| Titel: | Ueber ein Normalmaaß für Lichtstärken; von Professor Dr. Heeren. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXXI., S. 267 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber ein Normalmaaß für Lichtstärken; von
                           Professor Dr. Heeren.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1861 S. 14.
                        Heeren, über ein Normalmaaß für Lichtstärken.
                        
                     
                        
                           Die wachsende Ausdehnung der Gasbeleuchtung und die nicht selten von städtischen
                              Behörden mit neuen Gasbeleuchtungs-Anstalten abzuschließenden Contrakte
                              weisen immer dringender auf das Bedürfniß eines allgemein recipirten Normalmaaßes
                              für Lichtstärken hin. Weit entfernt von der Anmaßung, ein solches Maaß bestimmt
                              feststellen zu wollen, wünschte ich nur, den Gegenstand ernstlich zur Sprache zu
                              bringen und den Fachmännern aus Herz zu legen, damit doch endlich einmal eine
                              Vereinbarung zu Stande komme.
                           Die Schwierigkeit, eine constante und doch auch Jedermann zugängliche Lichtquelle
                              herzustellen, ist bekannt, und wollte man mathematische Genauigkeit verlangen, so
                              würde die Aufgabe als eine wenigstens für jetzt ganz unlösbare zu bezeichnen seyn.
                              Diese Unmöglichteit darf uns aber nicht abschrecken, nach einem für die Zwecke des
                              gemeinen Lebens genügenden Normalmaaß zu suchen, um der unleidlichen Verwirrung
                              einen möglichst sicheren und festen Damm entgegen zu setzen. Sollte dann später ein
                              den strengsten Anforderungen der Wissenschaft und der bequemen Anwendbarkeit
                              genügendes Normalmaaß entdeckt werden, so wird die Einführung desselben jedenfalls
                              leichter von Statten gehen, wenn es nur Einer Umwandlung bedarf, als wenn sich an
                              verschiedenen Orten eben so viele verschiedene Lichtmaaße festgesetzt haben.
                           Nach manchen vergeblichen Versuchen sah man sich immer wieder auf die Helligkeit
                              einer Kerzenflamme zurückgeführt, welche denn auch
                              allgemein als Norm angenommen worden ist und in der That auch, wie ich im Folgenden
                              zeigen werde, dazu dienen kann, wenn nur nicht so verschiedene Kerzen und diese
                              wieder in so verschiedener Art dabei zur Anwendung gebracht würden, wie dieses
                              leider der Fall ist.
                           Ohne auf andere Vorschläge, namentlich die Flamme des brennenden ölbildenden und des
                              Kohlenoxydgases weiter einzugehen, die sich schon der Unzugänglichkeit wegen zur
                              allgemeinen Annahme nicht eignen, wende ich mich sofort zu Kerzenflammen, um zu
                              sehen, ob und unter welchen Bedingungen mit ihnen die Aufgabe befriedigend zu lösen
                              ist.
                           
                           Hören wir zunächst die Ansicht einer bekannten Autorität, des Hrn. Directors Schilling, über diesen Gegenstand. In seinem
                              vortrefflichen Handbuch der Steinkohlengasbereitung, Seite 45, heißt es:
                           
                              „Die schwächste Seite der ganzen Photometrie betrifft die Normalflammen
                                 u.s.w.
                              
                           
                              „Wachskerzen geben die schlechtesten Normalflammen. Die Beschaffenheit des
                                 Wachses ist sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen, die Leuchtkraft der
                                 Kerzen ist daher nicht allein nach verschiedenen Jahrgängen, verschiedenen
                                 Gegenden, verschiedenen Fabriken verschieden, sondern man ist nicht leicht im
                                 Stande, aus einem und demselben Packet zwei Wachskerzen herauszunehmen, die eine
                                 gleiche Leuchtkraft besitzen. Dazu kommt noch ein weiterer Uebelstand, die
                                 häufig vorkommende mangelhafte Verbrennung der Dochte. Wachskerzen haben einen
                                 aus lose neben einander liegenden Fäden bestehenden Docht, der sich unregelmäßig
                                 umlegt und oft einen mehr oder weniger großen Kohlenknopf an seinem Ende
                                 absetzt, durch den die Flamme beeinträchtigt wird. Das Umlegen des Dochtes soll
                                 durch das eigene Gewicht desselben bewirkt werden; dieß ist aber bei der
                                 kleinsten Unregelmäßigkeit in den Fäden oder bei einer zufällig vorhandenen
                                 gedrehten Lage derselben nicht vermögend, den Widerstand zu überwinden, der
                                 Docht bleibt mehr oder weniger gerade stehen und ragt nach und nach in den obern
                                 Theil der Flamme hinein, wo die Absetzung der Kohle vor sich geht. Wenn man den
                                 Docht im Anfang der Versuche zur Seite biegt, so hält er sich gewöhnlich länger,
                                 als wenn man ihn unberührt läßt, doch kann man sich gleichwohl nicht darauf
                                 verlassen. Auch mit dem Putzen erhält man die Flamme nicht constant. Putzt man
                                 ein Geringes mehr ab, als gerade nöthig ist, so beeinträchtigt man wieder die
                                 Helle und das Licht hat sich erst zu erholen, bis es aufs Neue in seinen
                                 früheren Zustand gelangt.“
                              
                           
                              „Anders verhält es sich mit Stearin-, Spermaceti- und
                                 Paraffinkerzen. Es ist nicht nur das Material dieser Kerzen bei weitem
                                 gleichmäßiger als das Wachs, sondern sie haben auch einen geflochtenen Docht,
                                 der sich mit mehr Regelmäßigkeit umlegt und dessen Ende im unteren Theile der
                                 Flamme verbrennt. Die Versuche, Wachskerzen mit geflochtenen Dochten
                                 herzustellen, haben seither zu keinem Resultate geführt.“
                              
                           
                              „Ueber das Verhältniß der Leuchtkraft zwischen Spermacetikerzen und
                                 Wachskerzen findet man begreiflicher Weise die verschiedensten Ansichten. L. Thompson nimmt an, daß 10 Spermacetikerzen in der
                                 Helle gleich 12 Wachskerzen sind, wonach also erstere um 20 Procent heller
                                 brennen. Croll ist der Ansicht, daß Spermacetikerzen
                                 um 1/4 bis 1/3 heller sind als Wachskerzen. Peclet
                                 gibt ihnen einen Vorzug von 6 Procent. Dr. Ure stellt die Lichthellen gleich und Dr. Fyfe fand Wachs sogar
                                 10 Procent heller als Spermaceti.“
                              
                           
                              „Das unvollkommenste Verfahren, eine Normalkerzenflamme genauer zu
                                 bezeichnen, besteht darin, daß man die Zahl der Kerzen angibt, die auf 1 Pfd.
                                 oder Packet gehen, und daß man etwa höchstens noch die Länge derselben
                                 anführt.“
                              
                           
                              „Ein wesentlich besseres Verfahren ist dasjenige, nach welchem man die
                                 Normalkerze wiegt, den Consum derselben pro Stunde
                                 bestimmt und die Leuchtkraft auf einen bestimmten Normalconsum (etwa 120 Gran
                                 pro Stunde) reducirt. Man nimmt dabei an, daß
                                 die Leuchtkraft dem Consum direct proportional sey.“
                              
                           
                              „Ein weiterer guter Anhaltspunkt ist die Höhe der Flammen, die man für
                                 einen Consum von 120 Gran in der Stunde füglich auf 1 5/8 Zoll engl. annehmen
                                 kann.“
                              
                           So weit Hr. Schilling. Ich füge noch hinzu, daß von Zinken in seiner übrigens so gründlichen Arbeit über die
                              Leuchtkraft der Destillationsproducte der BraunkohleIm polytechn. Journal Bd. CLV S.
                                       130. als Normalflamme die Flamme einer Paraffinkerze von 21 Millim. Durchmesser
                              angewandt ist, wenn dieselbe die anscheinend mittlere Leuchtkraft entwickelte.
                           Am häufigsten werden Kerzen von der Sorte 6 Stück pro
                              Pfund zu photometrischen Bestimmungen genommen, doch sind auch Fälle bekannt, wo bei
                              contraktlichen Bestimmungen die Helligkeit einer Wachskerze von der Sorte 4 Stück
                              pro Pfund zu Grunde gelegt wurde. Es ist nun aber
                              klar, daß die Größe und Helligkeit einer Lichtflamme viel weniger von der Sorte, ob
                              6 oder 4 Stücke pro Pfund abhängen wird, als von der Dicke des Dochtes: denn die Dicke oder der Durchmesser
                              der Kerze selbst steht mit der Größe und Beschaffenheit der Flamme in keinem
                              nothwendigen Zusammenhange, wenn auch zugegeben werden kann, daß im Allgemeinen
                              größere Kerzen dickere Dochte erhalten als kleinere Kerzen. Aber das Verhältniß
                              zwischen Docht und Dicke der Kerzen hängt so sehr von dem Material der Kerzen, so
                              wie von der individuellen Ansicht des Fabrikanten oder von der in seiner Fabrik
                              einmal üblichen Gewohnheit ab, daß in diesem Punkte an Uebereinstimmung nicht zu
                              denken ist. Anstatt die Gewichtssorte der Kerzen anzugeben, wäre es daher wohl
                              richtiger, die Stärke des Dochtes in der Art zu bezeichnen, daß man das Gewicht
                              desselben für eine gewisse Länge, z.B. 1 Meter, genau ermittelt.
                           
                           Ein zweiter Mangel an Uebereinstimmung zeigt sich in der Art, die Kerze zu behandeln.
                              Während von Vielen die Flamme durch angemessenes Abschneiden des Dochtes auf eine
                              gewisse mittlere Höhe regulirt wird, verlangen Andere, daß die Kerze unberührt
                              fortbrenne, Andere wieder, daß man das Maximum der Helligkeit als Norm annehme. Ich
                              werde in Folgendem den Versuch machen, die obwaltenden Unsicherheiten in ihrer
                              wahren Bedeutung nachzuweisen und hoffe, zeigen zu können, in welcher Art in der
                              That zu einer für praktische Zwecke genügenden Uebereinstimmung zu gelangen ist.
                           In England findet man allgemein Wallrathkerzen zu dem
                              vorliegenden Zwecke in Gebrauch, und zwar die Sorte 6 Stück pro Pfund, welche bei einer Höhe der Flamme von 1 5/8 Zoll engl. oder 41,3
                              Millim. in der Stunde 120 Grain engl. consumiren sollen. Diese Kerzen haben am
                              unteren Ende 21,7, am oberen 20,7 Millim. Durchmesser bei einer Länge von 215
                              Millim. Der Docht ist geflochten und krümmt sich beim Brennen so stark, daß er
                              selten zur Seite aus der Flamme kommt, sondern sich gewöhnlich in Gestalt einer Oese
                              herabkrümmt, welche, wenn sie eine gewisse Größe erreicht hat, abfällt. Vielleicht
                              mag dieser Fehler der übertriebenen Dochtkrümmung bei anderen, als den von mit
                              beobachteten 6 Exemplaren nicht so stark hervortreten. Als eine solche Kerze sich
                              selbst überlassen brannte und von 5 zu 5 Minuten die Höhe der Flamme mit dem Zirkel
                              möglichst genau gemessen wurde, betrug die aus 13 Beobachtungen berechnete mittlere
                              Höhe 46 Millim. (fast 1 7/8 Zoll), aber die Flammenhöhe schwankte während der
                              Versuchsreihe zwischen 54 Millim. als Maximum und 41 Millim. als. Minimum. Die
                              Helligkeit schwankte zwischen 1,17 und 0,88, so daß das Maximum der Helligkeit das
                              Minimum um 34 Procent übertraf.
                           Wachskerzen. Eine solche, 6 Stück pro Pfund, von 18,5 Millim. unterem Durchmesser eine Stunde lang gebrannt
                              und von 5 zu 5 Minuten beobachtet, gab im Mittel eine Flammenhöhe von 50 Millim.;
                              aber die Schwankungen variirten zwischen 57 und 45 Millim.; die Helligkeit zwischen
                              0,79 und 1,08, also Helligkeitsschwankungen zwischen 100 und 136.
                           Stearinkerzen von 20,6 Millimet. unterem Durchmesser. Die
                              Flammenhöhe während einer Stunde von 5 zu 5 Minuten beobachtet, betrug im Mittel 58
                              Millim., schwankte aber zwischen 70 und 54 Millim.; die Helligkeit zwischen 96 und
                              123, oder wie 100 zu 127.
                           Paraffinkerzen. Ein Packet solcher Kerzen aus der Fabrik
                              von Bauermeister zu Bitterfeld bei Halle an der Saale,
                              zeigt einen unteren Durchmesser der Kerzen von 20,4 Millim. Eine aus dem Packet
                              herausgegriffene Kerze, 2 Stunden von 5 zu 5 Minuten beobachtet, zeigte eine Flammenhöhe von im
                              Mittel 53 Millim., aber zwischen 60 als Maximum und 48 als Minimum schwankend. Die
                              Helligkeit variirte zwischen 1,03 und 1,40 oder zwischen 100 und 136.
                           Die hier angegebenen Zahlen sollen, da sie sich natürlich nur auf die gerade
                              angewandten Exemplare beziehen, nur im Allgemeinen zeigen, wie groß die Schwankungen
                              in der Höhe und Helligkeit der Lichtflamme sind, wenn man sie ungestört fortbrennen
                              läßt. Eine gewisse Uebereinstimmung ist dabei unverkennbar, denn es waren die
                              Schwankungen in der Helligkeit
                           
                              
                                 einer
                                 ungestört
                                 fortbrennenden
                                 Wallrathkerze 
                                 zwischen
                                 100
                                 und
                                 134
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 Wachskerze
                                 „
                                 100
                                 „
                                 136
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 Stearinkerze
                                 „
                                 100
                                 „
                                 127
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 Paraffinkerze
                                 „
                                 100
                                 „
                                 136
                                 
                              
                           Da sich diese Zahlenwerthe, wie gesagt, nur auf einzelne Exemplare beziehen, so kann
                              daraus kein allgemeiner Schluß gezogen werden auf die größere oder geringere
                              Brauchbarkeit des einen oder anderen Materials zu Normalkerzen, wohl aber lassen sie
                              die bedeutende Unsicherheit erkennen, welche bei einer und derselben Kerze vorkommen
                              kann, wenn man sie ruhig sich selbst überläßt, eine Unsicherheit, welche im Mittel
                              durch das Verhältniß 100: 133 oder 1: 1 1/3 annähernd ausgedrückt werden kann.
                           Wollte man auch die bedeutenderen Schwankungen als zufälligen Störungen, z.B. der
                              Bildung einer Schnuppe im Docht, oder einer ungewöhnlich hohen Füllung des Sumpfes
                              (Kelchs) mit geschmolzenem Material und dann wieder dem plötzlichen Abfließen
                              angehörend, außer Acht lassen, so bleibt es doch immer sehr unsicher, wie weit man
                              in dieser willkürlichen Maßregel gehen darf. Zinken, in
                              der schon angeführten Arbeit, sagt bei Beschreibung der Operationsart mit seiner
                              Nomal-Paraffinkerze: „die Beobachtungen wurden in denjenigen Zeiten
                                 unterlassen, in welchen das Licht entweder eine ungewöhnlich kleine oder in
                                 Folge eines zufällig eintretenden Ablaufens eines Sumpfes ungewöhnlich große
                                 Flamme gab, dagegen bei der anscheinend mittleren Leuchtkraft
                                 vorgenommen.“
                              
                           Sollte es denn nun nicht möglich seyn, ein solches, auf willkürlicher Schätzung der
                              anscheinend mittleren Leuchtkraft basirendes Maaß durch ein anderes, weniger der
                              Willkür unterliegendes zu ersetzen? Gewiß ist es zu rechtfertigen, wenn bei
                              physikalischen Untersuchungen die genauesten Methoden ausgewählt und benutzt werden;
                              aber was helfen uns die genauesten photometrischen Methoden, so lange die
                              Normal-Lichtquelle einer willkürlichen Schätzung unterliegt. Zwar wird in der
                              angezogenen Arbeit gesagt, daß jene Normalkerze durchschnittlich 122,4 bis 124,9
                              Milligramme in der Minute, also stündlich 7,322 bis 7,494 Grm. Paraffin consumire,
                              aber auch dieses hilft
                              nicht viel, weil es fraglich bleibt, ob diese Consumtion der als normal angenommenen
                              mittleren Leuchtkraft entspreche, da ja offenbar jede Bürgschaft fehlt, daß bei den
                              Schwankungen die Zeiträume des Mehrconsums den Zeiträumen
                              des Minderconsums als gleich angenommen werden
                              können.
                           Um nun die bei ungestörtem Fortbrennen einer Kerze eintretenden Schwankungen der
                              Helligkeit an bestimmten Beispielen zeigen zu können, mußte man für eine, während
                              der Versuche sich möglichst gleich bleibende Normallichtstärke sorgen. Als solche
                              leistet die Flamme einer kleinen Moderateurlampe, deren Glascylinder in geringer
                              Entfernung (12 Mm.) über dem Dochtende eine starke Einschnürung oder Verengerung besitzt, vortreffliche Dienste. Diese
                              Lampen, welche hier am Orte (Hannover) unter der Bezeichnung Nr. 5 von den
                              Lampenfabrikanten Hrn. Beckmann und Hrn. Gewecke fabricirt werden, zeichnen sich in Folge der
                              erwähnten Einschnürung des Glases durch eine pfriemförmig in die Länge gezogene sehr
                              constante weiße Flamme aus, deren oberes Ende in eine nadelfeine Spitze ausläuft.
                              Bringt man nun an dem Glase eine Marke an und stellt den Docht in solche Höhe, daß
                              die Spitze der Flamme genau auf jene Marke einspielt, so hat man eine vollkommen
                              ruhige Flamme, welche längere Zeit ihre Größe und Helligkeit beibehält, und, wenn
                              sich in der Höhe eine Aenderung bemerklich macht, durch geringes Drehen an der
                              Dochtwinde sogleich wieder zum richtigen Einspielen gebracht werden kann. In der
                              That ist mit keine Lichtquelle von so gleichförmiger Helligkeit und so bequemer
                              Anwendbarkeit bekannt, als diese Lampe. Zwar läßt sich auch mit Leuchtgas eine recht
                              constante Flamme erzielen, entweder indem man das Gas unter genau regulirtem Druck
                              zuströmen läßt, wobei der von Schilling angegebene
                              Druckmesser (polyt. Journal Bd. CXLVIII S.
                                 109), welcher den Druck bis auf 1/100 Zoll genau anzeigt, ohne Zweifel
                              sehr gute Dienste leistet, oder indem man, in Ermangelung eines solchen, die lange
                              Flamme eines Einlochbrenners genau auf eine bestimmte Höhe einstellt und unterhält;
                              aber eine solche Flamme würde als allgemeines Normalmaaß völlig gleiche
                              Beschaffenheit des Gases voraussetzen, für verschiedene Orte also als Normalflamme
                              keine Brauchbarkeit haben, ja sogar an demselben Orte, da aus bekannten Gründen
                              Aenderungen in der Qualität des Gases vorkommen, nicht genügende Sicherheit
                              darbieten.
                           Bei der von mit angewandten Lampe ist durch oft wiederholte Versuche die Marke so
                              angebracht, daß die Flamme der Lampe der dreifachen Helligkeit einer englischen
                              Wallrathkerze bei 41,3 Mm. Flammenhöhe, bei welcher Höhe die Kerze stündlich 122
                              Grain engl. oder 7,2 Grm. consumirt, gleichkommt.
                           
                           Ich lasse nun die Resultate mehrerer Versuche folgen, wobei verschiedene Kerzen ganz
                              ungestört fortbrannten, nachdem sie durch vorheriges etwa 1stündiges Brennen in
                              möglichst gleichförmigen Brand gekommen waren, und wobei von 5 zu 5 Minuten die Höhe
                              der Flamme mit dem Zirkel gemessen und zugleich die Helligkeit mittelst der
                              Normallampe ermittelt wurde. Die Helligkeiten sind dann auf eine englische
                              Normal-Wallrathkerze berechnet.
                           
                              Tabelle
                              
                           über Flammenhöhe und Leuchtkraft verschiedener Kerzen bei ungestörtem Fortbrennen von 5 zu 5 Minuten gemessen.
                           
                              
                                 Wallrath.
                                 Stearinsäure.
                                 
                              
                                 Höhe in Millim.
                                 Lichtstärke.
                                 Höhe in Millim.
                                 Lichtstärke.
                                 
                              
                                 54
                                 1,17
                                 54
                                 0,95
                                 
                              
                                 42
                                 0,93
                                 60
                                 1,13
                                 
                              
                                 41
                                 0,88
                                 70
                                 1,24
                                 
                              
                                 41
                                 0,88
                                 63
                                 1,05
                                 
                              
                                 45
                                 0,99
                                 54
                                 0,96
                                 
                              
                                 48
                                 1,02
                                 60
                                 1,13
                                 
                              
                                 48
                                 1,06
                                 55
                                 1,09
                                 
                              
                                 43
                                 0,97
                                 61
                                 1,02
                                 
                              
                                 42
                                 0,91
                                 57
                                 1,00
                                 
                              
                                 48
                                 1,05
                                 54
                                 0,96
                                 
                              
                                 45
                                 1,00
                                 57
                                 1,07
                                 
                              
                                 48
                                 1,15
                                 54
                                 1,00
                                 
                              
                                 54
                                 1,15
                                 60
                                 1,13
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Wachs.
                                 Paraffin.
                                 
                              
                                 Höhe in Millim.
                                 Lichtstärke.
                                 Höhe in Millim.
                                 Lichtstärke.
                                 
                              
                                 48
                                 1,00
                                 52
                                 1,24
                                 
                              
                                 51
                                 1,02
                                 54
                                 1,32
                                 
                              
                                 51
                                 0,79
                                 54
                                 1,33
                                 
                              
                                 51
                                 0,83
                                 48
                                 1,17
                                 
                              
                                 45
                                 1,00
                                 54
                                 1,31
                                 
                              
                                 48
                                 1,08
                                 51
                                 1,29
                                 
                              
                                 48
                                 1,05
                                 54
                                 1,28
                                 
                              
                                 48
                                 1,04
                                 57
                                 1,31
                                 
                              
                                 51
                                 1,00
                                 57
                                 1,30
                                 
                              
                                 51
                                 1,00
                                 54
                                 1,24
                                 
                              
                                 51
                                 0,95
                                 54
                                 1,15
                                 
                              
                                 51
                                 0,95
                                 54
                                 1,14
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Wachs.
                                 Paraffin.
                                 
                              
                                 Höhe in Millim
                                 Lichtstärke.
                                 Höhe in Millim.
                                 Lichtstärke.
                                 
                              
                                 57
                                 0,84
                                 45
                                 1,18
                                 
                              
                                 
                                 
                                 54
                                 1,20
                                 
                              
                                 
                                 
                                 54
                                 1,26
                                 
                              
                                 
                                 
                                 54
                                 1,31
                                 
                              
                                 
                                 
                                 54
                                 1,31
                                 
                              
                                 
                                 
                                 57
                                 1,37
                                 
                              
                                 
                                 
                                 48
                                 1,03
                                 
                              
                                 
                                 
                                 49
                                 1,12
                                 
                              
                                 
                                 
                                 57
                                 1,24
                                 
                              
                                 
                                 
                                 54
                                 1,24
                                 
                              
                                 
                                 
                                 60
                                 1,40
                                 
                              
                                 
                                 
                                 48
                                 1,08
                                 
                              
                                 
                                 
                                 48
                                 1,08
                                 
                              
                           Diese Versuche zeigen, wie selbst bei unveränderter Flammenhöhe in Folge veränderter
                              Stellung oder Beschaffenheit des Dochtes die Lichtstärke sich ändern kann, worüber
                              das Nähere noch vorkommt. Uebrigens ist die Messung der Flammenhöhe einer ungestört fortbrennenden Kerze selbst mit dem Zirkel oft
                              etwas unsicher, besonders wenn sich die Flamme zu ungewöhnlicher Höhe hinaufzieht,
                              und können daher die betreffenden Zahlen nur als approximativ angesehen werden.
                           Ich habe nun gefunden, daß selbst bei gleicher Flammenhöhe ungleiche Lichtstärken
                              resultiren können, je nachdem der Docht gerade aufrecht in der Flamme steht oder
                              sich seitwärts neigt. Richtet man den Docht vertical, mißt die Höhe der Flamme,
                              biegt nun den Docht seitwärts, so wird die Flamme breiter, aber niedriger; läßt man
                              sie nun bei unveränderter Breite allmählich bis zur Normalhöhe wachsen, so wächst
                              auch die Lichtstärke, woraus mithin folgt, daß eine Flamme von normaler Höhe bei schräger Dochtstellung heller brennt als bei gerade
                              aufstehender.
                           Nachdem diese Erfahrung gemacht war, zeigte es sich nun, daß man mit Kerzen sehr
                              constante, wenigstens für die Zwecke der Praxis genügende Normal-Lichtstärken
                              erhält, wenn man den Docht gerade aufwärts richtet und ihn
                                 dann vorsichtig mit fester Hand mittelst einer feinen spitzen Schere so
                                 beschneidet, daß die Flamme die bestimmte normale Höhe besitzt.
                           Die englischen Normal-Wallrathkerzen haben, wie schon erwähnt, einen mittleren
                              Durchmesser von circa 21 Millim.; der geflochtene Docht,
                              in dem Zustande der Spannung, wie ihn die Kerzen enthalten, besitzt eine solche
                              Stärke, daß 1 Meter Länge 1,571 Grm. wiegt und consumiren bei normaler Flammenhöhe
                              von 1 5/8 Zoll engl. oder 41,3 Millim. stündlich 7,2 Grm.
                           
                           Die Schwierigkeit, solche Kerzen zu erhalten, machte es wünschenswerth, sie mit
                              anderen leichter zu erhaltenden zu vergleichen und habe ich dieses mit Paraffin und
                              Stearin gethan.
                           Ein glücklicher Zufall fügte es, daß unter den mit disponibeln Paraffinkerzen diejenigen aus der Fabrik von Bauermeister zu Bitterfeld bei Halle diesem Zwecke genau entsprachen.
                              Diese sehr guten Kerzen, von 21,4 Millim. unterem Durchmesser, besitzen einen Docht,
                              der in dem Zustande der Spannung, wie ihn die Kerze enthält, 0,450 Grm. pro Meter Länge wiegt. Ihre Leuchtkraft stimmt mit jener
                              der englischen Wallrathkerzen bei gleicher Flammenhöhe so
                              genau überein, daß bei oft wiederholten Versuchen ein, die Grenzen der
                              Beobachtungsgenauigkeit überschreitender Unterschied nicht gefunden werden konnte.
                              Der stündliche Consum dieser Paraffinkerzen bei normaler Flammenhöhe beträgt 6,12
                              Grm.
                           Versuche mit der mit zur Hand befindlichen Sorte Stearinkerzen, von den schon oben angegebenen Dimensionen und 1,297 Grm.
                              Dochtgewicht pro Meter, gaben keine Uebereinstimmung,
                              indem bei normaler Flammenhöhe sich die Lichtstärken der Wallrathkerze zur
                              Stearinkerze verhielten wie 100 : 93,2. Um mit der Wallrathkerze gleiche Helligkeit
                              zu geben, mußte die Flammenhöhe der Stearinkerze auf 46 Millim. wachsen. Natürlich
                              würde man durch versuchsweises Experimentiren auch für Stearin die richtige
                              Dochtstärke ermitteln können, um bei gleicher Flammenhöhe auch gleiche Leuchtkraft
                              mit Wallrath und Paraffin zu erhalten. Dasselbe gilt auch für Wachs. Es dürfte sich
                              aber wohl nicht empfehlen, Normalkerzen von so vielem, verschiedenem Material zu
                              benutzen; ja, ich würde schon Anstand genommen haben, auf Paraffin einzugehen, wenn
                              nicht die englischen Wallrathkerzen schwer zu erlangen wären und außerdem die
                              Paraffinkerzen, welche unter Leitung wissenschaftlich gebildeter Männer angefertigt
                              werden, mehr die Garantie gleichförmiger Beschaffenheit darböten.
                           Nach alle dem glaube ich als Normallichtmaaß für technische Zwecke die Helligkeit von
                              Wallrath- und Paraffinkerzen von der angegebenen Dochtstärke und einer
                              normalen Flammenhöhe von 1 5/8 Zoll englisch oder 41,3 Millim., wenn der geputzte
                              Docht vertical in der Flamme aufsteht, empfehlen zu können.
                           Die Angabe des Consums einer Flamme hat zwar keinen unmittelbaren Nutzen, weil man
                              während der photometrischen Versuche den Consum nicht gut controliren kann; dennoch
                              aber steht dieser mit der entwickelten Lichtstärke in so unmittelbarem
                              Zusammenhange, daß er bei der Feststellung von Normalkerzen nicht unbeachtet bleiben
                              darf. Wenn aber eine Kerze in regelmäßiger normaler Flammenhöhe brennend erhalten und zugleich der
                              Consum ermittelt werden soll, so muß die Wägung während des
                                 Brennens vorgenommen werden. Um dieser Aufgabe zu genügen, bin ich
                              folgendermaaßen zu Werke gegangen: Es wurden zwei gleiche Kerzen an den oberen
                              Tragkreuzen der Waagschalen so in verticaler Lage befestigt, daß die brennenden
                              Enden weit über den Waagebalken hervorstanden, daß also die Flammen auf die Waage
                              nicht störend einwirken konnten. Beide wurden, nachdem sie eine Zeit lang gebrannt,
                              durch Abschneiden der Dochte auf die normale Flammenhöhe gebracht und nun die Waage
                              ins Gleichgewicht gebracht, was wegen der an beiden Seiten gleichmäßig
                              fortschreitenden Gewichtsabnahme keine Schwierigkeit machte. Nachdem nun nochmals
                              eine der Flammen möglichst genau auf die richtige Höhe justirt war, wurde die andere
                              ausgeblasen, die erstere aber genau 5 Minuten brennen gelassen und dann ebenfalls
                              ausgeblasen. Wenn nun während dieser 5 Minuten sich die Flammenhöhe nicht merklich
                              geändert hatte, so wurde der innerhalb der 5 Minuten entstandene Gewichtsverlust
                              bestimmt und durch Multiplication mit 12 auf den stündlichen Consum berechnet. War
                              dagegen während der Brennzeit eine merkliche Aenderung der Flamme eingetreten, so
                              wurde der Versuch als unbrauchbar nicht berücksichtigt. Länger als 5 Minuten die
                              Brennzeit auszudehnen war nicht rathsam, indem schon diese Zeit für das gleichmäßige
                              normale Fortbrennen, ohne Nachhülfe von außen, reichlich lang ist.
                           Da bei photometrischen Arbeiten die beständige Beaufsichtigung und Justirung der
                              Normalkerze höchst unbequeme Störungen veranlaßt, so bediene ich mich, wie oben
                              erwähnt, einer auf 3 Kerzen justirten Normallampe aus der Fabrik des Hrn. Gewecke, welcher Herr auf Bestellung solche mit, unter
                              meiner Aufsicht justirten Glascylindern versehene Lampen, nebst einem Reservevorrath
                              justirter Cylinder und Dochte zu liefern bereit ist.