genauigkeit.
                           Es ist im Vorhergehenden stets angenommen worden, daß der Regulator auf eine
                              Dampfklappe wirke; man kann ihn aber eben so vortheilhaft bei Maschinen mit
                              veränderlicher Expansion mit der Dampfabsperrung verbinden, indem dadurch der
                              Dampfverbrauch in Bezug auf die Größe der Maschine so weit als möglich vermindert
                              wird.
                           Die HHrn. Farcot haben uns das Verzeichniß von 25 Fabriken
                              vorgelegt, in denen ihr Regulator in Gebrauch ist; in diesen Fabriken finden sehr beträchtliche
                              Veränderungen der verbrauchten Kraft statt und unter diesen Verhältnissen könnte der
                              Regulator am sichersten beurtheilt werden. Indessen haben wir nur in einer Fabrik,
                              welche sich in der Nähe von Paris befindet, den Regulator im Betrieb beobachten
                              können. Dieß geschah in derjenigen von Mad. Erard in la
                              Vilette, wo es die Oertlichkeit gestattete, die Wirkung des Außerbetriebsetzens der
                              einzelnen Werkzeugmaschinen unmittelbar zu notiren.
                           Ein Punktirzähler wurde direct an der Bleuelstange angebracht, so daß man die
                              verschiedenen Kolbenzüge während einer ganzen Minute auf dem Papier verzeichnet
                              erhielt. Wurden nun in der Mitte dieser Zeit zwei oder drei Sägen ausgelöst, so
                              konnte man noch lange genug den Einfluß auf den Gang der Maschine wahrnehmen.
                           Bei mehrfach wiederholten Versuchen haben wir keinerlei Unterschied in den Abständen
                              der Punkte wahrnehmen können, welche auf angegebene Weise markirt wurden, während
                              doch die Zeigernadel der Expansion zwischen 2,5 und 4 Grad wechselte; die erstere
                              Zahl entspricht einer Dampfzulassung von 4 Millim. oder 1/200 des Cylinderraums, die
                              letztere einer solchen von 40 Millim. Unter diesen Umständen änderte sich die Kraft
                              der Maschine plötzlich von 3 auf 20 Pferdekräfte, ohne daß die Geschwindigkeit im
                              geringsten gewechselt hätte. Das Problem ist also in der befriedigendsten Weise
                              gelöst. Der in Rede stehende Regulator ist daher allen Fabriken, deren Kraftbedarf
                              größeren Veränderungen unterworfen ist, als sehr zuverlässig bestens zu
                              empfehlen.
                           Die Besitzer zweier Walzwerke zu Saint-Dizier, welche mit 80, resp. 160
                              Pferdekräften arbeiten, bezeugen, daß man sich seit Anwendung des neuen Regulators
                              um die Geschwindigkeit der Dampfmaschine gar nicht mehr zu kümmern brauche.
                           
                        
                           Beschreibung der
                                 Abbildungen.
                           Fig. 14, 15 und 16
                              Constructionsfiguren für die beschriebene Ausführung.
                           Fig. 17 und
                              18
                              Durchschnittsansichten des Regulators nach zwei auf einander senkrechten Ebenen.
                           Die Buchstaben in Fig. 17 und 18 haben keinerlei Bezug
                              auf die gleichen in Fig. 14, 15 und 16.
                           A, A' Kugeln des Regulators, B,
                                 B' gekreuzte Arme desselben,
                           C, C' Rotationsmittelpunkte der Kugeln.
                           D, D' gekreuzte, oben an die Arme B, B', unten an der Leitungshülse I beweglich
                              befestigte Stäbe; die Längen BC, B'C' sind gleich denen der entsprechenden Stäbe,
                              und in jeder Stellung des Centrifugalapparates gehen die aus den Mittelpunkten C, C' gefällten Senkrechten durch die unteren
                              Befestigungspunkte der entsprechenden Stäbe.
                           E, F, G, H Winkelräder zur Uebertragung der Bewegung der
                              Dampfmaschine auf die Achse des Regulators und mithin auf die Kugeln desselben.
                           I' zweite bewegliche Leitungshülse, mit der ersteren I im Innern der Achse verbunden; sie regelt die
                              Dampfzulassung.
                           J Hebel mit ungleichen Armen, um den Punkt K beweglich; einerseits faßt er mittelst einer Gabel die
                              Hülse I', andererseits ist er an die Stange L befestigt; der kleinere Hebelarm besteht aus zwei in
                              einander verschiebbaren Stücken, um sich nach Bedürfniß verlängern zu können.
                           M ist ein Arm, welcher an einer der Säulen der über dem
                              Dampfcylinder befindlichen gußeisernen Arkade befestigt ist und der Drehungsachse
                              des Hebels J als Stütze dient.
                           L Stange zur Dampfregulirung; sie wirkt mittelst einer
                              endlosen Schraube auf das Zahnrad N; da die Stange bloß
                              eine oscillirende Bewegung hat, so wirkt die Schraube nur als Zahnstange.
                           N Rad mit Zähnen an seinem halben Umfang; es ist auf
                              eine Achse aufgezogen, welche direct die Dampfvertheilung bewirkt. Ein getheilter
                              Bogen an diesem Rade mit festem Zeiger in der Mitte gibt die Weite der bewirkten
                              Bewegungen an. Wenn die Maschine in Gang gesetzt werden soll, so stellt man durch
                              Drehen der Scheibe O die endlose Schraube so, daß die
                              Oscillationen im Verhältniß zur Arbeit eingetheilt werden.
                           P Hülse, welche mit einem Arme an der Dampfkammer
                              befestigt ist und durch welche die Schraube hindurchgeht; durch eine passende
                              Oeffnung kommt diese mit den Zähnen von N in Berührung;
                              auch trägt diese Hülse die Zeigernadel.
                           Q Gegengewicht zur Regulirung des Ganges und zur
                              Ausgleichung des Gewichtes der Stange L.
                           R beweglicher Hebel, dessen einer gerader Arm das
                              mittelst einer Schraube an beliebiger Stelle zu befestigende Gewicht Q trägt, und dessen anderer gebogener Arm mittelst einer
                              Leitrolle den Stab L trägt. Dieser Theil des Regulators
                              befindet sich in einer Kammer unter dem Boden der Maschine.
                           S (Fig. 14) Spiralfeder,
                              deren oberes Ende unbeweglich ist, während sie nach unten direct auf die Hülse I' und so der Störung durch die vermehrte
                              Centrifugalkraft der Kugeln entgegenwirkt, indem ihre Spannung mit dem Steigen der
                              Kugeln zunimmt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
